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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990418013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899041801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899041801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-04
- Tag1899-04-18
- Monat1899-04
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Reclamen unter demRedaction-strich (»ge spalten) bO/>Z, vor den Familiennachrichten (6 gespaiten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis» verzrtchniß. Tabellarischer und Ziffern)«» nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), uur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgab«: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei deu Filiale» aud Annahmestelle» je ein» halbe Stund« früher. Anreisen sind stets an die Expedition zu richte». Druck und Verlag vo» E. Polz ia Leipzig.. 93. Jahrgang.'. Die „Grenzboten" veröffentlichen unter der Ueberschri'ft „Der Mohr hat seine Schuldigkeit gethau, der Mohr kann gehen" einen Artikel, den wir aus Rücksicht auf diese Zeitschrift und ihren Verleger mit Stillschweigen übergehen würden, wenn er nicht „alle ehrlichen Leute" zur „entschiedensten Opposition" auch gegen un» herausforderte und unS trotzdem vom Ver leger „mit der Bitte um Abdruck" zuzesendet würde. Das zwingt nnS, den Artikel zu beleuchten und den ehrlichen Leuten, an die er appellirt, zu zeigen, waS er ihnen zumuthet und mit welchem Rechte er dies thut. Er lautet: „Die „Grenzboten" und ihr Verleger haben durchaus keine Ur sache, für die „Hamburger Nachrichten" und ihren Chefredakteur Herrn vr. H. Hofmann inS Zeug zu gehen, aber die Ehrlichkeit gebietet ihnen heute, eine Lanze für ihn einzulegeu. Seit einigen Woche» hat sich, vornehmlich im „Leipziger Tageblatt", in den „Berliner Neuesten Nachrichten" und im Bismarck-Jahrbuche 1898/99 (VI. Band) blutige Fehde erhoben um die Behauptung des Heraus gebers (I. Penzler) und des Verlegers (W. Fiedler) des siebenbändigen Werkes „Fürst Bismarck nach seiner Entlassung" (1897/98), das dort abgeduckte Material an Artikeln der „Hamburger Nachrichten sei insofern „authentisch", als diese Artikel sämmtltch nach den Aus weisen de- vr. Hofmann auf Anregung deS Fürsten Bismarck entstanden seien, womit ja natürlich gar nicht gesagt ist, daß der Fürst für die wörtliche Fassung jedes einzelnen Artikels in Anspruch genommen werden könne. Dem gegenüber hat Fürst Herbert Bismarck behauptet, alle Herren der nähern Umgebung seine- Baters (zu denen also vr. Hofmann trotz achtjähriger eifriger Dienstleistung keineswegs gerechnet wird) seien wiederholt Zeugen seiner protestirenden Aeußerungen gewesen, mit denen er sich dagegen verwahrte, alle ihm in dem Penzler'schen Werke zugeschriebeneu Artikel inspirirt zu haben. Auf Grund dieser wenig bestimmten Erklärung wird vr. Hof- mann vom „Leipziger Tageblatt" uud den „Berliner Neuesten Nachrichten" so ungefähr als «ia dreister Lügner und Fälscher in Grund und Boden hinein verurtheilt, da das Zeugniß des ver storbenen Fürsten natürlich schwerer wiege als die Behauptungen eines Hamburger Jourualisten und eines Leipziger Ver legers. Wirklich? Es ist doch sehr viel wahrscheinlicher, daß der Fürst, der ganz gewiß über die von ihm inspirirten Artikel nicht Buch uud Rechnung geführt hat, von der Entstehung deS einen oder deS andern Artikels keine sichere Erinnerung behalten und daher gelegentlich ganz im Allgemeinen diese Urheberschaft Aller von sich abgelehut hat, als daß vr. Hofmann, dem diese Vertrauens stellung doch sehr wichtig seiu mußte, nicht, wie er behauptet, sich