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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.07.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960729020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896072902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896072902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-07
- Tag1896-07-29
- Monat1896-07
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»SW tz« Welt HM» « MM köSM,Lko Näd lltgrüdrfi «kpl« m«ten io» Gesicht zu schlagen. Dit Lobrkdner Iameson'» war«» auch io der letzten Zeit ia der Presse immer stiller ge worden, die öffentliche Meinung ließ ihn fallen. Wir hätte ihn der Richter hallen können! So ist der AuSgang de» Iameson- ProcesseS ein neuer Triumph der Politik des alten, bedach« tigen, aber festen und energischen Transvaal-Präsidenten, ein neuer Triumph der guten Sache eines Volkes, das auf» Schwerste ia seiner Unabhängigkeit durch englische Ländergier bedroht worden ist. Selbstverständlich klingt dieser Ton in dm Betrachtungen der englischen Regierungspresse über den AuSgang de» ProcrsseS nicht an, die Londoner Blätter begnügen sich damit, ihrer Befriedigung darüber Ausdruck zu geben, daß dem Gesetze Achtung verschafft und die bona ticke« der englischen Regierung außer Zweifel gestellt sei. Letzteres ist nun durch aus nicht der Fall. Ia wir weit di« Regierung selbst im Einzelnen compromittirt ist — mitschuldig im Allgemeinen hat sie sich ja längst durch ihr lebhafte» Eintreten für die »Erweiterer englischer Macht in Südafrika" erklärt —, könnte erst ein Proceß Cecil RhodeS klarstellen. Wie uns aus "London gemeldet wird, hat mit Rücksicht aus den AuSgang deS Iameson-ProcesseS der Anwalt derChartered Company dem Anwälte beim Schatzamte brieflich mitgetheilt, daß Cecil RhodeS bereit sei, nach London zu kommen und sich selbst der Regierung zur Verfügung zu stellen, falls seine gericht liche Verfolgung gewünscht würde. Daß die Regierung diesen Wunsch hegt, glauben wir nicht, obwohl oder gerade weil der eigentlich Schuldige nicht Iameson, sondern RhodeS ist. Wie uns deS Weiteren aus London berichtet wird, werden die Anwälte der im Processe Iameson Verurtheilten vor aussichtlich am nächsten Freitage den Antrag auf Revision des Urtheils begründen. Bis dahin ist die Vollstreckung deö Urtheils ausgesetzt. Von Erfolg kann dir Revision, nach dem die öffentliche Meinung io England gesprochen, nicht mehr sein. Die Hauptherde der türkischen Unruhen sind gegen wärtig Kreta und Makedonien. Ia Kreta wird der Boden immer heißer. Jeder neue Tag bringt neue Nachrichten über vereinzelte Feindseligkeiten, die bald hier, bald dort hervor brechen und die immer wieder den Beweis zu liefern scheinen, daß es für ein Gelingen der FriedenSverrmttlung vor Allem an der wichtigsten Voraussetzung fehlt, nämlich an dem guten Willen der beiderseitigen Betheiligten selber. Wie eine Iagdmeute zerren die Streitenden lechzend an der Kette, die ihnen der Waffenstillstand angelegt bat, und «S wird immer unwahrscheinlicher, daß ruhige Uebrrlegung di« Oberhand gewinnen wird. Auch die Mohamedaner haben sich letzt zu einem Schritte ver einigt, der deutlich zeigt, wie wenig aussichtsvoll die Lage ist. Sie haben, wie gemeldet, dem Vali und den fremden Eonsuln «ine lange Denkschrift überreicht, in der sie sich gegen sämmtliche Forderungen, die von den Christen erhoben worden sind, aufs Entschiedenste auSsprechrn. Sie wollen nur von einer Reform der Gerichte und der Polizei etwas wissen und verlangen in Bezug auf letztere, daß sie aus schließlich au» fremden Mohamedanern gebildet Werve. Di« Pforte gewinnt durch diesen Schritt ihrer An hänger einen neuen Grund, um sich weitgehenden