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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.01.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990121024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899012102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899012102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-01
- Tag1899-01-21
- Monat1899-01
- Jahr1899
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sagt er, »daß die Subskription gegen unsere Freunde, die Engländer, vaS Biratenvolk, den Schandfleck der Civili- sation, gerichtet ist. Wir sollten und aber rubig verbalten, es sei denn, daß wir sicher waren, siegreichen Widerstand leisten zu können. England mit einem Taucherschiff necken, ist unser unwürdig und könnt« uns theuerer zu stehen kommen, als das Schiff werth ist." Deutsches Reich. k verltu, 20. Januar. (Militairische Hilfe bei öffentlichen Nothständen.) Eine der Obliegenheiten, welche das Heer mit dem bürgerlichen Leben in unmittelbare Berührung bringen, ist die militairische Hilfe bei öffentlichen Nothständen, die in umfassendsten Maße bei den letzten Ueber- schwemmungen in Wirksamkeit getreten ist. Soeben wird vom Kriegeministerium eine CabinetSordre vom 6. Januar bekannt gegeben, welche zunächst nur für Preußen gilt, dann aber auck in anderen Bundesstaaten als Anhalt für die Generalcommando» zu dienen hat, soweit die militairischen Forderungen dabei in Betracht kommen, und über die Stellung militairischer HilfScommandoö im Fall der Noth eingehende Bestimmungen trifft. Danach findet dir Stellung militairischer HilsScommandoS bei thatsächlich bereits eingetretrneu oder ersichtlich unmittelbar bevor stehenden Nothständen statt, wenn andere Hilfe nicht ausreichend zu erlangen ist, und zwar bei Gefahr für Leben oder Eigen- thum und auSnahmSweife bei erheblichen Störungen des öffentlichen Verkehr». Die Forderung von Hilfe leistungen geschieht tu erster Linie durch die oberen Verwaltung», behördeu; sind die Hilfeleistungen am Standort selbst nöthig, so sind die Ortsbehörden zur Anforderung zuständig. Bet äußerster Gefahr haben alle Behörden das Recht, unmittelbar militairifche Hilfe nachzusuchen. Privatpersonen müssen sich mit ihrem Ansuchen an die zuständigen Verwaltungsbehörden wenden; nur bei äußerster Gefahr können auch sie das Gesuch un mittelbar an das zuständige Generalcommando richten. Die Anträge aus mi.litairtschr Hilfe seitens der Behörden müssen so gestellt werden, daß darau» die Art der beabsichtigten Hilfeleistung möglichst genau hervergeht, so z. B. ob eS sich um Erhaltung bedrohter Dämme, um Herstellung von Verbindungen, um Rettung von Menschen auS übrrjchwrmmten Ortschaften u. s. w. handelt, und waS an verwendbarem Material (Ponton-, Rudern u. s. w.) an der UnglückSstättc etwa schon vor handen ist, bezw. erforderlich scheint. In der Anforderung sind auch über die Kopfzahl deS benöihigten HilsScommandoS sowie über die erforderlichen Handwerker bestimmter Arten Angaben erwünscht. Zuständig zur Gewährung der nachgesuchten Hilfe sind in erster Linie dir Generalcommando», die auch nach Art der Arbeiten und dienstlichen Interessen entscheiden, ob Infanterie oder technische Truppen zu stellen sind. Bei äaßerstrr Gesahr können auch die Garnisonältesten und TrupprnbefehlShaber selbstständig Hilfe ge- währen. Diese bedarf der Bestätigung durch das zuständige Generalcommando. Privatpersonen militairische Hilfe un mittelbar angedeihen zu lasten, sind nur die GeneralcommandoS befugt. Die Bestimmungen über die Kosten der Hilfe leistungen geben dahin, daß lediglich die au« der Requisition der Militairverwaltung erwachsenden Mehrkosten an Ver pflegung und Tagegeldern von den requirirenden Behörden