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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.02.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990220012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899022001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899022001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-02
- Tag1899-02-20
- Monat1899-02
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1390 . ' , Gleichgiltigkeit verloren zu haben, in Halle. Dann erkrankte er und nun ließ ihn Herzog Georg im Januar 1534 nach Dresden bringen. Hier war eS nun ganz ander-. So sorglos man in Halle lebte, so fleißig und ernst arbeitete man in Dresden. Herzog Georg scheint sich selbst nicht sehr mit Moritz beschäftigt zu haben, aber der junge Prinz kam mit einem Mann in innigen Verkehr, der schließlich manchen Einfluß auf ihn auSüben sollte. Das war Georg reu Earlowitz. In religiöser Beziehung hatte dieser wohl anfangs ganz auf Seile» des Herzogs Georg gestanden; noch im Jahre 1532 meinte er, die Verfasser ketzerischer Bücher würden am besten ins Wasser geworfen; nach und nach aber gewann sein Schwager, ter kluge und maßvolle Meißner Domherr Jnlius von Pflug, Einfluß auf seine An- 1 .Hauungen. Seine Anregungen wirkten um so stärker, je weniger Earlowitz sich der Beobachtung verschließen konnte, taß die neue Lehre trotz aller Verfolgung besonders in den unteren Schickten der Bevölkerung immer mehr Boden ge wann. Je näher die Möglichkeit rückte, daß dereinst der Gemahl oder ein Sohn der protestantisch gesinnten Katharina in Dresden regieren werde, desto stärker mußte die Befürch tung werden, daß die Herrschaft der Kirche auch hier ganz zusammcnbrechcn könne, wenn man nicht rechtzeitig die nötbigen Zugeständnisse mache. Earlowitz neigte sich daher mehr und mehr der Meinung zu, man solle in den äußerlichen Dingen, die dem Volke am meisten in die Augen sielen, Zugeständnisse machen, das Abendmahl unter beider Gestalt und die Priester ehe zulassen, um dadurch im klebrigen den Katholicismus im Herzvgthume zu retten. Auch einer Säkularisation der geist lichen Güter war er gar nicht abgeneigt; denn er haßte die Pfaffen wegen ihres Dünkels und ihrer Begehrlichkeit. Zu fester umschriebenen Plänen einer Neligionsvergleichung ist er erst später fortgeschritten. Für die subtileren Glaubensfragen, für den großen Conflict zwischen Autorität und Gewissen hatte er weder Interesse noch Verständniß. So war auch der ältere Earlowitz kaum der geeignete Mann, um die streng katholische Ueberzeuzunz dem jungen Moritz einzupflauzen. Von Freiberg aus tbat man Alles, raS Wohlwollen des mächtigen Mannes für den jungen Fürsten zu gewinnen; und Earlowitz wies eine solche An knüpfung keineswegs von der Hand; wer konnte denn wisse», I ob Herzog Heinrich nickt bald sein Landesherr sein werde? > Seit Moritz in Dresden war, bezog Earlowitz von Herzog Heinrich ein Jahrgelv von 100 Gulden, wofür er ibm gegen Jedermann treu zu dienen versprach außer gegen Georg und dessen Söhne. Und seit dieser Zeit erbielt auck Frau von Earlowitz regelmäßig als Neujabrsgeschenk im Namen des jungen Herzogs einen kostbaren Rmg. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Departement -es Kultus »nd öffentliche« Unterrichts. Zu besetzen: die Kirchjchulstelle zu Nenkersdorf. Collator da- k. Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts. Ein kommen außer freier Wohnung im Cchulhause mit Garten 1000 .Xi vom Schuldienste, 600 .XL vom Kirchdienste, 72 -Xi für Fortbildungs- Schulunterricht und 18 ./t für Turnunierrickt. Bewerdungsgesuche mit sämmtlichen Zeugnissen find bis 5. März bei dem k. Bezirks- schulinspector vr. Putzger in Borna einzureichen; — die neu gegründete 4. ständige Lehrerstelle in Lichtentanne. Collator: das k. Ministerium Les CultuS und öffentlichen Unterrichts. Ein kommen: 1200 Gehalt und 180 -XL Wohnungsgeld für einen verheirathetcn, 120-XL für einen unverheiratheten Lehrer. Gesuche sind unter Beifügung sämmtlichcr Prüsungs- und Amtsführungs zeugnisse bis zum 5. März bei dem k. BezirkSschulinspector Schul rath Lohse in Zwickau einzurcichen. Gerichtsverhandlungen. Königliches Landgericht. Strafkammer IV. 6. Leipzig, 18. Februar. I. Auf frischer That ertappt wurde ani 19. Tecember Nachmittags gegen 5 Uhr der 20 Jahre alte Arbeiter Friedrich Robert Th. aus Kirckelbau, als er es unter- uommen hatte, in der „Flora" in der Windmühlenstraße einen der dort aufgestellten Automaten zu plündern. Er hatte denselben bereits erbrochen und 16 Tafeln Chocolade sich angeeignet, als er bemerkt wurde. Th. suchte sich der ihm drohenden Verhaftung durch die Flucht zu entziehen, wurde aber eingeholt und fest genommen. In seinem Besitze fand man außer 14 baarem Geld vier Dietriche und ein Brecheisen, einen großen und einen kleinen Geldbeutel, ein Portemonnaie und eine große Brieftasche, ein Zeichen, daß man es mit einem gemeingefährlichen Diebe zu thun hatte. Th. will zwar das Einbreckerwcrkzeug in Halle, be- ziehentlich auf dem hiesigen Magdeburger Bahnhof gesunden haben, Liese Angabe ist jedoch eben so unwahr, wie die Be- hauptung, daß er die Automaten lediglich deswegen erbrochen habe, um die Chocolade zu essen oder zu verkaufen. Selbstverständ lich hatte eS Th. aus die Beraubung des GeldkastenS io erster Linie abgesehen. Am 18. December war Th-, der, nachdem er eine ihm am 27. März zuerkannte l'/.jädrige Gefängnißstrafe verbüßt hatte, auf Reisen gegangen war, von Magdeburg nach Leipzig gekommen, hatte im Laufe deS folgenden Vormittages eine Diebesgelegenheit ausgekundschastet, war aber beim Diebstahl erwischt worden. Da Th. sich in keiner Nothlage befunden hat, nach eben überstandener Strafe sofort wieder rückfällig geworden ist und sich überhaupt als gemein gefährlicher Dieb erweist, konnte der Gerichtshof trotz des geringfügigen Objects nicht zur Zubilligung mildernder Umstände gelangen und vcrurtheiltc Th. zu zwei Jahren Zuchthaus, fünf Jahren EhrenrechtSverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht. II. Ein Zechpreller wurde am Morgen des 6. Januar im B.'ichen Restaurant im Bvttchergäßchen in der Person des 46 Jahre alten, vielfach wegen Betrugs bestraften Reisenden Oscar Heinrich W. auS Glogau verhaftet. W. war am Abend Les 5. Januar in Las Restaurant gekommen, hatte hier zunächst mehrere Glas Bier und daun drei Flaschen Wein sowie zwei Flaschen Selters in lustiger Gesellschaft getrunken und dazu sieben feine Cigarren geraucht. Die Zeche war dadurch aus 11,80 angewachsen. Als die Kellnerin Zahlung verlangte, erklärte ihr W. in größter GemüthSruhe, daß ec über keinen Pfennig verfüge. Der Zechpreller wurde nun einem I.rbeigerusenen Schutzmann übergeben, der den außer wegen Be trugs und Urkundenfälschung auch vielfach wegen Bettelns, Land- sireickens und Widerstands gegen die Staatsgewalt bestraften W. zur Wache brachte. Der Gerichtshof billigte dem Zechpreller zwar mildernde Umstände zu, erkannte aber in Rücksicht auf seine Vor strafen auf sieben Monate Gefängniß und zwei Jahre Ehrverlust. III. (Eine diebische Arbeiterin.) Am Abend des 4. Januar wurde in der Wohnung des Restaurateurs S. im Gewandgößchen ein Einbruchsdiebstahl verübt. Der Dieb, der die Wohnung augenscheinlich mittels Nachschlüssels geöffnet hatte, entwendete außer eiucr goldenen Herrenreinontoiruhr im Werthe von 350 sowie eiucr goldenen Kette, an welcher in der Mitte ein goldener Rauchtopas luug, ein grünes Stossklrid, ein blau- und