Forderungen zu entziehen. Besonders verwickelt wird das Bemühen der Mächte durch die Haltung Griechenlands. Mit Fug kann die Pforte erklären, daß es unabweisbare Pflicht der Vermittler sei, Griechenland von einer auch nur nnttrlbarrn Unterstützung der Aufständischen zurückzuhalten, die Beschwerde, welche sie an die Mächte gerichtet hat, ist »ur zu begründet. WaS Makedonien anlangt, so mögen immerhin dw Angaben aus türkischen und anderen Quellen über die Stärke der aufrührerischen Banden nicht vollkommen zutreffend sein uud auf Meldungen erschreckter Localbehörden, sowie gefährdeter TruppencommandvS und auf übertriebene Privatnachrichten zurückzuführen sein; zweifellos ist, daß di« Banden bereit» einige Hundert Mann stark sind. Die bisherigen Operationen derselben bewegen sich aus drei Wegen, von denen der erst« von Kaladaka über Milia» nach dem PindoSgebirge, der zweite von Trikala nach Nrrecha-Plauina gegen Monastir und der dritte von Larissa über den Olymp und da» Agostoögebirge gegen Prilip führt. Bei dem Zusammenstöße, welcher am 23. d. M. bei Verria stattfand, sind auf türkischer Seite 40 Mann gefallen, vier wurden verwundet uud 17 gefangen genommen. Bei Agosto» hat ein kleine» Scharmützel stattgefunden; nach beiden Punkten sind von Salonichi aus Verstärkungen ab gegangen. ES werden Versuche gemacht, die bei Ostrowo stehende Bande zu umzingeln. Neue unentschiedene Zusammenstöße fanden statt bei Keilar unterhalb Monastir. Im Ianina- kreise werden zwei Redifbataillone mobilisirt, ein Linien bataillon ist zur Verstärkung deS Grenzüberganges bei MiliaS beordert. Der Bali von Monastir hat sich nach Prilip be geben. Von dem militairischen Vorgehen der Pforte ist trotz der schlechten Finanzlage eine energische Eindämmung der Umtriebe der Banden zu erwarten, fall» dir Erhebung nicht größere Dimensionen annimmt. L, - wtAiche» Mich. Q Berlin, 28. Juli. Der procentuale Antheil der landwirthschaftlichen Bevölkerung an der preu ßischen Gesammtbevölkerung ist, wie schon be richtet, seit der vorletzten Gewrrbrzählung im Jahre 1882 zurückgegangen. Damals kamen von je Kundert beschäftigten Personen aus die Land- und Forstwirth- schäft, Jagd und Fischerei 49,55 Proc., auf Industrie und Handel 50,45 Proc. Jetzt sind dir entsprechenden Pro» centsätze 41,89 und 58,11. Der Umfang dieser Ver schiebung ist vielleicht etwa» überraschend; wenn aber die „Post" m ihr ein ungünstiges Symptom für den Stanv der Landwirthschaft erblicken zu müssen glaubt, so können wir uns dem nicht anschlietzen. Die landwirthschaft- liche Bevölkerung, diese Tbatsache hätte das genannte Blatt nicht unerwähnt lassen dürfen, bat sich nicht vermindert, sondern etwas vermehrt. Daß die Vermehrung der Gesammt bevölkerung hauptsächlich bei den Ziffern für Industrie und Handel zum Ausdruck kommt, erklärt sich zunächst aus dem Um stande, daß der Ausbreitung deS landwirthschaftlichen Gewerbes durch die Unmöglichkeit, den vorhandenen Grund und Boden zu erweitern, eine natürliche Schranke gezogen ist. Zn Preußen treten künstliche Hindernisse hinzu, so die große Ausdehnung de» sideicommissarisch gebundenen Grundbesitzes. Eine Tendenz, sich von der Landwirthschaft abzukebren, tritt nicht bervor, und wenn da und dort über Mangel an ländlichen Arbeitern geklagt wird, so müssen diesem andere Ursachen als Abneigung gegen den landwirthschaftlichen Beruf an sich zu Grunde liegen. Denn die Zahl der selbstständigen Landwirthe bat sich erböht. Näheres über diesen Punct ist noch nicht be kannt gegeben, aber jedenfalls läßt die Bermebrung der Personen, die kleine Capitalicn in landwirthschaftlichen Unternehmungen anlegen, nicht aus das Vorwalten eines Zuges zur Industrie oder gar auf