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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.01.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990110019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899011001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899011001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-01
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Die deutsch-ostafrikanische Centralbahn. i. * Unter der Ueberschrift „Die Eisenbahn in Deutsch- Ostafrika" veröffentlicht der „Export" in einer seiner letzten Nummern einen Artikel, der folgendermaßen beginnt: „Der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Generalmajor Lieb ert, hat kürzlich in Leipzig einen Vortrag gehalten, in welchem er den Bau einer Bahn von der Küste bi» nach Tabora auf das Dring, lichste im Interesse einer gedeihlichen Weiterentwickelung unserer ostafrikanischen Colonie empfahl. Auch wenn man dem Plane sympathisch gesinnt ist, wird man es bedauern, daß Herr Liebert in dem jetzigen Augenbilck eine Agitation begonnen hat, welche von vornherein, im Hinblick auf die Reichstags. Vorlage, aus taktischen Gründen als verfehlt bezeichnet werden muß. ES handelt sich zur Zeit um Wichtigeres als um Bahn« bauten in Ostafrika, und zwar um die Stärkung von Deutschlands Stellung in Europa mit Hilfe der dem Reichstage jetzt zu gegangenen Vorlage, betreffend dir Vermehrung unsererArmer. DaS ist denn wohl auch der Grund, weshalb in dem diesmaligen Budget, welches dem Reichstage zur Genehmigung unterbreitet worden ist, von einer Bahn in Ostafrika nicht die Rede ist. Vielleicht, daß später die Reichsregierung auf das Unternehmen zuriickkommt. Wir wollen eS hoffen!" Schon aus den letzten Worten ergiebt sich, daß der „Export" dem Bahnproject an sich sympathisch gegenüber steht. Er versichert dies auch im Weiteren ausdrücklich und fügt hinzu, er betrachte die Bahn als eine „productive An lage, welche zukünftig wirthschaftlichcn Nutzen abwerfen und sich direct oder indirect verzinsen wird". Aber er meint, bevor man dem Project näher trete, müsse unsere Sorge darauf gerichtet sein, die Besserung der Straßen- und Verkehrs-Verhältnisse anzustreben. „Es wäre wünschenSwerth, wenn einmal ausführlich dargelegt Würde, wa» denn i» dieser Hinsicht, abgesehen von dem Bau der Bah» an der Küste und einigen Verkehrswegen daselbst, geschehen ist, und ob und welche Straßen und Pfade für den Verkehr aufgebessert und mit nöthigen Schutzstationen verseben worden sind. Man kann begreiflicher Weise an Ostasrika bezüglich der Ver« kehrspfade und «Straßen nicht ähnliche Ansprüche stellen wie in Europa, aber eS wäre immerhin sehr nothwendig, einmal zu erfahren, in wie weit denn die vorhandenen Verbindungswege u. N. vor den Einflüssen und Wirkungen der tropischen Regen resp. der Uebcrschwemmungen gesichert sind, in welcher Jahreszeit der Verkehr ein durchaus unbehinderter ist und wann er durch di« klimatischen Verhältnisse und sprciell durch atmosphärische Nieder schläge sür kürzere oder längere Zeit unterbrochen wird, welche Steigungen die Wege überwinden muffen rc. rc. Das Alles sind doch Fragen, welche nothwendiger Weise erst erörtert werden müssen, ehe von Bahnanlagen die Rede sein kann." AuS diesen Auslassungen geht zunächst hervor, daß der „Export" über die am 30. November vor. Jahres in Leipzig vor Tausenden von Zuhörern gehaltenen Vorträge nur mangel haft unterrichtet ist. Den Hauptvortrag hielt Herr Ober leutnant Kollmann, der früher als Premierlieutenant der kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika auf zahlreichen Zügen und Expeditionen im Westen, Süden und Osten deS Victoria - Nyanza die günstigste Gelegenheit benutzt hat, die für die Centralbahn besonders in Betracht kommenden Gebiete kennen zu lernen.