rolhcarrirtes Kleid, live roth- und grüncarrirte Blouse und einen schwarzen Krimmer- ! ragen mit Sommetkoller. Die criminalpolizeüichen Erörterungen führten schon nach wenigen Tagen zur Ermittelung der Diebin in der Person der 28 Jahre alten Fabrikarbeiterin Ida Anna Marie V. aus Stötteritz, die bet dem Restaurateur S. vor Jahren be dienstet gewesen Ivar. Ten größten Theil der gestohlenen Sachen hatte die B. bereit- verkauft oder verpfändet. In der HauptvrrhanLlung räumte die V. den Diebstahl unumwunden ein, behauptete aber, sie habe die Wohnung nicht mittels falschen Schlüssels geöffnet, sondern sich während der Mittagsstunde zwilchen 12 und 1 Uhr, als die Thür offen stand, eingejchlichen und sich bis zur Ausführung des Diebstahis hinter einem Kleiderständer verborgen gehalten. Ter Gerichtshof vernrthcilte die 19 Mal / hauptsächlich wegen Uebrr- trctungen bereits bestrafte V. zu zehn Monaten Gefängniß. IV. (AnckfallSviebitahl.) Im November hatte die 20 Jahre alte Clara Helene G. auS Oberzug mit einer gewissen K. bei Fran N. in der Philippstraße in Schönefeld gewohnt. Als die K. plötzlich ihre Wohnung oufgab, ließ sie einen Rock und einen Gürtel zurück, welche von der Wirthin in den Kleiderschrank ge hängt wurden. Am 29. November eignete sich die G. beide Gegen stände an und schenkte den Rock einer Freundin. Der Gerichtshof billigte ihr für den im Rückfall verübten Diebstahl nicht allein mildernde Umstände zu, sondern erkannte auch auf das gesetzliche Ctrafmindestmaß von drei Monaten Gefängniß. Ein Monat gilt als Lurch die erlittene Untersuchungshaft verbüßt. Kunst und Wissenschaft. Musik. * Philharmonische Conccrte. Das zweite außerordentliche philharmonische Concert findet heute Abend 7>/L Uhr statt. Als Hauptwerk enthält das Programm Beethoven'ö neunte Symphonie mit dem Solo-Quartett der Damen Frau Gmiir-Harloff aus Weimar, Fra» Marie Adami,wie der Herren Kammersänger Heinrich Zeller auS Weimar und Otto Schelper. Unser jugendlicher Gustav Brecher wird die erste Aufführung seiner symphonischen Tondichtung „AuS unserer Zeit" selbst leiten. Als Solist wird sich ver jünge Arthur Argiewicz mit dem Violin-Eoncert von Tschachowsky einführen. Dem heutigen außerordentlichen Concert wird ein sehr zahlreiches Publicum beiwohnen. Kunst. Leipziger Knnstvcrein. Ausstellung vlämischer Künstler. II. Ein Künstler, der unmittelbar an die Darstellungen eines Jan Steen, Ost ade, Bro u wer u. A. alter niederländischer Maler anknüpft, ist der Brüsseler Eugen Laermans. Tenn wie Jene greif: er seine Motive auS dem ihn umgebenden Volks leben, schilüerl er mit Vorliebe die Thätigkeit und Sitten der unteren Boiksclasscn seines Heimathlandes. Aber während man diese Dar stellungen der alten Meister mit ihrer zu Tage tretenden sorgfältigen technischen Behandlung der Kleinmalcrei zuzählen kann, tragen die Arbeiten Laermans mit ihrer derben Charakteristik, ihren breit ausklingenden Tonintervallen und schwerem Stil, einen fast monumentalen Charakter, der Lurch eine auf großen Ton hin zielende, geschlossene Gejammlwirkung noch unteriiützl wird. „Tie Kirchweihe" und „Vor dem Sturm", mit denen er hier verirrten ist, kennzeichnen seine Eigenart. Das erstgenannte Bild ver anschaulicht eine jener derben Scenen voller Ausgelassenheit, wie sie der llngebundenheit der Sitten jenes Volksstammes eigen ist, während die andere Darstellung Schnitter aus dem Felde zeigt, die ein über der Landschaft heraufziehendes Gewitter beobachten. Ter sonnige wie der düstere Stimmungsgehalt ist bei beiden gleich treff lich zum Ausdruck gebracht. Als ein Meister glänzender Tonmalerei erscheint Gustave Vanaise-Brüssel in seiner „Salome", die im Begriff ist, aus den Händen eines lchwarzen Dieners die Schüssel mit dem