Verzweiflung an der Zukunft der Landwirthschaft schließen. Auf die Ver schiebung des Procentsatzes bat ohne Zweifel auch der Umstand Einfluß, daß die Maschine, die die menschliche Arbeitskraft ersetzt, in der Industrie, von der sie hergestellt wird, gleichzeitig Menschenkräfte in Bewegung setzt, während die mechanische Hilfskraft in der Landwirthschaft ausschließ lich arbeitervermindernd wirkt. Stimmen wir auch der Ansicht zu, daß große Tbeile der preußischen Landwirth schaft sich in einer kritischen Lage befinden, so können wir in der Ausbreitung der industriellen Bevölkerung, mit der, wie betont, nicht eine Verminderung, sondern eine Vermehrung der in der Landwirthschaft beschäftigten Personen Hand in Hand geht, ein Zeichen des kritischen Zu standes des Ackerbaues nicht erblicken. Mit dieser Anschauung befürchten wir nicht einmal den Widerspruch der Leiter des Bundes der Landwirthe herauszufordern. Denn wer das verbältnißmäßig schwache Wachsthum der landwirtbschast- treibenden Bevölkerung für einen Uebelstand ansiebt, der spricht dem großen Grundbesitz, dessen Existenz der Vermeh rung der landwirthschaftlichen Bevölkerung dort, wo sie noch in weiterem Umfangt möglich ist, entgegenwirkt, das Ver- dammungSurtheil. * Berlin, 28. Juli. Ueber den Verlauf einer Unter redung mit dem UnterstaatSsecretair Lohmann äußerte sich, wie der „RchSb." berichtet, Bäckermeister August Winkler (Berlin) folgendermaßen: „Da selbst im Innungs-Vorstand (der „Germania") Meinungsverschiedenheiten über Verwendung der Zeit zwischen einer ArbeitSschicht und der ununterbrochenen Ruhe von acht Stunden deS Maximalarbeitstages bestanden, machte ich mich dieser Tage auf, um mir bei dem Herrn Regierungsassessor v. Mryeren vom Ministerium für Handel und Gewerbe, dem Verfasser der Broschüre „Die Regelung der Arbeitszeit in Bäckereien uud Conditoreien", Aufklärung zu verschaffen. Herr v. Meyercn war aber leider nicht anzutreffen; ebenso war der Geh. Ober-RegiernngSrath vr. Sieffert, den ich daraufhin zu sprechen wünschte, nicht an wesend. Auf mein Ersuchen wurde ich von Herrn UnIerstaatS- secretair Lohmann empfangen, der mir auch bereitwilligst Auf klärung ertheilte. „Sie wollen wissen", sagte er, nachdem ich mein Anliegen vorgetragen, „wozu Sie die Zeit zwischen einer ArbeitSschicht und der ununterbrochenen Ruhe von acht Stunden verwenden dürfen? Nun, da können Sie allerlei, auf da» Gewerbe Bezug habeude, gelegentliche Dienstleistungen durch die Gesellen vornehmen lassen. Die Zeiteintheilung würde sich folgendermaßen ungefähr gestalten: Der Tag Hal 24 Stunden; 12 Stunden dürfen Sie zur Herstellung von Waare verwenden, und wenn die Pause eine Stunde beträgt, sogar 13 Stunden. Pausen unter einer Stunde kommen nicht in Anrechnung; eine halbe Stunde dürfen Sie zur Herstellung LeS HefenstückS und Sauerteigs verwenden, was ja auch zur täglichen Beschäftigung gehört, da ohne diese keine Waare hergrstellt werden kann. Das sind 13'/» Stunden, verbleiben dann noch 10>/r Stunden, wovon nach Abrechnung von 8 Stunden ununterbrochener Ruhe 2»/, Stunden übrig bleiben, die Sie zu gelegentlichen Dienst leistungen, wie Mehlausschütten, Holz- und Kohlenabladen, Besorgung einer Extrabestellung u. s. w. verwenden können." — Ich warf ein, daß zwar die 2»/» Stunden für gelegentliche Dienstleistungen genügten und kaum aus einmal in Anspruch genommen würden, daß aber die Zeit für Fertigstellung der Herrn Gregg, dem Recht-freund meine» Großvater», und hatte folgenden Wortlaut: „Werther Herr! Mir liegt die traurige Pflicht ob, Sie vom Tode Ihre» vortrefflichen Großvater» zu verständigen. Herr Alexander Loudon ist am 17. dss. gestorben. Sonntag, den 13. ds«., besuchte er, wie gewöhnlich, den