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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960908024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896090802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896090802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-08
- Monat1896-09
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SV74 denen sie m Nanking an-gesetzt waren, glänzende Genug« rhuung zu Theil, wohl auf diplomatische Veranlassung, unter stützt durch die beiden vor Nanking ankernden Kriegsschiffe. Für den6. d.M. waren die Capitaine und ersten Osficiere dieser letzteren zueiuemPrunkmahle geladen, das derBice-König m seinem „Hamen" zu ihren Ehren veranstaltete. In den Straßen stand d»e ganze Garnison von Nanking in voller Parade mit wehenden Fahnen Spalier, die vier Osficiere durften als Ehrenwache vierzig deutsche Theerjacken milncbmen, und bei ihrer Ankunft in dem Hamen wurden sie mit Kanonensalut empfangen, während ein chinesisches MusikcorpS die preußische KönigSbymne spielte. Gleichzeitig öffneten sich die mittleren Ehrenpforten sämmtlicher neun, in einer Linie hintereinander gelegenen Höfe de« Hamen«. In allen standen Soldaten und vicetönigliche Leibwachen Spalier, und im letzten Hofe wurden die Osficiere vom Bicekönig, umgeben von vierundzwanzig bohen Mandarinen, alle in Staalskleidern, begrüßt. Nach der gegenseitigen Borstellung in der großen Audienzhalle führte der Vicekönig seine Gäste in den Garten-Pavillon, wo die Fest tafel in europäischem Stile gedeckt war. Gegen das Ende des durchaus europäischen Festmahls erhob sich der Dicekönig, um iu längerer Rede auf die herzlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China hinznweisen und auf das Wohl des deutschen Kaisers zu trinken. Während der Ebes des Nankinger Auswärtigen Amtes, Star-Dü, ein in Deutschland erzogener Mandarin, die Rede übersetzte, spielte das Musikcorps die deutsche Hymne. Der Eapitain der „Princeß Wilhelm" er widerte den Toast mit einem Trinkspruch auf den Kaiser von China. Die vierzig deutschen Matrosen wurden in einem andern Theil de« Hamen« festlich bewirlhet. Wie beim Kommen, so war auch bei der Rückkehr der deutschen Osficiere auf die Schiffe die ganze Bevölkerung Nankings auf den Beinen und der ehrenvolle Empfang, sowie die vom Bicekönig geleistete Genugthuung werden ihre Wirkung auf die Bewohner Nankings nicht verfehlen." * Berlin, 7. September. Nuferem Bericht über die Tagung des Alldeutschen Verbandes tragen wir noch Folgendes nach. Professor vr. Hasse, der Vorsitzende des Verbände«, hob in seiner einleitenden Ansprache hervor: Der Verband kämpfe gegen alles Undeutsche daheim und draußen, dränge den Ucbermuth der deutschfeindlichen sprachfremden Elemente (zur Zeit in erster Linie der Polen) zurück; er wolle vor Allem auch die sprachlich und politisch in Bedrängniß geratbenen Deutschen im Auslände stützen und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit aller Deutschen im In- und Auslande pflegen. Der Verband trete mit allen Kräften für die Hebung der deutschen Seewehr ein. Weitere Aufgaben lägen in der An bahnung eines einheitlichen WirthschaslSgebietes in dem von Deutschen besiedelten Mitteleuropa, eines mitteleuropäischen deutschen Zollvereins und zu diesem Zweck zunächst in der Errichtung einer Tauernbahn, eines deutschen Hafens in Triest und des Baues von Canälen zwischen der Donau und den norddeutschen Strömen. Unsere Auswanderungs politik so zu gestalten, daß der Deutsche im AnSlande wirth- schaftlich und national wohl bestehen kann, fasse der Verband als eine Hauptaufgabe unablässig ins Auge; er habe daher den ersten Entwurf eines Reichögesetzes zur Regelung des Auswanderungswesens, der