*) *) Seine auf den oben erwähnten Zügen und Expeditionen ge- sammelten reichen Erfahrungen hat Herr Kollmann in dem unlängst Der junge Ehemann. Skizze von Georg Hiller. Nachdruck verboten. Es giebt in einer Großstadt unendlich viele Typen, aber auch die kleinste Stadt bat ihrer aufzuweisen. Manche sind in beiden Städten vertreten. Eine solche allgemeine Gestalt ist der junge Ehemann. Wer nickt achtlos an seinen Mit menschen vorübergeht, sondern sie sich ein wenig ansieht und dann die Muse, die gleichgiltige Gestalten lassen, benutzt, um über die bemerkenSwerthen uachzudenken, der kann so manche Beobacktungen machen und den intimen Seiten des mensch lichen Daseins manche Freude abgewinnen. Mir geht es wenigstens so. Ueber die jungen Ehemänner freue ich mich wenigstens immer. Man wird nun fragen, woran ich denn die jungen Ehemänner erkenne und welchen Spaß sie mir bereiten, daS ist freilich leichter gefragt als beantwortet. Es hat irgendwo einmal ein geistreiches Stubenmädchen den Satz ausgesprochen, daß man die Junggesellen und die Ehemänner am Handtuch erkennen könne. Nehme Jemand da- Handtuch bei der Mitte und trockne sich nun frisch drauf Io», so sei zehn gegen eins zu wetten, daß dies ein Jung geselle sei, der noch niemals Vorträge über Waschfrauen, Seife und Abnutzung der Wäsch« angebört habe, sei aber der andere sparsamer mit dem Handtuch, benutze er erst da» eine Ende und schreit« von Tag zu Tag langsam bis zum anderen Ende fort, so sei der Mann verheirathet und zwar gut vrr- Heirathet, denn seine Frau habe ihn erzogen. Wenn man diese tiefe StubenmävckenweiSbeit weiter entwickelt, sie synthetisch und analytisch verarbeitet, so kann man auch ohne Handtuch den jungen Ehemann erkennen. Leute, die da glauben, daß man ihn am besten beim Benehmen der Frau gegeaübrr erkenne, zähle» nicht mit, denn die Frau bleibt hier außer Betracht, und solch«, die da meinen, daß da» Eoquettiren mit dem Ehering ihn als jungen Ehemann sofort kennttichne, haben nicht ganz Unrecht, obgleich e» viele älter« Männer giebt, die, nachdem sie eine Zeit laug den Herrn Generalmajor Liebert blieb nur übrig, Herrn Koll- mann's Angaben nach jeder Richtung zu bestätigen und seine Schlüsse sich anzueignen. Gerade dadurch aber erhalten die Ausführungen Kollmann'S besonderes Gewicht und besondere Beweiskraft. Sie legen überzeugend die Gründe dar, auS denen eine weitere Verzögerung des Baues einer Central bahn in Deutsch-Ostafrika die schwersten, nicht wieder gut zu machenden Nachtheile haben würde und selbst die eifrigste Förderung des keineswegs vernacklässigten Straßenbaues einen Ersatz für den Mangel einer solchen Bahn nicht bieten könnte. Nachdem er den Bictoria-Nyanza, seinen Reicktbum an Inseln und Fischen, seine Küsten, seine weitere Umgebung mit ihrer Bevölkerung und ihren natürlichen Vorbedingungen einer günstigen Culturentwickelung eingehend geschildert halte, fuhr er nach unseren damals gemachten genauen Auf zeichnungen fort: „So liegen also die Verhältnisse am See, aber allzuviel Nutze» können wir daraus nicht ziehen, da unS vorerst vollkommen die Verbindung mit dem Weltmeere