und Privatpersonen getragen werden müssen. Auch haben diese für Materialverluste aufzukommen, wobei indcß lediglich der Werth der Stücke bei Beginn de« CommandoS berück sichtigt wird. Den Civilbebörden liegt dann noch insbesondere ob, für die Unterbringung und Verpflegung der HilsS commandoS da» Erforderliche möglichst schon vor deren Ein treffen zu besorgen; wo e« nöthig ist, sorgt der Truppentheil selbst für die Verpflegung. Man darf darauf gespannt sein, welches Maß der Beachtung diesen Anordnungen von den radikalen Organen entgegengebracht wird, welche die alten Bestimmungen über den Waffrngebrauch deS MilitairS im Falle zwangsweiser Zerstreuung von Tumultuanten nicht tendenziös genug zu tractiren wußten. Berlin, 20. Januar. (Der preußische Staat — ein leichtsinniger Schuldenmacher?) Mit so fetten. Ziffern, daß den harmlosen Leser rin gelinde« Gruseln über- j lausen muß, verkündet die „Freis. Zeitung", daß die Schuldenlast Preußen- gegenwärtig 6^/, Milliarde beträgt, wozu noch im nächsten Jahre mehr als 100 Millionen hinzu treten dürften. Die Schuld de» Reichs beträgt rund 2>/« Milliarden, wovon auf Preußen im Derhältniß seiner Bevölkerungsziffer zur Gesammtbevölkerung deS Reiche» 1l/, Milliarde zu rechnen wären. Nimmt man diese Summe zu den 6 Milliarden 600 Millionen hinzu, so beträgt die Schuldenlast Preußen» 8 Milliarden Mark. Diese Summe ist noch nicht r/« so groß als die Verschuldung Frankreich«, ganz abgesehen davon, baß Frankreich für seine Schulden nicht annähernd so sichere Gegenwerthe präsentiren kann, wie Preußen. Sind doch allein die Ueberschüsse der preußischen StaatSbahnen so groß, daß dadurch die Gesammtverzinsung der preußischen Schulden mehr al» gedeckt ist. Und diese Ueberschüsse würden noch viel größer fein, wenn nicht di« Eisenbahnen der Postvrrwaltung Millionen und aber Millionen schenkten. Die Leser der „Freis. Ztg." brauchen sich also einstweilen vor dem Bankerott noch nickt zu fürchten. Wenn im Privatleben Jemand für seine Schulden so gute Deckung bat, wie Preußen durck seine Eisenbabnen und seinen sonstigen Staatsbesitz, und wenn Jemand die Zinsen für seine Schulden aus seinen gewerblichen Unternehmungen mit solcker Leichtig keit ausbringen kann, so gilt er im kaufmännischen Siltne al» „gut- und wird jederzeit gern und leicht neuen Credit be willigt erhalten. So wird denn wobl auch Preußen trotz der fetten Ziffern der „Freis. Ztg." jederzeit noch und zu billigem Zinsiatze soviel Credit bewilligt erhalten, wie eS in Auspruck zu nehmen für gut findet. — Heute Abend kurz nach sieben Uhr begab sich da-Kaiser- paar zum Diner beim Fürsten Anton Rad ziwill. Der Kaiser hatte zu Ehren des Fürsten, welcher al« General der Artill«rie L la sulto des 1. Garde-Feld-Artillerie-RegimentS geführt wird, die Uniform dieses TruppentheilS angelegt. ES waren ferner Einladungen ergangen an den französischen Botschafter Marquis de NoailleS, den russischen Botschafter Grafen von der Osten-Sacken, den großbritannischen Botschafter Sir Frank LaScelle», den StaatSsecretair deS Auswärtigen Amte« von Bülow u. A. Nach dem Essen fand eine kleine musikalische Unterhaltung statt, bei welcher der au» Sedan gebürtige zwölfjährige Violoncell-Virtuose Paul Bagelaise mehrere Musikstücke vortrug. Gegen 10^ Uhr verließ da» Kaiserpaar da» fürstliche Palais. — Der Kaiser hat der „Frkf. Ztg." zufolge angeordnet, daß die Dacht „Hohenzollern" am l. April dienstbereit sei. — Die Besprechung de» Kaisers mit dem eng lischen Botschafter Sir LaScelle» fand in der eng lischen Boisckrst statt, wohin der Kaiser gegen Mittag fuhr, nm etwa eine Stunde zu verweilen. In der Presse wird die Vcrmutbnng ausgesprochen, da» Gesprächsthema hätte Vie englisch.französischen