nach dieser Richtung bin un zureichend war, verworfen und einen besseren Entwurf ans- gearbeitet, dessen Hanptpuncte in der neuen Vorlage berück sichtigt sein sollen. Auch der Einwanderungsfrage, soweit sie das Zuströmen dem Deutschlhum gefährlicher russischer, polnischer, galizischer und semitischer VolkStheike bedeute, wende der Verband eine abwehrende Aufmerksamkeit zu. Ferner theilte Professor Hasse mit, daß der Ausschuß ein Gesuch an den Kaiser gerichtet hat, worin bei dem zu erwartenden Zusammenbruch der Türkei die Erwartung aus gesprochen wird, daß die dortigen für deutsche Siedelung geeigneten Landstriche nicht in deutsch-feindliche Hände fallen. — DaS an den Kaiser abgesandte Telegramm lautet: „Ew. Kaiserl. Majestät, dem starken Schirmherr» deutschen VolkSthumeS im Reiche wie jenseits der Meere, dem mächtigen Schild und Hort deutschen Rechtes und deutscher Ehre sendet das ehrerbietige Gelübde unverbrüchlicher Treue die heute zu Berlin tagende und aus allen Landen deutscher Zunge beschickte Haupt versammlung des Alldeutschen BerbandeS." Das an den Fürsten Bismarck abgeschickte Telegramm lautet: „Ew. Durchlaucht, dem treuen Eckart des Reiches, dem Helden und Liebling des deutschen Boltes, das Ew. Durchlaucht erst wieder gelehrt haben, sich mit Stolz als ein solches zu fühlen, dem Ehreu- mitgliede des Alldeutschen Verbandes senden die heute im Architekten hause zu Berlin zu idrer Haupttagung versammelten und aus allen deutschen Gauen herbeigekommenen Mitglieder des Alldeutschen BerbandeS in nimmer verlöschender Treue und Dankbarkeit brausenden Hrilruf!" — Eine Versammlung der Berliner Buchdrucker be schäftigte sich mit dem Ausschluß der Herren Gasch und Genossen aus dem Verband. Es war der Antrag eingebracht, die Vorstände aufzufordern, die betreffenden Personen wieder in den Verband aufzunebmen. Vorsitzender Massini wies in seiner Begründung des Ausschlusses daraus bin, daß die Socialdemokratie im Jahre 1891 auch Alle, die sich mit den Beschlüssen in Halle nicht einverstanden erklärten, aus der Partei ausgeschlossen habe. Der Redner erklärte: falls die Versammlung den Antrag annehme, werde der Gauvorstand seine Aemter niederlegen. Nach langer Debatte wurde, wie wir der „Post" entnehmen, der Antrag angenommen, worauf der Gauvorstand seine Drohung wahr machte und zurücktrat. — Die „Nat.-Ztg." berichtet: Der ständige Ausschuß des ComitSS für die Erbauung einer deutsch-ostafrikanischen Centralbabn hielt heute bei Anwesenheit der beiden Vor sitzenden, des Geheimraths l)r. Oechelhäuser und des Directors der Deutschen Bank vr. Siemens, wiederum eine Sitzung ab, in welcher die Berichte des letzten noch in Diensten des ComitsS in Ostafrika thätigen Technikers, des Herrn Rinder mann, zum Vortrag kamen. Der Rückkehr desselben wird noch im Laufe dieses Monats entgezengesehen, und es können alödann die Arbeiten und Rechnungen deS ComitSs endgiltig abgeschlossen werden. Nach Rückkehr des DirectorS Dr. Kayser stehl sodann die Entscheidung des Reichs kanzlers über die von dem Coinit4 wegen Erbauung des ersten Abschnittes der Centralbabn gestellten Anträge zu erwarten. Fallen dieselben zu Gunsten der Uebertragung dieses EisenbahnbaucS an eine Privateisenbahngesellschaft aus, so werden sich die Unterhandlungen mit der zu diesem Belms gebildeten Bankiersgruppe unmittelbar anschließen. Wir glauben ein günstiges Ergcbniß voraussehen zu können, nachdem sich die öffentliche Meinung immer ent schiedener auf Seiten dieses großen Colvnialunternchmenö gestellt bat. Die Zahl der Blätter, welche dasselbe unter stützen oder ibm doch wohlwollend gegenüberstehen, verhält sich zu den gegnerischen publicistischen Stimmen etwa wie Zehn zu Eins. — Die „Kreuzzeitnng" bleibt