fehlt; durch die Abtretung von Uganda an England haben wir uns eine Wasserstraße zum Mittelmeere verscherzt und eine Verbindung mit dem Indischen Ocean giebt eS nicht. Bis jetzt wird jeder Verkehr und Transport nur mit menschlicher Kraft, durch Träger bewerkstelligt, die all die Lasten und sonstigen Gegenstände, die den Europäern nöthig sind, auf ihren Schultern monatelang nach dem fernen See schaffen müssen. Ein solcher Träger allein kostet mindestens 30—40 Rupien, das sind rund 50 von der Küste bis zum See, und dadurch ist am besten illustrirt, daß ein lohnender Verdienst für einen deutschen Ansiedler am See durch diese hohen Transportkosten völlig abgejchnitten ist. Kurz gesagt, wird, so lange wir nicht eine Eisenbahn zumSee haben, wird an eine erfolgreiche Colonisation dieses ergiebigen CulturcentrumS nicht wohl zu denken sein. Wie freute sich Jeder in der Colonie, als man vor einigen Jahren rüstig an die Abeit ging und die Linie von der Küste nach dem Innern tracirte, um endlich die weiten Gebiete für deutschen Handel und deutsche Lultur zu erschließen! Da mit einem Male wurde die Arbeit eingestellt; e- fehlte au dem Nöthigsten zur Weiterführung und Ausführung einer Bahnlinie, an dem leidigen Geldel In unserem Nachbarlande, dem englischen Ostafrika, ist man glücklicher gewesen, denn die Eisenbahn von Mombafsa nach dem Victoria.See, deren hohen Werth mau wohl kennt, geht ihrer Vollendung entgegen. Ist sie einmal hergestellt oder vermögen wir nicht eine ähn liche Verbindung des SeeS mit derOstküste zu schaffen, so wird unserem deutschen Handel dort oben der schwerste Abbruch gethan, wenn von einem deutschen Handel dann überhaupt noch die Rede sein kann. Gelänge eS wenigstens, eine Eisenbahn von der Küste über Tabora nach demTanganyikasee zu bauen, dann wäre für den Victoriasee schon Manches gewonnen. Wäre es nicht praktisch, in diesem Falle eine kleine Feldbahn von Muanza nach Tabora zu bauen, mit kleinen Wagen, meinetwegen sogen. Hunten und ohne Dampfbetrieb? Könnte man nicht die zahlreichen Esel alS Zug« thiere verwenden? Ich denke mir das nickt allzu schwer, besonders da die Verhältnisse deS ebenen Landes zwischen dem See und Tabora im Verlage von Alfred Schall in Berlin erschienenen Buche „Ter Ror-westeu uuserer ostalrikanischen Volonte. Eine Beschreibung von Land und Leuten am Bictoria-Nyanza, nebst Aufzeichnungen einiger daselbst gesprochenen Dialekte. Mit 372 Ab« bildungcn nach Originalphotographirn und Skizzen nebst einer Karte." niedergelegt, das wir allen Freunden unsrer Colonialpolitik aus das Wärmste empfehlen. Ring zurSckonung in der Westentasche getragen haben, ihn wieder aufstecken und besonverS in Anwesenheit der Schwiegermutter funkeln lassen. Auch die Breite deS Ringes macht nichts auS. Jetzt liebt man die ganz breiten, die bald ein Fingerglied bedecken, die aber manchmal nur auS Doubl« bestehen, früher die schmalen. ES giebt aber immer noch junge Leute, die einen schmalen Ring auS purem Golde dem breiten aus Doublö vorziehen. Beobachter, die da behaupten, daß junge Ehemänner öfter alS andere die rechte Hand ohne Handschuh tragen und umgekehrt Verlobte die rechte behandschuht und die linke nackt, können Recht haben. Ihre Behauptung wird aber beinahe zur Gewißheit, wenn die rechte Hand reckt wohl gepflegt erscheint. Ist die Hand sorgfältig gereinigt, die Fingernägel blank, polirt, gerundet, so ist der Einfluß der Frau, besonders bei solchen, die früher diese