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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.03.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990303017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899030301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
- Tag1899-03-03
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1708 graulen und einem Gefreiten, zu entwischen, zu weichem Behufe er dem Gefreiten einen Stotz versetzte und davonlief. Da Puä> auf da» dreimalige Haltruseu nicht stand, so gabeu beide Führer Feuer. Die Kugel des Gefreite» durchbohrte dem die Wälle hinauskletterndrn Flüchtling Rücken und Brust. Nach wenigen Minuten war Puck eine Leiche. Der Gelobtet« ist derselbe, welcher im vorigen Sommer bei seinem Transport zur Festung ans dem Eisenbahnzuge sprang und entkam. ----- Wien, 26. Februar. DieLeideneineSPflege- lindes. In der Mohsgasse wohn! der Flickschneider Brmasl, ein blutarmer Mann, den sein Gewerbe nur schlecht nährt. Sein« Gattin, eine energischere Frau, sah sich des-halb nach einem Neben verdienste um und kam so auf die Idee, fremde Kinder gegen Bezahlung in Kost zu nehmen. Wie die Bimasl mit einem ihrer Pfleglinge in letzter Zeit verfuhr, erzählt« dir Arbertersgattin Frau Rathay in ausführlicher Weise beim Polizeicommissanote: „Ich hab: cs schon nicht mehr mit anschrn können", erklärte Frau Rakhay. „wie Frau Bimasl die ZMHriye Theres« Schach- mger mitzhandrkte. Die kleüne Schachinger ist ohnedies sehr kräntlich, ihre Mutter ist die Tochier einer WirthschastSbesitzerin. Sobald sich die Kleine etwas zu Schulden kommen lieb, gleich >var die Bimasl mit dem Kochlöffel da, und dann hat es Hiebe gegeben, datz das Kind grün und blau wurde. Auch am letzten Montag war es wieder so. Zufällig war mein Göd zu Besuche bei mir, der die Schläge mitangcsehen und der mir dann gesagt hat: „Das kann man ja nicht mitanschau'n; so etwas mutz man anzeigen!" ... Das Kind hat gejammert, datz es zum Erbarmen war, am Rücken hatte die Kleine Beulen und blaue Flecke. Ich habe die Bimasl gewarnt; allein sie meinte nur: Kinder müssen gestraft werden! Schlietzlich hat sic aber dem Kinde doch nasse Umschläge gemacht. Dienstag höre ich «r meinem Colbinet dir Kleine schon wieder weinen, ich spring auf und geh' in das Zimmer hinaus. Die Bimasl hat das Maderl an den Händen mit einem Wickelband an das Belt gebunden, und ohrfeigt und haut in einem fort, datz ich zu schreien angefauaen hab': Hören S' Nicht gleich auf! Ick) geh' augenblicklich zur Polizei. Mitt woch hör« ist schon wieder das Kind wimmern. Ich eile in das Zimmer und sehe, wie die Bimasl der kleinen Schachinger das Bein emporhebt, so lange, bis der Futz beim Munde ist. Ich vernahm ein lautes Knacken und schrie: Um Gotteswillen, Sie Haden jetzt dem Kind den Futz gebrochen. Frau Bimasl er widert, daß nur ein Band! gerissen ist, und datz cs deshalb so geknackt habe. Ich eile aber zum Arzt, der gleich da ist und der, sobald er die Kleine untersucht hat, bestätigt, daß ihr das Bein gebrochen wurde. . , ." Die Polizei verhaftete auf Grund diese- Sachverhaltes sofort die brutale Pflegemutter und ließ das kleine kranke Wesen in ein Spital transportiren. ---- Etn französischer Prinz. Die „Münch. Allg. Ztg." berichtet: Eine angebliche Prinzessin von Bourbon d'ArtoiS, Herzogin der Bretagne, starb unlängst in mehr als bescheidenen