Haupte Johannes des Täufers entgegen zu nehmen, und in feiner „AvonL- treuhigheid", die eine Malerin in ihrem Atelier darstellt. Das Ver führerische und Geschmeidige in der Gestalt der Salome, wie die in Len Farbengegenjätzen Gelb, Roth und Schwarz zum Ausdruck ge brachte Charaklrristrung des Prächtigen, ist dem Künstler ebenso vortrefflich gelungen, wie die schwermüthige Dämmerungssonne des anderen Bildes. Welche Feinfühligkeit die vlämischen Künstler sür die Mannig faltigkeit der Tonwerthe besitzen, davon geben besonders ihre ost von entzückender Feinheit der Farbe erfüllten landschaftlichen Schilde- rungen Zeugniß. Von einer ganz neuen und bedeutsamen Seite zeigt sich auf diesem Gebiete auch Ferdinand Khnopff, von dem man gewöhnt war, zumeist figürliche Darstellungen zu sehen. Seine kleinen Pastelle mit den intimen anspruchslosen Naturmoiiven, wetteifern geradezu in Tonjchönheit und Größe der Natur auffassung. Er bietet «ine „Landschaft mit Brücke", eine „Haidelandschast" und „Eichen bei Laval", von denen jede einzelne das Charakteristische und Seelische der Landschaft in anichaulichster und überzeugendster Weise wiedergiedt. Khnopff schlnßt sich P. Kuhsiohs-Brüssel mit einem überraschend wahr gestimmten „Sommerabend" an. Er zeigt in ein Dämmerung gehülltes Dors, vor dem ein Kartoffelfeld sich ausbreilet und auf dem noch einige Dorfbewohner mit dem Ausmachen der Kartoffeln beschäftigt sind. Die gebrochenen, in dem Gejammtton sich auflösenden Farben, lassen die Localtöne nur noch ahnen; aus diesem Bilde spricht eine Poesie der Farbe, die das Alltägliche durch ihr Wesen zu verklären und zu einem vollendet künstlerischen Eindruck zu erheben weiß. Derselbe Künstler zeigt noch ein wegen feiner koloristischen Feinheiten interessantes weißblühendes Hyacinthenfeld, auf dem Arbeiter mit der Vertilgung des Unkrautes beschäftigt sind. Eine gewisse Verwandtschaft mit Len Landschaften Khnopfs's zeigen die Arbeiten Hendrik Staquet's, Brüssel, nur daß seine Motive nicht ganz die Grüße der Auffassung des erstgenannten Künstlers auf- weisen. Seine geistreich behandelten Aquarelle veranschaulichen einen „Strand beiKaiwijk", „Abend anderMaas" und „Herbstmorgen". Biel Jnnerlickkeit der Darstellung bekundet Rudolf Wytsmail-Brüssel in feiner abendlich gestimmten „Landschaft" mit der an der Quelle Wasserschöpsenden Frau. Hier zeigt sich seine Kunst wesentlich tiefer und gehaltvoller als in den vor einiger Zeit im Kunstverein aus gestellten Arbeiten von seiner Hand. Weiter sei heute noch der vor trefflichen Naturschilderungen der Brüsseler Maler Hendrik Huklenbrok, der Motive von „Dortrecht" und „Zaandam" bringt, Ferdinand Willaert's alter Mann auf dem Felde viel", Alfred Werwer's „Kuh auf der Weide" und an Franz van Leemputtens-Antwerpen „Schöner Maimorgen" gedacht. Ernst Kiesling. * Die LukaS-Crannch-AuSstrllnng, welche mit der Deutschen Kunstausstellung in Dresden 1899 verbunden sein wird, verspricht außergewöhnlich interessant zu werden. Lukas Cranach der Nettere steht im Volksbewußtjein neben Dürer und Holbein als Dritter im Range unter den berühmten deutschen Künstlern im Anfänge des 16. Jahrhunderts unerschütterlich fest. Wohl in jeder größeren oder kleineren Galerie Deutschlands findet man ein oder mehrere Werke dieses fruchtbaren Meisters und viele Kirchen Süd- und Mitteldeutschlands weisen Gemälde seiner Hand auf. Freilich finden sich unter Liesen Bildern auch sehr viele Werkstattarbeiten, die keinen Anspruch auf hohe Werth- schätzung haben. Diese alle zu einer Sonderausstellung zu ver- einigen, würde wenig Zweck haben. Dies beabsichtigt der ver dienstliche Veranstalter der Cranach - Ausstellung, der Director der Dresdner Galerie Geheimer Hofrath Wörmann, auch