Seite der Schönheit vernacklässigten, augenscheinlich. Nicht nur sind die Hände fein gepflegt, auch daS Gesicht ist stark veredelt. Rasirt ist der <junge Ebemann stets, trägt er «inen Bart, so ist dieser sorgfältig gekämmt und womöglich eingefettet. DaS Haar ist stets in vollendeter Weise frisirt und dabei ist nichts Geckenhaftes an der Erscheinung, man merkt nur den zarten weiblichen Einfluß. Besonderer Werthsckätzung erfreut sich aber die Kleidung des jungen Ehemannes. Welche Wandlungen kann man da beobachten. Früher vor der Heirath waren die Stiefeln nur oberflächlich geputzt, die Hosen zeigten kleine Unebenheiten, auch einige Flecke, die Weste nnd der Nock erzählten von der RestaurationSküche, der ShlipS saß genial unregelmäßig und auf dem Rockkragen machten sich oft einige Bürstenstricke nötbig. DaS wird mit einem Male anders. Der Ebemann wirst seinen alten Adam ganz weg. Funkelnagelneue Oberhemden oder „Chemisettes" ohne ge stopfte Knopflöcher glänzen in blendender Weiße, der ShlipS ist nach der neuesten Mode, die Kleider sind noch so neu wie die Ehe und so fein und sinnig behandelt wie daS töt« L töts früh beim Kaffee. Alles atbmet eine gewiss« einfache Eleganz, eS geht ein Hauch weiblicher Sorgfalt von ihm auS. Und nun die Haltung! Welche Ruhe, welche Würde liegt in dem ganzen Wesen deS jungen Ehemannes. Die Art, wie er den Regenschirm hält, wie er den Stock trägt, läßt eine Ahnung von seinem Selbstbewnßtsein aufdämmern, von dem Bewußt sein der Verantwortlichkeit für sich und noch ein andere» Wesen. Di« Sprache ist, Fremden gegenüber, zurückhaltender, außer einigen kleinen Brücken, die leicht aus dicken Stämmen mit eisernen Verbindungen herzustelle» wären, keine Kunstbauten er« sorderten. Eine Beförderung auf solchem Wege würde immer noch rascher und besser sein, al» ein Befördern durch Träger. Werthvolle Lasten verderben in großer Zahl in der Regenzeit, da die Träger sie eben auf ihren Schultern durchs Land tragen, ein Umstand, dem bei der Beförderung durch kleine Feldbahnen leicht abzuhelfen wäre. Einige Leute genügten zum Schutze der Beförderung in dem völlig sicheren Lande. Eine Verbindung ohne Eisenbahn lediglich durch breite Straßen und Transport mit Wage» vermag ich mir in weiten unbewohnten Strecken, zum Mindesten ohne bedeutende Kosten, nicht gut vorzustellen. Die Vegetation in den Tropen ist so üppig, daß GraS und Unkraut, eben erst ausgerodet und gejätet, beinahe sichtbar wieder rmporwächst. Wenn wir eine schmale Feldbahn mit eisernen Schwellen und Schienen möglichst längs oder auf den bereits vorhandenen Flußpfaden der Karawanen« Wege von Muanza nach Tabora anlegrn, so werden wir nicht so viel gegen die Vegetation anzukämpfen haben, wie auf breiten Straßen. Man bedenke, wie mühsam e» sein muß, große schwere Wagen über feuchte, schlammige Strecken in der Regenzeit zu bringen; daS ist eine Schwierigkeit, die kaum zu überwinden sein dürfte und ganz besonders gegen die Anlage breiter Straßen spricht. Ich glaube bestimmt, daß eine kleine Feldbahn von Tabora zum See von hohem Werthe für uns seiu würde, freilich nur dann, wenn unsere Mittel den Bau einer Bollbahn von der Küste nach Tabora erlaubte». Die primitive Verbindung des Victoria-SeeS mit Tabora würde dann schon einen belangreichen Ersatz für eine größere Bahn bedeuten, so lange eben kein Geld für eine solche vorhanden ist — aber auch nur, wenn wir in Tabora Anschluß an eine Eisenbahn hätten. Anders liegen die