Verhältnissen im fünften Stockwerk eines Hauses der Vorstadt Saint-Houorö in Paris. Ihr Sohn ist einer von den vielen Prätendenten auf die Königs krone Frankreichs, aber ihr Leichenbegängniß fand, mangels authentischer Dokumente, als das einer Madame de Bourbon auf Gcmeindekosten statt; denn jener genießt Unterstützung aus der städtischen Armencasse. Dies hinderte ihn jedoch nicht, sich vor einigen Wochen gegen dir Feier drS ZabreSlagcS der Hinrichtung Ludmig'S XVI. in einem Briese auszusprechen, den er mit dem hochtrabenden Titel zeichnete: Julius I.» recht mäßiger König von Frankreich, Sohn Sr. königl. Hoheit des Höchstseligen Julius von Bourbon, Herzogs von der Bre tagne, seinerseits Solin Sr. königl. Hoheit deS Herzogs von Berry auS erster Ehe, den beim Tode seines Großvaters König Ludwig XVIII. für den Fall legitimirte, daß Ihre kgl. Hoheit die Frau Prinzessin Karoline von Neapel einer Tochter das Leben schenken sollte. Auch fügte er noch bei, daß ihn sein vielgeliebter Obeim Heinrich V. den 20. Februar 1883 zu Görz als rechtmäßigen Thronerben anerkannt habe. „Le Petit Tempö" schildert den „ro^ als ungefähr 50 Jahre alt, kräftig gebaut, schon ergraut, etwas hinkend und einseitig gelähmt. Wie er selbst erklärt, hat er den echten Bourbonen- kypuS. Er ist als Zeichner im Baubureau eines Architekten in Paris angestellt und bat schon vor Jahren beim Theütre ArantzaiS ein Drama in Versen eingereichl, in dem Moliöre als Bruder Ludwig's XIV. fizurirt. Vom Seinepräfeclen verlangte der „roz^ eine jährliche Rente — derselbe wendete ihm aber blos eine Unterstützung von 10 Fr. zu — und vom Finanzmiuister verlangte er als legitimer Prinz ungezählte Millionen. ----- Da Paul Döronldde, der Stifter der Patriotenltga, wieder einmal als Possenreißer auf der politischen Bühne Frank reichs ausgetreten ist, wird vielleicht folgende, von der „Schles. Ltg." erzählte Episode, di« sich in den 80er Jahren im Haag eröigne:«, von einigem Interesse s«in. Es wohnten dort im Tar- last drei deutsche Reisende, der «ine ans Berlin, der andere aus Köln, der dritte, der SchreDer dieser Zeilen, aus München. Ms dirselben eines Abends, nach ihrem Abendschoppen ins Hotel zu- rückkamen, l-atsen sie an der Fremdentafel neben der Zimmer nummer 1 d«n Namen Döroulöde und erfuhren, daß dieser tragi komische Revancheheld am nächsten Morgen eintreffen werde, um am Abende weiter zu reisen. Am nächsten Tage war natür lich unser ganzes Interesse auf den „Deutschenfresser" gerichtet, und wir hatten auch Gelegenheit, bei mehrfachen Begegnungen uns den Mann genau anzusthen, der damals Nicht nur in Frank reich, sondern auch in anderen Lüffdern gegen Deutschland leiden schaftlich hetzte und soeben von einrr Agitationsreise aus Ruß land und Dänemark nach Paris zuriickkehrte. Ich sehe sie noch vor mir, die lange hagere Figur in dem grauen Anzug und mit dem rothen Band der Ehrenlegion im Kropfloch. Der Reise- oenosse aus Berlin hegte nun den lebhaften Wunsch, mit Dörou- lolde ein Wort „deutsch" zu sprechen, und sein Wunsch sollte ihm auch erfüllt werden. Wir drei hatten, etwas verspätet zur Tadle d'hote kommend, die letzten Plätze erhalten, der Berliner und ich ans der einen Seii«, der Kätner gegenüber, so daß der Platz zu seiner Rechten frei war. Wir hatten kaum unsere Suppe ge nossen, als Dorvulode rintrat und diesen leeren Platz uns gegen über