BormittagSgotteSdienst. Auf dem Heimweg bl,rb er bei scharfen Ostwind längere Zeit an einer Straßenecke stehen, um mit einem alten Freund zu vlaudern. Am Abend desselben Tage» stellte sich eine schwere Luftröhren-Entzünduvg ein, die der Arzt für tödtlich erklärte. Der Kranke selber schien die Wahrheit ebenfalls zu fühlen, denn wiederholt sagte er mir, es gebe mit ihm zu Ende, und einmal fügte er binzu: „Es ist ja auch ichon hoch an der Zeit." ES wird Sie gewiß herrlich freuen, zn hören. Laß er von Ihnen mit noch größerer Liebe sprach al» sonst, und er hat seit Ihrem Hiersein sich stet» Ihrer sehr freundlich erinnert. „Jeannie» Junge ist in der ganzen Sippe der Einzige, den ich je leiden mochte", pflegte er zu äußern. Obwohl ein ziemlich launischer Patient, wurde er von Ihrem Oheim Adam und Ihrer Base Fräulein Eufemia zärtlich gepflegt. Anbei finden Sie «ne Abschrift deS Testament» au» dem Sie ersehen werden, daß Sie sich mit Ihrem Herrn Oheim in di« Erbschaft zu gleichen Theilen theilen. Da» Codicill, durch da» der Verstorbene Ihnen seine technischen Fachwerke vermacht, ließ er am Tage vor seinem Tode anfügen; Sie sehen also, daß er bi» zuletzt an Sir gedacht bat. Ich gratulrre Ihnen zu den nahezu 17 000 Pfund Sterling, die ich zu Ihrer Verfügung balle, und erwarte Ihre Auf träge, die ich pünktlich erfüllen werde. Da Sie alsbald hier her zu kommen wünschen und ich nicht weiß, wie vielleicht Sie jetzt gestellt sind, erlaube ich mir, «inen Creditbrief auf LOO Pfund beizuschließea, dessen Empfang Sie mir durch Unterschrift und Rücksendung de» mitfolgrnden Schriftstückes bestätigen wollen. Ich bin, werther Herr, Ihr ganz ergebener W. Rutherford Gregg." «Der gute Alte!" murmelte ich gerührt und überrascht. „Gott segne ihn! Auch Adam und Eufemia segne er! Nicht minder den wackernHerrn Gregg!" Dann gab ichmick Träumereien hin. Ich dachte an da» Glockenbabrl Edinburgh mit seinen frommen Straße» und scharfen vstwinden, an da» unbehaglich, Familien leben im Hause meiner Verwandten, an die Auftritte, die sich daselbst um mich gedreht, an die Berufsthätigkeit des Groß vaters, der nach dem Erwerben seines großen Vermögens m der Hauptstadt Schottlands ein weniger glückliches Leben geführt hatte als vorher in seinem Grburtsdorf. Ich kam zu dem Schluß, daß seine Laufbahn eine verfehlte war. Dann fiel mir ein, daß die meinige noch weit verfehlter war, daß ich sie jedoch mit Hilfe meines neugebackenen ReichthumS noch verbessern könne. Ich sehnte mich danach, von diesem reckt bald Besitz zu ergreifen. Derselbe tanzt« mir in Gestalt eines prächtigen Goldhaufens vor dem geistigen Auge — zuerst in Form von 4250 Doppelt-Eagles, sodann von 17 000 häßlichen englischen Psundstücken, endlich von 21 250 NapoleonSd'or. Der Haufen schmolz und der Glanz seiner Masse ließ mich gar schöne Bilder sckauen: da» wiedergewonnene Paradies (d. h. Pari»), die Beschützung CartewS, die Wiederherstellung Pinkerton'S, die Befriedigung der Gläubiger. . . . Der Gedanke an die Gläubiger ernüchterte mich plötzlich dermaßen, daß ich tief erschrocken in meinen Sammetsauleuil zurücksank. Das ganze Geld gehörte ja ihnen bis auf den letzten Pfennig! Mein Großvater war zu früh gestorben, um mich mit seinem Neichthum retten zu können. Da erfaßte mich eine wilde Entschlossenheit. Ich nahm mir vor, Alles zn wagen, Alle» zu thun und wohin immer zu gehen, wenn ich nur meinen Goldhaufen rettete. Nötigenfalls wollte ich die Flucht ergreifen — irgendwohin fliehen, von wo man nicht ausgeliefert werden kann, z. B. nack Callao in Peru, und ick sah mich im Geist bereits dort bei Fackelbeleuchtung in Gesellschaft roher Gesellen scheußlichen Schnaps trinken und mit dem Messer in der Hand