keineswegs. Vielmehr galt es ihm einerseits, nur gute, bezeichnete und datirte Werke aus allen Lebensjahren des Meisters zusammenzubringen, um an ihnen Cranach'S ganzen Entwiüelungsgang zu veranschau lichen, andererjeitS aber solche Werke, die zur Lösung kunst- wissenschaftlicher Streitfragen in Bezug aus (Cranach neben einander zu stellen von Werth ist. Die Bemühungen Wörmann'S sind von bestem Erfolge gekrönt gewesen. An 170 Gemälde wird die Cranach-AuSstellung umfasse». Bon den Sammlungen ge krönter Häupter nnd fürstlicher Familien werden diejenigen deS deutschen Kaisers, deS Kaisers von Rußland, deS Großberzvgs von Hessen, der Herzöge von Sachsen-Coburg und Anhalt (Wörlitz), der Fürsten von Liechtenstein und Fürstenberg (Donaueschingen) sicher ver- treten sei». Auch Prinz Georg von Sachsen ivird einige treffliche Werke Cranach's ausstellcn. Bonden üssentlichenSammlungen haben außer den Dresdner zugesagt die zu Pest, Berlin, Schleißhemi, Augsburg, Aschaffenburg, Weimar, Schwerin, Karlsruhe, Darmstadt, Braun- schweig, Goiha; ferner die städtischen Sammlungen zu Leipzig, Magdeburg, Aachen, Köln a. Rh-, Frankfurt a. M., Straß burg i. Els., Augsburg, Bamberg und viele andere. Auch der Privatbesitz wird, soweit er willkommen war, so gut wie voll- ständig betheiligt sein, und endlich werden auch die meisten protestantischen Kirchen des Königreiches und der preußischen Provinz Sachsen, sowie die katholischen Dome zu Breslau und Ohlau ihrer Cranach'schen Bilder einjenden. Schon jetzt läßt sich also sagen, daß die Dresdner Lukas-Cranach-Ausstellung geradezu glänzend beschickt sein und einen nicht zu unterschätzenden An- ziehungspunct für die Dresdner Ausstellung bilden wird. Vor- aussichtlich wird sie auch ermöglichen, die wissenschaftliche Streit frage, welche Gemälde der Frühzeit Cranach's und welche dem be- uihmten Aschaffenburger Meister Mathias Grünewald zuzuweisen ind, zu schlichten. Vermischtes. — Wan« Peginnt Vas ucne Jahrhundert? Auch die „Deutsche Jur.-Ztg." beschäftigt sich mit der Frage. Herr vr. jur. R. Scimter in Berlin antwortete darauf: „Zwischen Historikern und Mathematikern ist ein heftiger Streit entbrannt, ob das neue Jahrhundert am I. Januar 1900 oder 1901 an breche. Den Juristen berührt die Frage unmittelbar zwar nicht; denn es ist nicht abzusehen, wie die Streitfrage je vor dem Richterstuhl ausgctragen werden sollte, es sei denn, daß nach Art dec klassischen Schulbeispiele (8i cliLito crrelum lötizeriZ) Abreden mit dem dies (cwrtub und doch wieder, wie es scheint, iucertus) : „um die Wende des Jahrhunderts" geschlossen würden. Trotzdem ist es von Interesse, die Stellung des Juristen klar- inlcgen. Grundsätzlich ist anzunehmen, daß nur eine kalender mäßige Betrachtungsweise dem Juristen ansteht. Die fest- k stehende Kalendcreintheilung ist der unverrückbare Punct, von dem aus überhaupt irgend welche Zeitberechnung juristisch dis- cutirbar ist. Nur von diesem Puncte rückwärtsschreiiend, ist die Wahrheit zu ermitteln. Wir müssen also sagen: die Geburt Jesu fällt auf einen 25. December, und es handelt sich blos um die Frage: welches Jahres? Die Historiker behaupten, daß es ein Jahr 0 nicht geben könne. Ebenso wie man ein Schock Aepfel mit 1 zu zählen anfange, so müsse man ein Jahr 1 als erstes der christlichen Zeitrechnung annehmen. Das ist ein arges Sophisma. Der Apfel liegt als Geschlossenes vor mir, das Jahr ist ein Werdendes. Wir sagen vom Säugling: er steht im ersten Lebensjahr, und bezeichnen damit den Sachverhalt in anaemesser Form. Hätten aber die Historiker Recht, so wäre diese Ausdrucksweise eitel redselige Breite, und es müßte ge nügen, zu sagen: er ist ein Jahr. Steht somit fest, daß die Jahreszahl 0 angcwendet werden kann und muß, so