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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990128026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899012802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899012802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-01
- Tag1899-01-28
- Monat1899-01
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744 beantwortet werd«», und die Folge tonnte dann nur eine rasche Erschöpfung der Arbeitersond» sein, wie hoch dieselben kch auch immer belaufen möchten, da bei gleichzeitiger AuS- sperrung aller Iradeunionistischei» Arbeiter eine Nacdfüllung der Etreikfond-bestand« durch di« Beiträge der in Verdienst siebenden Leute so ipso ausgeschlossen wäre. Wohl würden auch die Arbeitgeber leide«, doch nicht annähernd in dem Maße wie die Tradeunionisten, da sie dann nach Bedarf fr«ie Arbeiter «instelle» könnten, welche letztere um so »nassem Hafter herbeiströmen würden, je wirksamer sich die Macht des zu einer compacten Masse zusammengeschwrißtcii Arbcit- geberdunde» brthätigtc. Äaisergeburtstagsfeier. 2m Reiche. 2. Greiz, 27. Januar. Der Geburtstag des Kaisers ist auch in hiesiger Stadt festlich begangen worden. Mittag- erfolgte vom Rathhausbalcon Festmusik, in der Bürgererholung sand am Nachmittag ein Festessen, Abends im Tivolisaale ein Commers von verschiedenen Vereinen statt. DaS städtische Gymnasium beging die Feier durch einen Festact. Die Stadt hatte reichlichen Flaggen, schmuck angelegt. — Die heutige Nummer der Laudeszeitung gedenkt freilich des Geburtstages mit keinem Worte. ^V. Stuttgart, 27. Januar. Der Geburtstag des Kaisers wurde hier leohast gefeiert. Ein Festmahl dec Reserve« und Land- wehr-Osficiere leitete gestern Abend die Festlichkeiten ein. Heute früh fanden Fesigottesdienste statt; nach denselben hielt der König an die versammelten Truppen eine kurze Ansprache, die in einem dreimaligen Hurrah aus den Kaiser auSklang. Am Abend war in der Epiegelgalerie des ResidenzschlosjeS eine Festlich, keit; während des Mahles brachte dem Vernehmen nach der König in herzlichen Worten einen Trinkspruch aus den Kaiser aus. (Die Rücksicht auf seine tiefe Trauer hielt den König bekanntlich ab, diesmal wie sonst sich zum Geburtstag des Kaisers nach Berlin zu begeben.) Die hiesige deutsche Partei hielt am Abend eine Hauptversammlung ab und brachte in derselbe» dem Oberhaupte des Reimes in deutscher Treue den HnldignugSgrnb dar. Tie meisten hiesigen Blätter euthalten würdige Festarlitel. Der „Staatsanzeiger" veröffentlicht onlüblich des Fentageo eine längere Reihe von Auszeichnungen, Ernennungen und Beförderungen. D Straszburg t. E-, 27. Januar. Bei dem heutigen Fest« mahle zur Feier beS Geburtstages des Kaisers brachte der Statt halter Fürst zu Hohenlohe-Laugenburg den Trinkspruch ans den Kaiser aus. Ter Statthalter führte in seiner Rede aus, der Kaiser habe bei seiner letzten Anwesenheit wiederholt seine Befriedigung und Freude über seinen Auseuthalt und den herzlichen Empjang aus« gesprochen, der ihm und seiner Gemahlin von der Bevölkerung zu Theil geworden sei. Es sei zu hoffen, daß die Bevölkerung auch in diesem Jahre das Kaijerpaar werde in den ReichSlanven begrüben können. 2« Auslände. * Wie», 27. Januar. Während des heutigen, aus Anlaß des Geburtsscstes Sr. Majestät Kaiser Wilhelin's vom deutsche» Bot schafter Grafen zu Eulenburg gegebenen GalasrühstückS brachte der Botschafter einen Trinkspruch aus Se. Majestät den deutschen Kaiser aus, wobei er an die Hauptereigiiisse des letzten Jahres ankuüpste und in begeisterten Worten dem Stolz der Deutschen auf ihren Kaiser Ausdruck gab. * Bukarest, 27. Januar. Zur Feier des Geburtstages des Kaisers Wilhelm sand heute in der hiesigen protestanlijchen Kirche Gottesdienst statt. An demselben nahmen Theil: die Mitglieder der deutschen und der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft, der