den im Gürtel verborgenen Schatz gegen Angreifer vertheidigen. Dann wieder sah ich mich von Schiff zu Schiff und von Insel zu Insel fliehen, um mir mein Gold zu bewahren. Allmählich jedock stellten sich freundlichere Bilder ein. Wie, wenn ich zwar nach Callav oder Chile ginge, aber von dort aus mit den Gläubigern unterhandelte? Könnte eS mir, wenn ich die Angelegenheit einem tüchtigen Vermittler anvertraute, nicht vielleicht ge lingen, einen günstigen Vergleich zu erzielen? Al« ich in meinen Betrachtungen so weit war, fiel mir ein, daß ick ja nock gar nicht wußte, wie ich hinsichtlich des Bankerottes stand. Seltsamer Weise hatte Jim meine wieder holt« Frage hiernack nicht beantwortet. Ia seiner Neugier bezüglich de» Wrack» hatte er die meinige hinsichtlich der Gläubiger unbefriedigt gelassen. Es blieb mir daher nicht» Waske, die vllkch verschiedrüt ULstande, so dukch Nach« lässigkeit, nickt ringearbrrtete fremde Gesellen u. s. w. Ver längerung erleiden könne, zu knapp bemessen fei. — „Sie sprechen von nicht rechtzeitiger Fertigschaffung der Waare", fuhr der Herr UnterstaatSsecretair fort, „ich weiß nicht, ich bade mein Frübstücksgebäck noch immer zur Zeit bekommen, und ich drauckr es ziemlich zeitig." — Ich wandte ein, daß die» auf die Fertigstellung der rrsteu Waare weniger Einfluß hätte, sich vielmehr am Schluffe der Arbeitszeit bemerkbar machte. — „Nun, dann verbleiben Ihnen bei solchen Aus nahmen ja immer nock 40 Tage Neberarbeit, an denen Sie die vollen 16 Stunden zur Herstellung von Waare ver wenden können, abgerechnet dir Tage, welche die Unter verwaltungsbehörde festgesetzt hat, die Sie auf der Kalendertafel zu durchstreichen haben." — Ich brachte auch den Fall, in welchem ein Geselle zu Unrecht durchlocht batte, zur Sprache; dir Verordnung sage nichts, wessen Pflicht oder Recht eö wäre, die Tage der Ueberarbeit zu durchstreichen. — Hierzu sagte der Herr Unterstaats- secretair: „Meine persönliche Meinung in erster Linie ist die, daß der Meister znm Durchstreichen oder Durchstechen be rechtigt ist; er kann aber auch einen Gesellen beauftragen, in seinem Namen dies zu thun. Zuwiderhandlungen sind selbst verständlich gerichtlich zu aknden. Es liegt übrigens in Ihrer Hand, bei der täglichen Kündigung schleckte Elemente unter Ihren Gesellen auSzuinerzen. Wird die Arbeit nicht fertig gestellt durch Vernachlässigung eines Gesellen, so können Sie ibn entlassen. Nach meiner Ansicht liegt eS noch viel an der Eintheilung bei Meister wie bei Gesellen, geben Sie nur mit etwas mebr gutem Willen an die Sacke heran; ich glaube ja auch, daß der Uebergana eine besondere Eintheilung er fordert. Aber auf keinen Fall ist eS sckön zu nennen und nickt zu Ihrem Vortheil, was ich in der Presse gelesen habe, daß nämlich manche Ihrer College» sich der Verordnung widersetzen, um sie zu Falle zu bringen. Gehen Sie, wenn Sie Abänderungen wünschen, fachlich vor, Sie werden dann mehr erzielen."" — Ans Spandau meldet der „A. f. d. H.": Am ver gangenen Sonnabend ist die auf 8 Stunden verkürzte Arbeitszeit auch in der Artilleriewerkstatt «n- eingeführt worden. Der Betrieb wurde Nachmittag- um 2*/r Uhr geschlossen. — Die preußische Regierung hat an die wirth- sckaftlicken Corporationen die Aufforderung ergehen lassen, anzugeben, welche Gruppen von Gewerbetreibenden von den Bestimmungen der letzten GewerbeordnungSnovrlle über daö Detailreisen ausgenommen zu sein wünschen. — Das .,B. T." erfährt auS Kiel: Zu der am 11. August bei Skagen stattfindenden Einweihung des Denkmals für die Verunglückten des gesunkenen Torpedobootes „8 41" werden deutsche und dänische Kriegsfahrzeuge erscheinen. — Das „Volk" hatte ausfallender Weise zu der neuesten Stöcker'schen