Beziehungen gebildet. Wahr scheinlich seien auch die neuesten Vorgänge auf Samoa berührt worden. — Die kaiserlichen Prinzen begehen sich am 26. Januar zur Feier deS Geburtstage» de» Kaisers von Plön nach Berlin. — Don nationalliberaler Seite ist in der heutigen Sitzung deS Reichstages darauf hingewicsen worden, daß die Theorie von der Verelendung der Massen schon mit Rücksicht aus die großen, für GcwerkvereinS- und Parteizwecke stet verfügbaren und dauernd fließenden Mittel nicht mehr zu halten wäre. Als Illustration hierzu diene die nachstehende, dem „Vorwärts" entnommene Notiz: Dem Jahresbericht deS Verbandes der englischen Maschinen bauer für da» Jahr 1898 ist zu entnehmen, daß dir Wunden de» letzten großen Kampfes so ziemlich wieder ausgeheilt sind. Der Reservefonds, der am Ende de» Streikes kaum 2 Millionen Maik betrug, enthält heute bereits wieder 4 Millionen; dabei sind alle geliehenen Gelder zurückgezahlt. Der Mitgliederstand betrug Ende December 1898 83 564; der alte Stand von Ende 1897 (während de» Streike»), zu welcher Zeit der Verband über 90000 Mitglieder zählte, ist also noch nicht wieder erreicht. Zum Theil dürste das auf dir hohen Extrabeiträge zurückzuführen fein, welche der Verband seinen Mitgliedern auferlegen mußte, um möglichst schnell seine Finanzen zu sundiren. — Am Ende de» Streikes (Januar 1898) befanden sich gegen 30000 Mitglieder außer Arbeit; heute zählt die Organisation nur die normale Anzahl von Arbeitslosen. — Die Eonferenz der Sachverständigen zur Revision des Wringe setz es ist auf den 6. Februar in das Reichs- gesundheitSamt ein berufen. — Die in der Thronrede zur Eröffnung de» preußischen Landtage» angrkündigte Einbringung eine» Gesetzes über staatliche Ehrengerichte für Aerzte veranlaßt dir „Brrl. kl in. Wochen schr." zu der folgenden Aufforderung an die Aerzte: „Es scheint UN» eine dringende Aufgabe zu sein, daß nunmehr baldmöglichst die Abgeordneten genau und unparteiisch über die Wünsche de» ärztlichen Stande» aufgeklärt werden. Insbesondere gilt e» in Sachen der EhrengerichtSbarkeit nochmal» scharf die Punkte her- vorzuheben.die wenigsten» unter einer großen Zahl der College» als un erläßliche Garantien gegen mißbräuchliche Anwendung de» Diciplinar- gesetze« angesehen werden; in erster Linie steht dabei unsere» Erachten» rine bestimmte Fassung de» 8 13 in dem Sinne, daß lediglich Vergehungen im Berufe geahndet werden sollen, Einschreiten wegen politischen, wissenschaftlichen und religiösen Verhalten» aber ausdrücklich ausgeschlossen wird, in zweiter Linie die Einbeziehung der beamteten und Militair- ärzt«, soweit sie Privatpraxi» treiben, in das Gesetz. Wir em pfehlen, daß sich der AerztekamnierauSschuß, oder fall» dieser Nicht dafür zu haben, wenigsten» die Berliner Kammer (wie die» auch einem früher gefaßten Beschluß entsprechen würde) mit einer Denk- schrist an da» Abgeordnetenhaus wenden möge, in der alle diese Punkte klargestellt werden. — Die Arbeiten de« deutschen Colonial-Museum S nehmen bei dem regen Interesse, da» diese» für unsere Eolouialrntwickelung hochwichtige Institut jetzt allgemein findet, ihren ununterbrochenen Fortgang. Auch die deutsche Eolonial-Gesrllschaft bat durch eine Schenkung ihrer wertb- wollen Productensammlung dazu beigetrage», die Bestände de» Museum» bedeutend zu v«rmehren. — Dir Prinzessin Albert von Sachsen-Altenburg hat sich gestrrn von hier nach Petersburg begeben. * Posen, 20. Januar. Oberpräsident von Goßler, die ständigen Ministerialcommifsar« und die auswärtigen Mit- glieder der AnsiedlungS-Eommission trafen gestern Nachmittag hier «in, um in «inrr Plenarsitzung den Ankauf neuer Güter und die Scßhaftmachung kauflustiger Ansiedler zu beschließen. (7) Potsdam, 20. Januar. Die KöniginvoaWürttem- berg ist heute Abend 10'/, Uhr nach Stuttgart abgereist. Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Wied, sowie der Prinz Ernst von Sachsen-Altenburg hatten die Königin nach der Bahn begleitet. Hannover, 20. Januar. Zum Kaiserbesuche in Hannover tbeilt die „Börsen-Zlg." noch mit, daß der Monarch am 24. d. MtS. im Lause de» Vormittag« auf der Rückreise von Gotha kommend, wo er bekanntlich am 23. d. MtS. der silbernen HochrcitSfeier de» Herzog« und der Herzogin von Sacksen-Eoburg-Golba beiwohnt, m Hannover eintreffen wird. Sofort nach der Ankunft daselbst bezieht sich der Kaiser nach dem Waterlooplatze, um eine Besichtigung der Hannoverschen Garnison vorzunehmen. Hieraus folgt der Kaiser einer Einladung de» Officiercorp» de» Füsilier- Regiment» „Prinz Albrecht" zum Frühstück und wird sofort nach Beendigung desselben die Rückreise nach Berlin antreten. Der Aufenthalt de» Kaiser» in Hannover wird demnach nur wenige Stunden währen. * Bonn, 20. Januar. Im Collegium Albertinum (dem theologischen Convict) zu Bonn erschien vorgestern der Wcihbischos I)r. Fischer, um im Auftrage des Erzbischofs von Köln, de« Cardinal- Krementz, dem Vorstande und den Alumnen de» Albertinum» folgende- an den Director Or. Düstcrwald gerichtete Schreiben mitzutheilen: Köln, den 18. Januar 1899. HochwUrdiqer Herr Direktor? In letzter Zeit hat sich die Presse wiederholt mit Angelegenheiten de» Collegium Albertinum besaßt. Den Anstoß hierzu gaben Artikel, die angeblich von Alumnen de» Albertinum» einem hiesigen Blatte znr Veröffentlichung übergeben worden sind und Beschwerden über die Hausordnung de» Albertinum» und deren Handhabung, sowie über die zur Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung der Alumnen getroffenen Ein richtungen enthüllen. Seit der Eröffnung de» Convictcs im Jahre 1887 ist wedrr bei mir noch bei meinem Generalvicariate von Alumnen jemals eine Beschwerde erhoben worden. Ick war daher auch nicht in der Lage, eine solche zu prüfen und darüber Entscheidung zu treffen. Wenn sich aber Alumnen mit ihren vermeintlichen Beschwerden an die Presse, statt an die vor gesetzte Behörde gewandt haben, so muß ich die» schmerzlich beklagen und durchaus verurtheilen. Da» Albertinum erhebt ebenso wenig wie irgend eine andere menschliche Einrichtung den Anspruch, iu jeder Hinsicht vollkommen zu fein. Ohne Zweifel bietet jedoch dasselbe allen Theologiestudirenden, die guten Willen» sind, reichlich Gelegenheit, ihre asketische wie wissenschaftliche Vorbildung zu fördern. Gerne ergreife ich diese Gelegenheit, um Euer Hochwürden für die Treue und Gewissenhaftigkeit, mit der Sie bisher Ihr schwierige- Amt verwaltet haben, meinen oberhirtlichen Dank anSzusprechen. Ich hege nicht minder die Ueberzeugung, daß Sie mit dem gejammten Vorstände de» Albertinum- auch fernerhin eifrig bestrebt sein werden, den von dieser Pflanzstätte de» Klerus ausgehenden Segen stet» reicher und nachhaltiger zu ent falten zum Heile für unsere Theologiestudirenden und für dir ganze Diöcefe. In diesem Sinne erthcile ich Euer Hochwürden und dem gejammten Collegium Albertinum meinen oberhirtlichen Segen. Der Erzbischof von Köln 's PH. Card. Krementz. Die „Köln. Ztg." meint, man dürfe da» Schreiben als die Ankündigung wesentlicher Aenderungen zur Abstellung der Mißstände auffassen. Na, na! * Nürnberg, 20. Januar. Hier ist die Bildung eines EomitsS von hervorragenden Industriellen im Werke, das die Bekämpfung der neuen bayerischen Gewerbe steuergesetzgebung im ganzen Lande in die Wege leiten soll. * Karlsruhe, 20. Januar. Der Großherzog von Baden hat al» Protektor de» „Badischen Militair- vereinS-VerbandeS" in ein Dankschreiben für die ihm vom VerbandSpräsiviunr beim