deutsche und der österreichisch-ungarische Consul, die Mitglieder der deulschcn Colonie, sümmtliche Minister mit dem Ministerpräsidenten Sturdza an der Spitze, die militairijche und Civil-Umgebung des Königs, zahlreiche hohe Osficiere, die Spitzen der Behörden u. A. * Sofia, 27. Januar. Zur Feier des Geburtstages deZ deutschen Kaisers sand heute in der hiesigen protestantischen Kirche etn Tedeuin statt. Mittags gab der Fürst ein Dejeuner, zu welchem die Mitglieder der deutschen diplomatischen Vertretung geladen waren. * Rom, 27. Januar. Bnkäblich des Geburtstages des deutschen Kaisers sind die deutsche Botschaft, die preußische Gesandtschaft beim Vatikan, das deutsche Consulat und die deutschen Institute geflaggt. Morgens wurde in der Capelle deS Palastes Caffarelli, im Beisein deS Personals der deutschen Botschaft, der preußischen Gesandtschaft und vieler Mit« aliedrr der deutschen Colonie ein Gottesdienst abgehallen. Abends findet im Palast Caffarelli rin glänzender Empfang der deutschen Colonie statt. — Aus Genua wird gemeldet, daß die dortige deutsche Colonie sich zu einem Festmahl versammelt hat. An Bord Les im Hafen liegenden Kreuzers „Hertha" sand ein Gottesdienst und Lunch statt, dem die Behörden beiwohnten. * Paris, 28. Januar. (Telegramm.) Zur Feier Les Ge burtstages deS deutschen Kaisers sand gestern im Hotel Continental unter dem Vorsitz Les deutschen Botschafters Grafen zu Münster rin Festessen der deutschen Colonie statt, welchem Herzog Paul von Mecklenburg, zahlreiche aus der Durchreise b.fiud- liche Deutsche und über 200 Mitglieder der deutschen Colonie nut ihren Damen beiwohnten. Der Feslsaal war mit dem lebensgroßen Bilde des Kaisers und mit drutichen Jahnen geschmückt. Gras Münster brachte den Trinkspruch aus Kaiser Wilhelm ans, >n welchem er aussührte, daS. schönste Fest der Deutschen im Nuslande sei Kaisers Geburtstag; vn diesem Tage fühle sich jeder Deutsche mit verdoppeltem Stolz« als Unterthan deS weisen, eLlrn, mach» tigm Herrschers, als Angehöriger der deutschen Nation, deren Name jetzt überall ein achtunggebietender sei. Der Kaiser blicke mit Befriedigung auf die Orirntrrisr Les abgelaufenen Jahres zurück, der Zweck der Reise tvar dl« Einweihung der evangelischen Kirche in Jerusalem; durch Schenkung der Vormitiou äs la Lainttz-Vier^s habe der Kaiser auch den Bekenurrn deS katholischen Glaubens sein großes Wohlwollen bewiesen und einen noch engeren Zu sammenschluß der Katholiken und Protestanten de» deutswe» Reiches herbeigesührt. Die Orientreise werde bedeutsame politische und commerzielle Bortbeil« im Gefolge haben. Wenn der im Ausland lebende Deutsche in die Heimath zurückkomme, werde er immer von Neuem von dein außerordentlichen, stetigen Aufschwünge auf ollen Gebieten freudig überrascht; der Deutsche wisse, daß dieses dem Kaiser zu danken sei, unter dessen Scepter Ruhe im Innern und Friede nach außen er halten bleibe; der Deutsche wisse, daß der starke Arm Deutsch lands ihn überall schütze; daS Bestreben deS Kaisers sei daraus gerichtet, daß dieser Arm immer kraftvoller werde; die Fürsorge des Kaisers für Heer und Marine diene jedoch nur den Zwecke» des Friedens; möge Gott dem Kaiser Beistand hierzu verleiden I Gras Münster schloß mit einem Hoch ans Len Kaiser und das kaiserliche HauS, in welches die Anwesenden dreimal be- geistert einstimmten; dann wurde ein HuldigungS- und Glückwunsch telegramm an Kaiser Wilhelm abgejandt. — Die deutschen Colonien in Havre und Marseille, welche den Tag ebenfalls in festlicher Weise begingen, richteten Telegramme an Len Grasen Münster mit der Bitte, ihre Glückwünsche und den Ausdruck der Hingebung und Treue an die Stufen des Thrones gelangen zu lassen. Brüssel, 27. Januar. Wegen des Geburtstages deS deutschen Kaisers wuibe hier unter dem Vorsitze des Lenlschen Gesandten Grasen v. AlvenSleben rin Festmahl