Kundgebung bisher redaktionell sich nicht geäußert. Jetzt schreibt eö: „Daß daö „Volk", als ckrist- lich-socialeS Parteiorgan, sowohl in Bezug auf die Wiedergabe der Preßstimmen als auch in der Behandlung der Sache selbst Zurückhaltung übte, werden unsere Leser begreifen, nachdem hervorragende Vertreter der christlich-socialen Partei die Kundgebung miß billigten und andererseits von zahlreichen Blättern die beim „Volk" bevorstehenden Aenderungen im Personal der Redaktion mit jener Kundgebung in Verbindung gebracht worden sind." — Die „Magdeb. Ztg." wünscht mit gutem Grunde «ne nähere Aufklärung über die Thatsache, ob der Erzbischof v. Stablewski die Strafe über den Propst Bartsch auS eigenem Antriebe verhängt oder erst einem äußeren Druck nachgegeben habe. Aus der Untbätigkeit der Regierung gegenüber den Uebergriffcn der polnischen Geistlichen möchte das genannte Blatt beinahe schließen, daß Herr v. StablewSki doch einmal ein warnendes Beispiel habe geben wollen, daß die deutsche Gutmütbigkeit nicht zu sehr gereizt werde, damit dann in anderen Fällen desto leichter die polnische Propaganda fortgesetzt werden könne. — Ein Mißerfolg der polnisch-socialiftischen Agitation ist in der letzten Generalversammlung de» Vereins polnischer Socialisten constatirt worden. Die Mit- gliederzahl hat sich gegen die Vorjahre vermindert und ist auf 60 Personen zurückgegangcn. Auch die Cassenverhältnisse sind recht traurig; bei einer ZahreSeinnahme von 192 beträgt das gesammte Vereinsvermögen zur Zeit 4,65 Für Agitation wurden von Vereins wegen nn ganzen Jahre 75 verausgabt, während daS übrige zu diesem Zwecke verwendete Geld auS dem Auslände kam. — Der XI. deutsche Korbmachertag hat den bis herigen Vorstand in seiner Gesammtheit wiedergewählt und Leipzig als Ort deS nächsten Korbmachertages bestimmt. — Der neue Minimaltarif für die Herren- und Knabenconfection unterlag gestern der Deurthrilung einer von der Fünfer-Commission einberufenen öffentlichen Versammlung derConfectionSschnrider. Nachdem Timm übrig, als ihn wieder aufzusuchen, WaS mir allerdings furcht bar peinlich war. Ich ließ den größeren Theil deö DinerS im Stich, be zahlte aber sür das ganze und schenkte dem Kellner als Trink geld ein Goldstück, ohne mich zu fragen, ob dasselbe mein Eigen- thum oder das meiner Gläubiger sei. Auf dem Weg pfiff ick mir ein Liedchen, um mich für die neuerliche Begegnung mit Mamie zu stählen. Bor dem Hause angelangt, zündete ick mir eine Cigarre an und setzte eine möglichst trotzige Miene auf (ich fürchte aber, daß mir dieö nur schlecht glückte), ehe ich den Schauplatz meiner Niederlage wieder betrat. Meine Freunde saßen bei den Resten eines kärglichen MableS: Ueberbleibsel von kaltem Hammelfleisch und kaltem Kucken mit Kaffee. Ich begann: „Verzeihen Sie, Frau Pinkerton, daß ich genöthigt bin, mich Ihnen auszudrängen. Ich weiß, daß Ihnen da» nicht angenehm sein kann, aber eine wichtige Geschäftssache " „O bitte, ich will Sie durchaus nicht stören", antwortete die zürnende Frau und begab sich inS Nebenzimmer. Jim schüttelte den Kopf und fragte zagend nach meinem Begebr. „Vielleicht erinnerst Du Dich, meine Fragen nicht beant wortet zu haben?" sagte ich. „Deme Fragen?" „Jawohl! Wie Du mir, habe ich Dir Fragen gestellt, und wenn ich Mamie mit meinen Antworten wenig befriedigt habe, so hast Du mir überhaupt keine Antwort gegeben." „O, Du meinst den Bankerott?" Ich nickte und er wand sich förmlich, ehe er fortfuhr: „Die Wahrheit ist, daß ich mich schämte. Ich habe die Aussprache gescheut, weil ich versucht hatte. Dich zu täuschen. Ich habe Dich genaSfübrt und er- röthe noch jetzt darob. Aber Du bast ein scharfes GeschäftS- auge und witterst mit Recht