hinter den unmittelbaren Organen des Bundes der Lankwirtbe nicht zurück in der Herabsetzung derjenigen Hilfsthätigkeit für die Landwirthsckaft, welche in der amtlichen Denkschrift erörtert ist: „schließlich", so sagt das Blatt, „werden selbst die exquisitesten „kleinen Mittel" nicht helfen, wenn die Landwirthschaft bauernd unter den Productionskosten arbeiten muß; ein mntlsiges Eingehen auf die Frage der Währungsreform ist dringend erforder lich und, wenn die Negierung den Antrag Kanitz für unvereinbar mit den Handelsverträgen hält, so sollte sie wenigstens auf anderem Wege das Ziel desselben zu erreichen suchen." — Die bisherige politische Partei ter Conservativen geht eben vollständig in dem Bunde der Landwirthe auf. — In Sachen der Handwerks-Organisation hat die „Freie Vereinigung selbstständiger F l eische r m eiste r Berlins und Umgegend" folgende Resolution gefaßt: „Die Vereinigung erklärt sich mit dem Entwürfe deS Gesetzes im Allgemeinen einverstanden und spricht hierfür der Regierung den Dank aus. Die Vereinigung findet jedoch in dem Ent würfe die Bildung und Zusammensetzung des Handwerks- Ausschusses sowohl wie der Handwerkskammer keineswegs zweckentsprechend. Der Handwerk«-Ausschuß ist nach Ansicht der Vereinigung gänzlich überflüssig, und die Handwerks kammer muß für jede Innung besonders auS den Mitgliedern jeder Innung oder mehrerer Innungen des gleichen Gewerbes von den JnnungSmitgliedern gewählt werden. Die Ver einigung halt ferner für unhaltbar, daß nach dem Entwürfe durch die Gesellenausschüsse Iunnngsbefchlüsse beanstandet werden können. Die Vereinigung spricht die Hoffnung aus, daß unter Berücksichtigung der genannten Einwendungen die Vorlage Gesetzeskraft erlangen möge." — Wie berichtet wird, gehören nahezu 18000 Brauereien der Brauerei- und Mälzereiberussgeuossenschast nicht an, da das NeichsversicherungSaml die Grenze der Versicherungs pflicht auf das Vorhandensein von mindesten« 10 Arbeitern in einem Brauereibelriebe, beziehungsweise auf 1000 Hekto liter Malzverbrauch im dreijährigen Durchschnitt festgesetzt bat, dem Grundsatz zufolge, daß das Versicherungsgesetz nur für die im Fabrikbetriebe beschäftigten Arbeiter geschaffen sei. Der Bund der mittleren und kleineren Brauereien der Nord deutschen Branstenergcnieinschast fordert jetzt die Aufnahme aller gewerblichen Brauereien in Deutschland in die Brauerei- und Mälzcreiberufsgenossenschaft, da alle diese Brauereien „Fabrikbetriebe" seien, und Vertheilung der Beiträge für die Berufsgenossenschaft nicht wie bisher nach dem gezahlten Lohn (Zahl der Arbeiter), sondern nach der Höhe des Malzverbrauchs. Ter Bund hofft, daß die Sache im Reichstag in Form einer Interpellation zur Sprache gebracht werde. — Der „Nationalztg." zufolge beschloß eine Versamm lung der Berliner Drechsler, in allen Werkstätten folgende Forderungen zu stellen: 52slündige Arbeitszeit, 21 Mindest lohn für schwächere und 15 Proc. Lohnerhöhung für geübtere Arbeiter. Falls die Forderungen nicht angenommen werden, soll die Arbeit eingestellt werden. — Wie Marienburger Blätter melden, bat der die Restau rationsarbeiten an der Marienburg leitende Baumeister Baurath vr. Stein brecht in einem auf ter letzten Ver sammlung des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieur vereine gehaltenen Vortrag mitgetbeilt, der Kaiser beabsich tige, da ein Nesidenzschloß in Westpreußen in ausreichender Größe nicht vorhanden sei, anläßlich seiner Jagdausflüge die Hofhaltung zeitweise nach Marienburg zu verlegen. — Dem Prinzen Victor von Italien, Grafen von Turin, ist laut der „Post" vom Kaiser iu Breslau der Schwarze Adler- Orden verliehen worden. — Der deutsche Gesandte in Belgrad Freiherr v. Waecker- Gotter hat