ergiebt sich alles Uebrige leicht, wenn wir 8 187 BGB. im Auge halten und insbesondere den letzten Satz des zweiten Absatz analog an wenden („Das Gleiche gilb von dem Jahre der Geburt bei der Berechnung der Jahrhunderte."). Die Jahreszahl 0 kommt hiernach dem Jahre zu, dessen 25. December der Geburtstag Jesu war, und das Datum des Tages der Beschneidung Jesu lautet: 1. Januar 1. Mit diesem Tage war das erste Jahr der christlichen Zeitrechnung verflossen. Bei fortlaufender Zählung ergiebt sich als Ende des ersten Jahr hunderts der 1. Januar 100 u. s. f. Auf diese ganze Streitfrage über eine in Wahrheit so einfache und dem Feind der Tüftelei so selbstverständliche Sache paßt so recht die Ulpianische De finition der cwviUutio (fr. 177 O. 50, 16): ut ab evickeuter veris per drevissimus mutationes äisputatio ad ea, guao eviäeuter falsa 8uut, xeräucstur." — Frcmvcnverkehr in Italien. Der römische Corre- spondent der „N. Fr. Pr." sendet die folgende Skizze: Der be kannte Oekonomist Maggiorino Ferraris veröffentlicht in der „Nuova Antologia" eingehende Betrachtungen über die Industrie des Fremdenverkehrs, welche nach Leroy-Beaulieu den Italienern die runde Summe von 200 Millionen jähr lich abwirft, Herr Ferraris aber gerne um das Doppelte er höhen möchte, da bei den bösen Zeiten das Land einer mächtigen Goldzufubr dringend bedarf. In den Straßen Noms dort man zur Stunde Ja und Ves häufiger als das süße 81 erklingen, die Zahl der Pensionen, Familienhäuser und Hotels bat sich in den letzten zwanzig Jahren verdrei facht, und die Riviera, Toscana, Umbrien, Neapel, Sicilien stehen hinter Latium in kcinerHinsicht zurück. Es handelt sich jedoch um eine Wanderung von Hunderttausenden, die kaum drei Monate währt, wogegen die Saison in früheren Zeiten im Herbst anbob und erst zu Fronleichnam erlosch. Herr Ferraris möchte den Strom stauen und festhalten, und er fordert seine Mitbürger auf, dem Beispiele ver Schweiz zu folgen, wo der Fremde von unsichtbaren zarten Händen wie am Gängelbande geführt und bemuttert wird, wo ihm alle Sorgen angenommen werden, nur nicht die Zahlungssorgen. Aber wie leicht, meint Ferraris, wird ihm gerade diese bitterste aller menschlichen Nöthen ge macht! Wenn er seinen letzten Pfennig aufgezehrt, fühlt er sich glücklich und froh, während er in Italien, auch wenn er billiger wezkommt, die Empfindung nicht los wird, daß er barbarisch gerupft wurde. Und an diesen Stoßseufzer knüpft sich eine Reihe von Ratschlägen, die gewiß recht gut gemeint sind — wahrscheinlich aber Alles beim Alten lassen werden. In Italien giebt es Wirthe, die das Rupfen ebenso zart und angenehm betreiben wie irgendwo — nicht an ihnen und nicht an dem guten Willen des Volkes werden die An regungen der „Nuova Antologia" scheitern, sondern an den zielbewußten Plackereien der Eisenbahnen, an deren schlottrigen Einrichtungen, an dem Mangel jeglichen Comforls für die Reisenden der zweiten Classe, die ja die weitaus größte Zah sind. lieber die Unsicherheit der Gepäckbeförderung, den Schmutz der Wagen, die Unhöflichkeit und Beschränktheit der Beamten wurden Bände geschrieben. Manches war übertrieben, Manches wahr — die Babnverwaltungen haben die Ucber- treibungen still hinzenommeu, dafür aber die Uebelstände un geschwächt fortbestehen lassen. DaS Trinkgeld wird vom unteren Personal nicht erwartet, sondern mit unzweideutigen An spielungen als eine Uebergebühr bezeichnet, der sich im Interesse des Dienstes ein Fahrgast nicht entziehen sollte. Die Restau rants sind mit wenigen Ausnahmen wahre Wucherböhlen. Welcher Jtaliensahrer erinnert sich nicht mit aufwallcndem Zorn ver Gaunereien gewisser Bahnbofswirthe auf den Hauptverkehrslinien? Die Italiener weisen mit Fingern aus sie, und die Bahndirectionerr sehen dennoch mit stumme« Bet Hagen dem Unwesen zu. Der Fremde ist für die italienischen Bahuverwaltungen und Zollbehörden der dumme Kerl, der da« Vergnügen, seines Geldes im Lande stdig zu werden, theuer bezahlen soll.