einNahm. Da ergab sich aus eine merkwürdige Weise die Gelegenheit, mit ihm in ein Gespräch zu kommen. Wir waren bei der Wahl -des Getränkes und entschlossen uns, «ine Flasche deutschen -Weins zu trinken, und zwar bestellten -wir eine Flasche Liebfrauenmilch, ein« Sorte, die auf den Weinkarten des Hotels stets komischer Weis« als „Lieb frau mich" bezeichnet war. Ein neben uns sitzender Holländer ittteressirt« sich für diesen Wein und fragte, was eigentlich „Liebfraumich" für eine Sorte sei und wo sie wachse. Da konnte ihm denn von uni da« Belehrung ge geben werden, datz es so viel Liebfrauenmilch, wie ans der Wrlt getrunken werde, gar nicht gebe, und daß dieser Wein auf den Rwincn eines von den Franzosen zerstörten Klosters bei Worms wachse. Hier mischte sich Döroulode, der vorher schon unseren R«d«n getauscht! hatte, ins Gespräch, und zwar deutsch rade brechend, denn wir blieben bei unserer Deutschen Sprache, zumal wir sahen, daß Döroulöde sich doch mit uns verständigen kannte, wenn auch schlecht. Bald waren wir besonders durch den Ber liner in invckiuZ res geführt, d. h. wir besprachen mit Devoulöde die „deutsch« Frage", die allerdings für uns überhaupt nicht existrrte. Der Pariser Hrtznpostel vertrat mit Pathos die Forde rung, datz in jedem Fall« Elsaß-Lothr-ingen zurückgegrben wer den müsse. Wir wiesen natüAch diesen Anspruch auf das Ent schiedenste zurück, und so gestaltet« sich di« Debatte ziemlich leb haft. Schließlich erklärte -der Berliner seinem Gegner ganz un verblümt, „daß er als Reserveofficier im Falle eines Krieges mit in denselben ziehen werde, aber Wohl auf das Vergnügen verzich ten müsse, Monsieur Dönoulede dabei zu treffen, da dieser wohl Vorgehen werde, seinen Muth, dem Kriegsgetümmel fern, nicht mit der Waffe, sondern durch den Mund zu bethätigen." Der Hieb saß, Herrn Dävoulöde wurde schwül zu Mut-He, er verlangte sein« Rechnung, bezahlte und empfahl sich. --- Ein geschichtlicher Kineinatograph. Auf einer öffent lichen Auction in Paris versteigerte man dieser Tage den — Kinematographen, der das ganze Unglück des Bazar brandes verschuldet hatte. Verwundert wird man fragen, wie es kommt, datz dieser Zeug« des Schreckens im Besitze der Stadt war und bisher dem Äug« verborgen blieb. Niemand Weitz hierauf Antwort zu geben; nur so viel ist sicher, daß die Stadt es endlich an der Zeit fand, sich dieses Gegenstandes zu entäußern. Der Verkauf war, wie es stets Usus ist, vorher öffentlich angrz«igt worden, man konnte das Object vorher be sichtigen, und es war zu erwarten, datz der Andrang groß sein würde. Es war das nun allerdings kein Kinematograph mehr, wie man ihn sonst in Geschäften kaufen kann: Er war «ben in furchtbarem Zustande und erinnerte an das schreckliche Ereignitz, das er »«rschuldet. Und doch hätte der gewissermaßen „historische" Gegenstand, auf den das denkbar geringste Angebot gemacht war, und der schließlich für ganze — zwanzig Francs fortging, doch vielleicht ein anderes Schicksal verdient. Den Kinematographen erstand für diesen Preis ein Händler, der ihn repariren und wieder gebrauchsfähig machen wird. — Die Nachricht, daß Coquelin die Rolle Napoleon's in dem Stücke Bergerac's „klu^guo Heins", das demnächst im Porte-Saint-Martin-Theater zu Paris zur Aufführung ge langen soll, spielen wird, hat die Schleusen der Erinnerungen des unerschöpflichen Vaudevillisten Ernest Blum