Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189610258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18961025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18961025
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-25
- Monat1896-10
- Jahr1896
-
-
-
7812
-
7813
-
7814
-
7815
-
7816
-
7817
-
7818
-
7835
-
7836
-
7837
-
7838
-
7839
-
7840
-
7841
-
7842
-
7819
-
7820
-
7821
-
7822
-
7823
-
7824
-
7825
-
7826
-
7827
-
7828
-
7829
-
7830
-
7831
-
7832
-
7833
-
7834
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1896
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bi« Morgen-Ar-gabe erscheint »m '/«? Uhr. Al Ab«ch->u»gobe Wochentag» »M 5 Lhr. Nedirtto« »ad Lrvedittsur Ä»ßana«»,afi« 8, Dielxpeoisioa ist Wochentag» ununterbrochen Sonnet von früh , bi» Abend» 7 Uhr. /ittalea: vtto Klemm'» Lortim. (Alfred Hahn), llutvrrsitätsflraße 3 (Paulinum), e-ni» Lösche, Katbarmensi,. 14, »ort. und König-Platz 7^ BezugS-PreiS d» d« HaupttMchMo« oder dm im Gtedt- bezirk »nd den Vororten errichteten Au». Ladestellen abgedolk: vierteljährlich^»4ck0, bei zwetmaltgr, täglicher Lust»llang tut -au« b.LO. Lurch di« Post bezogen für DttUschlau- und Oesterreich: vierteliSbrlich »ch . Lirert, täglich, Kreuzbandi'endun, tut Ausland: monatlich 7 öS. WpMcr TagMM Anzeiger. Amtskkatl -es L'-nigkichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Natljes und Votizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigeu-Prei- die 8 gespaltene Petitzeile »0 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich s4ge» spalten) Lv^, vor den Aamiltrnnachrlchte, (b gespalien) 40>ch. GrSßer« Schriften laut uuserrm Preis, tm^ichuitz. Tabellarisch«» nutz Msf»rnja, nach höherem Tarif. fktra-Veilagea (gefalzt), ,»r mA d« Vivraen-Üludaab«, ohne Postbeförderun, >i SO.—, Mit Postbeförderuog ^l 70.-. Druck und vertan non E. Pol» in Leiv»!, Innahmeschlaß für Anzeige«! Ad end »Au»gabe: Vormittag» 10 UhL Morgen.Ausgabe: Nachmittag» 4UHL Oet den Filialen und Annohmeswllra je «tu» halb« Stunde früher. Anreißer» find st,t- a» di« ExPeditia» V» richt««. 545. Sonntag den 25. October 1896. 8Ü. Jahrgang. Aus der Woche. Die Verhaftung zweier Berliner Reporter und die Beschlagnahm« eine» dortigen Blatte» bat die Aufmerk samkeit wieder auf die Dinge gelenkt, die im Frühjahr und Sommer die Gemütber erregt haben. Während aber damal» dir politischen Jntriauantcn die in der Presse Angegriffenen waren, dürfte r» sich jetzt um einen Offensivversuck dieser Leute handeln. Deshalb ist e< erfreulich, daß der Reichs kanzler, die Unbedeutendbeit der zunächst faßbaren Personen nicht achtend, energisch vorzugeben entschlossen scheint. Daß die Besteller der Manlwnrfsarbeit an» Lickt gezogen werden, ist ja sebr unwahrscheinlich, aber e» ist schon von Vortbeil, wenn ihre Handlanger in der Presse belehrt werden, daß sie rin auch für ihre wertben Personen nicht ungefähr liche» Spiel spielen. Da» Recept, nach dem diesmal gebraut wurde, war das beliebte: man verleumdete erst eine vom Kaiser geschätzte, politisch unverantwortliche Persönlichkeit und kam darauf mit der Meldung, der Urheber der Verleumdung sei ein verantwortlicher Natbgcbcr de« Monarchen. Durch den Gebrauch