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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990304010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899030401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899030401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
- Tag1899-03-04
- Monat1899-03
- Jahr1899
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1.8eilUe z.8chWerTiigMlt M AH v K.111, ZmickiS, s.MlzlüW. (Mrl,c>i-AOglibe.s Amtlicher Theil. Bekanntmachung, tzie AuSloosuug Leipziger LtadtschulSschetne betreffend. Die Auslovsuug von 47 500 ./s Kapital der Anleihe von 1887 Serie ll (ä. ä. 31. März 1890) soll den 14. März d. A. BormittagS 10 Uhr im Ralhhause, I. Obergeschoß, Zimmer Nr. 3 öffentlich erfolgen. Leipzig, den 27. Februar 1899. Ter Rath Ser Stadt Leipzig. 1>r. Georgi. C. Schulze. Der städtische Lagcrhos in Leipzig lagert Waaren aller Art zn billigen Tarifsätzen. Die Lager scheine werden von den meisten Bankinstituten beliehen. Leipzig, den 7. Januar 1899. Tie Deputation zum Lagerhofe. Auf dem die Aktiengesellschaft für Fuhrwesen in Leipzig betreffenden Fol. 7471 des Handelsregisters für Len Bezirk des unterzeichnelen Amtsgerichts ist heute eingetragen worden, daß Herr Carl Ernst Christian Adolf Hupseld aus dem Vorstande aus geschieden und Herrn Friedrich Ferdinand Max Fritzsche Prokura in dem Maße, daß er nur in Gemeinschaft mit einem Vorstands- mitgliede oder einem anderen Prokuristen zu zeichnen berechtigt sein soll, ertheilt worden ist. Leipzig, den 2. März 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. IIL. Schmidt. Auf Fol. 4013 des vormaligen Handelsregisters für die Stadt Leipzig ist heute der Uebergang der Firma Hugo Franke in Leipzig auf Herrn Friedrich August Carl Dalleske daselbst ein- getragen worden. Leipzig, den 2. März 1899. Königliches Amtsgericht, Abth. HL. — Schmidt. Konkursverfahrens lieber das Vermögen des Kaufmanns Panl (firmens Sisott, Inhabers der Posamentenfabrik unter der Firma: P. C. Sison in Leipzig, Reichsstraße 33 35, Wohnung: Elsterstraße 33, wird, da der Antragsteller Sison seine Zahlungsunsähigkeit genügend glaub haft gemacht hat, heute am 2. März 1899, Nachmittags '/.7 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet. Herr Rechtsanwalt Lr. Nienholdt hier wird zum Konkurs verwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 6. April 1899 bei dem Gerichte anznmeldeu. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Ver walters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in 8 120 der Konkursordnung be zeichneten Gegenstände auf de» 21. März 1899, BormittagS 11 Uhr, und zur Prüfung der angemeldetcn Forderungen aus de» 21 April 1899, BormittagS 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer 165, Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird auf gegeben, nichts an den Geineinschuldner zn verabfolgen oder zu lotsten, auch die Verpflichtung auserlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis znm 1. April 1899 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Leipzig, Abth. II ä.', am 2. März 1899. Bekannt gemacht durch den Gerichtsschreiber Sekr. Beck. Versteigerung. Sonnabend, den 4. Mär; 18SS, »an Borm. 19—12 Uhr und Nachmittags von 2 Uhr an sollen im Bersteigernngsraume des Königlichen Amtsgerichts ein großer Posten Herren- nnd Knabenanzüge, Mäntel, Sommer- »nd Winterüberzicher meistbietend gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, den 3. März 1899. Der Gerichtsvollzieher beim Königlichen Amtsgerichte. - Rändel, Akt. Versteigerung. Montag, den 6. März 1899, BormittagS 11 Uhr sollen in Leipzig, IM Grundstück Tauchaer Straffe 26 (Hof) 1 Tiegel, buchdruckerpresse, 1 Eletkr. Motor (5 Pferdekr.), 1 gr. Accumulatoren- Batterir, 1 gr. Papierschneidemaschine u. dergl. öffentlich gegen Baarzahlung meistbietend zur Versteigerung gelangen. Leipzig, am 2. März 1899. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Montag, den 6. März, Nachmittag 3 Uhr, sollen j„ Leipzig-Plagwitz, Erdmannstraße Nr. 4: Eine Lowry 3 cm starke Fichtcnbretter, circa 28 cdm, ein Ballen Birkenrinde, versch. Banrüstzeng, eine Partie Feuerholz, sowie vrrsch. Möbel, ein großer Waarenschrank und zwei Schaufenster vorsetzer öffentlich gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Uerm. vrszer, Localrichter. Deutscher Reichstag. 88 Berlin, 3. März. Die Berathung des Militär - «tat» wurde vor überfüllten Tribünen und bei gut besuchtem Hause fortgesetzt. Zunächst trat vr. Paasche in einer temperamentvollen Rede den gestrigen Ausführungen Bebel'S entgegen. Die Schuld an der Verrohung der Jugend wies er der wachsenden Irreligiosität zu und hierfür machte er in erster Reihe die Socialdemokratie verant wortlich. Dem Kriegsminister sprach Paasche be- sondere« Dank aus dafür, daß er die socialistische Agitation von der Armee durchaus fernhält, die der sicherste Schutz sei gegen die Gefahren, die dem deutschen Volke von der Socialdemokratie drohen. Auch der CentrumSmann Gröber wandte sich gegen Bebel, wenn auch nicht gerade mit erwünschter Schärfe, während Herr v. Tiedemann die Nothwendigkeit des engen Zusammenhaltens der bürgerlichen Parteien gegenüber den socialdemokratischen Bestrebungen be tonte. Aber Herr Bebel zeigte, daß er nicht zu belehren ist oder der Wahrheit nicht die Ehre geben will. Wie immer, blieb er bei seinen Behauptungen, auch nachdem sie als unwahr nachgewiesen, und brachte neue Fälle angeblicher Soldaten mißhandlungen und militärischer Ungerechtigkeiten vor. Auch heute sprach „Genosse" Bebel wieder über eine Stunde. Der Lorbeer Bebel'S ließ seinen Freunden Stadthagen und Hoch keine Ruhe, und auch diese Genossen wurden durch den Kriegsminister, durch den Generalleutnant von Viebahn und durch mehrere Abgeordnete gehörig abgcführt. Schließlich wurde der erste Titel deS Militäretats, „Gehalt des Kriegs- Ministers", bewilligt. Morgen wird die Berathung fortgesetzt, vorher aber steht die Vorlage wegen Einrichtung eine« bayerischen Senats beim obersten Militärgericht auf der Tagesordnung. 48. Sitzung vom 3. März. Am Bundesrathstisch: v. Goß l er. Präsident Graf Balle st rem eröffnet die Sitzung um 1 Uhr. Die zweite Lesung des Melitäre tots wird beim Titel „Ministergehalt" fortgesetzt. Abg. vr. Paasche (nat.-lib.): Ich muß eine kleine Ange legenheit hier zur Sprache bringen. Wir haben in Preußen eine Schöpfung der Neuzeit, die Oberreal schulen, denen man bereits eine ganze Reihe von Berechtigungen ertheilt hat. Nur eine fehlt ihnen: das Recht, ihre Zöglinge mit dem Abiturienten examen zur Officicrscarriere im Heer und in der Marine zu ent lassen. Es liegt meines Erachtens kein Grund vor, diesen Schulen diese Berechtigung zu versagen. Auf die Rede des Abg. Bebel will ich nicht ausführlich ringehen, ich will mich nur gegen den Gedanken wenden, daß die zunehmende Verrohung der Bevölke rung eine Folge der socialen Verhältnisse sei. Die Zahl der vor bestraften Recruten hat in erschreckender Weise zugenommen. Daß die