sich über Wien nach Belgrad zurückbegebc». — Der Festungscommandant von Spandau, General major von Kotze, hat, von seinem Sommerurlanb zurückgekchrt, von Neuem einen Urlaub auf unbestimmte Zeit angetretcn; inan glaubt, Laß er auf feinen Posten nicht wieder zurückkehren werde. Die Stellung des Spandauer Commandanten hat in den letzten Jahren sehr häufig gewechselt. — Der Handelsininister Brefeld ist von seiner Urlaubsreise wieder in Berlin eingetrosfen. — Der Erzbischof vr. von Stablcwski ist aus Posen hier eingetroffen. * Hamburg, 8. September. Durch einen Theil der Presse geht folgende Mittbeilung: „In der Erkennt»»«, daß die Vertiefung der Elbe für Hamburgs Handel von höchster Bedeutung sei, ist von Senat und Bürgerschaft bereits vor drei Jahren eine gründliche Correction der Unterelbe belchlossen. Die Verhandlungen mit Preußen, dessen Userrechte durch die geplante Correction berührt werden, haben sich aber bisher hingezogen, ohne Laß man zu einem definitiven Be schluß gekommen wäre. Allerdings steht zunächst nur die Correction des oberhalb des Kaiser Wilhelm-Canals liegenden Theils der Elbe, von Glückstadt bis Hamburg, in Frage. Ehe diese nicht durchgeführt ist — und bis dahin werden Jahre vergehen — wird aber auch an eine Inangriffnahme der Vertiefung Les unterhalb des Canals ge legenen Theiles nicht gedacht werden können." Die halbamtliche „Berl. Corr." bemerkt hierzu: „Dies ist insofern unzutreffend, als die hamburgische Regierung bisher mit Preußen über die Correction der Unterelbe, insbesondere über die Correction der Strecke zwischen Glückstadt und Hamburg Verhandlungen nicht angeknüpft hat. Eine bam- burgischerseitS beabsichtigte Geradelegung de« Fahrwassers der Elbe vor Park, Pagensand und Finkenwärder bat in der geplanten Weise nicht zur Ausführung gelangen können, weil dadurch wichtige preußische Interessen in ungünstiger Weise beeinflußt worden wären. Die hierüber schwebenden Ver handlungen sind dem Abschlüsse nabe." * FrieSrichoruh, 7. September. Auf die Begrüßungs ansprache des Gauvertreters Paul Steen bei dem gestrigen Besuche des Trave-Turngaues in FriedricbSruh erwiderte Fürst Bismarck: „Er freue sich über jeden Verein im deutschen Reiche, der keine bindenden Grenzen kenne, sondern das Ganze umfasse. Die Turnerei habe mit der Literatur und der Musik stets ein Band gebildet, welches fick an die Grenzen nicht kehrt. Möge sie gedeihen und blühen auch im politischen Sinne. Körperlich könne er nicht mehr mit machen." Das AuSseben deS Fürsten war sehr gut; seine Rede war tveithin vernehmbar. * Posen, 7. September. Propst Anders auS Slupia, dem Anfang dieses Jahres von der königlichen Negierung die Aufsicht über den Religionsunterricht entzogen wurde, weil er eS als eine Beleidigung bezeichnete, daß ein Lehrer einen deutschen Brief an ihn geschrieben habe, hatte fick heute vor dem Schöffengericht zu verantworten, weil er am 5. Juni dieses Jahres, wie damals gemeldet, an einen andern Lcbrer eine Postkarte beleidigenden Inbalts gerichtet hatte. Propst Anders wurde zu fünfzig Mark Geldstrafe verurtheilt, * Görlih, 7. September. Bei dem Paradediner saßen der Kaiser und die Kaiserin nebeneinander. Zur Linken der Kaiserin saß der Graf von Turin, rechts von dcm Kaiser Prinz Ludwig von Bayern. Den Majestäten gegenüber saß der comniaudirende General des V. Arnieccorps, General der Infanterie v. Seeckt, zur Rechten des Letzteren saß General-Oberst Graf v. Waldersee, zur Linken General der Infanterie v. Golz. Nachdem der Braten gereicht war, brachte ter Kaiser den (von uns an anderer Stelle mit- gctbeilten) Trinkspruch auf taö 5. Corps auS. General der Infanterie von Seeckt dankte Sr. Majestät. Nach der Tafel fand vor dem Ständebause großer Zapfenstreich statt; der Platz vor dem Gebäude war feenhaft erleuchtet. Während ter Mnsikaufsübrnnz erschienen der Kaiser und die Kaiserin sowie die Fürstlichkeiten im Pavillon. * Brcslau, 8. September. Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein hat sich einer leichten Erkrankung wegen erst gestern Mittag nach Breslau begeben können. Von hier ist er heute früh zu den Kaisermanövern nach Görlitz abgercist. * Nndolstnöt, 6. September. In Bezug auf die Nach richt, betreffend die Untersagung der Aussetzung des Schul unterrichts am Sedantage, rbeilt die „S.-Z." mit, daß unbeschadet des niiiiislcricllen Erlasses in allen Unterrichts anstalten des Landes ein FeslactnS abgehalten worden ist. * Karlsruhe, 7. September. Laut der „Karlsruher Zeitung" empfing der Groß her zog heute die am hiesigen Hofe accredirlen Gesandten von Preußen, Sachsen, Schweden- Norwegen, Belgien, Württemberg, Bayern, Rußland, Oester- rcich-Ungarn, Großbritannnien und Italien sowie die be sonderen Abgesandten des Großhcrzogs von Hessen und deS Herzogs von Sachsen-Altenburg, welche die Glückwünsche ihrer Souveraine zum Geburtstage des Großherzogs überbrachten. Die Gesandten wurden später auch von der Großherzogin empfangen. Tie Kronprinzessin von Schweden und Nor wegen wcilt bereits feil Sonnabend am hiesigen Hose. Die Erdgroßberzogin trifft heute Abend hier ein. Der Groß herzog verlieh aus Anlaß seines Jubiläums dem Staats minister Nokk den Orden Berthold s!, von Zähringen, den Ministern v. Brauer und Eisenlohr die goldene Kette zum Großkreuz des Zäbrinaer Löwenordens, StaatSrath Buchenberger wurde zum Wirklichen Geheimrath mit dem Prädicat Excellenz ernannt. Oesterreich -Ungarn. * Krhsotvize, 7. September. Kaiser Franz Josef, in dessen Gefolge sich unter Anderen der deutsche und der italienische Militair-Attachä befanden, nahm heute an den CorpSmanövern Theil und traf 2 Uhr Nachmittags wieder im Schlosse ein. * Miihrisch-Lstran, 7. September. Heute war die Anfahrt bei den Schichten säinintlicher erzherzoglicher Gruben normal. * Prag, 7. September. In Eisenstein, in Südböhmen, hielt gestern der Böhmerwaldbund seine 12. Hauptver sammlung unter Leitung des Budweiser Vicebürgermeisters Taschek ab. Der herostratische Versuch des vr. Lueger, die Einigkeit der Deutschen auf der sckwerbedrohten Budweiser Sprachinsel zu stören, ist dadurch völlig unschädlich gemacht. Trotz aller Berichtigungsversuche Lueger's steht übrigens voll kommen fest, daß er persönlich in Budweis nur durch Tschechen, einen tschechischen Redacteur und einen Geist liche», vor Prügel geschützt wurde. Der Böhmerwaldbund ist im letzten Jahre um ackt Ortsgruppen und dementsprechend an Mitgliedern und Einnahmen gewachsen und die Gesammtzahl der Ortsgruppen in Oesterreich beträgt jetzt 299. In Olmütz fand gestern eine Vertrauensmännerversamiiilung aller deutschen Landgemeinden Mährens unter dem Zeichen der Einigkeit aller Deutschen statt. Der Verlust der Stadt Gaya und jüngst in Brünn der Verlust der Schneidergcnossenschaft an die Tschechen nebst der TschechisirungSwuth des Bischofs Bauer verstärken die Mahnung zur Einigkeit. — Die „Politik" erklärt, zu wissen, daß die Zuschrift der Bischöfe auf dem Salzburger Katholikentag mit Gutheißung der päpst lichen Curie und im Einverständnisse mit der Wiener Re gierung erflossen sei, somit ganz besondere Bedeutung besitze. — Bei der gestrigen Versammlung des tschechisch-anti semitischen DolkSvereinS kam e« z« einet großen Prügelei mit den eingedrungenen Socialdemokraten, wobei drei der Letzteren verletzt wurden. Gegen drei antisemitische GewerbSleute ist deshalb die strafgerichtliche Untersuchung ein geleitet. Frankreich. * Paris, 8. September. (Telegramm.) Bei