der Bezeichnung „verantwortlich" und „unver antwortlich" läuft man freilich Gefabr, sich eine Zurecht weisung des Herrn Professor Delbrück zuznzieben, der natürlich zur Verkündigung der Lebre gelangt ist, jener Gegensatz sei gar nicht vorhanden. Es braucht nur etwas in die Augen zu springen, um von dem gelehrten Herrn in das Reich des Nichtexistirendcn verwiesen zu werden. Der Termin der NeichStagSerösfnung ist nabe ge rückt, obne daß der Bundesraih zu den beiden wichtigsten Gegenständen, die das Parlament beschäftigen sollen, oer Militairstrasproceßordnung und der Zwangsinnung, Stellung genommen lsiitte. In der ersteren Angelegenheit scheint man eine Verständigung der Negierungen erwarten zu dürfen. Jedenfalls ist die Auffassung' der bayerischen Ne gierung nickt die, wie sie mehrfach in der Presse gekenn zeichnet wird. Die bayerische Militärverwaltung ist durch aus nicht der Meinung, daß ihr jetziges Militairstrafverfahren in einer Richtung, die sich parallel mit gewissen in preußischen Militairkreisen vertretenen Wünschen bewegt, nicht verbesserungs fähig sei. Andererseits können die Lehren, die aus dem beklagens- werthen Karlsruher Vorfall von derPresse mit Recht gezogen worden sind, auf die einer gründlichen Reform wenig geneigten Stellen nicht ohne Eindruck geblieben sein. Es ist richtig, die Demokratie wird auS Vorkommnissen dieser Art unter allen Umständen, und mag das Strafverfahren wie immer beschaffen sein, Capital gegen die Grundlage unserer HeereS- einrichtungen zu schlagen suchen. Aber durch daS Karls ruher Ereigniß sind durchaus heeresfreundliche bürger liche Elemente beunruhigt und das Eine ist gewiß: hätte sich der Vorfall in Bayern zugetragen, so würde die Oeffentlichkeit auf die Frage, ob der in jedem Fall wegen seiner Auffassung bedauernSwerthe Officier den militairiscken Ehrbegriff richtig erfaßt batte oder nicht, eine klare Antwort erhalten, unter der Herrschaft des preußischen MilitairstrafverfahrenS erhält sie aber gar keine Antwort. Wa» die Zwangsinnung angeht, so ist es zweifellos geworden, daß außer der preußischen keine einzige größere Regierung sich von dieser Einrichtung irgend etwas für das Handwerk verspricht. Erfolgt die Zustimmung der einen oder der anderen dennoch, so würde man der sonderbaren Erscheinung gegrnüberstehen, daß einem Erwerbsstande be° wußtermaßen von der Obrigkeit Schaumklöße servirt werden. Dies Verfahren mag zwar gewissen durch die Festlegung auf die ZwangSinnung in die Sackgasse gerathenen Eonservativen erwünscht sein, daß eS aber conservativ im höheren Sinne des Wortes sei, wird man sich in Minister zimmern nicht sagen können. Um so weniger, als nur ein Tbeil der Handwerker Verlangen nach der geplanten Neuerung trägt und Diejenigen, welch« diesen Tbeil für die Minderheit halten, mindesten» ebenso sichere Anhaltspunkte für ihre Ansicht haben, als Die, welche die Mehrheit von dem Wunsche nach der Verwirklichung der Berlepsch'schen Pläne beseelt glauben. Wichtiger als die Frage nach dem Schwergewichte des Beschlusses dieser oder jener Versammlung ist die Thatsache, daß das badische Centrumsmilglied Marbe sich entschieden gegen den Organisationsentwurf ausgesprochen hat. Eö