« Sie erinnern an den französischen Bahnhofsvorstand, der jeden Beschwerdeführer unt dem Worte abwies: ,MkÜ8 now äs nom, xourquoi vous äonc?". Frankreich kann sich allerdings einen solchen Sonderling leisten. Noch schwieriger dürfte das Problem der langen Saison gelöst werden. Die Riviera bat sie, weil man dort den Fremden etwa- bietet; Florenz bemüht sich wacker, und hat eS einmal gesundes Trmkwafser, so wird es am Ziele sein. W»S soll aber den Fremden in Rom festbalten, wenn er die Alterthümer und den Vatikan gesehen hat ? Die Villen sind verödet oder geschloffen, der Pincio, ein zierliches Carroufsel, in dem sich Wagen und Pferde um eine Achse zu drehen scheinen, die Villa Borghese verstaubt und verwahrlost, und der breite herrliche Viale bei Parioli, von dessen Höhe man ein wunderbares Bild der Campagna genießt, der Tummelplatz deS anrüchigsten Gesindels. Von den Straßen der Stadt will ich gar nicht reden. AnderSwo wird der Unrath säuberlich weggefegt, hier dient er dazu, die Straßendämmt zu Policen. Man sehe sich die Basalt steine des Corso an, sie schimmern goldgelb von der Patina, die ihnen alltäglich von den städtischen „Reinemachern" im Schweiße des Angesicht- mit steifen Binseabesen eia- gerieben wird. ---- Die Capellbrücke von Luzern. Me aus dem ZLuzerner Tageblatt" zu ersehen, ist dem Stadtrach von Luzern durch Ver mittelung der schweizerischen Gesandschaft in London folgende Petition zugegangen: „Die ergebenst Unterzeichneten haben mit lebhaftem Bedauern vernommen, daß die Absicht besteht, die alt berühmte Luzerner Capellbrücke niederzulegen. Da sie diese als einer der schönsten Zierden der Stadt und eine groß»Anziehung für Fremde betrachten, ersuchen sie die Luzerner Behörden, dieses malerische und historische Baudenkmal der Stadt, der Schweiz und der ganzen Welt zu erhalten." Das Schriftstück trägt 262 Unterschriften, darunter diejenigen des Lehrkörpers der Univer sität Liverpool, der Universität Manchester, des Gymnasiums von Manchester und des Ro^al Tlünoftester OoUe^« ob Lilusic-; daneben finden sich die Namen von Gelehrten, Generälen, Lords, von Kaufleuten u. s. w. und auch von Damen. Der schweizerifche Gesandte in London, Herr vr. Bvurcart, bemerkt zu dieser Ein gabe, daß die Gerüchte über die beabsichtigte Demolirung der Capellbrücke zwar bereits öffentlich dementirt worden seien, daß es aber im Wunsche der Unterzeichner gelegen und wahrscheinlich nicht ohneWerth sei, die in dieser Frage imAuslande herrschenden Ansichten den Behörden und der Bevölkerung von Luzern zur Kenntniß zu bringen. --- Ein Lustfahrrad nennt sich die neueste Erfindung auf dem Gebiete der Luftschifffahrt, die sich an den Namen eines Herrn Carl Myers aus Francfort im Staate New Aork knüpf:. Er soll bereits seit zehn Jahren mit seinen Versuchen beschäftigt ein und einen großen Theil der Vereinigten Staaten mit seinem „Himmelsrad", früher unter dem Namen des „Gas-Flugdrachen" bekannt, überflogen haben. Der Gasdrache war ein gasgefüllter Sack in der Form eines umgekehrten Bootes, der mit seiner nach unten gekehrten Fläche wie ein Flugdrache durch die Luft auf wärts stieg, durch eine Art von Schiffsschraube getrieben. Der Luftschiffer befand sich dabei auf einem Sitz, der dem Sattel eines Zweirades glich, die Füße wurden auf die Pedale gestellt, deren Bewegung auf Kurbeln übertragen wurde und so die Lenkung des Luftschiffes durch beliebige Einstellung eines Segels bewirkte. Die ganze Trieb- und Steuervorrichtung hing an der Gondel