wirlhschaftlichen Zustände vielfach daran Schuld sind, will ich nicht ganz von der Hand weisen. Aber haben sich seit 10 Jahren unsere wirthschaftlichen Verhältnisse verschlechtert, hat die Zahl der in den Fabriken beschäftigten Frauen so sehr zugenommen, sind die Schulen soviel schlechter geworden, daß man sie dafür verantwortlich machen könnte? Di« Verelendungstheorie ist von der Socialdemokratie ja bereits aufgegeben worden. Ich glaube, Herr College Lingens ist sehr im Recht, wenn er die wachsende Irreligiosität dafür verantwortlich macht (sehr richtig! rechts), die Scheu vor Gott und der Sünde geht verloren .... (Glocke des Präsidenten.) Viceprästdent Schmidt: Herr Abgeordneter, ich glaube, Ihre Ausführungen stehen in einem zu losen Verhältniß zu dem Gegenstand der Berathung. Abg. Or. Paasch«: Ich bin der Meinung, daß es sich um eine sehr wichtige Frage für unser Heer handelt, und da Herr Abg. Bebel die Frage ausführlich behandelt hat . . . (Zustim mung bei den Socialdemokraten.) Vicepräsident Schmidt: Dann bitte ich Sie, sich recht kurz zu fassen. (Widerspruch bei den Sociakdemokraten.) Abg. Or. Paasche (fortfahrend): Ich werde mich sehr kurz fassen. Die wachsende Irreligiosität ist bedingt, daß durch die Socialdemokratie der Glaube an Gott, an die seligmachende Kirche untergraben wird. (Große Unruhe links. Ruf der Soc.: Das sagen Sic!) Jawohl, das sage ich, der Abg. Paasche. (Heiter keit.) Ich habe in den 70er Jahren selbst die Spott- und Hohn lieder gehört, die Sie auf den allmächtigen Gott in den social demokratischen Versammlungen gesungen haben. Glauben Sic, daß die Männer, die damals solche Lieder sangen,, ihre Kinder lehren werden: blicket empor zu dem Gott, der euch helfen kann? (Sehr richtig! rechts. Unruhe bei den Socialdemokraten.) Die Verrohung des Volkes hängt zum größten Theil damit zusam men. (Widerspruch.) Sie (zu den Socialdemokraten) wissen gar nicht, was Sie dem Volke nehmen, wenn Sie ihm den Glau ben an den allmächtigen Gott nehmen. (Beifall rechts.) Gar nichts wissen Sie dem Volke dafür zu geben. (Sehr wahr! rechts.) Sie untergraben mit Ihren Theorien Sitte, Autorität und Mo ral. (Unruhe bei den Socialdemokraten.) Da ist es kein Wun der, daß das Volk die Achtung vor dem Eigenthrrm verliert, vor dem Betrug nicht zurückschreckt u. s. w. Die Erklärungen des Kriegsministers werden in der socialdemokratischen Presse todt geschwiegen, während die Angriffe Bebel's breit ausgeführt wer den. In den Parlamentsberichten des „Vorwärts" über die gestrige Sitzung heißt es: was konnte der Kriegsminister er widern? nichts, keine der wuchtigen Thatsachen konnte er wider legen oder entkräften. (Hört! hört! rechts.) Auf diese Weise soll der Makel, den man auf die Einrichtungen des Staates werfen wollte, darauf haften bleiben. (Sehr richtig! rechts.) Ist es denn ein Unglück, wenn einem jungen Menschen mal ein Paar überge- zogen werden? (Zuruf von den Socialdemokraten: Rohheit!) Nun, ich wünschte, Sie (zu den Socialdemokraten) könnten alle Rohheiten verhüten, die von jungen Leuten verübt werden. Dem Kriegsminister gebührt der Dank des Hauses, daß er die von Herrn Bebel vorgebrachten Fälle so nüchtern und ruhig beant wortet hat. Die Gefahren, die dem jungen Officier bei schwieri gen Situationen nach dieser Richtung drohen, sind groß und mannigfach, ich hoffe, daß bei der Auswahl zu solchen Comman- dos große Sorgfalt verwendet wird. Wir danken dem Kriegs minister für seine mannhafte Erklärung, daß er der Agitation