giebt also CentrumSadgeorbnete, die den Muth zu dem Geständniß besitzen, daß die Parteien, die da» Handwerk auf die Zwangsmnung al» „Rettung-mittel" Hinweisen, unsach lich vorgrgangen sind. Da der inzwischen in den Reich-tag gewählte klerikale Führer Frhr. v. Hertling vor wenigen fahren in der bayerischen NeickSrathSkammer die ZwangSinnung tsanimt dem Befähigungsnachweis) vrrurtheilt bat, so eröffnet sich für Herrn Lieber ein weites Feld für die Bethiitigung des Bestreben», das Centrum als geschlossen« Partei im Reichstag austreten zu lassen. Die entschiedene Mißbilligung der Lobrede de» Geheim- ratheS vr. Kayser auf sich selbst bat nicht nur diesem Herrn, sondern auch einigen anderen Leuten nicht gefallen. Da aber die Rede unmöglich gebilligt werden kann, stellt man eS so hin, als ob der scharfe Tadel der gesammten Wirksamkeit de» auS dem Amte Scheidenden gegolten hätte. Das trifft auf di« Aussprüche der persönlichen Gegner vr. Kayser» zu, nickt aber auf unsere Beurtdri- lung und anderer un» politisch befreundeter Organe. Wa» gerügt wurde, war da» letzte Auftreten de» Colonial- directorS. Daß unsere Meinung don seiner Person durch daS Bekanntwerden der Widmung an Vr. Peter« nicht modi- ficirt worden wäre, wollen wir übrigen» durchaus nicht be haupten. Daß dieser Zug für die „Nationalzeitung" nicht» Befremdende» hat, ist Geschmacksache, über die sich nicht streiten läßt. Die beiden Flügel de« Freisinn» streiten sich jetzt über da- leidige Geld. Die „Vereinigung" behauptet, daß sie da größere Portemonnaie habe, und droht, e« nicht aufzumachen, wenn di« LolkSpartei sich nicht brav auffübre. Herr Rickter erwidert in d«r „Freis. Ztg." daß sein Häufchen, oberpsälzisch gesprochen, auch nicht „auf einer Wassersuppe dahergesckwom- men" sei, und ein andere» Blatt seiner Richtung, da» dir brutale Tbatsach« der finanziellen Ueberlegenheit d«S „Schutz- verband«»* nicht zu leugnen wagt, meint, Geld sei ein« schöne Sache, ab«r schließlich siege doch immer der „Geist" über den schnöden Mammon. Wenn da-, wie zu hoffen, sich al- richtig erweist, bann ist eS mit den SiegeSau-stchtea der VolkSpartei erst recht schlecht bestellt. Fürst Lismarck und Rußland. Der vom Telegraphen bereits angrkündigtr Artikel der „Hamburger Nachrichten", der sich über die Art de» russisch- deutscken Einvernehmen» vor 1890 ausspricht und die Gründe des Wechsel» der russischen Politik erörtert, lautet folgendermaßen: Die „Vossische Zeitung" erinnert daran, daß Fürst Gortschakow iin Jahre 1882 vom Amte zurlickgetrelen und im Jakre 1383 ge» slorben, Fürst BiSmarck dann aber noch sieben Jahre Reichtkanzlrr geblieben sei; wilre die Persönlichkeit des Fürsten Gortschakow das einzige Hinderniß de» deulsch-russiichen Einvernehmen- gewesen, so hatte es wohl überwunden werden können. Ta» «inzige Hindernis ist Fürst Gortschakow allerdings nicht gewesen. Trotz seiner vornehmen Stellung war er doch nicht mächtig genug, um an der Entsremdung Rußland- gegen Deutschland mir Erfolg zu arbeiten, weun ihm nicht andere Einflüsse und Ereignisse zu Hilfe gekommen wären. Die russische Krieg-Politik harte nicht die Erfolge gehabt, die man von ihr erwartete; vielleicht deshalb, weil sie ihre