veranstaltet. * London, 27. Januar. DaS Galadiner in der deutschen Botschaft aus Anlaß deS Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm nahm einen glänzenden Verlauf. Dem Festessen wohnten di» Mitglieder der deutschen Botschaft, deS Generalconjulats und die Spitzen der Colonie bei. An Stelle des deutschen BotschastrrS Grafen von HatzselLt-Wildenburg, welcher in Folge einer Erkältung an das Zimmer gefesselt war, brachte der Morineaitachö Corvellencapitän Cörper den Toast ans Sr. Majestät den Kaijer an-. Deutsches Reich. - Berlin, 27. Januar. (Ordensverleihungen und Auszeichnungen.) Unter den Auszeichnungen, die der Kaiser heule verliehen hak, erregt diejenige, die dem Oder- präsidenteu von Köller zu Tdeil geworden ist, daS größte Interesse. ES ist damit bewiesen, daß die Ausweisungen aus Nordschleswig die Billigung des Monarchen ebenso gesunden haben, wie die des StaatSmiuisteriumS. In zweiter Linie wird neben der dem Reichskanzler erwiesenen Aufmerk samkeit die Verleidung des Schwarzen AklcrordenS an den russischen Botschafter Grasen von Osten-Sacken Be achtung verdiene»; die letztere darf wohl als Zengniß dafür betrachtet werden werden, daß Graf Osten-Sacken mit Erfolg bemüht ist, die Aufrechterhaltung guter Be ziehungen zwischen dem Reiche und Rußland zu fördern. Die Beförderung des Fürsten Herbert Bismarck zum General-Major wird in allen Kreisen an genehm berübren, die dem Altreichskanzler zugetdan sind. Die Ernennung deS Oberpräsideuten von Posen Freiherr» von Wila m owitz-Möllendorf zum Wirkl. Geheimen Rath mit dem Prädicat „Ercellcuz" kann nicht unerwähnt bleibe». Auch sie als Beweis besonderer Zufriedenheit deö Herrschers mit der politischen Wirksamkeit des Obcrpräsidcnlen auzuseben, ist nach den Erklärungen, welche der Vicepräsidcnt des StaatömiuisteriuiuS vr. v. Miguel Vieser Tage im Ab geordnetenhaus? über daS Shslem der Poleupoluik, das von keinem Ministerium werde verlassen werden, abgegeben bat, nicht wohl angängig. Man nimmt daher an, daß die Aus zeichnung nur der Vorläufer des Abschlußes der Wirksamkeit deS Obnpräsidcnten sei. Berlin, 27. Januar. (Münchbausen's Trompete.) Man kennt Münchhausen s berühmte Erzählung von der ein gefrorenen Trompete, die am warmen Ofen austbautc und all die Lieder vernehmen ließ, die der Postillon im Walde hineingehaucht batte. Diese Trompete wird jetzt vom Cent rum geblasen. Bei der Debatte über die Aus weisungen auS NordschleSwig im preußischen Abgeordneten bause batte die Centrunistrompete versagt, oder, wie Herr von Strombeck sich in der parlamentarischen Form auS- drückte: dem CentrumSredner war das Wort abgeschnilten worden. Jetzt tdaut die Trompete auf und die „CentrnmS- Correspondcnz" schmettert Lieder nach derselben Melodie hervor, die der Aba. Munckel im Abgeordnelenbause batte erschallen lassen. Denn wenn die Correspondenz sagt: „Wie schwach muß die Nation sein, die nicht einmal eine Hand voll fremdsprachiger Mägde und Knechte ver dienen kann", so entspricht daS Munckcl'S „geistreichen" Scherzen über den Mutb des Starken gegenüber den Schwachen. Es ist eigentbümlich, daß die Cenlrumstrompete im preußischen Abgeordnetenhaus« in demselben Augenblicke versagte, in welchem der Abg. Or. Lieber im Reichstage die Mauern von Jericho, daS beißt den BundcSrath umzublasen versuchte. Wober der Unterictncd zwischen der Schweigsam keit hier, dem tönenden Schalle dort? Der Unterschied liegt darin, daß im Reichstage eine religiöse, im preußischen Abgeordnetenbause eine nationale Frage zur Berathung stand. In der Jesuitenfrage wußte vr. Lieber, daß er zwar nicht alle Katholiken, aber alle Centrumöanhänger hinter sich bat, in der Ausweisungsfrage bat man keineswegs daS sichere Empfinden, daß alle CeutrumSgenossen auf dem anti nationalen Standpnncte der Blell und Genossen sieben. Deshalb stößt man in dieser Frage wobl in der Presse in dasselbe Horn, wie die