dem Wiederzusammentritte der Kammer wird der Deputirte Guesde den Minister deS Inneren bezüglich der Aus weisung Bebel'S und Dueb's und deS Verbot« der Socialisten-Versammlung in Wiesenbach iuterpelliren. Spanien. * Magrid, 7. September. DleDepntkrtenkammer nahm endgiltig den Gesetzentwurf, betreffend den Schutzzoll auf Eisenbahn- Material, an. Ministerpräsident Canovas verlas das königliche Tecret, betreffend dir Vertagung der Kammer auf unbestimmte Zeit. Großbritannien. * London, 7. September. Ein amtliches Telegramm aus Capstadt meldet die Gefangennahme MakoniS, des Führers der Aufständischen im Masbona-Lande. — Der Prinz von Wales hat heute den russischen Botschafter am hiesigen Hofe, Baron Staal, empfangen. Der Prinz wird während des Besuches des russischen KaiserpaareS in Balmoral zugegen sein. * Loudon, 8. September. (Telegramm.) Wie ver lautet, werden Major Willoughby, Major White und Capitain Wbite, welche mit äamejon verurtheilt worden waren, mit allen gewöhnlichen Privilegien in den Ruhestand versetzt. — Der Gewerkschaftskongreß ist gestern Mittag in Evinburg von Cowey eröffnet worben. Anwesend sind kl 10 Telegirte, die 950 000 Arbeiter vertreten. Der Lord Provost begrüßte im Namen der Stadt den Congreß mit sympathischen Worten. Rußland. * Moskau, 7. September. Im Kloster Novo-SspaSky fand heute die Leichenfeierlichkeit für den Fürsten Lodanoff-Rostowski statt. ES wohnten ihr bei Mit glieder des ReickSrathcs, Vertreter des Ministeriums des Auswärtigen, der österreichisch-ungarische Botschafter, fämmt- liche ausländische Consuln in Moskau und andere hervor ragende Persönlichkeiten. Nach der Feier erfolgte die Bei setzung in dcm Familien-Erbbegräbniß in der Znamenskaja- Kirche. * Warschau, 7. September. DaS heutige Bulletin über den Zustand deS Grafen Schuwaloff lautet: „Der all gemeine Zustand ist vollkommen zufriedenstellend. Die Tem peratur ist normal, der Schlaf gut. Entschiedene Besserung in der Beweglichkeit der Extremitäten." Die Aerzte hoffen, daß Graf Schuwaloff in zwei Wochen wird das Bett ver lassen können. — Um 2 Uhr Nachmittags traf Großfürst Michael Nikolajewitsch hier ein und reiste um 4 Uhr nach Berlin ad. Orient. * Pera, 7. September. DaS zweite italienische Sta- tionsschiff „Galileo" ist hier angekommen. Der Verweser des armenischen Patriarchats fordert in einem Hirtenbriefe die Armenier auf, rulsig ihren Geschäften nachzugehen und keinen Act gegen den Willen des Sultans zu verüben. Zu gleich werden für letzteren Gebete angeordnet. * Sofia, 7. September. Die Municipalwahlen in mehr als 4000 Landgemeinden sind nunmehr beendet. Der Sieg der Negierung übersteigt alle Erwartung. Die Opposition unterlag in zahlreichen Ortschaften und errang nur eine geringe Quote deS GesamnitresultatS. Es ist festgestellt, daß die Wahlen sich noch nie unter so unbedeutenden Ruhe störungen vollzogen haben. * Athen, 7. September. (Meldung der „Agence HavaS".) Die Bande des Kapadimos in Makedonien ist in einem Kampfe mit türkischen Truppen aufgerieben worden; der Führer ist gefallen. * Belgrad, 7. September. Sämmtliche Blätter greifen Nowakowitsch wegen der Entsendung des Gesandten Simitsch zur Jahrtausend-Ausstellung an. — Ein höherer Officier nahm im Auftrage des Königs bei Tschiritsch iu aller Stille Haussuchungen vor und beschlagnahmte dessen ganze Correspondenz. — „Magyar Hirlap" meldet aus Belgrad, Oberst Tschiritsch sei auf geheimnißvolle Art ver schwunden. Afrika. * Rom, 7. September. Nach einer Meldung der „Tribuna" aus Kassa la vom heutigen Tage hat ein von Osman Digma entwichener Sclave ausgesagt, der Kalif sei in Boga (Khartum) gestorben. Die „Tribuna" sagt, die Nachricht bedürfe der Bestätigung. Amerika. * New Vork, 