aufs Neue geöffnet. Er erzählt die ergötzlichsten Ge schichten über ehemalige Darsteller Napoleon's und seiner Paladine. „Ehedem trainirten sich alle jungen Leute, Li« für das Theater geboren zu sein glaubten, darauf, dem Kaiser zu gleichen; dadurch war die Laufbahn schon gesichert und man konnte felsenfest auf ein Engagement rechnen. Einige begnügten sich, Junot, Murat oder Massena ähnlich zu sehen, aber denen fehlte es an Ehrgeiz und sie waren entweder zu groß oder zu klein an Gestatt. Der berühmteste Napoleondarsteller war ein gewisser Gobert, der das Glück hatte, mit einem Gesichte ge boren zu sein, das dem des Siegers von Friedland fast identisch war; er hatte sogar denselben Gang. Durch das fortwährende Spielen dieser Persönlichkeit hatte er auch die „Tics" und die abgebrochene Sprechweise Napoleon's sich zu eigen gemacht. Ich erinnere mich noch, ihn auf den Boulevards, die Hände auf dem Rücken gekreuzt, vorbeimarschiren gesellen zu haben. Er theilte den Kameraden, die ihm begegneten, gnädig kaiserliche Grüße aus, so Laß man ihn wirklich für den -Weltherrscher hätte an sehen können. Im Privatleben bediente er sich gern der Aus drucksweise seines Helden. Wenn er «ine neue Rolle zu creiren hatte, pflegte er zu sagen: „Hoffentlich habe ich heute Abend mein Austerlitz und nicht mein Waterloo!" Er sagte nie: „Wenn ich mich zurückziehen werde . . .", sondern: „Wenn ich auf St. Helena sein roerbe . . .". Wenn er an der Vendomesäule vorbeikam, betrachtete ec di« Broncestatue Napoleon's minuten lang, und eines Tages hörte ihn einer seiner Kameraden vor sich hinmurmeln: „Ich glaube wahrhaftig, ich trage den Grauen Waffenrock mit mehr Chic als rr." ... Ein anderer Schauspieler, Edmond Golland, zeichnet« sich besonders in der Nolle Murat's aus. Er hatte einen Kameraden, der ein leidenschaftlicher Spieler war. Dieser hatte in «inrm Stück einen alten Grenadier dar zustellen, der allabendlich gegen 10 oder 1(H Uhr getöotet wurde. Eines Abends war er gerade zu einer interessanten Partie ge laden und bat seinen Freund Golland, ein wenig schneller zu spielen, damit er rechtzeitig im Wirthshause sein könne. Dieser hatte in seiner Eigenschaft als Oberstcommandirender die Leichen vom Schlachtfclde forttragen zu lassen. Als er bei dem Körper des Spielergrcnadicrs ankam, sagte er: „Nein, rühr' den nicht an, der scheint mir noch nicht todt zu sein!" Di« erstaunten Statisten folgten diesem -Befehle. „Hallunke, Spitzbube!" schimpfte d«r Schauspieler leise, „woS spielst Du mir da für einen schändlichen Streich, Du weiht doch, das ich's eilig habe!" Aber Golland-Murat fügt« mit unerschütterlicher Ruhe, zum Publicum gewendet, hinzu: „Es ist schon gerade genug, die einzuscharren, die aufgehört haben, zu athmen, wozu wackere Leute in die Erde vergraben, deren Herz noch schlägt." Der unselige Grenaditr mutzt« daher den ganzen Act hindirrch als Schwerverwundeter auf der Bühne verbleiben. Man kann sich denken, wie wüthend er auf Golland war, denn als er in die Kneipe kam, waren seine Partner bereits verschwunden. — In Paris hat es jederzeit gute Bürger gegeben, die den jeweiligen Herrschern ähnlich zu sehen sich bemühten. So hatte ich unter dem zweiten Kaiserreich einen Herrn zum Nachbar, der durch un ermüdliche Bearbeitung seines Kopfes das Resultat erreicht hatte, Napoleon III. sprechend ähnlich zu sehen. Er trug nicht allein