Jahreswechsel dargebrackten Glückwünsche folgende an die Gesammtbeit der badischen Kameraden gerichtete Ansprache verflochten: „Kameraden! Für» neue Jahr euch allen Meine treuen Segenswünsche au« tiefster Seele von Gott erflehend: Bleibet fest bei dem Eide, den ihr einst zur Fahne geschworen! Diese» Gelöbniß ist der Leitstern für «in ehrenvolle» bürgerliche- Leben, für eine erfolgreiche Thätigkeit in den Aufgaben von Gemeinde und Staat, in dem Beharren bei den religiösen Pflichten. Emgrdenk eure» Eide» wird eure Ehre unantastbar bleiben gegenüber den Her- fuchungen de» Leben». Ihr werdet aber auch dir Kraft euch be- wahren, wenn es noth thut, treu zu kämpfe» für Ehre und Recht, Ordnung und Gesetz, für Kaiser und Reich, für die geklebte badische Hrimath. Höret die Mahnung, Kameraden, die Ich euch ver- trauenSvoll zuruse, und befolgt sie al» Vorbild für unsere Jugend, auf daß deutsche Treue unser Stolz bleibe." Karlsruhe, den 6. Januar 1899. (gez.) Friedrich. Die Strafkammer als Berufungsinstanz erhöhte iu der Privatklage des Präsidium» de« Verbände» der Militairvereine die vom Schöffengericht verhängte Strafe gegen den Pfarrer Wacker von 100 aus 300 .6, gegen den Redacteur Häfner von 20 auf lOO Die Berufung deS Oberstleutnants Platz wurde verworfen. Oesterreich-Ungarn. Ta» Communiquö der Rechten. * Wien, 20. Januar. Ein über die heute stattgebabte, 3>/, Stunden währende Beratbung deS ExecutivcomitöS der Rechten auSgegebene» Communiqu» besagt: Der auf Eiuladung de» Obmanns erschienene Ministerpräsident Graf Thun gab ein ausführliches Expos« über die gegenwärtige parlamentarische Lage. In der sich hieran knüpfenden längeren Beratbung drückten alle Redner ihr Bedauern darüber auö, daß durch die Obstruction da» Parlament zum großen Nachtbeile der Bevölkerung zu voller Untätigkeit ver- urtheilt ist. Die Prager Vorfälle. * Prag, 21. Januar. (Telegramm.) Die Leiche des erschossenen HochschülerS Linhart wurde gestern Vor mittag in aller Stille eingesargt und nach dem StaatSbahn- bose übergesührt, nm nach Lbotka, dem Geburtsorte Linhart s, gebracht zu werden. — Gestern Nachmittag zogen etwa 300 tschechische Studenten zum StaatSbahnhofe, wo sie in dem Augenblick ankamen, al« der Sarg in den Eisen bahnwagen gehoben wurde. Nach dem Gesänge de» LieveS: „Hej Slovane" zogen sie wieder ab. Eine später zum StaatSbahnhofe ziehende Gruppe von Personen wurde durch die Sicherheit-wache zerstreut. Bald darauf sammelten sich auf dem KarlSplatze mehrere Hundert Studenten an und sandten an die Rectoren der tschechischen Hochschule eine Abordnung, die darüber Beschwerde führte, daß die Leiche Linbart'S bereits fortzeschafft worden sei. Die Necioren erklärten die Beschwerde für unberechtigt, da daS Lcichenbegängniß Lmbart'S nickt in Prag, sondern in dem Geburtsorte deS Erschossenen stattfinde. Gestern Abend wurde auf dem Wcnzelsplatze eine Ansammlung von mehreren Hundert Personen durch die Sicherheitswacke zerstreut. Ein deutscher Student wurde von der Menge eine Zeit lung unter Johlen verfolgt. Größere Ruhestörungen sind nicht gemeldet. Frankreich. Tle „Kaiserbriefc". * Pari», 20. Januar. Drputirtenkammer (Fortsetzung'. Der Minister des Aeußern Delcajss erklärte, er habe PalLologuc ermächtigt, vor dem Cassalionshof auSzusagen und da» sogenannte „ganz geheime Actenstück" mitzutheilen. Der Minister be- merkte dazu, in dem Actenstück sei kein von dem Verurtheiltcn an einen auswärtigen Souverain gerichtetes Schreiben vorhanden und sei mit der Kcnntniß derzeit über zehn Jahre im Dienste de- MinisterinmS stehenden Agenten niemals ein solches vorhanden gewesen. Man habe gefragt, ob Briefe vorhanden seien, die von einem auswärtigen Souverain an den Vernrtheilten geschrieben wurden. (Zurufe.) Man könne, fuhr Delcasss fort, an die Echtheit derartiger Schriftstücke glauben oder nicht glauben (Beifall), aber man würde festgestellt sehen wollen, daß sie fabricirt worden seien. Er wisse absolut nicht und auch im Ministerium de» Acnßern sei absolut nichts darüber bekannt, ob derartige Briefe angefertigt seien. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, so würde der An- iertiger sich wohl gehütet haben, diese Briefe nach dem Quai d'Orsay zu bringen, denn auch der größtmögliche Fall von Naivität der Diplomaten würde nicht so weit gehen, daß Einer derartige Waare annehme oder anerkennt. (Beifall.) — Hierauf erklärt MSline nochmals formell, daß weder er noch irgend ein anderes Mitglied seines CabinetS von der Fälschung Henry'S Kenntuiß gehabt hätten. Redner schützt sich glücklich, daß er die Revision nicht vorgenoinnien habe, ihm habe die neue Thatsacke gefehlt, die sie al» begründet erscheinen ließ. Wenn es einen Unschuldigen gebe, so möge man seine Unschuld verkünde», aber daS Land sehe in der Dreyfus-An- gelegenhclt eine systematische und perfide Campagne gegen das Heer, die Dreyfus-Angclegenhcit diene nur als Vorwand (Beifall im Centrum). Die Anhänger der Revision mögen aufhören mit den Feinden deS HeereS Hand in Hand zu gehen. (Großer Lärm aus der äußersten Linken.) Möline fügt hinzu, daß es sich unstreitig um «ine Campagne gegen das Heer handele. (Neuer Lärm und Beifall.) Viviani (Socialist) versichert, daß seine Partei da» Heer achte. da» andere folgte, von der zwingenden Gewalt seines Wahns ge trieben. Jetzt stand der Mann auf den Füßen, zerrte an seinem Nacht hemde, wie um sich wärmer einzuhüllen, und ging ein paar Schritte vor. Die Augen richteten sich starr in die Ecke, in der jenes Bild hing, von dem des Kranken Sinn beherrscht wurde. „Er winkt — nicht feige sein — eS geht durch's Wasser — kalt — kalt." Der alte Körper erschauerte, aber schwankte vorwärts, -müh sam strauchelnd und tastend. Im Kamin knisterte da» Feuer und fiel mik dumpfem Ge polter zusammen. Rothe Lichter tanzten durch den Saal, bald hier, bald dahin wunderliche Blitze werfend, die daS Dunkel in den Ecken nur noch schwärzer erscheinen ließen. Der mühsam Schleichende erreichte jetzt die Steinfliesen, wo die Teppiche aufhörten, die seine» Kinde» Sorgfalt ihm gebreitet hatte. Erschrocken hob er die nackten Füße höher. Frost schüttelte ihn, seine Zähne schlugen aufeinander, allein er achtete dessen nicht. Drüben an der Wand hing da» lebensgroße, streng« Bildniß Paul Eberhard'«, der Name stand darunter. Jetzt spielt« der Feuerschein au« der zusammengesunkenen Gluth de» Kamin« über da« Bild. „Ja, e» lebt, e» bewegt sich! Die Rechte schiebt sich unter dem Mantel hervor, sie hält etwa» Weiße«, die Dokumente!" Der ängstlich tapprnde Nachtwandler richtet sich straffer auf; gleich hat er seinen Ahn, seinen Wohlthäter erreicht. Nur noch wenige Schritte auf diesem rauhen Boden! Endlich sieht er sich am Ziele, er hebt die Hand, den Schatz zu empfangen, er schwankt und klammert sich an den schweren Holzrahmen, da löst sich da« Bild von der Wand und stürzt wuchtig auf den Tastenden herab. Gepolter hallt durch den Raum, Schreck, Frost und Schwache reißen den Stolpernden nieder. Mit dem ganzen Leibe liegt er auf.den Steinen. Eisig rinnt es durch sein Gebein, noch ein« Anstrengung in die Höhe zu kommen — vergeben», er bricht unter der Wucht de» über ihn gefallenen Bilde» zusammen, und die Sinne vergehen ihm. Langsam, kalt und grau, anscheinend mehr erhellt vom Schn« als von der Sonne, dämmert« der nächste Tag herauf. Hahnewinkel hatte da» Feuer in der Küche angezündet, und Nella, in ein warmeS Tuch gewickelt, kochte d«n Kaffe, rs war noch so dunkel, daß