ganz genaue Aufzeichnungen gemacht und die so entstandenen Artikel sorgfältig gesammelt hat. Als ob Fürst Bismarck außerdem nicht auch sonst wohl während seiner Amtszeit Zeitungsartikel, die er ver anlaßt hatte, nachträglich von sich abgrlehnt hätte, weil e» ihm in diesem Augenblicke zweckmäßig schien, sich nicht dazu zu bekennen! AlS ob nicht Horst Kohl selbst in den drei ersten Jahrgängen seines Bi-marck-Jahrbuches von 1894, 1895 nnd 1896 ganze Reihen von Artikeln der „Hamburger Nachrichten" (zusammen 156 auS zweiund- einvirrtel Jahren) abgedruckt hätte, mit der Bemerkung, eS solle damit keineswegs Fürst Bismarck als Verfasser bezeichnet, sondern nur der Ueberzeugung Ausdruck gegeben werden, daß in ihnen die Anschauungen des Fürsten Bismarck in einer Weise vertreten sind, die auf unmittelbar riugeholte oder gegebene Informationen hindelltet" (l, 326) worauf es ja eben rnkommt l MS ob endlich nicht Lothar Bncher am 5. Januar 1892 erzählt hätte: „Hofmann von den Hamburger Nachrichten kommt alle Wochen nnd läßt drucken, waS der Fürst ihm sagt, gleichviel, ob es wohl bedacht ist oder das Gegentheil" (Busch, Tagebuchblätter HI, 331), eine Bemerkung, die zugleich zeigt, wie der Intimste der „Intimen", über diese Preß, thätigkeit dachte. Wozu also nachträglich diese kleinliche und ängstliche Verwahrung gegen die in dem behaupteten Umfange un zweifelhafte „Anthenticität" der Artikel ? Sie muß den Schein erwecken al» ob hier etwa- zu verbergen sei, was doch weltkundig ist, und erinnert a» daS bittre Wort: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit gethan, der Mohr kann gehen", eiu Wort, dessen Wahrheit vom Hause BiSmarck allerdings uoch gauz andre Leute für ganz andre Leistungen erfahren habe» al» vr. Hofmann. Diese» Bestrebe», nur da» gelten zu lassen, was di« „Intimen" der letzten Jahre deS Fürsten gnädigst mit dem Stempel ihrer allerhöchsten Anerkennung versehen haben, nnd alles andre auf den luller Ubrornm xrodi- bitorum zu setzen, muß die entschiedenste Opposition aller ehrlichen Leute erwecken, die das Bild ihres Bismarck so sehen wollen, wie es wirklich gewesen ist, uud nicht so, wie man jetzt beflissen ist, «S zu übermalen." Schon die Ueberschrift kennzeichnet die Leichtfertigkeit, mit der da» ganze Machwerk abgefaßt ist. Sie soll doch einen Satz auS Schiller's „Fiesko" wiedergeben und giebt ihn falsch wieder; denn der Satz lautet: „Der Mohr hat seine Arbeit gethan" rc. Fast ganz so verbält es sich mit der Behauptung, vr. Hofmann werde vom „Leipz. Tagebl.", den ,^Berl. N. N." so ungefähr als dreister Lügner und Fälscher in Grund und Boden hinein verurtheilt. Die „Berl. N. N." haben Herrn vr. Hofmann fast ganz auS dem Spiele ge lassen, und wir haben lediglich die von diesem Herrn bei Lebzeiten deS Fürsten BiSmarck wiederholt in den „Hamb. Nachr." veröffentlichten Erklärungen den von Herrn Walther Fiedler veröffentlichten Stellen Hofmann'scher Briefe gegen über gestellt und den Altreichskanzler gegen den in einer dieser Stellen erhobenen Vorwurf, er wolle sich auf von ihm inspirirte Artikel nicht „festnageln" lassen und sei mithin feig und unwahr, unter Berufung aus eine vom Fürsten BiSmarck gebilligt^und gewünschte Erklärung im vierten Bande deS „BiSmarck-JahrbuchS" und auf die wiederholten Erklärungen deS Fürsten Herbert BiSmarck in Schutz genommen. Doch daS ist unwesentlich dem Versuche der „Grenzboten" gegenüber, den Schmied deS deutschen Reiches und sein Haus der groben Undankbarkeit gegen Herrn vr. Hofmann zu zeihen und den Letzteren als den mit schnödem Undank be lohnten Mohren hinzustellen. Jeder, der auch nur einiger maßen mit