Bestrebungen nicht innerhalb der Grenzen gehalten hatte, die ursprünglich beabsichtigt waren, außerdem aber auch, weil sie militairisch vor Heranziehung des Generals Tot leben nicht so sachkundig geleitet war, um Erfolg zu sichern. Wenn inan der russischen Politik wettere Ziele zuschrieb, so war sie nicht entschloßen genug, um rechtzeitig mit den schwachen Kräften, die blieben, einen Vorstoß auf Konstantinopel zu machen. Diese Verjäumniß war, wenn man überhaupt ein großes Geschäft machen wollte, 6 Wochen später nicht mehr uachzuholen. SS waren also militairisch» und politische Fehler begangen und die Perantworltichkrit für diese Fe, ler wollte man nicht in der Stnatsleitung tragen, sondern suchte sie dem gutmüthigen deutschen Freunde zuzuschieden. An hohen, vielleicht höchsten Stellen wurde damals gesagt: „Die Unterstützung Deutschlands ist zu platonisch, zu wenig praktisch". Nun, über die platonische, d. h. über die wohlwollende Neutralität hinauszugehen, hätte die deutsche Reichsleitung wieder vor ihrer eigenen Nation nicht verantworten können. Ader Thatsache bleibt immer, daß außer der Thätigkeit Gortschakow'- die verantwortlichen russischen Leiter das übereinstimmende Bedürfnis hatten, für die vorgekommenen Jrrthiimer einen anderen Schuldigen zn suchen, un baue Lmirsair«, und dazu schien der „platonische" Deutsche geeignet, den man in die Wüste außerhalb der alten Grenzen der russischen Liebe hinausstieb. Insofern hat die „Bossische Zeitung" Recht, daß Gortschakow allein nickt stark genug gewesen wäre, da» schwer wiegende russische Reich auS seiner deutschen Freundichaft in die Stellung hinüber zu schieben, welche dir russische Presse nach dem Berliner Congrrß einnahm. Aber der Artikel der „Doss. Ztg." führt seine irrthümlich« Auf- fassung auch für die Zeil nach dem Abschiede und dem Tode Gortschakows durch, indem er behauptet. Laß dessen Nachfolger sowohl, wie die Zaren, denen diese Nachfolger dienten, seine Politik fortgesetzt hätten. Da-ist absolut unwahr. Schon in Skiernie- wice, also sehr bald nach dem Thronwechsel und dem AuS- scheiden Gortschakow'-, war da- gut» Einvernehmen der deutschen und der russischen Politik herg »stellt und blieb in dieser Ver fassung bi- 1890. Di- zu diesem Termin» waren beide Reiche tm vollen Einvrrständniß darüber, daß wenn ein» von ihnen an gegriffen würde, da» andere wohlwollend neutral bleiben solle, also wenn beispielsweise Deutschland von Frankreich angesallen wär», so war di» wohlwollend« Neutralität Rußland» zu ge- wärtigrn und dir Deutschland-, wenn Rußland unprovocirt angegriffen würde. Diese» Einvrrstänbaiß ist nach dem Ausscheiden des Fürsten Bi»marck nicht «rn»««rt worden »ad wenn wir über di» Vorgänge in Berlin richtig unterrichtet sind, so war es nicht etwa Rußland, in Verstimmung über den Kanzlerwechsrl, sondern Graf Laprivi war es, der die Fortsetzung dieser gegen- festigen Assecurranz ablehnt«, während Rußland dazu bereit war. Wenn man dazu di» gleichzeitige polonistrend« Lera, die durch di« Namen Stadlewlki und KoScielSkt gr» kennzeichnet ist, politisch in Anschlag bringt, so wird man nicht zweisrlhaft sein können, daß di» russische Regierung sich fragen mußt«: welch« Ziele