der 'Socialdemokratie so scharf entgegentreten will. Die Ar mee muß von solchen Einflüssen ganz rein gehalten werden, denn sie soll eine Schule der Zucht und nicht der Unzucht werden. Es ist zwar noch nicht Alles so, wie es sein sollte, aber wir erkennen an, daß mit Strenge und Gerechtigkeit daran gearbeitet wird, die Armee so tüchtig zu machen, wie es geht, und ich muß sagen, eine gute Zucht und Erziehung ist mindestens ebensoviel Werth, wie die militärische Ausbildung. (Beifall rechts und im Centrum, Lachen bei den Socialdemokraten.) Abg. Groeber (Centr.): Die warmen Worte, mit denen der Abg. Paasche für die Religion «ingetreten ist, haben mir recht wohl gethan; ich danke ihm dafür und wünsche, daß die ganze nationalliberal« Partei hinter ihm stehe. Ich möchte erber die Nationalliberalcn an ihre Haltung und Thätigkeit im Kultur kämpfe erinnern. (Sehr gut!) Der Eulturkampf hat auch zur Verrohung der Massen beigetragen. (Sehr wahr!) Die Schuld trifft nicht allein die Socialdemokraten, Sie (zu den National liberalen) müßten sich auch an ihre eigene Brust schlagen. (Sehr gut! im Centrum.) Und wenn Sie der Religion einen so großen Werth beimesien, dann unterstützen Sie uns in unfern Bestrebun gen, den Einfluß der Religion in der Volksschule zu stärken. (Sehr gut! im Centrum.) Der Abg. Bebel hat die Verhältnisse im Heere als sehr schlimm dargestellt. Aus einzelnen schweren Ausschreitungen hat er ein einseitiges Bild entworfen. Ein solches Verfahren kann die Achtung von der so wichtigen In stitution des Heeres nicht kräftigen. Von den vielen Fällen, die der Abg. Bebel vorgebracht hat, verdient aber der Fall, der sich in Marienburg abgespielt hat, doch noch eine eingehendere Be trachtung. Der Marienburger Fall ist vom Kriegsminister anders dargestellt als von Herrn Bebel; ich halt« ihn jetzt als eine Verletzung der Ehrfurcht vor dem Vorgesetzten, d. h. vor dem Richter. Der Zeuge hätte antworten können: „Die Beantwor tung der Frage setzt mich der Bestrafung aus". Er hatte durch aus das Recht, die Antwort zu verweigern. Andererseits ist es rechtlich ganz unmöglich, für die Militärbehörde einen Straffall zu consiruirrn, und ich verlang«, daß dieser Fall noch einmal ge nau geprüft werde; denn auf der militärischen Rechtspflege darf auch nicht der Schatten einer Parteilichkeit haften bleiben. (Bei fall im Centrum.) Abg. Bebel (soc.-dem.): Ein Vergleich zwischen Herrn Paasche und dem KriegSminisftr fällt durchaus zu Gunsten des ' Letzteren aus. Er ging auf die von mir vorgebrachten Fälle ein und beantwortete 'sie ruhig und sachgemäß. Herr Paasch« war päpstlicher als der Papst; er glaubte den Kriegsminister in einer Weise vertheidigen zu müssen, wie dieser selbst cs nicht für nvthig hiclr. Dann hat Herr Paasch« gemeint, unsere socialen und wirthschaftlichen Verhältnisse hätten sich in den letzten 10 Jahren wesentlich gebessert. Wenn die Löhne gestiegen sind, so sind auch die Ansprüche an die Lebenshaltung gestiegen; di« höheren Miethen verschlingen die Lohnsteigerung. (Sehr lvahr bei den Socialdemokraten.) Die Folge ist 'Verschlechterung der Woh- nungsverhältnissc, und sie zieht Verrohung nach sich. In den Jahren 1882 bis 1895 ist die Zahl der in der Landwirthschaft, im Handel und Gewerbe u. s. w. beschäftigten Frauen von 4,5 auf 6 Millionen, also um 33^z Proc. gestiegen. Damit ist die gegentheilige Behauptung des Abg. Paasche widerlegt. Beson ders die Zunahme der jugendlichen Arbeiterinnen in den Fa briken ist außerordentlich, und