den in Betracht kommenden Thatsachen und Ver hältnissen vertraut ist, weiß, was die „Hamb. Nachr." waren, ehe Fürst Bismarck ihren Chefredakteur „inspirirte", und was daS Blatt infolge dieses Verhältnisses wurde. Der gebende Theil war der alte Fürst, der empfangende waren die „Hamb. Nachr.", an deren Stelle hundert andere Blätter bereit gewesen sein würden, einen geschickten und zu verlässigen, dem Fürsten genehmen Mann nach Hamburg zu entsenden, um sich von dem „Alten im Sachsenwalde" inspiriren zu lassen. Jedenfalls empfing dieser von den „Hamb. Nachr." nichts, WaS er nicht von anderer Seite hätte empfangen können, wenn er nur gewollt hätte, während das „BiSmarck-Organ" von dem Fürsten Unschätzbares er hielt, von dem Schätzbaren, das der „Grenzboten"-Berleger wohl taxiren könnte, ganz abgesehen. Und nun kommen die „Grenzboten" und ibr Verleger mit der Behauptung, Fürst Bismarck und sein HauS wären den „Hamb. Nachr." und ihrem Chefredacteur zu größter Dankbarkeit verpflichtet ge wesen, hätten sich aber nach ihrer Gewohnheit dieser Pflicht entscklageu. Es giebt kaum eine Bezeichnung, die scharf genug wäre, um diese Verdrehung richtig zu charakterisiren; und trotz dieser Verdrehung wagen eS die „Grenzbeten", im Namen der Ehrlichkeit an die ehrlichen Leute zu appelliren, die „ihren Bismarck" sehen wollen! Und warum diese Verdrehung? Herr vr. Hofmann, ob wohl zu einer Erklärung aufgefordert, schweigt in allen Sprachen und Tonarten. Warum greifen ihm die „Grenz boten", die doch auS eigner Kenntniß von dem wirklichen Verbältniß des Altreichskanzlers zu den angeblich von ihm Inspirirte» gar nichts wissen, vor? Um BiSmarck's willen — daS haben wir gesehen — doch wahrlich ebensowenig, wir der Ehrlichkeit willen. ES bleibt also nur die Annahme übrig, daß eS um der in den Artikel höchst ungeschickter Weise eingestreuten Reklame für die im „Grenzboten"-Verlage er schienenen „Tagebuchblätter" von Moritz Busch willen geschehen sei. Busch soll als klassischer Zeuge für Herrn vr. Hof mann und gegen den Fürsten Bismarck und sein Haus eingeführt werden. Was aber geht auS den citirten Worten Busch's hervor? Wenn sie überhaupt etwas bewiesen, so würden sie lediglich beweisen, daß vr. Hofmann die von BiSmarck ge fallenen Aeußerungen ohne viel Bedacht verwertete, aber schlechterdings nichts für die Behauptung, die sie beweisen sollen, daß nämlich alle in dem Hofmann-Penzler'schen Buche als „authentisch" bezeichneten Artikel wirklich so von BiSmarck inspirirt und controlirt worden seien, um dem Fürsten auf daS Conto geschrieben werden zu können. Mit welcher Kopflosigkeit übrigens dieses Citat eingestreut ist, ergiebt sich daraus, daß unmittelbar nachher darauf hin gewiesen wird, wie „der Intimste der Intimen", Lothar Bucher, nach Busch'- Zeugniß über die Hofmann'sche Preß- thätigkeit geurteilt hat. Dieses Zeugniß soll mit dazu her halten, Hofmann'- absolute Zuverlässiakeit, seine Verdienste um Bismarck und daS authentische BiSmarckbild und die Undankbarkeit BiSmarck- nnd seine- Hauses zu erhärten! Wahrlich, Gustav Freytag würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er seine „Grenzboten" so L I» Falstaff ausfallen und ihre Klinge führen sähe. Wir gehen in unserer Beurteilung der Hofmann'sche» Pretzthätigkeit gar nicht soweit, wie der zuweilen etwa» gallige Bucher angeblich gegangen ist. Wir erkennen an, daß vr. Hofmann geschickt und im Ganzen zuverlässig gearbeitet hat. Aber wir wissen auch, daß bei der Fülle von Besuchen, Empfängen, Briefen, die gelesen und beantwortet sein wollten, von historischem Material, da- gesichtet und für die „Ge danken und