kann dtesrr preußisch» Poloni-mu« hab«n, der mit d«n Tradlttoaen Kaiser Wilhelm» l. so flagrant im Widerspruch steht? Wir lassen andere gleichzeitig» Symptom« antirussischer Strömungen in der politischen Richtung der Wilhelmstraße hier unerwähnt; di» Situation war schon durch die Laprivt'sche Haltung in der europäischen und in der polnischen Politik für Rußland eine solch», daß dies« Macht, so groß sie ist, sich doch über die Zukunft Gedanken machen muhte. Rußland Hai im Krimkrieg« di« Situation erlebt, daß all« übrigen Großmächte, Frankreich, England, Italien, ihm gegenüber im Feld« standen, daß Oesterreich da» Gleich« «»drohte, wenn Rnßland nicht bestimmt, Lonasstone« macht«, nnd daß Preuße», di» letzt» der russen- freundlichen Großmächte, nnr mit großer Anstreugung davon abgehalten ward«, di« Loaiition aller europäischen Mächtr gegen Rußland zu vervollständige». Wir »olle» nicht sag«», daß di« Wiederholung dieser Eomplicatton in der Wahr- schrinlichkeit liegt, aber wir finden e» doch nur erklärlich, wenn auch »in so mächtiger «nd »naugreisbarir Staat wt, da» rassische Reick sich sagt: „Einen sicheren Bnade»genosirn müssen wir un« in Europa zu halten suchen. Wir hatten früher auf den Dreikaiser- bund gerechnet, dann wenigsten» auf da« Hohrnzollernsch« Hau« in seinen gesteigerten Machtmrhäitnisse»; wenn wir ab«r von dort her. anstatt eine zuverläisige Stütz« in schwierigen Logen zu finden, »in, Behandlung der polnisch«» Frage« »leben, die nnr russen- feindlich gemeint sein kann, dann müssen wir doch sehen, daß wir »Ine anderweitige Anlehnung finden, di« sonst bisher keine ent scheidend» AnziehungSkrast für un« hatte." So entstand Kronstadt mit der Marseillaise und die «rst» Annäherung zwilchen dem absoluten Zarenthum und der fran zösischen Republik, unserer Ansicht nach ausschließlich durch di» Mißgrisse der Laprivi'scheu Politik herbei-,führt. Dieselbe ha» Rußland graöthigt, di« Assekuranz, di» ein vor- sichtiger Politiker .in den großmächilichen Beziehungen Europa» gern nimmt, in Frankreich zu suchen." Deutsches Reich. -8- Leipzig, 24. Oktober. Au« Leserkreisen geht den „Berliner Neuesten Nachrichten" di« Anregung zu, für die Angehörigen der Schutztruppe in Südwest-Afiika Porto freiheit nach Maßgabe der Feldpo st dren st »Be stimmungen zu beantragen. E» schein» dieses Verlangen nicht mehr al- billig zu lein. Wenngleich die Ossikitre und Mannschaften der «chutztruppe sich freiwillig zu diesem Dienst gemeldet hätten, so seien sie erstlich doch sämmtlich dem siebenden Heere entnommen, sodann sei diese Schutz truppe für Dentichland absolut erforderlich uad bild« einen inlegrirenven Tbeil unserer Wehrkraft. Zudem würde die Portofreibeit namentlich den in Deutschland verbliebenen Angehörigen, Vie Packet« ,c. nach Südafrika zu senden haben, zu Gute kommen. Es bestehe kein Grund, d,e Sckuytruppe nicht als eine dauernd vor dem Feinde stehende Abtheilung de- Heere- zu behandeln und ihr die gleichen Posterleichternngen zuzuwenden, wie dies bei jeder mobilen Ablbeiiung der Armee der ixall sein dürfle. — So dankenswert!) eine solche Einrichtung sein würde, so stehen, wie wir auf Erkundigung erfahren, ihrer Einführung doch die