gerade darin liegt ein sehr wesent liches Moment für die beklagenswerthen sittlichen Zustände. Für alles Uebel in der Welt wird aber die Sociakdemokratie verant wortlich gemacht. Man weist auf das Schwinden der Religiosität hin. Wir leben ja im Zeitalter der Kirchenbauten. Auch in den Casernen wird, wie wir aus den Ausführungen des Kriegs ministers entnommen haben, die Religiosität in ausgedehntem Maße gepflegt. Die Herren vom Centrum werden mir auch zu geben,daß inWezugauf di« Pflege der Religion in der katholischen Kirche der Eulturkampf durchaus förderlich gewirkt hat. Der Abg. Groeber hat die Nationalliberalen an ihre Vergangenheit erinnert; er hat bereits bei der Umsturzvorlage darauf hinge wiesen, daß gerade die nationalliberalen Professoren es sind, die in der Irreligiosität das Menschenmögliche leisten, auch in ihren Schriften. (Sehr wahr!) Wenn also sogar Professoren zur Verbreitung der Irreligiosität beitragen, wie soll dann die So cialdemokratie allein daran Schuld sein? Herr Paasche hat hier sehr stark seinen Glauben an den allmächtigen Gott betont. In Bezug auf die Religiosität wird aber wahrscheinlich zwischen uns und dem Herrn Paasche kein großer Unterschied bestehen. (Schc gut! bei den Socialdemokraten. Heiterkeit.) Die Erzählung des Herrn Paasche von den häßlichen Liedern mit dem gottesleugneri- schen Text, di« er als Student in socialdrmokratischen Virsamm lungen mitgesungen haben will, erklär« ich für unrichtig. (Hef tige Zurufe seitens des Abg. Paa s ch e.) Präsident Graf Balle st rem: Ich bitt« den Abg. Paasche, die Zwischenrufe zu unterlassen. Abg. Bebel (forifahrend): Jedenfalls kann ich wohl ver langen, daß Herr Paasch« den Beweis für seine Behauptung an tritt; sind die Lieder gedruckt? Wie haben sie dann verbreitet werden können? Daß meine Kritik dem Abg. Paasche nicht ge fallen hat, glaube ich, ober der Grund derselben ist nur das Be streben, di« Zustände im Heere zu verbessern. (Oho! rechts.) Weisen Sie mir aus allen meinen Reden eine Stelle nach, aus der man eine andere Absicht herauslesen könnte! Der Fall Friese in Marienburg beweist am deutlichsten, wie nothwendig es ist, diese Dinge im Reichstage zu erörtern. Statt für unser Vor gehen uns anzuklagen, sollte man uns dankbar sein. Die Sta tistik über die Veruvtheilungen wegen schwerer Körperverletzun gen lehrt, daß diese Verbrechen in den Bezirken am wenigsten vorkommen, wo die Socialdrmvkratie am meisten verbreitet ist. (Hört! Hört! bei den Socialdemokraten.) Die Zahlen sind am geringsten in Sachsen und Hamburg. Der Abg. Paasch« hat die Armee als Schule der Zucht gepriesen. Ich habe gestern schon das Zeugniß des Garnisonpredigrrs Frommel angeführt; ich weise heute noch auf das ähnliche Urtheil des bekannten Pastors Faber hin. Der Abg. 'Paasche hat den Rittmeister Graf Stol berg geradezu verherrlicht. (Oho! bei den Nationalliberalen.) Daß der Kriegsminister di« Handlung dieses Mannes als Vorge- setztermitWohlwollen beurtheilt und die psychologischen Momente, die sie entschuldigen können, geltend macht, ist begreiflich. Aus fallen muß nur, daß dieses milde Urtheil ausschließlich dann Platz greift, wenn es sich um Vorgesetzte handelt, und das Gegen- theil eintritt, wenn es sich um Untergebene handelt. Nur der zehnte Theil des Verbrechens des Grafen Stolberg von einem Ge meinen begangen, würde als Rohheit, Niederträchtigkeit und Ge meinheit gebrandmarkt werden. Die Herren empfinden eben gar nicht, welche Ungerechtigkeit in ihren Ansichten