Erinnerungen" verwertet wurde, von ZeitungS- lectüre uud wirtschaftliche» Sorgen, die den Tag des Fürsten füllten, dessen Informationen für vr. Hofmann häufig nur flüchtig sein konnten, zu flüchtig, um selbst dem geübtesten und mit den Gedankengängen deS Fürsten vertrautesten Hörer und Aufzeichner eine Wiedergabe oder Bearbeitung zu er möglichen, die seiner Arbeit daS Prädicat „Bismarck-Leistung" sichern konnten. Die Grenze, jenseits deren eine solche Bezeichnung nicht mehr paßt, mag schwer zu ziehen sein, unv vr. Hofmann mag bona Lcke handeln, wenn er diesen und jenen Artikel, der von anderer Seite al» den Intentionen des Fürsten nicht entsprechend bezeichnet wird, al- den er haltenen Informationen entsprechend hinslellt. Was wir ihm vorwerfen, ist, wie schon gesagt, der Widerspruch zwischen seinen früher in den „Hamb. Nacbr." abgegebenen Er klärungen und den von Herrn Walther Fiedler mit- getheilten Stellen Hofmannn'scher Briefe, sowie der in einer dieser Stellen gegen den Altreichskanzler erhobene Anklage der Feigheit und Unwahrhaftigkeit. War er nun schon al- Fixirer und Bearbeiter BiSmarck'scher In formation nicht zur Entscheidung der Frage geeignet, ob alle diese Bearbeitungen völlig den Absichten de» Infor mator- entsprachen, so kann er Wege» jeuer Borwürfe, die er in den Briefen an Herrn Fiedler wider seinen Wohl- thäter erhob und die erst zu Tage gebracht wurde», al- der Angeschuldigte die Augen für immer geschlossen batte, erst recht nicht a>S zur Entscheidung jener Frage berufen gelten. Jedenfalls wirb mit unS jeder Unbefangene keinen Augen blick im Zweifel darüber sein, wem er die rechte Entscheidung in jener Frage Zutrauen darj: Herrn Vr. Hofmann oder dem Fürsten Bismarck und seinem Sohne. Die „Grenzboten" führen freilich mit der ihnen eigenen Logik noch den Verleger de» Penzler-Hofmann'schen Sammel werke- und das „Bismarck-Jahrbuch" an, daS zahlreiche Artikel der „Hamb. Nachr." als den Intentionen des Fürsten entsprechend wiedergab, andere dagegen nicht. Letzteres beweist doch aber nur, daß Fürst BiSmarck Sorg« für die Nichtaufnahme von Artikeln der „Hamb. Nachr." in diese- Quellenwerk trug, weil er sie nicht al- seines Geiste- Kinder anerkennen konnte. Und der Verleger deS Penzler-Hofmann' schen Sammelwerkes? Er kann au» eigener Kenntniß über haupt keine Entscheidung fällen. Und wenn er dazu wirklich befähigter gewesen wäre, al- der nach der Meinung der „Grenzboten" undankbare und zur Erkennung seiner geistigen Kinder nicht mehr fähige Alte im Sachsen walde, so würde der Werth seiner Entscheidung doch erheblich abgeschwäckt durch folgende Thatsache. Durch die Vorrede des Werkes ließ er ein Buch in Aussicht stellen, „daS dazu dienen soll, die hehre Begeisterung für den Fürsten Bismarck nicht sich verflüchtigen zu lassen, sondern festzuhalten in Herz und Haus", eiu Buck, „da- ein Bau stein werden möge zu dem Nationaldeukmal für unseren Fürsten BiSmarck". Und al- nach dem Tode deS Fürsten Zeugnisse von ihm und seinem Sohne gegen die absolute Zu verlässigkeit des Buches bekannt wurden, da rückte der Verlag mit jenen Stillen auS Hofmann'schen Briefen heraus, die den Beweis für die Feigheit und Unwahrhaftigkeit „unsres BiS marck" erbringen sollten. Diesen EideShelfer, den die „Grenz boten" für Herrn vr. Hofmann aufführen, halten wir daher nicht für glaubwürdiger, als den Mann, der sich von keinem Menschen den Mund verbieten ließ und wahrlich zu viel au seine starken Schullern genommen hat, um „kleinlich" und „ängstlich" vor der moralischen Verantwortung für einige nach seinem Ausscheiden aus dem Amte — das die Ableugnung der Vaterschaft