Verhältnisse z. B. in Transvaal. Hier ist ja vor Jahren jedweder Verkehr nur mittel» Ochsenwagen von Statten gegangen und bei der großen Wanderung der Boeren durch die unbewohnten Gebiete Südafrika» kam es vor, daß die Leute lange Jahre hindurch nur in diesen Wagen lebten; dort ist aber erstens einmal ein besseres Zugmaterial zur Hand, als wir in unsrem schwachen Zeburinde be sitzen, und andererseits mag die Instandhaltung der einmal vor« handenen oder angelegten Straßen in den südafrikanische» Steppen nicht so viel Schwierigkeiten verursache», wie in großen Strecken des tropischen Ostafrika. Außerdem ist zu unterscheiden, ob man die Straßen für die Ansiedler selbst oder für den Transport ihrer Maaren auS Centralafrika zur Küste za benutzen gedenkt. Im ersten Falle mag es ja gleichgiltig erscheinen, wenn Colonisten, die sich einmal von der europäischen Heimath losgerissen haben, 14 Tage oder 3 Wochen unterwegs sind, während es im zweiten Falle ohne Frage werthvoll ist, wenn di» Waarrn nicht so laiigt Zeit tranSportirt werden müssen. Mit großer Freude ist es jedoch zu begrüßen, daß jetzt unter unserem für die Colonien mit seiner vollen Lebenskraft eintretenden Gouverneur Liebert eine Straße vonderKüsteuachKilassasertig gestellt worden ist, und man kann nur wünschen, daß wenigstens mit der weitere» Anlage solcher Straßen rüstig vorgeschritten wird, so lange kein Capital für Eisenbahnen vorhanden ist." Allen diesen Ausführungen schloß sich, wie gesagt, General major Liebert rückhaltlos au; auf da» nacbdrücklickste betonte er, daß daS Wohl und Wehe der großen ostafrikanischen Colonie fast allein von dem Bau, dem beschleunigten Bau einer Centralbahn von Dar-es-Salaam wenigstens zunächst bis ernster, als stünde die junge Frau hinter ihm und controlire alle seine Worte. Der Händedruck ist weniger warm und kräftig als früher, man merkt, daß die ganze Wärme, die ganze Innigkeit, die ganze Kraft der Frau gehört, die Verbeugung, wenigstens vor Gleichgestellten, wird steifer, oder bekommt einen Anstrich deS affectirt Feinen, und die Wendung beim Lebewoblsagen ist immer so, als ob sich nun sofort in seinen Arm die junge Frau hängen müßte. Sie ist aber doch nicht immer dabei. In der Restauration nimmt der junge Ebemann eine eigenthümliche Pose ein. Um ihn herum die Freunde, stemmen einmal die Arme auf den Tisch, legen sich bequem in den Stuhl, schwenken unbedachtsam die Cigarre in der Luft und thun einen guten Zug au« dem Glase. Er aber — vorausgesetzt, daß er ohne Frau in die Kneipe gehen darf — spricht nicht mehr so laut wie früher, spricht ruhiger, wackelt auf dem Stuhl nicht hin und her, nimmt auS dem Etui keine Cigarre, ohne da» Etui — auf alle Fälle ein Brautgeschenk — mit einem sehr andächtigen Blicke zu streifen, brennt da» Streichholz sorgfältig an und leyt eS noch sorgfältiger auSgelöscht in den Aschenbecher, bläst den Rauch auf die Seite — nicht seinen Bekannten inS Gesicht — untrügliches Zeichen! — kurz, ist in jeder Be ziehung und zeigt in jeder Art den gesetzten Mann. Er sieht auch öfters nach der Uhr und geht bei Zeiten ab, was ich übrigens für sehr richtig halte. BemerkenSwerth ist auch die Art und Weise, wie er bezahlt. DaS ist kein stürmisches in die Tasche greifen, da- Portemonnaie hervorholen, öffnen und Geld auf den Tisch werfen — nein, langsam und bedächtig erblickt das Portemonnaie — manckmal ist eS auch eine fürchterliche gehakelte Börse, die au- Hochachtung vor der