Unrath. Wie habe ich mich vor der Stunde gefürchtet, da Du zurückkehren und mick zur Rede stellen werdest. Und darum war ich vorhin so ver zweifelt über Mamie'» Verfahren; mein Gewissen schlug, denn nicht Du, sondern ich war e«, der Vorwürfe verdiente." „Nun, wie verhalt e» sich also?" „Du fragst, warum wir so rasch verkracht sind? Ich weiß nicht, ob ich Dir noch in» Gesicht sehen darf nach meiner Doppelzüngigkeit." „Augenblicklich kommt eS mir weniger aus jenen Punct an; wä» ich aber wissen will und au» triftigen Gründen sofort erfahren muß, ist mein persönlicher Stand in der Krachgeschichte. Bin ich ganz damit fertig? Oder wa» hab« und aNttkt Mitglieder der Fünfer-Eomüiissioa für die An erkennung de» Tarifs au» praktischen Rücksichten eingetreten waren, beschloß die Versammlung: „den Tarif al» vorläufige Abschlagszahlung zu acceptiren". — Die Bäckercontrolmarke, die von den organisirten Bäckereiarbeitern vor einigen Iabren mit großer Rrclame ge schaffen wurde, die aber nie ihren Zweck so recht erfüllen wollte, ist nunmehr, wie die „Post" berichtet, gänzlich zurück gezogen worden. — Dem ersten Secretair bei der Botschaft in Wien Legations rath Prinzen von LichnowSky wurde brr Rothe Adler-Orden dritter Llassr mit der Schleife verliehen. — Der Botschafter Solid Bey, der sich auf Urlaub nach Konstantinopel zu begeben gedachte, hat dies» Reise verschoben uud bleibt laut der „Post" vorläufig in Berlin. — Nach Südwestafrika gehen übermorgen dir Lieutenants Wrttstrin und v. Prrbandt zur Schutztruppr ab. — DaSDecrrnat für dir Prrßabthrilung im Ministerium de» Innern wird, wir nach drr „Boss. Z." vrrlautet, binnrn Kurzem dein NraierungSassrssor Sachs, dem jetzigrn Leiter drr amtlichen „Berl. Torr.", übertragen werden. * Vuk, 27. Juli. Gegen den Pfarrer Ander»;, einen der schlimmsten Feinde deS Deutschthum« in der Provinz Posen, ist wegen verschiedener Gesetzesübertretungen, wir dir „Post" hört, vom Staatsanwalt Anklage erhoben worden. * Barmen, 26. Juli. Ueber dir Schulaufsicht in Barmen hatte die „Nordd. AUg. Ztg." brhauptrt, bei Erledigung drr Stelle eines städtischen Schulaussichtsbeamten, drr zugleich mit der staat lichen Function eines KrriSschulinspecror» betraut war, habe drr TultuSminister drr Stadt anhrimgrstrllt, die bisherig« Einrichtung brizubrhalten, dir städtische Brhördr aber hätte dir Aullrllung rinrS staatlich»» Schulaufficht-bramtrn für den Stadtbrzirk bean tragt und diesen Beamten nebenamtlich mit der Wahrnehmung drr städtischen Schulangrlegeiihciten beauftragt. In der „Barmer Ztg." erklärt nun der Magistrat, diese Bemerkung entspräche nicht völlig den thatsächlichrn Vorgängen. Ter TultuSminister hat dem Magistrat zu verstehen grgebea, daß „man" nicht unter allen Umständen dem stadtseitig gewählten Nachfolger deS SchulrathS W. dir Geschäfte der staatlichen KreiSschulinspection übertragen würde, und daß man es lieber sähe, wenn die Anstellung ia derselben Weise wie ia Essen erfolge, d. h. wenn dir Stadt aus ihr gutes Recht verzichte. Der Stadlrath in Barmen hat darauf gethan, was die Regierung „lieber sieht", wie die „Barmer Zeit." schreibt, sie hat „capitulirt". * Strahburg, 27. Juli. Wie das „Straßburger Tage blatt" erfährt, ist der hier studirende Oauck. tkeol. Karl P a i r a aus Markirch als Erzieher in da- Hau» deS Prinzen Heinrich von Preußen berufen worden. — Die gestrigen Wahlversammlungen in MütterSholz und Schlettstadt wurden polizeilich aufgelöst. Drr Verlauf der Versamm lungen war höchst unruhig. Oesterreich-Ungarn. * Wien, 28. Juli. Die „Wiener Abendpost" meldet: Der österreichisch-ungarische Generalconsul in Shan ghai, Haa», ist ertrunken. Tschechische „Eultur". * Brunu, 28. Juli. 28 Mitglieder dcS deutschen