osficiöser Notizen zuweilen zur diplomatischen Pflicht machte — entstandene Zeitungsartikel zurückzuschrecken. Auch wir wissen, daß er ein Mensch mit menschlichen Schwächen war und wir auch wünschen, daß er auf die Nachwelt so komme, wie er gelebt und gewirkt. Aber wir wollen nicht, daß auf sein Conto gesetzt werde, waS nach reiflicher Prüfung nicht darauf gehört. Jede- persönliche Interesse liegt nnS bei solcher Prüfung und bei unserem Urtheil fern. Wir Prüfen und urtheilen um der Wahrheit willen und weisen mit redlichem Gewissen und berechtigter Entrüstung jeden Zweifel an unserer Ehrlichkeit zurück. Er dreisten sich aber die „Grenzboten" in einem sichtlich zu Reclamezwecken fabricirten Artikel, der von ungeheuer lichen Verdrehungen, fast unglaublichen Compromittirungen der eigenen Schützlinge und Beweisführungen L I» Karlchra Mießnick förmlich strotzt, die „entschiedenste Opposition aller ehrlichen Leute" gegen uns aufzurufen, so sparen wir un«» die Entrüstung und appelliren getrost an dieselben Leut^ auch diejenigen von ihnen, die neben ihrer Ehrlichkeit nur die allerbescheideuste UrtheilSfähigkeit haben. Deutsches Reich. L2 Berlin, 17. April. (Die Samoa-Jnterpellatior im Reichstage.) Ehrliche Heißsporne und Geschäft politiker, die ein anderes Beiwort verdienen, wissen der Reichstag nicht schlecht genug zu machen, weil er eine B» sprechung der Tauioa-Jnterpcllation unterlassen hat. Di- Herren könnten den Vorwurf dahin ausdehnen, daß man a» eine Besprechung gar nicht gedacht hat. WaS hätte auch voo gebracht werden sollen? In da- Diplomatische der An gelegenheit konnte der Reichstag nicht bineinsteigen, ohne fick sagen wir, Blößen zu geben; denn er kannte vom Stande der Dinge uur so diel, als die halbamtlichen Mittheilungen und die Erklärungen d«s Staatssekretärs v. Bülow enthielten. Und wäre an den allgemeinen Versicherungen der Stand haftigkeit und Energie der Regierung, die Herr v. Bülow abgab, eine allgemein zweifelnde Kritik geübt worden, so bätte man damit von anderer Seite ei» ebendieser Regierung Vertrauen „bis zur Besinnungslosigkeit" votireude« Echo erweckt unv die Lauen, di« im Reichstage leider die Mehrheit haben, batten der englischen Regierung eia Zeugniß deutscher Anspruchslosigkeit in di« Hand ge spielt, daS für Lord Salisbury eiu Trumpf gewesen wäre. Was gesagt werden mußte, war ia der Be gründung der Interpellation gesagt worde», nämlich, daß die Samoa-Angelegenheit die Gemüther in Deutsch land lebhafter errege, als ein großer Theil der Presse vrr- rathe. Dieser PassuS der Begründung hatte im Reich-tag überall dort Beifall gefunden, wo Beifall füglich erwartet werden konnte, und gegen ihn hatten sich natürlich die Ver wahrungen der Conservativen uud der Reich-Partei nicht ge richtet. WaS überhaupt die Verwahrungen dieser Parteien angeht, so sind sie recht überflüssig gewesen und müssen den Eindruck deS ganzen parlamentarischen Vorgänge- im AuSlande abschwächen. Socialdemokraten, Eentru», Frei sinn, „sie konnten" e- halten nach Belieben, di« Herren v. Levetzow und Graf Arnim brauchten nicht dazu zu helfen, daß, wie geschehen, auS London telegraphirt werden konnte, die Erklärungen „der" Parteien hätten dort unbeschreibliche» Jubel erweckt. Aus der andern Seite ist es Thorheit »der Schlimmeres, wenn der nationalliberalt» Fractio» dar«u-> daß sie nicht für ihr Mitglied Lehr gegen die ander«» uatio- nalen Parteien einzetreten ist, eiu Borwurf gemacht wird. Die Nationalliberalen waren schon formell dazu gar nicht im Stande. Der Präsident Graf Ballestrem hatte schon sehr großes Entgegenkommen gezeigt, als er Herr» Richter und Andere