8. September. (Telegramm.) Li-Hung- Tschang ist über den Niagara nach Toronto abgcreist, wird dort der Ausstellung einen kurzen Besuch abstatten und dann seine Reise mittels der Cauada-Pacific-Eisenbahn fortsetzen. Militair und Marine. * BrcSla», 7. September. Der Kaiser hatte vorgestern die Erbprinzejsin von Sachsen-Meiningen zum Chef des Grenadier-Regiments Kronprinz Friedrich Wilhelm (2. SchlcsischcS) Nr. 11 ernannt. Die Vorstellung und feierliche Uebernahine Les Regiments fand heute Mittag aus dem Patais-Platze statt. Tie Frau Erbprinzessin trug bei der Feier die Uniform Les verliehenen Regiments, den Waffcnrock mit Achjelsiückcn und den Helm mit Haarbujch. Nach der Vorstellung nahm sie den Parademarsch ab und begab sich demnächst an der Spitze der Fahueucompagnie nach dem Rcgiinentscasino, wo sie mit den Osficieren LcS Regiments LaS Frühstück einnahin. Bei dem Frühstück hielt der Erbprinz von „Jawohl, ganz oben auf dem Boden, wo meine Kam- ! mer war." „Dann sei Gott ihr gnädig, sie ist verloren", hieß eS. „DaS ist sie nicht, wenn ich sie retten kann", sagte der Freiherr mit ruhiger Stimme. „Nein, gnäd'ger Herr, in daS brennende HauS, das jede Minute Zusammenstürzen kann, darf Niemand mehr", wider sprach der Ortsschulze, „da« hieße noch mehr Menschenleben hinopfern." „Außer mir soll Niemand gehen", sagte der Freiherr, „gebt Raum, Leute, ich will eS thun." „Das hieße Gott versuchen. Sie unternehmen Unmög liches", rief jetzt der Professor, der dem Schloßherrn zur Seite gestanden und ihn in all seinen Anordnungen unter stützt batte, „denken Sie an Ihre Tochter und an Erna." „Halten Sie mich nicht zurück, mein Entschluß steht fest. Beide übergebe ich Ihnen. Ich gehe vorwärts." Vergebens waren alle Vorstellungen, Bitten, selbst Ver suche, ihn mit Gewalt zurück zu halten; mit unerschütterlicher Entschlossenheit bestand der Freiherr auf feiner Absicht, und vor seinem starken Willen beugten sich Alle, auch der Pro fessor. Nur noch eine Vorstellung wagte er. „Sie wollen kein Leben retten, das verloren ist. Sie wollen das eigene vernichten, das Ihnen unerträglich scheint." „Und wenn eS so wäre, gönnen Sie es mir, ein werth- loseS Dasein durch eine gute That zu beenden", sagte ter Freiherr, und damit verschwand er in dem brennenden Gebäude. Furchtbare Minuten vergingen. Schrecken und Entsetzen fesselten die Menge; in banger Sorge erwartete man jede Minute den Einsturz deS Hause», da« zum glühenden Grabe für den Retter werden mußte. Da erschien er an einem der Fenster mitten in Rauch und Qualm, hinter ihm die Flammen, in seinen Armen die bewußtlose, halb erstickte alte Frau. „Tücher und Betten her, fangt sie auf!" rief der Pro fessor, der hierin die einzige Möglichkeit der Rettung sah. Man gehorchte ihm, im Nu waren die Tucker gebreitet, und der Freiherr ließ seine Bürde, die er über die Fensterbrüstung hob, dort hinunter gleiten. Ein dumpfer Fall — ein halb erstickter Schrei, der sich auS der beklommenen Brust von Hunderten von Menschen Luft machte — eS war gelungen, man hatte den Körper der alten Frau aufgefangen, ohne daß derselbe Schaden erlitten. „Nun weiter, jetzt wird er nachfolgen, haltet fest, Männer", ermunterte der Professor. Aber der Freiherr zögerte. Wagte er für sich den Sprung nicht oder wollte er an dem Gemäuer entlang klimmen? Tausend ängstliche Zurufe wurden laut, die er nicht beachtete. Nur Secunden hatte sein Säumen gedauert, und dock sollte eS verhäugnißvoll werden, denn jetzt erfolgte ein Krachen, ein Beben und Erzittern der Mauern und nun stürzte daS Ge bäude zusammen und begrub ihn unter den Trümmern mit dem Aufschrei, den daS Entsetzen den machtlosen Zuschauern erpreßte. — Als man am andern Tage die verkohlten Ueberreste fand, waren