Fortschrittler, in der Volks vertretung ist man vorsichtiger. — AIS Festvorstellunq im königl. Opernbause war die neu einstudirte „Weiße Dame" Auber'S gewählt. Die bier anwesenden Fürstlichkeiten, das diplomatische CorpS, die Staatsminister, die Generalität waren erschienen, den ersten und zweiten Rang füllten die Dame» des Adels, daS Parket höhere Beamte und Osficiere. Der Kaiser und die Kaiserin batten in der großen Loge Platz genommen, links von der Kaiserin saß der König von Sachse», weiter Prinzessin Friedrich Leopold und der Großberzog von Baden, rechts vom Kaiser die Großherzogin von Baden, der Groß herzog von Hessen und die Prinzessin von Rumänien. — Neben den sächsischen Abgeordneten wird der König von Sachsen morgen auch die sächsischen Bevoll mächtigten zum BundeSratb und die hierder comman- dirten sächsischen Osficiere empfangen. Später gedenkt der König einer Einladung des 2. Garve-Ulanen-NegimentS zur Frühstnckstafel zu entsprechen. -- Der Kaiser bat dem Evangelischen Kirchenbau- Verein als Grundstock für einen zur baulichen Unterhaltung der Kaiser - Wilhelm - Gedächtnißkirche bestimmten Stiftungöfonds ein Capital von 52 000 mit der Bestim mung überwiesen, daß das Capital in seinem Bestände dauernd erhalten werde und nur die ZinSerträgnisse für den bezeich neten Zweck verwendet werden dürfen. - — In derBundeSratbSsitzung vom Donnerstag wurde, wie nachträglich noch berichtet wird, von einer Nach weisung über die den einzelnen Bundesstaaten und deu deutschen Schutzgebieten bis Ende Deceniber 1898 über wiesenen Beträge an ReichS-Silber-, Nickel- und Kupfer münzen Kenntniß genommen. Den zuständigen Ausschüssen wurde» überwiesen die Vorlagen, betreffend die Ausprägung von Fünspfennigstllckcn, betreffend die Erweiterung der einem Auswanderer-Unternehmer in Bremen ertheilten Erlaubniß zur Beförderung von Auswanderern. Von der Mittheilung des NeichStagS-Präsidrntea über deu Beschluß des Reichstags zu der Uebereinkunst mit den Niederlanden wegen Ausdehnung deS über die gegenseitige Zulassung von Medicinalpersonen zur Praxis in den Grenz gebieten abgeschlossenen Abkommens vom lt. December 1873 auf die Thierärzte wurde Kenntniß genommen; daS Ueber- eiukommen wird zur Allerhöchsten Ratification vorgelegt werden. Schließlich wurde über einen dem Kaiser über die Besetzung einer ReichSgericktSratbSstelle zu machenden Vorschlag und über eine Reihe von Eingaben Beschluß gefaßt. — Seit einer Reihe von Jahren ist vom Auswärtigen Amt die Einrichtung getroffen, daß deutsche Seeleute im AuS lande ihre Ersparnisse durch Vermittelung der deutschen Cousnlate kostenfrei in die Heimalb gelangen lassen können. Diese Einrichtung bat sich bewährt und die Seeleute haben von der ihnen gewährten Vergünstigung in immer zunehmendem Maße Gebrauch gemacht. Im Jahre 1878 wurden nach der „Nordd. Allg. Ztg." gegen 3K000 .<e und im Jahre 1898 über 176 000 solcher Ersparnisse durch Vermittelung der Consulate nach Deutschland über wiesen. — Der Correspondent der „Politiken", Henrik Cavling, bat gelegentlich seiner Anwesenheit in Berlin, wo er den AuSweisungsbebatten im Abzeordnctenhanse beiwohnte, auch Herrn v. Miquel interviewt. Er berichtet darüber an seine Zeitung: Fiiianzministrr v. Miquel äußerte, die Politik der Negierung in Schle-wig sei nur localer Art und beabsichtige nicht, Dänemark zu belästige». Die Regierung bekämpfe nicht die dänische Sprache, werde aber keine Neckereien erlauben. NordschleSwig werde ewig deutsch bleiben, daher sei jede Agitation nutzlos. Ganz Deutschland sei mit der Regierung einig. Die Ausweisungen seien nur Abwehrinaßregeln. Man habe nicht alten Haß Hervorrufen wollen, es herrschte keine Antipathie gegen Dänemark. Die Negierung wünsche rin freundschaftliches Verhältniß zwischen beiden Nationen. Der „Hann. Cour." weiß übrigens von dem Besuch der dänischen Berichterstatter im Abgeordneteiihause