iu Bemerkungen „zur Geschäftsordnung" kritische Aeußerungen über „Chauvini-muS" und dergl. einfiechtrn ließ. Eine Antikritik hätte er im Rahmen einer GeschaftS- ordnungsvebatte ganz unmöglich dulden könne», und würde rin Nationalliberaler die Angriffe auf Herr« Lehr zurückzu weisen begonnen haben, so wäre ein Eiuschreiten deS Präsidenten die Folge gewesen. Ein Antrag auf Besprechung Technische Lundschau. Von vr. A. Neuburger. Nachdruck verbot««. (Der „Kampf um'S Licht". — BerHelot und Dieille. — Gefahr lose- flüssiges Acetylen. — Abermals ein „Licht der Zukunft". — Ungehobelt« Schätze. — Gin vorpetururr mobil«. — Ebb« und Fluth als Kraftstation. — Dlektricttät aus Meerwasser. — Die musikalische Flamme. — Gphärenklänge. — Elektrische „Zukunfts musik". — Neu« Verwendung der flüssigen Lust. — Ein diebes sicherer Sprengstoff.) Kein einzige» Gebiet der gesammten Technik hat Wohl jemals interessantere Entwickelungsstadien durchgemacht, als daS der künstlichen Deleuchlung in den beiden letzten Jahrzehnten. Drei Concurrenten find eS, die bei diesem „Kampf um das Licht" die Siegespalme zu erringen trachten: da- GaS, die Elektricität und daS Acetylen. Seit dem Jahre 1798, in welchem der Schotte William Murdoch die erste Gasbeleuchtungsanlage erbaut hatte, war die GaSindustri« in stetem, ruhigem Aufschwung« begriffen, bis 1878 infolge der Construction der Differentialbogenlampe durch Siemens L HalSke «ine neue Aera anbrach. Und nun ging es lo>! Hi« Gas — hi« Elektricität! Der Sieg der letzteren scheint unvermeidlich, da tritt 1886 Auer von Welsbach mit einer neuen Erfindung hervor, mit dem GaSglühlicht. Und mit Ent setzen und mit Grauen vernehmen's die Ritter und Edelfrauen von der Elektricitätsbranche — die Herren GaSactionäre hin gegen schlafen wieder ruhig und bewilligen ihren Frauen und Töchtern neu« Hüte und Badereisen. Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew'ger Bund zu flechten und die Technik schreitet schnell. Ein neuer Kämpe erscheint auf dem Schlachtfelde — das Acetylen. ES hat zunächst noch einige recht unangenehm« Eigen schaften, denn der Geruch, in dem eS steht, ist nicht gerade der allerbeste und explosibel soll es obendrein auch noch sein! Rastlos arbeiten die „Acetyleniker", wie der neueste, an Geschmacklosigkeit wohl unübertroffene und wahrhaft pathologisch klingende, an Diabetiker, Paralytiker, Neurastheniker und dergleichen erinnernde Fachausdruck für die Angehörigen der Acetylen-Industrie lautet. Es gelingt, die Explosionsgefahr zu beseitigen. Di« Gasleute und Elektriker werden unruhig — aber noch ist ja nicht allzu diel zu befürchten, denn das Problem, «in vollkommen gefahrloses flüssiges Acetylen herzustellen, das Ideal der Acetyleniker, ist immer noch ungelöst. O, daß e» doch immer so bliebe, beten die Ersteren mit vereinten Kräften. Da kommt in den jüngsten Tagen auS Frankreich die Nachricht, daß eS gelungen ist, daS Acetylen flüssig in einer vollkommen ungefährlichen Form zu erhalten. Der Name der Erfinder aber bürgt dafür, daß die Sache sicherlich ernst zu nehm«n ist. Kein Geringerer, als der berühmte Nestor der französischen Chemiker, M. P. E. Berthelot und fein Mitarbeiter, der bekannte Explosivstoff-Ingenieur und Erfinder deS rauchlosen Pulver«, P. Dieille, sind es, die in der Zeitschrift „Leienov kran^ais«" von den Resultaten ihrer Forschungen Mittheilung machen. Ihre Untersuchungen haben gezeigt, daß flüssiges Acetylen absolut gefahrlos wird, w«nn «s von einem porösen Körper, z. B. porösem Sande, ausgesogen wird. Besonders geeignet haben sich Sandarten erwiesen, deren Grundbestandtheil Kiesel- guhr oder