Rad fahrerclubs „Wanderer" wurden auf einem AuSfluge von tschechischen Radfahrern und Bauern überfallen und arg mißhandelt. Frankreich. Zarenbesuch * Paris, 28. Juli. Die Nachrichten über den Zarenbesuch in Pari» treten mit derartiger Bestimmtheit auf, daß kaum noch daran zu zweifeln ist. Dir Regierung erwartet für die nächsten Tage die amtliche Anzeige seitens deS Peters burger CabinetS. Der „Nord", der bisher eine große Zurück haltung beobachtete, erklärt Len Zarenbesuch bereits für sehr wahrscheinlich. Fürst Lobanow wird während des Zaren besuche« in Paris weilen. Die Börse hat durch die zwanzig fache Zeichnung der heute aufgelegten russischen Anleihe daö Ihrige gethan. * Havre, 29. Juli. (Telegramm.) Ein au- Lyon kommender Anarchist, NamenS Maria Berthe, wurde hier verhaftet. Belgien. * Brüssel, 28. Juli. Unter dem Vorsitze de» Cardinals GoossenS sind heute in Mecheln alle Bischöfe Belgiens versammelt. Luxemburg. * Luxemburg, 26. Juli. Der am 24. Juli 1817 geborene Großherzog hat vorgestern sein 80. Lebensjahr in voller Rüstigkeit angetreten und konnte noch Abends kurz vor Mitternacht bei einem zur Feier de» Tage- veranstalteten Volksfeste erscheinen, ohne daß irgend welche Spur der Er müdung an ihm sichtbar gewesen wäre. Die eigentliche Familienfeier, wozu auch die Erbgroßherzogin Hilda von Baden und der Fürst zu Wied erschienen waren, hatte auf Schloß Berg, dem Wohnsitze des erbgroßherzoglichen Paares, stattgefunden. Staatsminister vr. Eyscken batte ein Prunk mahl zu Ehreu des vollzählig zur Beglückwünschung er schienenen diplomatischen Eorp» veranstaltet, wobei der ich zu thun, um mich endgiltig herauSzuwickeln? Gar viel hängt jetzt von Deiner Auskunft ab." „Da» Schlimmste ist, daß ich nicht weiß, wie ich Dir's beibringen soll." „WaS ist geschehen? So sprich doch endlich deutlich!" rief ich, von Angst erfaßt. „Ich glaube, ich habe Dich aufgeopfert", erwiderte er, mich mitleidig anblickend. „Geopfert? Wieso? Aber jetzt rede klar!" „ES wird Deine Selbstachtung verletzen, allein ich konnte nicht gut anders. Dir Dinge standen so schleckt! Der ConcurScommissar —." Abermals blieb ibm da» Wort ia der Kehle stecken und er brach ab, um einen anderen Satz zu beginnen: „Die Welt munkelte allerlei und die Reporter waren hinter mir her. So erschrak ich denn und verlor den Kopf. Du warst abwesend und da» führte mich in Versuchung." Noch nnmer hatte ich keine Klarheit, wohl aber jagten mir seine gebeimnißvollen Andeutungen einen Heidenschrecken ein. WaS hatte er gethan? Er war ia Versuchung gewesen und, nach seinen Briefen zu urtheilen, nicht im Stande, zu widerstehen. Ia welcher Weise jedoch hatte er mich geopfert? Ich verlor di« Geduld und rief: „Jim, Du niußt Dich ganz offen aussprechen. Ich bin auf Alles gefaßt." „Nun denn, ich wußte, daß e» eine Keckheit sei, — aber was sollte ich thun? Ich erzählte, daß Du kein Geschäfts mann, sondern nur ein gescheiterter Künstler bist, drr von Geschäften nichts versteht und insbesondere im Geld- und Rechnungswesen nicht Bescheid weiß. Ich mußt« da» wegen gewisser Posten in den Büchern vorgebea." „Um Gotte» Willen!" schrie ich. „Befreie mich au» dieser Ungewißheit! Wessen hast Du mich beschuldigt?" „Du hast eS ja soeben gehört? Und da wir keinen schrift lichen Gesellschaft-Vertrag geschloffen hatten, redete ich den maßgebenden Personen «in, Du seiest nur mein Angestellter gewesen, den ich blo» au« Freundschaft und de« besseren Klanges wegen Compagnon genannt hatte. Und da man mir Glauben schenkte, stellte ich Dich auf die List« der Gläubiger mit dem Gehaltrückstand und Deinem Baar darlehen. Sei mir nicht allzu böse." (Fortsetzung folgt.)
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