den Schnurr- und Spitzbart, sondern hatte es auch dahin gebracht, daß sein Auge den vagen und träumerischen Blick seines Vorbildes angenommen. Wenn «r auf der Straße vorüberging, drehten sich alle Passanten um, in der Meinung, der Kaiser mache eine Promenade. Seine größte Freude bestand darin, wenn die in diesem Wahne befangenen Vorübergehenden ihn diScret grüßten. Natürlich war er, um zu der physischen auch eine moralische Aehnlichkrit zu fllg«n, bonvpartistischrr als Napoleon selbst geworden. Nach dem Sturze des Kaiserreiches blieb er zunächst sehr fest in seinen Ueberzeugungcn wie in seinem äußeren Menschen. „Und wenn nur Einer übrig bleibt, der ihm gleicht, so werde ich es sein!" rief er stolz. Als aber die Er eignisse ihren weiteren Verlaus nahmen, begann er allmählich, einige klein« Veränderungen an seinem Arußeren vorzunehmen. Erst fiel der Spitzbart, dann nahm der Schnurrbart «in« andere Form an, und sogar das Auge begann seinen träumerischen Ausdruck zu verlieren. Eines schönen Tages sah ich zu meiner ungeheuren Verblüffung meinen Nachbar ganz umgestaltet. Er hatte sich einen anderen Kopf zugetegt und glich jetzt — Gambetta." ----- Englische und deutsche Dampfer. Bor einigen Tagen interpellirie im Hause der Gemeinen Mr. Wanklin die britische Regierung, auS welchen Gründen Sir West Ridge- way, Gouverneur von Ceylon, aus dem „Barbarossa", einem Pakelboote deö „Norddeutschen Lloyd", anstatt auf einem englischen Dampfer nach England zurückgekehrt sei. Die Tbalsache wurde seinerzeit von der englischen und indischen Presse vielfach comnientirt und allgemein als unerhörter Mangel an Patriotismus verurtheilt. Chamberlain aber beantwortete die Interpellation mit folgender Erklärung: Da ben ehrenwerthen Herrn Wanklin die Heimreise deS Gouverneurs auf einem deutschen Dampfer beunruhigt, so sehe ich mich veranlaß», ihm mitzutheilen, daß die englische Dampfergesellschast, zu Gunsten deren er eingetretcu ist, sich geweigert hat, ein wichtiges Glied auS dem Gefolge des Gouverneurs, nämlich seinen Licblingshund, mit an Bord zu nehmen. Die Er klärung deS Ministers wurde natürlich mit allgemeiner Heiterkeit ausgenommen. 2m Uebrigen, schreibt da- „Journal des DsbatS", muß anerkannt werden, daß die Verköstigung und der ganze Dienst aus den deutschen Dampsern demjenigen der englischen Gesellschaften weit überlegen ist. Aus den Schiffen der Peninsular and Oriental Company benehmen sich die Capitäne, wie wenn sie ein Kriegsschiff comman- dirlen, während auf den deutschen Packetbooten der Capitän darauf bedacht ist, seinen Passagieren die Uebersahrt möglichst angenehm zu machen. (M. Allg. Ztg.) ----- Rcichthum des Kirchspiels Lrfa in Dalekarlieu. In geradezu idealen Verhältnissen leben die Bewohner des großen Kirchspiels Orsa in der Landschaft Dalekarlieu, das mit Recht als das reichste Kirchspiel Schwedens bezeichnet werden kann. Das Kirchspiel besitzt große Wälder, die jährlich, obgleich im letzten Jahrzehnt für etwa 10 Millionen -Mart Wald verkauft wurde, noch immer über 300 000 Zinsen einbringen. Aus den Waldeinnahmen wird Alles bezahlt. Die Einwohner des Kirchspiels sind gänzlich abgabenfrei. Staatssteuern, Gemeinde steuern, alle Kosten für Kirche, Schule, Wege, Gebäude u. s. w. werden aus dem Waldertrag bezahlt. Nach jedem Dorfe des umfangreichen Kirchspiels wurde ein Fernsprecher angelegt, natürlich für