Infusorienerde ist, wie sie in der Dynamitfabrikation gebraucht wird. Di« stählernen Behälter, in denen durch starke Abkühlung die Verflüssigung des Acetylens bewirkt wird, werden vollständig mit diesen Massen angefüllt, die sich dann mit dem flüssigen Gase vollsaug«n. Ein Kieselguhrklumpen vermag mehr als sein vierfaches Gewicht an flüssigem Acetylen zu absorbiren. Künstlich hervorgebrachte Entzündungen und Explosionen be schränken sich stets auf die Ursprungstelle und schreiten nicht weiter. Die Entdecker des Verfahrens, die gewiß als skeptische und ernste Naturen bekannt sind, sagen deshalb selbst, daß sie das Problem der Beleuchtung mit Acetylenflüssigkeit nunmehr für gelöst halten. Setzen wir den Fall, die Verwendung ihrer Methode in der Praxis bestätige ihre Annahme vollauf, so ist damit noch keines wegs ausgesprochen, daß das Acetylen auch wirklich der Leucht stoff der Zukunft ist. Es scheint vielmehr, als ob der Kampf um die beste Lichtquelle noch lange, lang« nicht zur Ruhe kommen sollt«, und wer weiß, ob di« jetzig« Generation dessen Ende noch erleben wird. Gleichzeitig mit der Kundo von Berthelot's und Vieille's Entdeckung kommt ein neues Lebenszeichen von einem Manne, der diesen Beiden an Berühmtheit sicherlich nicht nach steht, nämlich von Nicola Tesla. Jedermann erinnert sich Wohl noch des Aufsehens, das vor einigen Jahren Tesla's „Licht der Zukunft" machte. Zu dessen Erzeugung wurde «in Raum, z. B. ein Zimmer, mit elektrischen Schwingungen erfüllt; «S leuchteten dann in diesem geschlossene Glasröhren, di« verdünnte Gase ent hielten, sozusagen „ganz von selbst". Recht schwach war diese» „Licht der Zukunft" freilich; ein« Thranfunzel oder ein bessere» Nachtlicht war«n die reine Sonn« dagegen, aber dafür war ei eben das Licht „der Zukunft". Unermüdlich strebte Tesla, dieser Licht zu verbessern, da brannte plötzlich sein mit kostbaren Apparaten grfiilltesLaboratorium ab, und man hat nun etwa vier Jahre lang fast nichts mehr von ihm gehört. Die erst« Nachricht nach langer Zeit bringt aber auch schon wieder «ine neue Ueberraschung. Abermals ist eS ein neues, diesmal ein farbiges Licht, da» er ent deckt hat, und eigenartig ist die Art und W«ise, auf die «r r» erzeugt. Die oben erwähnten Röhren werden mit den Dämpfen gewisser Theerproductc, wie Anilin, Naphthalin, Hydrochinon -c. gefüllt und elektrischen Schwingungen au»ges«tzt. Je nach der Natur des angewandten Körpers ist das entstehende Licht blau, grün, gelb, orange oder roth und durch entsprechende Com binationen hofft Tesla ein rein weiheL Licht von entsprechend«« Helligkeit zu erhalten. Nun, wer es erlebt, wird «» ja sehen, welcher Lichtart die Zukunft gehört; unS muß eS genügen, diese interessant« Entwickelungsperiode erlebt zu haben, in der es wohl so leicht nichts giebt, WaS ein« dunklere Zukunft hätte, als g«rad« daS Licht. Während man so auf einem Gebiete der Technik mit allen Mitteln kämpft und jeden Vortheil aufs Aeußerste auszunLtzen trachtet, läßt man auf anderer Seite reiche und userschipf- lichr Schätze brach und unbenutzt Jahrhunderte lang liegen. Gerade Da», was uns die Natur in verschwenderischer Fülle bietet, hat man bisher fast gar nicht beachtet. Der größte Theil der Erdoberfläche besteht aus Meerwasser. Werthvoll« Salze, darunter die medicinisch wichtigen Brom- und Jodsalze, enthält eS in ungeheuren Mengen, rin Gehalt an edlen Metaller und sogar an Gold wurde darin nachgowiesen; aber Niemand be müht sich, rationell« Verfahren zur Gewinnung derselbe» zu finden. Auch ein Problem, dessen Lösung von den Technikern seit
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