liegt. Im Reich gicbt cs zwei Nationen; die eine herrscht, die andere dient, beide verstehen sich nicht. Ich will zugcben, daß Graf Stolberg schwer gereizt war; aber mit Recht verlangt nicht nur die Sitte, sondern sogar die militärische Pflicht, daß der höher gebildete Vorge setzt« die größere Selbstbeherrschung bewahrt. Anstatt den an getrunkenen Unterofficier ins Gewahrsam führen zu lassen, hat er ihn Herumlaufen lassen und sich mit ihm gehäckelt, bis bei ihm die Wuth ausbrach. Der Hieb muß sehr stark gewesen sein, viel leicht hat auch die heftige Ohrfeige mitgewirkt, in Folge deren der Sergeant an einen Wagen taumelte. Jedenfalls darf man von einem Officier zehn Mal mehr Ueberlegung und Beherr schung fordern als vom Gemeinen, und die Gereiztheit kann nicht als Strafmilderung gelten. Das Prügeln der Recruten durch ältere Soldaten hat Herr Paasche natürlich gefun den; es thut mir leid, daß er mal selbst nicht solche Prügel erhalten hat. (Stürmische Heiterkeit.) Es ist ein starkes Stück, daß er eine solche Handlung zu rechtfertigen wagt. In dem Maße, wie die Socialdemokratie an Anhang im Volke gewinnt, nimmt sie selbstverständlich im Heere zu. Wenn Sie keine Socialdemokraten im Heere wollen, müßten sie auch von der Heerespflicht befreit werden. In Halberstadt ist nur die be reits zugesagte Gestellung von Soldaten unterblieben. Die un geheure Aufregung über den Fall Brüsewitz mußte durch Be gnadigung naturgemäß noch gesteigert werden. Di« Krankheit des Brüsewitz läßt sich ja als Grund für die Begnadigung hören; ich wünschte nur, daß Krankheit auch sonst diese Wirkung habe. Auch die gut« Führung wird mit Recht als Grund angeführt; ich habe aber noch nicht gehört, daß Socialdemokraten, die sich meist vorzüglich führen, deshalb begnadigt werden. In Bezug auf den Fall in Marienburg bemerke ich, daß die Frage des Richters in officieller Gerichtsverhandlung erfolgt ist. Abg. v. Tiedemann (Reichsp.): Der Abg. Bebel meinte heute, seine Angaben seien nur in nebensächlichen Puncten al- unrichtig nachgcwiesen worden. Ist es ein kleiner nebensächlicher Jrrtlhum, wenn er den Rittmeister Grafen Stolberg beschuldigt, den Sergeanten erstochen zu haben, wahrend er thatsächlicb nur geschlagen, durch den unglücklichen Schlag ihn allerdings ge- tödtet hak? Worum bringt der Abg. Bebel dann den Halber stadter Fall vor, in dem doch Abhilfe geschaffen worden ist? Ich hatte mir gestern über die Rede des Abg. Bebel manche Notizen gemacht, aber was ich sagen wollte, hat mir Herr Paasche und Groeber vorweg genommen. (Große Heiterkeit.) Herr Bebel hat den Club der Harmlosen hier vorgebracht. Näheres ist mir außer d«m Zeitungsklatsch nicht bekannt, aber soviel weiß ich, daß nur sehr wenige Officier« dabei beiheiligt sind. All« Men schen sind nicht Tugendengel, das wissen wir, das braucht uns Herr Bebel nicht erst zu erzählen. Daß er die Affäre Brüsewitz ausgegraben hat, beweist, wie dürftig sein Material ist. Di« De batte ist mir aber recht, denn sie hat bekundet, wie intact unser OfficierScorps dasteht. Die Debatte hat auch gezeigt, daß die anderen Parteien sich mehr oder lveniger zusammenschließcn, um oer Socialdemokratie cnlgegenzutreten. Bedauerlich ist es nur, daß Herr Gröber ein alte Streitaxt hier ausgegraben hat. Ich hoffe, daß es bei diesem einen Versuch bleiben wird, damit wir die Agitation der Socialvcmokrati« im Heere gemeinsam b- kämpfen können. Kriegsminister v. Goßler: Der Abg. Bebel hat mir heute ein relativ günstiges Zeugniß ausgestellt, und