Folgende- zu erzählen: Der Vertreter deS Blattes „Politiken" richtete an einen deutschen College,» auf der Journalistentribüne die Frage: „Können Sie mir nicht sagen, warum sich eigentlich die Freisinnigen bier so für uns Dänen ins Zeug gelegt haben?" Diese beschämende Frage war völlig ernst gemeint. Dem dänischen Berichterstatter, der vieler Männer Städte gesehen und Gesinnung erkundet bat, fehlt offenbar jedes Verständmß dafür, daß sich eine deutsche Partei im preußischen Abgeordnetenhaus der Sache des Auslandes, mag Letzteres auch sein eigenes Vaterland sein, annimmt. Der Vorgang spricht ganze Bände. — DaS „berühmte" Rundschreiben der Herren Blell und Jacobi hatte besonders deshalb freudiges Auf sehen in Dänemark erregt, weil mau darin eine öffentliche Kundgebung zu Gunsten des DäuenthumS durch einen ReiLS- tagSabgeordneten und Handelskammer-Vorsitzenden erblickte. Nachdem Herr Blell nun aber den Rückzug angetrete» und erklärt hat, es handle sich nur um eine private Aeußerung an seine Kunden, läßt man ihn jetzt auch in Dänemark fallen. Unter der unwirschen deutschen Ueberschrift: „Ach so —!" schreibt ei» dortige» Blatt: „Dieser deutschen Krämerseele fällt es offenbar schwer, sich zu schämen." — Da hat sich der Urbeber deS Rundschreiben» also glücklich zwischen zwei Stühle gesetzt. — Am 8. April wird hier da» Grabdenkmal für deu StaatSsecretair v. Stephan enthüllt und am 1. Mai wird daS Standbild vollendet, da» ihm im Lichthofe de» NeichSpostmuseumS errichtet wird. — Der württembergisch« Kriegsminister. General Frhr. Schott von Schotten stein, hat sich nach mehrtägigem Auseuthalt hier gestern noch Stuttgart begeben. — Ter Bevollmächtigte zum Bundcscath, anhaltischer Staatsmüuster Or. v. Kojeritz, ist gestern aus Dessau hier angckommen. * AuS NordschleSwig, 27. Januar. Wie der „Hamb. Corr." hört, baden sich unter der Bezeichnung „ Zusammen- wirkende südjütische Vereine" in Dänemark alle Vereinigungen zusammengeschlossen, die früher unter den verschiedenartigste» Svndernamen im Sinne der Dani- sirung NordschleSwigS wirkten. Die Agitation der „zusammenwirkenden südjütischen Vereine" ist eben so unablässig wie lebhaft; Concerte werden veranstaltet, Sammlungen anderer Art in Scene gesetzt, um die Pro paganda zu befördern. Auch verfügen diese Vereine über ein eigenes Organ, daS ausschließlich an Mitglieder ab gegeben wird. Am Kopfe dieses lediglich einer maßlosen Agitation dienenden Blattes befindet sich links der Woitlaut deS längst ausgehobenen Artikels V deS Prager Friedens vertrags über die Wiederabtretung nordschleSwigscber Districte, während rechts daS charakteristische Motto zu lesen ist: „Wir waren Dänen, wir sind Dänen, wir werden Dänen sein." k Braunschwein, 28. Januar. (Privattelegramm.) Dem Landtage ging der IustizcommissionSbericht zu, in welchem die Regierung nm die Vorlegung eines neuen Wahlgesetzes ersucht wird, basirend auf dem geheimen, indirecten Dreiclassenwahlshstem. Stadt-und Land- gemeinden sollen je fünfzehn, geistliche, landwirthschaftliche, gewerbliche und wissenschaftliche Berufsstände, zusammen achtzehn Abgeordnete wählen. * Detmold, 27. Januar. Die schon einmal dementirle Meldung von derVerlegung der DetmolderGarnison scheint doch auf Wahrheit zu beruhen. DaS „Oöuabrückcr TageSbl." berichtet: Tie mit Vorbehalt gemachten Mittheilungen über wichtige Der- äodcruugen innerhalb der Garnison Osnabrück wurden »ins in- zwischen von Hannover ans in vollem Umfang bestätigt. Ter Termin siir die umfassenden Trnppendislocationen dürste dcr 1. October sein und die zukünftige Garnison unsere» 78. Regiments Schletlstadt im Elsaß. Nach Verlegung Les 3. Bataillons dcs Regiments Gras Bülow v. Tennewitz (6. Westfälisches) Nr. 55 von Detmold wird letztere Garnison neu belegt werden und zwar vor aussichtlich nur init einem Detachement, gemäß der Militär- coiivention und den Schlußbestinimungen