größten Schwierigkeiten entgegen, da die Postsachen für die Schuylruppe zum Theil aus dem Landwege (bis Brindisi) befördert werden. Nach den Bestimmungen des Wellpostvertrag» Haden die Staaten, durch deren Gebiet Postsendungen gehen, an deren Porto nach Maßgabe be sonderer Bestimmungen Anlheil, e» ist völlig ausgeschlossen, daß diese Staaten zu Guusten der deutscken Schutztruppe auf ihren Ponoantheil verzichten. — UebrigenS besteht für die in fremden Lanken befindlichen Angehörigen der deutschen Marine insofern eine Porlovergünstigung, als Briefe an sie nur bis Berlin srankirt zu werden brauchen; von Berlin aus erfolgt deren Beförderung an die Adressaten in be sonderen Briefdrnteln frei. Für Packele besteht diese Ver günstigung allerdings nicht. /S. Leipzig, 24. Oktober. Herr Liebknecht, der als unnützer Greis auf dem Gothaer Parteitage abgeschlachtet worden ist (vrgl. den heutigen „Kladderadatsch"), macht krampf hafte Versuche, sich bei den „Genossen" journalistisch wieder i« Gang zu bringen: er überbietet sich selbst im Schmähen alle» Dessen, was vaterländisch ist. So spricht er vom Fürst en Bis marck als von dem „pensionirtcn NeichSrüprl im Sachsen walde", dem „brutalen Rowdy", und schreibt unter ter Spitzmarke: „DaS I lti S - F l a g g e u 1 i ed* wörtlich Folgendes: „Es wird jetzt daran erinnert, daß schon in der Seeschlacht von Lissa — 1866 — rin ähnlicher Vorgang sich ereignet hab», wie der Untergang de« „JlitS" mit SangeSbegleitung. Die Mannschaft «ine- siukenden italienischen Schiffe- hab» noch gerufen: „E-leb» Italien!" Daß bei solchen Katastrophen die Exaltation sich durch derartige Rufe au-drückt, ist frhr natürlich. Bekannt ist, dah die Mann- ichaft de« französischen Schiffes „vengeur", da» im Jahre 1793 von einem größeren englischen Schiffe in Grund geschossen ward, während des Sinkens: „Vivo la Ltzpudligue!" rief und den Re- irain des Girondistenmarsche-: „Va H-pudligus uoua »ppello, «obov» vainere, aacdooa psrirl" (die Republik rnst onS, wissen wir zu siegen, wissen wir zu sterben!) so lang» sang, bi« di» Meeres wogen über Schiff und Mannschaft zusammenschlugen. Aber da» war kein commandirte» Singen, wie angeblich — denn offen gestanden, wir glauben da» Heldea-Geschichtchen nicht - im Falle de« Jiti-." Ekelhafter, als eS hier geschehen, kann die Vaterlands losigkeit sich nicht offenbaren. Wenn Italiener und Franzosen al» Helden sterben, so findet der „Vorwärts" da» „sehr natürlich"; wenn aber Deutsche denselben Rubm erwerben, dann „glaubt" da» der „Vorwärts" nicht! Um bei seinen Gläubigen den Glauben zu erwecken, er „glaube" es wirklich nicht, daß die Besatzung Vr» „IltiS* vor dem Untergang« da- Flagarnlieb gesungen habe, lügt der „Vor wärt»*, der Gesang sei „commanvirt* gewesen. Wie «» mit dem Gesänge in Wirklichkeit sich verhielt, weiß der „Vor wärt»* au» dem amtlichen Berichte natürlich ebenso gut wie jede» andere Blatt. 