Schenkerin mit allen ihren Tücken benutzt wird — da» Licht der Oeffentlichkeit, gewichtig wird e» ein paar Mal gedreht, bedächtig geöffnet» dann fährt Daumen und Zeigefinger einige Maie ostentativ in der Zabllasche einher» al» ob sie sagen wollten, seht Ihr Andern, seit unser Herr verheirathet ist, hat er immer etwas oder mebr al- früher hier drinnen — dann wird möglichst ein Goldstück gewechselt, damit der Reichthum offenbar ist, und mit einer gewissen Grazie rin Fünfer dem Kellner hingeschoben — früher war eS manchmal ein Zehner oder nicht« —. Steht der junge Ebemann auf, so zieht er zwei, dreimal mit aller Kraft an Weste und Rock, damit sie gut sitzen, steckt in die Billrttasche Tabora abhänge; daß die große Colonie wirthschaftlich von den englischen Händlern unbedingt auSgesogen werden müßte, wenn eine solche Communication mit der Ostküste nicht baldigst hergestellt würde. Nur durch sie werde eö möglich sein, die Landschaft am Victoria-Nyanza auszusckließen und daS Hochplateau vom Nyassa-See biL zum Bictoria-Nyanza mit seinen Goldschätzen rasch und bequem zugänglich zu machen. Bald darauf wiederholte er bei einem ihm zu Ehren von derAbtheilungHannover der deutschen Colonialgesrllschaft veranstalteten Essen, was er in Leipzig zur Bestätigung und Ergänzung de» Kollmann'schen Berichtes über die Entwickelung Deutsch-Ostasrika» gesagt, theilte mit, daß von den neu eingeführten Steuern 50 Proc. den Bezirken für Straßenbau rc. verblieben, fügte aber hinzu, daß aller Aufschwung, alle Aufwendungen für Straßenbau rc. nur dann von erheblichem Nutzen sein könnten, wenn dem Bestreben aller an unser Gebiet grenzenden Nationen, ihre Gebiete möglichst rasch aufzuschließen und den Handel auf ihre Ver bindungswege zu lenken, baldigst der Erfolg entzogen werde durch den Bau einer Centralbahn von Dar-eS-Salaam nach dem Tanganyika und Bictoria-Nyanza, die allein eS ermögliche, die natürlichen, leicht zu erbebenden und zu veredelnden Producte de» deutschen Seengebietes rasch und sicher der Ostküste zu- zusühren und sie von dem Wege über den bereits von einem englischen Dampfer befahrenen Bictoria-Nyanza über das englische Uganda zum Mittelmeere abzulenkrn. „Wir werden wirthschaftlich todt gemacht, wenn wir nicht bald für die Ausschließung de- Landes durch eine Centralbahn sorgen." Wer diese Ausführungen der beiden gründlichen Kenner der Verhältnisse in Deutsch-Ostafrika auf sich hat wirken lassen, begreift es kaum, wie ihnen gegenüber der Vorschlag gemacht werden kann, abzuwarten, ob „vielleicht später einmal" die Reicksregierung auf daS Unternehmen zurück komme, und einstweilen gemäcklich zu untersuchen, ob nicht „vielleicht" durch Bau und Besserung von Straßen und Pfaden etwas erreicht werden könne. Davon könnte die Rede sein, wenn Deutsch-Ostafrika eine unS allein gehörige Insel oder ein rings von uncivilisirten, der eigenen Culturentwickelung überlassenen Völkern um gebenes Gebiet wäre. In einem solchen könnten wir Schrittchen für Schrittchen Straßen und Pfade für den Verkehr aufbessern, ohne besorgen zu müssen, daß die deutschen Ansiedler Fronbauern fremder Händler werden würden. Aber in solcher Weltabgeschiedenheit befindet sich Deutsch-Ostafrika nicht mehr — zum Tbeil infolge der Abtretung Ugandas an England, auf die in den vorstehenden Citaten aus den Reden deS Generalmajors Liebert und des Oberleutnants Koll mann Bezug genommen ist. Letzterer betonte an einer anderen Stelle seines Vortrages die