zum Abschnitt XI der Ncichsversassung. Der „Wcser-Ztg." wird ferner auS Detmold geschrieben: „Detmold wird aushören, Garnison zu sein. DaS zum Theil hier, zum Theil in Bielefeld und Höxter garnisonirende 55. Jnsantcrie-Negimeiit wird nach Osnabrück verlegt. Von einen, Ersatz für die von hier abziehcnden Truppen verlautet noch nichts. Zu Difserenzcn zwischen Grafregent und Militär würde es allerdings auf solche Weise nicht mehr kommen." Ein Berliner Blatt findet denn auch, daß eS von Wohl wollen zeuge, wenn der „Conflictsstosf" beseitigt werde, rornig aber erwidert die „Lipp. LandeSztg." darauf: „Wir Lipp-r wissen allein, waS wie Wohlwollen und Friedensliebe auS- siebt, und brauchen darüber nicht belehrt zu werden". Das lippiscke Organ erinnert sodann daran, daß Preußen nach der Militärconvention nur daö Recht znstehe, „vorübergehend und in Fälle» von außerordcntlicken militärischen oder politischen Interessen" die Detmolder Garnison zu verlegen, und kurz und bündig erklärt eö, daß die lippische Negierung ohne Be sinnen die Convention kündigen werde, falls das Wort „vor übergehend" den Sinn von Jahren besitzen sollte. -8- Halle a. S., 27. Januar. Der zwischen Apo thekern und mehreren Ortskrankencassen Hierselbst aufs Neue ausgebrochene Streik ist beendet. In einer gestern Abend abgrhaltenen Sitzung der Vorstände dieser betreffenden Cafsen wurde zugegeben, daß man gegen die Apotheker allein nichts ausrichtcn könne, da die übrigen -Ortskrankencassen einen bindenden Vertrag mit denselben geschloffen haben. Es soll aber eine Centralisation sämmtlicher Krankencasscn in Halle angestrcbt werden, um erfolgreich vorgehen zu können. w. Rudolstadt, 28. Januar. (Privattelegramm ) Hier constituirte sich ein Comitö zur Errichtung eines BismarckthurmeS. plebejisch einfachen Verhältnisse, die er hier fand! Sie begriff das wohl; jetzt mußte sie sich mühsam in jene Welt des Genusses und der Borurtheile z-urllckdenken. Er wollte mit ihr, der Mithin und dem guten Onkel, in seiner vernachlässigten Gärtner erscheinung. nichts zu schaffen haben. Und doch, wie -schade, daß «r so rasch gegangen war. Ob er hier in der Gegend zu thun hatte? Es war doch sehr freundlich von ihm, daß er sie nach ihrer damaligen Abweisung wieder be suchte. Sie 'hätte gar zu gern etwas von seinen hübschen Schwestern gehört. Die waren gewiß -alle verheirathet? Ob sie ihn draußen aussuchen sollte, oder ob er schon wieder nach Neu stadt hinunter gegangen war? Wendelin gelangte ins Freie hinaus, er wußte nicht wie. Er schritt einen Waldweg entlang und warf sich auf di« nächste Bank. Er war allein. Abendlicher Frieden ringsumher. Die rothgoldenen Lichter der untergehenden Sonne glühten zwischen den Stämmen hervor. Dann und wann noch ein Vogelgezwitscher oder fernher schallende fröhliche Stimmen der den Berg hinab steigenden Gesellschaft. Wendelin stützte den Kopf, er suchte sich zu sammeln und sann nach. Waren das hier unglaubliche Zustände! Niemals hätte er gedacht, sie so wieder zu finden. Sie — dieNeizende, Vornehme, eine Kasfeew.rthin! Etwas wie eine Gänsehaut lief ihm über den Körper. Und dieser saloppe alte Mann, den sie so innig in die Arme geschlossen. Ein ehrlos erklärter Officier, brr! Aber wie frisch und froh und anmuthig sie war. Das Wieder sehen hatte ihn doch im tiefsten Sein ergriffen. Ja, er liebte sie noch, und wenn er sie hier löste und mitnahm in sein Vaterhaus, sie würde da schon gefallen. Wer wußte denn in der Welt, in den er lebte, von dieser tollen Komödie hier auf dem fernen Berge? Er wollte die Hoffnung nicht aufgeben, es konnte noch Alles gut werden. „Mit gnädigster Verstattung, befehlen der hochwohlgeborene .Herr rin Glas Bier?" fragte eine freundliche Männerstimme und scheuchte Wendelin aus seinen Gedanken aus. Er blickte empor. Wieder «in Kauz, wie er nur hier als Kellner amtiren konnte. LNng, dürr, schmunzelnd, im blauen