die Einwohner gleichfalls kostenlos. Schulhäuser und Lehrer -befinden sich schon in solcher Zahl im Kirchspiele, baß derStaatstch-we-igert, ben auf ihn entfallenden Beitrag zu zahlen. Zur Aufhilfe der Landwirthfchaft werden auf allgemeine Kosten große Einwässerungen u. s. w. ausgeführt. Das Großartigste sind indessen die auf Kosten des Kirchspiels errichteten Meie reien, die auch vom Kirchspiel betrieben werden und die sämmtliche Milch der Bauern übernehmen und einen Mindest preis von 12 H für den Liter zahlen. Verluste werden durch den Waldertrag gedeckt. Außerdem werden zeitweise baare Geld summen ausgezahlt, z. B. bei Futtermangel und dergleichen. Solche Verhältnisse wird man vereinzelt auch in Deutschland finden, wenn auch nicht in so großem Stile, aber es gikbi doch auch bei uns Gemeinden, die jedem Bürger aus ben Erträgen ihrer Liegenschafien und Wälder alljährlich etwas hcrauSzahlen, statt ihnen Steuern abzuverlangen. Auch in Oesterreich gab es in früheren Zeiten sehr wohlhabende Gemeinden, welch« für ihre Mitglieder die Steuern aus den Gemeinde-Einkünften zahlten und noch mehr zu thun im Stande waren, wir z. B. Leoben in Steiermark und Pisek in Böhmen. --- Andreas LyngroS. Ueber den zu Athen verstorbenen Philanthropen Andreas Syngros theilt bas „Neue Wiener Tag blatt" Folgendes mit: Syngros war zu Chios geboren und etablirte sich in seinen jungen Jahren als Kaufmann in Konstan tinopel, wo er sich bald durch glückliche Conjuncturen zu nam haftem Reichthum rmporschwang. In fein Vaterland zurück gekehrt, ließ er sich nun in Athen nieder und gründete das seinen Namen führend« Bauhaus, das sehr bald die erste Stelle in der dortigen Finanzwelt einnahm. Aber frühzeitig schon ließ SyngroS erkennen, datz es ihm nicht blos um das bloße Zu sammenscharren von Millionen zu thun war. Er war Kauf mann und Patriot im größten Stil. So baute er auf seine Kosten: das schöne Nationaliheatec in Athen; dann schuf er einen Monumentalbau mit den modernsten hyzieinischcn Einrichtungen, ein Gefängniß für 200 Gefangene; ferner erbaute er eine Besse rungsanstalt für verwahrloste Kinder, ein großes Spital für arme Kranke, «in Tuberculofenheim, ein Conservatorium und ein Arbeitshaus für 500 arme Frauen! Ms im Jahre 1886 der große Brand in Salonichi wüthete und unter anderen Gebäuden auch die griechisch« Kirche und die griechisch« Schule einäscherte, erbaute dort Syngros ganz auf eigen« Kosten die heutige große Metropoliiankirch« und ein neues Schnlhaus. Bei dem großen Erdbeben in Griechenland im Jahre 1894 ließ er einigen Hun dert armen Leuten neue Häuser erbauen. Für arme Griechen in Konstantinopel und Mbkedvnibn warf er jährlich Hunderit-aüscnde ans und bei allen Subskriptionen stand sein Name als Erster auf der Liste. Andreas Syngros führte in Athen ein seinem kolossalen Vermögen entsprechendes Haus. Sein Palais war eines der schönsten der Stadt, und die Bälle, die er im Carn«val gab, zeichneten sich durch den höchsten Glanz aus. --- Tie jüdischen Colonien in Palästina. Vor einiger Zeit trafen Baron und Baronin Edmund v. Rothschild auf ihrer Dacht in Jaffa ein und besuchten die jüdischen Colonien in Palä stina. In verschiedenen Colonien hielt der Baron v. Rothschild Ansprachen an seine Glaubensgenossen und mahnte sie, danach zu streben, bald auf eigenen Füßen zu stehen. Daraus geht hervor, daß die Colonien durchweg