Bedeutung der Abtretung Ugandas an England für die Zukunft unseres ostafrikanischen Besitzes noch ganz besonders, mdem er auSführte: „AlS vr. PeterS auf seinem Zug zur Auffindung und Errettung Emiu Pascha's am See verweilte, erkanote dieser sehr richtig die Bedeutung des SeeS und eS gelang ihm, mit dem Herrscher von Uganda Verträge abzuschließen, nach denen dieser reiche und bedeuteudste Negrrstaat unter deutschem Schutze stehen sollte. Leider wurden i» der Folge diese Parte von der Regierung nicht sanctionirt und jetzt ist England im Besitze dieses großen Lande», dessen Bedeutung durch die Ereignisse der letzten Wochen im Sudan noch gewachsen ist. Wenn wir einmal in den Gebieten, die wir in Ost-Lfrika heute unser eigen nenne», festen Fuß soffen wollten, so dursten wir uns Uganda nicht entgehen lassen, nicht etwa allein um deS Landes und seine» Reichthums willen, sondern auch weil wir damit eine Wasserstraße zum Meer besessen hätten; außerdem wären wir jetzt als Herren von Uganda Besitzer eines Gebietes, das für die enqlischen Pläne „vom Cap deS UeberzieherS einen Zehner für die Straßenbahn, knöpft den Ueberzieher von oben bi- unten zu, damit er flch nicht erkältet — Vorschrift der Frau — und nimmt ziemlich kühl Abschied von seinen Genossen. Außer in seinem Geschäft kann man den jungen Ehemann nur auf der Straße und höchstens Wochentags einmal in dem „Restaurant" allein sehen — sonst ist er stets in Begleitung seiner besseren Hälfte. Wie lange dieser geschilderte Zustand dauert, also ein junger Ebemann zu erkennen ist, das ist nicht aut zn sagen. Gewöhnlich dauert es nickt lange. Dann verlieren sich die Merkmale und er tritt zurück in die Reihe der gewöhnlichen Menschen. Wie seine Kleidung sich allmählich abnutzt, so nutzt sich auch seine Haltung ab. Die Sorgen treten an ihn heran und die schönen Wochen, die Flitterwochen, vergehen, das Alltagsleben fordert sein Recht. Wenn die Handschuhe zerrissen oder lädirt sind, dann werden nicht gleich wieder neue angeschafft, die Kleidung wird auSgebessert, die Stiefeln glänzen nicht mehr so wie früher, man siebt sogar manchmal einige Rister darauf, bier und da wird ein Barbiergroschen gespart und auch die Brillantine bringt e» nickt zum zweiten Fläschchen. Der erste kleine häuslich« Krieg bat stattgebabt und der junge Ehemann seine Sprache wiedergefunden, er spricht wieder laut, läßt flch im Kreise seiner Genossen in der Kneipe sehen, während die Frau zu Hause Kinder wartet, bleibt auch einmal ein biScken länger — kurz er wird wie jeder andere Ehephilister. Mehr oder weniger bält dann dieser Zustand aa, so lange die Sorge ums Leben an hält, so lange die Kinder Geld kosten. Kommt aber" allmählich durch den Fleiß de- Manne» und die Sparsam keit der Hausfrau eine gewisse Wohlhabenheit oder gar ein wenig Reickthum i» die Familie, sind die Kinder groß nnd versorgt, dan» wird auch die Ehe wieder jung, man steuert auf die silberne Hochzeit zu und einige Jahre vorher ist wieder ein Brautstand. Mann und Frau lebt wieder auf, die Herzen flnden sich wieder in ebenso inniger, aber anderer Zärtlichkeit al- früher, Vater wird von Muttern herausgeputzt und nun kann man in veränderter Form aber im selben Wesen wieder den Bräutigam im Silberschmuck, den alten jung gewordenen Ebemann erkennen und sich über ihn freuen — denn er hat sich und den Seinen redlich genützt — auch sür andere nicht umsonst gelebt.
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