ich lege auch Wertl> darauf, daß anerkannt wird, daß die Verhandlungen meinerseits in vollständig objektiver Weise geführt werden. Ich bin verpflich tet, den Angehörigen jeder Partei in objektiver Form Auskunft zu geben über das, was mein Ressort betrifft. Wenn der Abg. Bebel aber daraus schließt, daß ich mit der Art seiner Anfragen und Verhandlungen einverstanden bin, so ist «r im großen Jrr- thum. Er meint, er habe die Fragen an uns gerichtet, um Aus kunft zu erhalten, er har aber an seine Anfragen eine Dürftet lung geknüpft, die für die Armee durchaus schädlich ist. Er ent hält sich nicht, das Urtheil über die Personen in der schroffsten Form zu stellen, ohne abzuwanen, was meinerseits in objektive: Form auf die Anfragen vorgebracht wirb. Mit dieser Art dec Tactik werde ich mich nie einverstanden erklären. Herr Bebe! müßte mit seinem Urtheil warten, bis die Auskunft von mir cr- theilk ist. Herr Bebel meinte dann, bei allen Fällen, die er ange führt habe, hätten sich nur unwesentlich: Abweichungen seiner Angaben von den objektiven Verhältnissen herausgeftellt. Da- Gegenthei! ist der Fall. Im Falle Brüsewitz ist eine falsch: Strafdauer angegeben und daraus der falsche Schluß gezogen worden, daß von Brüsewitz nach Verbüßung der Hälfte per Strafe schon begnadigt worden sei. Der Graf Stolberg hat o:n Sergeanten Schcinhardt nicht erstochen, sondern der Sergcanr iit einem Unglücksfall zum Lpftr gefallen, der mit einer schweren Mißhandlung im Zusammenhang stand. Die Angabe, daß Scheinhardt betrunken war, ist nicht haltbar. Ec war nach der Aussage vor Gerich: wohl erregt, aber von Angetrunkenheit war nicht die Rede. Arhnlich liegen die Dinge in den Fällen Hof mann und Rupp. Die Angaben über den Halberstädter Fall waren nicht richtig. Ich habe in keiner Weise eingegriffen, son Vern der Garnisrnäl:este hat es abgelehnt, di« Soldaten zu beur lauben, nachdem oie Sache in der Stadtverordnetenversammlung zur Sprache gekommen war. Es sollte ein Weg zur Erlekfhterung des Dienstes hergerichtet werden, wenn die Militärverwaltung da zu Solda:cn stellte. Was den Reservisten Friese in Marienburg betrifft, so ist die Angabe des Abg. Bebel unhaltbar. Ter Ge richt-Vorsitzende richtete an ihn die Frag«, bevor er ihn vernahm. Der Mann aniwonel« auf die Frage, ob er Socialdemokrat sei: in Civil ja! Er wußte, daß er sich als Soldat nicht als Social demokrai bekennen dürfe, lieber die juristische Seite ber Sache, di« Herr Abg. Groeber erörtert ha:, Lin ich zur Zeit nicht im Stande, Auskunft zu geben. Der Abg. Bebel meinte, er richte seine Anfragen an mich, um die Armee zu bessern. Ich glaub- vielmehr, daß seine Reden zur Verbitterung und zur Lockerung der Disciplin führen, und ich würde ihn bitten, sein Interesse für die Armee in anderer Weise zu belhätigen. Die von ihm ge wählte Form wird die Armee als berechtigt nicht anerkennen. Den Nachweis, daß Vorgesetzte und Untergebene mit verschied: nein Maße gemessen werden, wird der Abg. Bebel nicht führen können. Ich bedauere diese Behauptung des Abg. Bebel, die nur geeignet ist, eine Bresche in die Disciplin zu legen und da- Vektrauen der Untergebenen zu untergraben. Ich weise darauf bin, daß im 8 98 u. a. oer Sirasproceßordnung ausdrücklich für die Untergebenen eine Reihe von Milderungsgründcn aufgeführr sind, wenn eine Reizung des Vorgesetzten oorliegt, und diese Paragraphen werden aufs Strengste beobachtet. Der Bemer kung des Abg. Bebel über da- Anwachsen oer Socialdemokratie stelle ich