noch Zuschüsse erfordern. Auch sonst hat der Baron v. Rothschild, wie die „Allg. Israel. Wochenschr." bericht«t, Manches eindringlich getadelt, soll aber der Hoffnung Ausdruck gegeben haben, daß nach zehn Jahren die Colonien einen vollständigen Erfolg oufzuweisen haben werden, vorausgesetzt, datz der von ihnen erzeugte Wein einen an gemessenen Markt findet. Beiläufig gesagt, konnten diejenigen Besucher des heiligen Landes, dir schärfere Beobachter waren, bemerken, dass in den jüdischen Ackerbau-Colonien Palästinas die landwirthschaftliche Arbeit ganz überwiegend, ja vielfach ausschließlich, nicht von den jüdischen Colonisten, sondern von der herangezvgenen armen einheimischen Landbevölkerung gethan wird. ----- Rew York, 23. Februar. Die unter den Namen Boulevard, Grand Boulevard oder Western Boule vard bekannte Straße wurde durch eine Verfügung de» Bürgermeisters al« eine Verlängerung unserer HauptverkehiS- ader, deS Broadway, zu dieser Straße geschlagen. Hierdurch steigt die Numerirung des Broadway von 8000 auf 10 800 und bat der Broadway von der Batterie bi« UonkerS nunmehr eine Länge von 16 englischen Meilen und bis North-AonkerS eine solche von 21 englischen Meilen, so daß Groß-Ncwyork sich rühmen kanu, die längste Straße (etwa 31000 Meter) der Well zu haben. --- Julius Wolff, der Dichter des wilden Jägers u. v. a., hat beim Spielhagenbankett in Berlin einen Toast auf Spielhagen's Frauen auSgebracht, der auch hier eine Stelle finden möge. Wenn um die Mitternacht in seinem Zimmer Der Dichterr einsam sitzt beim Lampenschimmer, Die Feder in der Hand und einen Stoß Unschuldig weiß Papier, wer weiß wir groß, Nus seinem Tische, sitzt er nun und denkt, Wie er die Mit» und Nachwelt wohl beschenkt, Und wartet nur in seiner Sammetblouse Noch auf den sogenannten Kuß der Muse. Die Spröde läßt ihn manchmal lange harre» Aus das so heiß ersehnte Stelldichein, Daß seine Augen in das Leere starren, Und vor ihm das Papier bleibt weiß und rein; Doch endlich kommt sie leis' herangeschwebt, Er spürt ihr Nahen, seine Seele bebt, Sie neigt sich gnädig ihm, er fühlt den Kutz Und schwingt sich nun auf seinen PegasuS. Beneidenswerth ist, wer die Gunst genießt Bon einer der unsterbiichen Kamoenen, Daß ihn die Wirklichkeit als Traum umfließt. Und rr sich wiegt in einem Meer Les Schönen. Doch wohl dem Dichter, dem, nicht eifersüchtig Aus sein Vcrhältniß mit der Tochter ZeuS', Auch noch ein irdisch Weib, regsam und tüchtig, Des Lebens Nothdurst zu erkämpfen weiß. Ein Schntzgeist ist auch sie für den Poeten, Die Irdische, mit ihrem schlichten Sinn, Auch wenn sie ihm in seinen Dickternöthen Nicht Helsen kann wie die Olympierin. Er merkt es gar nicht, wie sie um ihn schaltet, Mit Bitten und mit Schmeicheln ihn bezwingt Und alles, was er selbst verkehrt gestaltet. Stets wieder in die rechten Gleise bringt. Welch großer Philosoph sprach, wenn ihr'S witzt, Tas tiese Wort, in Marmor eingegraben: Es mutz der Mensch doch seine Ordnung haben, Und wenn er weiter nichts als Dichter istl? Die hat der Dichter, hat er eine Frau, Die ihn zuweilen feslhält auf der Erde Und sorgt, daß nicht vor lauter Himmelblau Zu wunderbar genial die Wirthschast werde.? Sie macht behaglich ihm die Häuslichkeit, Sie führt das Steuer bei des Sch-ssleins Schwanke», Deckt ihm den Tisch, stellt ihm den Trunk bereit, Bleibt er gesund, so hat er's ihr zu danken. Sie