Kittel und losen Halstuch. Aber man war im Wirthsgarten und mußte verzehren, mit bitterem Auflachen bestellte sich Wendelin das ihm angebotene Bier. Kaum hatte er es vor sich, so sprang er schon empor, ent- schloffen, Nella noch einmal aufzusuchen. Aber da kam sie ja Len Waldweg daher und auf ihn zu. Rosiger Abendschein und flüsternde Zweige um sie her, und sie so hübsch, so jugendlich, so -leicht und frei in jeder Be wegung. Er eilte aus sie zu, küßt« ihr die Hand und führte sie zu der Bank, wo sie neben ihm Platz nahm. „Verzeihen Sie, lieber Vetter", sagte sie herzlich, „wenn ich Sie nicht so artig empfangen habe, wie ich sollte. Es ist ja sehr gütig von Ihnen, mich hier aufzusuchen, dafür muß ich Ihnen vor allen Dingen recht sehr danken." „Der Egoismus eines sehnenden Herzens", erwiderte er mit zärtlichem Blick. ,§eit ich weiß, daß treue Kindesliebe Sie nicht mehr fesselt, theure Nella, kannte ich keinen anderen Wunsch als den. Sie aufzusuchen." Wenn dies auch nicht ganz wahrheits gemäß war, so meinte er in seiner jetzigen Stimmung doch, es müsse so sein. „Mein Herz zog und drängte mich zu Ihnen. Kein Hinderniß steht mehr zwischen uns. Sie kennen meine Gefühle, Nella, ich liebe Sie ebenso wie vor Jahren. Sie lehnten mich nur anderer Pflichten halber ab. Jetzt ist der Zeitpunkt unserer Vereinigung endlich gekommen." Er ließ ihr kein« Zeit zu einer Erwiderung, sondern fuhr hastig fort. Er schilderte ihr, wie sie seinem Vater willkommen sein werde, und welch' anderes Schicksal er ihr bereiten könne, als das sei, unter dem sie hier seufze. Bei dem Worte schüttelte sie lächelnd den Kopf. Er sprach ohne Pause weiter: „Ihre hiesige unwürdige Lage muß natürlich meinem Kreise gegenüber in das strengste Geheimniß gehüllt werden. Die Un kosten der Erziehung Ihrer jungen Brüder bin ich jetzt in der Lage, für eine Reihe von Jahren zu 'übernehmen. Es muß mir ja selbst daran liegen, meine Schwäger in einer mir convenirenden Lebensstellung zu sehen. Sich hier von diesem — diesem sonder baren alten Herrn zu trennen, kann Ihnen unmöglich schwer sollen. So sehe ich nirgends mehr das geringste Hinderniß, und hoffe, ein freudiges Ja von Ihren schönen Lippen zu hören, süße Nella." „Aber ich sehe noch immer ein Hinderniß, Vetter Wendelin", erwiderte sie ernst. „Sie vergessen die Hauptsache, das in meinen Augen allein Wichtige. Sie fragen mich nicht, ob ich Sie liebe und so muß ich es Ihnen sagen, daß ich Sie nicht liebe, und daß ich ohne diese nicht ganz zu verachtende Zugabe die Ehe für ein unwürdiges Verhältniß ansehe." „Nicht — nicht — nicht lieben. Aber Sie ließen mich doch hoffen — ahnen — und die Vortheile, die ich Ihnen biete?" „Sind vielleicht in meinen Augen nicht allzu groß. Ich dünke Ihnen für Ihre Freundschaft, mehr kann ich Ihnen auch nicht geben als diese. Seien Sie mir nicht böse; ich muß fort, es ist spät geworden. Sie sprang auf und reichte ihm zum Ab schiede die Hand, die er lose berührte, dann lies sie eilig dem Hause zu. Nella erkannte, daß es ihr diesmal nicht schwer geworden sei, die Bewerbung Wendelin's abzulehnen. O, wie viel klarer sah es in ihrem Herzen aus und wie viel sicherer fühlte sie sich als damals, wo sie Alle ohne Heim und Herd gewesen waren und wo kaum das leise Aufdämmern einer Liebesempfindung ahnungs voll ihre Seele erhellt hatte. Jetzt — es wäre ihr unmöglich gewesen, einem anderen Manne anzugehören, als ihm, dem bescheiden werbenden Ge- t>r«uen, von dessen Liebe sie sich seit Langem gehalten und ge tragen wußte. Und dann, diese eitle Zuversicht Wendelin's, der sich nun seit Jahren nicht um sie und ihr Ergehen gekümmert hatte, der als selbstverständlich verlangte, sie solle Alles, was sie empfangen und mit tausend Mühen errungen, als unwürdig hinter sich werfen, ihr ganzes künftiges Leben eine Lüge. Nein, und nochmal nein! Sie lebten in getrennten Welten, es war einmal