eine Aeußcrung, die er auf dem Parteitage in Stuttgart gethan hat, gegenüber, daß er mit dem Zuwachs der Socialdemo- kratic nicht zufrieden sei. Ich kann nur meine Ueberzcugung wiederholen, daß die Socialdemokrcuie auf einem so sumpfigen Boden beruht, daß sie an sich selbst zu Grunde gehen wird. (Bei fall rechts.) Abg. Hoch (soc.): Die Klage, daß das Militär nicht genug auf die bürgerlichen Verhältnisse Rücksicht nimmt, muß stet wiederholt werden. Ich habe es selbst bei einem großen Ma növer beobachtet, welche Lasten an Einquartierung und Flur schaden und dergleichen der Landbevölkerung auferlegt werden. Wenn der Staat etwas von den Steuerzahlern verlangt, dann wartet er nicht lange. Aber die armen Bauern, die eine Ent schädigung für Flurschäden zu bekommen hatten, mußten Wochen lang warten. Die hier angeführten Fälle will ich um einen neuen vermehren, den Diebstahlsproceß des Garnisoninspcctors Crüger in Hanau. Redner verliest unter steigender Heiterkeit des Hauses eine lange Liste gestohlener Gegenstände und fährt dann fort: Eine solche Dieberei ist nur möglich bei der unzulänglichen Con- trole, di« sich mit Auszählung der vorhandenen Gegenständ: be gnügt. Es können also in allen anderen Garnisonen solch: Zu stände herrschen, und wie ich glaube, sind in Frankfurt a. O. und Karlsruhe Unregelmäßigkeiten entdeckt worden. (Der Kriegsminister nickt.) Die Schulung beim Militär scheint sich doch nicht sehr zu bewähren, denn der Garnisoninspector hat eine lange militärische Schule hinter sich. Nein, die Controlc ge trügt nicht! Die Soldaten merken bald die Unregelmäßigkeiten, aber sie haben Furcht, sich zu beschweren. El)« dec Absoluti-mu- im Heere diese Furcht nicht beseitigt, ist keine Besserung zu er warten. Kriegsminister v. Goßler: Wir haben das größte In teresse daran, daß die Flurschäden schnell ausgezalhlt 'werden, ich werde dafür sorgen, daß eine schnellere Abfertigung durch die Cassen erfolgt. Inspektor Crüger ist inzwischen oerurtheilt, ich erwarte nur das Urtheil, um meine Maßnahmen zu treffen. Wie der Herr Abgeordnete von einem Diebstahl auf den Abso lutismus kommen konnte, ist mir unerfindlich. Abg. Graf Klinckow ström (cons.): Ich freue mich, daß Herr Hoch sich hier als erster socialdemvkratischer Agrarier entpuppt hat. Die Rede des Abg. Gröber, der an den Cultur kämpf erinnerte, bedauere ich. Herr Bebel hat gemeint, daß in Sachsen die wenigsten Ausschreitungen Vorkommen, weil dort die Socialdemokratie so stark vertreten sei. Ich glaube, die Sachsen sind an und für sich gutmüthig, sie trinken wenig oder keinen Schnaps. Zuruf: „Kaffee!" (Große Heiterkeit.)' Der Abg. Bebel hat dann getadelt, daß die Militärverwaltung der Landwirthschaft manchmal Soldaten zur Verfügung stellte, die den Civilarbeitern die Arbeit wegnähmen. Das ist ganz falsch dargestcllt. Wenn die Landwirthe nur freie Arbeiter bekommen könnten,würdensiegeruaufdie viel iheureren Soldaten verzichten. Herr Böbel sagte auch, die Socialdemokratie mache große Fort schritte in der Armee, nur seien die Leute klug genug, das zu verberg«:,. Lassen Sie es doch einmal darauf ankommen! Ver suchen Sie doch, -wenn Sie glauben, genug Socialdemokraten in der Armee zu haben, Ihren sagenhaften Zukunftsstaat emzu UH*I-- UH--I sstslui-keil- LLllL ^mettivlie. «7 (Straßenbahnhaltestelle). Dainpf-Heißlust- und Wannen- n. Wechselsitzbäder, Packungen, Massage, Knripp'sche Süsse ,c. für Herren u. Damen zu jeder Tageszeit. 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