e» beim Lampenlichte geschehen mußte. Sie brachte d«m Dater seinen Kaffee st«t» vor» Bett, und wurde heute von d«r Sorge getrieben, der Kranke möge doch während der kalken Rocht nicht recht w«rm geworden sein „Will gefälligst man gleich mal mit gehen", sagte Hahnc- winkel in seiner bereitwilligen Weise, „und ergebenst 'n« Kiepe Holz hinauf tragen. Kann dann zugleich der Edelgeboren«n leuchten." Er nahm den Korb voll Holz und die Lampe, während Nella daS Drrtt mit dem Kaffe« trug, und so gingen sie zum Saal hinauf. Die Nachtlampe brannte noch hinter dem Bettschirm und im Kamin glühte das Feuer, aber eS herrschte doch eine zugige, kalte Luft in dem großen Saale. Während Nella mit d«m Frühstück und freundlichem Morgen gruße auf da» Lager zuging, schürt« Hahnewinkel daS Feuer und warf Arme voll Holz in den großen Kamin. Plötzlich schrie Nella laut auf: „Dater — großer Gott — Dater —" DaS Kaffeegeschirr schlug in ihrer zitternden Hand aneinander, und sie mußte daS Brett niedersetzen. Dir Diener wandte sich ihr zu, und nun sah auch er, daß da» Bett leer war. Eilig kam er heran. „Der Hochwohlgeborene sind gütigst schon aufgestanden?" „Jetzt — bei der Kälte, er that «S nie. O, wo kann rr sein?" Ihr suchender Blick irrte durch den Saal. Da, in der dunkelen Ecke unter einem seltsamen, flachen Gegenstände lag hingeflreckt etwas Große», Weiße«. Sie eilte mit Hahnewinkel darauf zu. — Er war e», ihr armer Dater, aber eisig, steif, leblos. Mühsam trugen sie den starren Körper auf da» Bett. Sie untersucht«!, und rieben ihn, sie versuchten ihm Wein einzuflößen, Alles vergeblich, kein Athem, kein Herzschlag, keine Spur von Bewegung. Die Ueberzeugung, daß er todt sei, schon vor Stunden ver schieden, ließ sich nicht mehr abweisen. „Wie entsetzlich!" schluchzte Nella und schlug die Hände vor'« Gesicht. „So unnatürlich, so plötzlich!" „Der gnädige Herr hat gütigst mit dem Bilde angebandelt." „Warum bin ich nicht bei ihm geblirben. Aber könnte denn ein Arzt nicht noch helf«n?" „Will ergebenst gleich nach Neustadt hinunter." „Peter und Paul können laufen." Binnen ein«r Stunde, während der Nella nicht nachgelassen hatte in ihren Versuchen zur Wiederbelebung de« Erstarrten, war Doctor Hesse, ein noch junger, rüstiger Mann, am Bette de« Verunglückten. Eine kurze Untersuchung bewie«, daß kein« Hilfe möglich sei. M» der Arzt die tiefe Betrübniß der Tochter sah, s«gte er ihr, daß der Todte schweren Leiden rntg«gengegangen, da sein Zu stand ein ganz hoffnungsloser gewesen sei. Onkel Wilhelm verhielt sich ablehnend bei diesem Todesfall, der ihn so nahe anging. Er mochte nichts davon hören und sehen, und Nella merkte bald, daß si« den weichmüthigen Onkel, der sich vor dem Tode fürchtete, möglichst zu schonen habe. An einem sonnigen Wintrrtage, der mit hell glitzerndem Schnee und EiSkrystallen prangte, konnte man den Sarg auf einem Schlitten din Berg hinnntrrführen und auf dem Friedhöfe deS Städtchens neben den Eltern drs Tobten bestatten. Es war der letzte Rusteberg, der die Grundsätze seines Hauses hoch gehalten. Eine neue Zeit drängte sein« Kinder in andere Bahnen, die sie tapfer beschritten. Onkel Wilhelm hatte sich in seinem nach hinten gelegenen Schlafzimmer eingeschlossen und weder an der Leichenfeier noch an der Beerdigung tbeilgenommen. Als der Geistliche ihn als einen der nächsten Leidtragenden begrüßen wollte, lehnte rr dankend den Besuch ab. Hahnewinkel dagegen und ihre jungen Brüder waren Nella treu und verständig zur Seite geblieben. Ganz besonder» herzlich und hilfbereit hatten FillbergerS sich bewiesen. Die Mädchen waren trotz des hohen Schnee» öfter heraufgekommen und der Vater, der die Verhältnisse in Neustadt genau kannte, hatte die Beerdigung angeordnet. Nella