so, nichts verband sie, und cs mochte gut sein, daß es so war! Mit reinen und freudigen Gefühlen lehrte Nella zu ihren Pflichten zurück, sie hatte es nicht schlecht, sie brauchte nicht zu seufzen, und sie wußte bestimmt, daß sie das Rechte für sich er wählt habe. Einige Minuten saß Wendelin noch auf der Bank im dämme rigen Abendschein und sann nach. Liebe — ja, hatte er dies, dem Gewöhnlichen zuneigende Mädchen denn wirklich geliebt? Seine gekränkte Eitelkeit ließ ihn diese Frage auswerfcn. Er suchte seiner Mißempfindung Herr zu werden und er hob sich. Da, wo eben noch das Helle Roth des Sonnenunterganges durch die Stämme und Büsch- geglüht hatte, lagerte jetzt ein fahles Grau. Es ward Zeit, den Rückweg anzutreten. Statt der rosigen Stimmung, in der Wendelin heraufgekom men war, herrschte jetzt auch in seiner Seele ein trübes Halb dunkel. Während er im Zwielichte den Berg hinunterschlenderte, philo- sophirte er über die Liebe. Wie wenig hatte er bisher davon ge nossen! War ihm denn nie hingebende weibliche Liebe und Zärtlichkeit, an die er glauben konnte, zu Theil geworden? Ein holdes, blondes Köpfchen tauchte in seiner Erinnerung auf. BaleSa von Selbach. So klar, als habe er die herzbewegende Scene mit ihr eben neu erlebt, stand jene Stunde vor seiner Seele, in der das arme, liebe Kind ihm ihre Noth geklagt. Arm durch dcs Onkels GlückDvcchsel und mit Heirathsanträgen ver folgt von jenem unverschämten Parvenü, der es verstanden hatte, sich bei ihrer Mutter einzunisten. Wendelin glaubte nochdie leise Berührung ihrer kleinen Hand zu fühlen; den thränenfeuchten, schimmernden Blick ihres blauen Auges, wie es sich scheu und doch erwartungsvoll in seinen Blick gesenkt, mit süßem Schauer zu empfinden. Und nun ihr zart gehauchtes: „Lieber — lieber Herr von Wendelstein". Aber da mals hatte die frische Nella im Vordergründe seines Empfindens gestanden. Ein Thor, ein Barbar war er gewesen, Valeska von sich zu weisen und zu verlassen. Wie ihr Zartgefühl unter dieser stummen Ablehnung gelitten haben mochte! Nachher war er ihr hier und da begegnet. Er hatte ihr heiße- Erröthen bei seinem Anblick gesehen. Nun wußte-er im Augen blicke freilich nicht einmal, wo sie sich aufhalten mochte. Daß sie verschiedene Male als Gesellschafterin oder dergleichen fungirt hatte, war ihm zu Ohren gekommen. Armes, verwöhntes Kind, kein beneidenswerthes Loos! Ganz plötzlich fuhr es ihm durch den Sinn: erfüllt denn Va leska, die Tochter des Majors von Selbach, nicht auch alle Be dingungen, die sein Vater gestellt hatte? Wenn es auch nicht eben angenehm war, daß sie sich in abhängiger Stellung befand, so ließ sich das vertuschen, sie war und blieb die Tochter eines adeligen Officiers, und somit konnte sein Vater nichts gegen diese Schwiegertochter einwenden! Wendelin wollte sie aufsuchen und nur sein Herz fragen. Wenn sie noch so reizend war, wie sie ihm vorschwebte, so dachte er sich ihr mit ernsten Absichten zu nahen. Wie glücklich er sie machen konnte und wie sie ihn mit hingebendster Zärtlichkeit lohnen würde! Am nächsten Tage kehrte er von Neustadt in die Heimath zurück und begann nun, nach Valeska's Aufenthalt zu forschen. Es fiel ihm ein, daß unten in Bärmann's Hause ein Justiz rath Seifert wohnte, bei dem er früher, durch Frau von Selbach eingeführt, einmal zu einer Tanaparti« gewesen war. Valeska hatte oft gut von den reich«» und gastfreien Leuten im Hochparterre ge- sprachen. Er konnte, ohne allzusehr aufzufallen, einmal wieder einen Besuch dort abstatten, hatte er doch den Justizrath öfter dienstlich getroffen. Diese Familie würde ihm gewiß über der 'Gesuchten Aufen-t-haltsort Kunde geben- können. Ein sonnedurchftcahlter blauer Sommerhimmel wölbte sich über der Stadt, als Wendelin die Königstraße hinunterging, um die Justizräthin Seifert zu besuchen. (Fortsetzung folgt.)
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