eines Luftballons an einer großen Zahl von Haltetauen von dem gasgefüllten Sack herunter. Dieses eigenartige Luft- chiff wurde in der Art verändert, daß zwei bootähnlich geformte Gassäcke mit den flachen Seiten aufeinander gelegt wurden und o dem Ballon die Form einer Spindel verliehen. In dieserGestalt hat der Apparat mit verschiedenen Vorrichtungen zum Antrieb und zur Steuerung Probeluftfahrten in den Staaten Maine, New Hampshire, Massachusetts, Connecticut, New Jersey u. s. w. gemacht, ohne Schaden für den Luftschiffer oder das Fahrzeug. Ungleich einem Luftballon, segelt das Luftrad gewöhnlich in ge ringer Höhe über dem Boden, obgleich es auch schon eine größere Höhe erreicht haben soll. Um es in der Luft zu erhalten, ge nügt eine geringe Anstrengung, während die Anwendung der vollen Muskelkraft nöthig ist, um es vom Boden aus gegen einen Wind in die Höhe zu treiben, die Lenkung nach rechts oder link-, aufwärts oder abwärts oder im Kreise ist ganz einfach, und jede Bewegung in der Stellung des Luftschiffers übt einen betreffen den Einfluß auf die Flugrichtung. Hinter dem Manne ist eine Art von Steuerruder angebracht, das in jeden beliebigen Winkel gestellt werden kann, später kamen zweiNuder zu jeder Seite dazu. Das ganze Luftschiff, das nach zehnjährigem ausgiebigem Ge brauche noch jetzt in gutem Zustande sein soll, hat ein Gewicht von insgesammt 91 Psund, wovon auf die Gasspindel 56 kommen, auf den Sitz, Trieb- und Steuervorrichtung 16, auf die Schiff schraube und die Ruder 4Z, auf das Tauwerk und den Anker 15H Pfund. Dazu kommt das Gewicht deS Luftschiffers mit 115 Pfund, die das Gesammtgewicht von 206 Pfund bringen. Mit diesem Apparat will Myers bei jedem Wetter, ausgenommen bei Regen und bei Winterkälte, einen großen Theil der östlichen und mittleren Vereinigten Staaten überflogen haben. Diese- Luftschiff, für dessen Beschreibung und dessen Erfolge wir den „Scientific American verantwortlich machen, erinnert zwingend an das berühmte Zauberpferd aus „Tausend und eine Nacht". Auffallend will es uns erscheinen, daß der Mann während der zehn Jahre seiner fortdauernden Flugversuch« nicht ein so be deutendes Aufsehen gemacht haben sollte, daß die Kunde von ihm und seinen Luftradfahrtcn schon früher über den Ocean ge drungen ist. - Äus dem Geschäftsverkehr. r Fritz Stirnemann'S Tapeten-, Linoleum- und WachS- tnch-Tpecialgeschäst, PeterSsteinweg I. Mit dem ungeheuere:: Anwachsen der Bevölkerungs- und Hänserzohl unserer Großstadt Leipzig hält die Vermehrung und Vergrößerung der kaufmännischen und Fabrik-Geschäfte gleichen Schritt. Emsig und mit klugen, weit blickendem Auge ist man in unserer kaufmännischen Welt bemüht, hier eine neue Verkaussstelle, dort ein neues Geschäft zu errichten, um dem Publi cum den Bezug seiner Bedürfnisse so leicht und angenehm wie möglich zu machen. Sohat der PeterSsteinweg, dessenGeschäst-laqebekanntlicheine der besten Leipzigs ist, eine neue Branche als Zuwachs bekommen, die er bisher nicht hatte. Wir meinen die Taveten-Branche. PeterSsteinweg 1, nahe dem KönigSplatz, vi,-L-vis dem neuen Eck-Eingang zum Amtsgericht, hat der frühere Filiale-Leiter der bestens renommirten Firma Stirnemann L Krausche, Herr Fritz Stirnemann (eine im Decorationssach anerkannte tüchtige Kraft) ein Specialgesckäft für Tapeten, Linoleum und Wachstuche eröffnet, das in Bezug auf vortheilbafte Einrichtung sowohl ais darauf, was es in seinen Genre- Gute- und Neues bietet, zu den beachtenswerthesten gerechnet werden kann. Eingang für Wiederverkänfer verkaufe ich nur noch bis mit 22. Februar zu den bereits bekannt gegebenen ausnahmsweise sehr billigen Preisen. Lari Lauser, « « >» W Ech«tz«acher,L»»rn.
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