schrieb an ihren Bruder, auch an Johannes FeldhauS und endlich an ihre Cousine Valetta, von der sie wußte, daß die früher so Derwöhnte seit dem vor Jahr und Lag erfolgten Tode ihrer Mutter neulich schon di« drittr Stelle angenommen habe. Daletta's Antwort auf ihren Brief beunruhigte Nella. Die Cousine schrieb: „Du kannst Dich nicht beklagen, Du genießt durch Onkel Wilhelm'« Gastfreundschaft einen großen Vorzug. Ich muß mich von einem House zum anderen herumdrücken und plagen, während Du auf dem alten Schlosse wie eine Prinzessin lebst, und ich bin doch Onkel Wilhelm ebenso nahe verwandt wie Du." Wenn Nella nun auch genau wußte, daß sie nicht wie eine Prinzessin lebt«, so traf sie doch Valetta'« Aeußerung, daß sie dem Onkel ebenso nahe verwandt sei und also denselben An spruch habe, auf dem Rusteberg« zu Gast sein, wie ein Vorwurf. Sollte sie jetzt gehen und eine Stelle suchen? Sie war dazu brreit, aber ihre jungen Brüder, für die sie meint« sorgen zu müssen, konntc sie die vrrlassen? Auch von Onkel Wilhelm würde sie sich schwer lobreißen. «beriwch eiwenPast in srintzau« zu nehmen, einlaenwnchafte», enespruch»»»!«« Geschöpf, wie Valetta von Selbach, da« konnte sie dem guten Onkel unmöglich zumuthen. Sie und die Ihren waren hier ja auch nicht völlig zu Gast, darin täuschte sich die Cousine. Der Onkel war nicht in der Lage, mehr zu geben, als die Lebensbedürfnisse, die ihm zuwuchsen. Nella wußte jetzt aus Erfahrung, daß sie noch Geld genug für andere Dinge gebraucht habe. Mit Schreck sah sie, wie durch die Unkosten der Beerdigung ihre Casse zusammengeschmolzen war. O, sie mußte sehr sparen, sehr vorsichtig mit allen Ausgaben sein, um noch einige Zeit so leben zu können. Für sie und die Brüder ging da» ja auch leichter als für den kranken Dater. Aber daS Schulgeld. Würde Ostern ihre Baarschaft noch dazu ausccichen? Und neue Anzüge mußten die Jungen auch haben. Vielleicht aus ihres Vaters Garderobe? Wie aber später durchkommen — später? Sie besaß noch einige Schmucksachen, die sie verkaufen konnte, allein waS dann, wenn auch diese Hilfsquelle erschöpft war? Jedenfalls mußte sie DaleSka reinen Wein einschenken und ihr genau schreiben, wie eS hier stand. Fünfzehntes Capitel. Oberst von Wendelstein ging, wir e» seine Gewohnheit war, mit auf den Rücken gelegten Händen in seinem Zimmer auf und ab. Er war in der allergrimmigsten Laune. Seit dem Abend von Jutta'» Hochzeitstage, an dem Herbert sich hier in diesem Zimmer erschossen, war seine Frau in einen höchst bedenklichen Zustand verfallen. Ihr altes Nervenleiden hatte schwere Formen angenommen. Wendelstein empörte es in tiefster Seele, daß daS Glück, das doch so sieghaft bei ihm seinen Einzug gehalten, nun jählings wieder verscheucht worden war, verscheucht üurch diesen Thoren, diesen trotzigen Buben, der e» gewagt, gerade hier seinem Leben ei» Ende zu machen und durch den plötzlichen Anblick seine« ent stellten Leichnams die Nerven der Muller zu zerrütten. Es war der Wunsch deS Obersten, für den Winter nach dem Gute hinausguziehen. Wenn auch seine Bekannten nicht wagten, ihn auf den tragischen Vorfall in seinem Hause anzureden, so begegnete er doch theilnehmenden Blicken und empfing vielsagende Händedrücke, die feine stolze Seele empörten. Er wollte nur be neidet, nicht bemitleidet sein. Wenn nun gar seine Frau einer Nervenheilanstalt übergeben werden mußte, so brannte ihm hier der Boden unter den Füßen. Alle diese Vorfälle mußten erst vergessen werden, dann wollte er mit einer glänzenden Feier der Hochzeit Adelheid'« mrd Hohen- rain't zeigrn, daß sein Stern nicht untevgeganoen sei, sonder» strahlender denn je ffn Irnich stehe. (Fortsetzung fvH.)
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