2« dem Berichte de» Contrrabmiral« Tirpitz aber beißt r»; „Durch den heftigen Seegang Wurde da» Schiff fortgesetzt gegen den Felsen gestoßen und hat sich infolge dessen in zwei Theile ge- trennt, e» ist dicht hinter dem wasserdichten Schott, welche» daS Vorschiff nach hinten abschloß, durchgebrochrn. Als diese- eintrat, bi« Stund» nach dem Feslkommrn, bracht» der Eommandant, Lapitain-Lieutenant Braun, drei Hurrah« für Sein» Majestät den Kaiser au». Der größer« Theil der Mannschaft hat sich b«i den Lsfielere» aus dem Achterschiff aufgehalten und hat inmitten der überkommenden Brecher, »ährend eia Jeder dafür zu sorgen hatte, daß er nicht weggrspült wurde, »och dem Vorgang de» Ober- FeaerwerkSmaatea Raehm da» Flaggealied angestimmt." Wenn dieser allbekannten authentischen Darstellung zum Trotz drr „Vorwärts" sein» Lüge anftischt, ko geschieht e» einmal zu dem Zweck, den tiefen Eindruck adzuschrvachen, den vat brldenmüthigr Verhalten der Besatzung de» „Iltis" offenbar auch in den Reiben der „Genofsen" gemacht hat: sodann aber macht die giftige Wuth gegen di» drr social- kemokratiscken Verhetzung Unzugänglichen — «ine Stimmung der H«rr Sckönlank, wir bekannt, unvorsichtiger Weis« deutliche Worte lieb — in dieser verächtlichen Lüg« sich Luft. Gilt Herr Liebknecht Len „Genossen" jetzt wieder al« „rehabUitirt"? 6. 8. Brrlin, 24. Oktober. Die Anarchisten sind be kanntlich schon seit längerer Zeit emsig bemüht, in den Ge werkschaften festen Fuß zu fassen, und betrachten al» bestes Operationsfeld solche Orte, in denen große, aufregrnde Streiks verloren gegangen sind und in Folge dessen eine gereizte Stimmung gegen dir Grwerkschaft-jübrer brrrscht. So in Eottbu», wo der verloren gegangene Textilarbeiterstreik die Gemlitber stark gegen die damaligen Leiter des Streike» er bittert bat. Diese anarchistische Takiik soll sich bewährt haben; in Cottbus ist ein anarchistischer Verein gegründet worden, und ein weiterer Bewei» für da» Umsichgreifen de» Anarchis mus ist wohl die Thatsache, daß in einer großen, von Social demokraten rinberufenen Volksversammlung, in drr über Vie Zage der Arbeiter in den Tuchfabriken verhandelt werden sollte, rin Anarchist zum Vorsitzenden gewählt wurde. Die anarchisiiichenAgitatorrninNorddrutschlaiid badrnSuccurs durch den „Genossen" Dempwoif erhalten, der früher in Süddeutsch land tdätig war und al« hervorragende Leuchte drr Social demokratie eine erst« Rolle spielte. Vor kurzer Zeit befanden sich die Anarchisten bekanntlich in größter pekuniärer Ver legenheit, da die „Genossen" in der Absendung der Abonne- m-nlSgcider für den „Socialist* und den „Armen Conrad* sehr säumig waren; jetzt soll so viel Geld ringelroffen sein, daß die beiden Blätter vorläufig weiter erscheinen können. Demnächst wollen die Anarchisten wieder eine größere Agitation, namentlich durch Broscküren-Lersandt, entfalten. Natürlich beulet die anarchistische Presse auch die Ermordung deS JustizraihS Levy in ihrem Sinne nach Kräften auS; der „Socialist" ist entrüstet darüber, daß der Postbeamte Grosse seinen Bruder der Polizei überliefert bat. „Wir glauben nicht", so schreibt daS Blatt, „daß ihn dazu in erster Linie die ausgesetzten LOOO Belohnung veranlaßt haben. ES ist vielmehr anzu- nebmen, daß er vollständig im Banne der autoritären Vor stellung stand, etwas GnkeS zu tbun, wenn er den jungen Menschen dem Strafrichter preisgab. Hier trennen sich alte und neue Moral." Der „Arme Conrad" wälzt natürlich alle Schuld auf die bürgerliche