wacht als Cherub, daß im Tageslauf Ihm kein Besuch die Stimmung unterbindet, Sie räumt in seinem Arbeitszimmer auf, Gründlich, daß er so leicht nichts wiederfindet. Nun, UN ferm Dichter hier hat das Geschick Ein weiblich Wesen zugesellt fürs Leben, Das ihm aus Schritt und Tritt, mit jedem Blick, Mit jedem Herzschlag folgt in seinem Streben. Was ihm die Muse bei deS Schaffens Lust, Ist ihm die Fran bei seiner Wohlfahrt Pflege, Hingebend, selbstlos, selig sich bewußt, Welch einen Schatz sie hat in Hut und Hege. Mit einer Liebe, die kein Ausruh'n kennt, Umwebt sie ihn in zarter, linder Meise Und zieht um ihn, wenn ihm die Stirne brennt, Erquickend ihrer Anmuth Zauberkreise. Sie ist's, die Alles mit ihm theilt und wägt, Die mit ihm fühlt, sich freut und mit ihm leidet, Ihn ganz versteht, ihn ans den Händen trägt Und still beglückt an seinem Ruhm sich weidet. Und ihnen beiden sind rmporgeblüht Vier holde Töchter, reich geschmückt, bekränzet Mit allem, wofür Menschenbrust erglüht. Daß Sonnenschein den trauten Herd beglänzet. So herrscht der Frohsinn, so ist Herz und Geist Im Dichterheim zu spüren und zu schauen — Und das ist's, waS mein Spruch mit Freuden preist, Drum Hoch und Heil Spielhagen's edlen Frauen! Mcherbesprechnngen. — Prinz Carneval, der allzeit Fröhliche, ist es, dem die bekannte Zeitschrift „Boni Fels zum Meer" (Union Deutsche Bcr- lagsgesellichast in Stuttgart) in ihrem zwölften Heft durch eine Reihe köstlicher, dem Faschingstreiben gewidmeter Bilder huldigt. Ganz zeitgemäß dazu erscheint auch Richard Marchs originell ge schriebene und humorvoll illustrirte Studie über die „Wiener Haus meister und Hausmeisterinnen", dieser SpecieS von Haustyrannen und Cerberussen der schönen Koiserstadt an der Donau, welche in gleicher Machtvollkommenheit nur ihr von allen Großstädten eigen sind. Reden brllctristischen Arbeiten von Gabriele Reuter, HanS Giasbcrger und Max Bernstein sind wegen ihrer reizvollen Frische nachstehende, zum Tkeil reich illustrirte Artikel aus Heft 11 und 12 besonders Hervorzuhebe»: „Weibliches Hochschulwesen in Aiquika" von C. Frank Tewey; „Benetianisches Volksleben" von Franz Held; „Rembrandt's Mann mit dem Goldhelm" von Georg Gronau, sowie der ausgezeichnet geschriebene Artikel „Porzellan", mit welchem Arnold Fromann seine Plaudereien über „Unser Kunstgetverbe" sortsührt. Endlich dürste auch der durch sieben prächtige Ansichten unterstützte Artikel „Der Dom zu Freising", dieser gegenwärtig so viel genannten Bijchofsstadt, lebhaftes Interesse beanspruchen. ** Nr. 9 deS 22. Jahrganges der MiMiir-ZeitUNg, Organs für die Reserve- und Landwehr-Osficiere, Verlag von R. Eis en - schmidt in Berlin XIV., redigirt von Hauptmann a. D. Oettinger, bat folgenden Inhalt: Monatsbericht über daö französische Heer- wesen. — Aus der russischen Armee. Von Generalmajor a. D. von Zepelin (Schluß). — Dir Märsche und Gefechte des Gros der Süd-Armee unter Manteuffel gegen Bourbaki. Von Junk, Ritt meister a. D. (Fortsetzung). — Personal-Veränderungen. — Kleine militärische Miitheilungen. — vermischte». ** «g!L>t°l.. "-L7° E2 FH DUH Brühl 21, T. Etage, gegenüber der Mharincilstraße. Wegen Umzug Ende April nsvk ko««plslL S (Eike Knrprinzstratze) bietet sich Gelegenheit, wirklich gute, gediegene ksdi-iKsi« zu sukksllenek billigen k'i-eisen cinzukaufen
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