diese bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Die alte Frau aber hatte sich erholt und beklagte jammernd, daß ein so reiches, hoffnungsvolles Dasein so entsetzlich geendet, uni ihr die kurze Lebensspanne zu erhalten, die für sie nur eine Last war. — Der Professor hatte als der Erste das Gemach des Ver ¬ unglückten betreten. - Die Pistolen auf dein Tisch, die der Freiherr sich nicht mehr Zeit gelassen zu entfernen, als das Feuer ausbrach, sagten ihm Alles und bestätigten seinen Glauben, daß das Leben Jenem eine unerträgliche Last ge wesen. Er legte die stummen Zeugen der Lüstern Vorsatze in Len danebenstehenden Kasten unv stellte diesen in den Ge wehrschrank. Niemand außer ihm sollte ahnen, daß die Auf opferung deS Todten mehr dem Verlangen nach dem Ende, als dem Drange der Menschenliebe entsprungen war. Da fiel sei» Auge auf den Brief, der seinen Namen trug. Er steckte ihn zu sich, und in der ersten Minute, die ihm die Sorge für Erna'S Schmerz und die vielen Anordnungen, die jetzt von ihm auSzugehen hatten, frei ließ, las er in tiefer Bewegung die wenigen Zeilen, die so viel sagten. Dann versenkte er sich in daö Studium der Dokumente, die ihn zur Erbschaft LeS Namens und des Besitzes der Wildburg beriefen. Dunkle Ahnungen von Schuld und Frevel, die hier ihr Wesen getrieben hatten, stiegen in der Seele des erschütterten Mannes auf, aber er gelobte sich, den Schleier, der jetzt darüber lag, nicht zu lüften und keinem neugierigen Auge, keinem zweifelndem Gedanken daö Eindringen in die Lüstern Geheimnisse, die hier gewaltet, zu gestatten. Jahre sind vergangen, seit der Freiherr Albrecht von Wildburg die Rübe gefunden hat, nach der es ihm so schmerz lich verlangte. Ein neuer Herr, der wahre Erbe, ist an der Seite seiner lieblichen Geniablin in da« alte Schloß ein gezogen, und mit ihm baden Friede und Glück die Herrschaft angelrelen, denn er ist frei von Schuld und Frevel, und der Eifer, mit dem der berühmte Professor Karl von Wildburg sich den Leiden der Menschen widmet und in jeder Weife zum Wohlthäter der Hilfsbedürftigen wird, entspringt nicht dem Verlangen, Sühne für geheime Missethat zu thun, sondern der edelste» und reinsten Menschenliebe. Nur wenige Wochen im Verlauf des Jahres kann der vielbeschäftigte Arzt seiner Erholung auf Schloß Wildburg widmen, sonst gehört sein Leben dem Dienst der Wissenschaft und seinen Kranken, für die er unablässig thätig ist. Aber die Arbeit wird ibm nicht zu schwer und ermattet seine Kräfte nicht, denn Erna ist ihm eine treue, sorgende Gattin geworden, die es als ibren höchsten und schönsten Beruf betrachtet, ihn im glücklichsten Zusammenleben alle Mühen und Anstrengungen vergessen zn lassen und die, wie sie selbst jung und frisch bleibt, auch dein großen Denker die Falten von der Stirn durch ihr Lächeln verwischt und ibm durck das Bewußtsein ihrer Liebe täglich neue Kraft verleiht. Blühende, hoffnungsvolle Kinder um geben daS Paar. Beide betrachten Edittz wie ihre älteste Tochter und lieben sie als solche, und wenn Erna nicht so ängstlich bemüht wäre, in dem jungen Mädchen das Andenken an ihre kaum gekannten Eltern zu erhalten, so würde dies kaum wissen, daß es einen so schweren Verlust erlitten bat. Die Augen der Baronin Erna von Wiivburg strahlen von Liebe unv hoffnungsvollem Stolz beim Anblick ibrer Heran wachsenden Kinder; auch ihr ältester Sohn, der jetzige Erbe von Wildburg, erfüllt sie mit frohem Vertrauen auf die Zukunft. Die Angst, welche einst der armen Melanie daS Herz zusammenschnürte, wenn sie auf ibren Sohn blickte, kennt Erna nicht, denn sie weiß nichts von Schuld und Sühne, sie kennt nur treu erfüllte Pflicht. (Schluß.)
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