Gesellschaft. „Em Mord! — huhu — ein blutiger Mord . .. Wer trägt denn die Schuld an dem Unglück? Der Mangel an Polizei? Wahrhaftig, man ist so schamlos, da» zu behaupten. Lächerlicher Wahn sinn! Verbrecherische Lüge! Der Hunger, das Elend, die Mißachtung der Besitzlosen — die frevelhafte Profitgier, der LuxuS, der Uebermukb der Besitzenden — daS sind die Ur sachen einer solchen Bluttbat", ruft dieses Blatt auS, und viel größere Schaaren, al» man glaubt, verschlingen diese Lektüre. * Berlin, 24. Oktober. Die brandenburgische Pro vinzialsynode Hal gestern nach zweitägiger, zum Tbeil erregter Debatte betreffs der Anstellung der evan gelischen Professoren drr Theologie auf den An trag des Herrn von Manteuffel mit 94 gegen 30 Stimmen beschlossen: „Provinzialiynobe spricht die Erwartung au», daß da» hoch- würdige Kirckemegiuient in stärkerer Weist al» bisher drr Staat-- Verwaltung gegenüber den Anspruch der Kirche auf dir Berusung solcher Professoren für die evangelisch-theologischen Facullät.n, welche in dem Bekenntniß der Kirche stehen, zur Geltung dringen werd«. Sie richtet demnach an den evangelischen Oberkirchenralh di» herzliche Bitt«, seinen ganzen Einfluß in dieser Richtung geltend zu machen." Die „Nat.-Ztg." knüpft hieran folgende Bemerkungen: „Die Debatte, m welcher die Herren Bogel, Stöcker und Genossen wieder da» Menschenmögliche leisteten in der Ver unglimpfung so gemäßigter und kirchlich gesinnter Männer, wir r» dir Vertreter der heutigen „liberalen" Theologie sind, drehte sich, wie gewöhnlich bei diesen Debatten, um die Be hauptung, daß die theologische Wissenschaft sich nicht an das „Bekenntniß" binde — da- Bekenntnis, über dessen Beveutuug nicht zwei drr Eiferer, nicht die Herren Vogel und Stöcker, vir gleiche Auskunft geben würvrn, wenn man sie nach der genauen Bedeutung derjenigen Sätze fragen würde, deren Nichtachtung sie chen verketzerten Professoren vorwerfen. Wie am Donnerstag Professor Kaftan, so hat gestern Pro fessor Kahl, dieser nach einer erstaunlich schwächlichen Rere vr« Vertreter« deS Kirckenregiment», de» Consistorialpräsi- venten Schmidt, die Angriffe der Orthodoxen auf Vie Freiheit drr theologischen Wissenschaft in überzeugrudster Weise mit Entschiedenheit zurückgewiesrn, und ihnen hat sich der al» Mitglied der Synode redend« Professor Propst von der Goltz, drr Liceprästdent de» Obrrkirchrnratb«, mit be« merken-wrrtbrm Nachdruck ang«schloss«n. Drr Eonststorial- prästdrnt Schmidt hatte, während er kein Wort d«r Abwehr gegen die Angriffe auf di» wissenschaftliche Freiheit fand, nur gebeten, au« dem oben mitgethrilten Antrag Manteuffel die Worte „in stärkerer Weis» al« bisher* zu streichen; e« war die ganz angemessene Antwort auf solche Schwäche, daß dieses Ersuchen wirkungslos blieb. Im Abgeordnetenhaus« wirv k« hoffentlich nicht an einer entschiedenen Abweisung de« neuen Versuche-, die staatlichen evangelisch-theologischen Fakultäten unter die Herrschaft orthodoxer Synoden zu beugen, fehlen; angesicht» der bekannten Neigungen de» EuiluSmiuistrr» Bosse wird da» sehr nothwenbig srm." L. Berlin, 24. Oktober. (Trlegramm.) Der Kaiser gedenkt heute Nachmittag Schwerin zu verlassen und gegen 8 lihr Adrnd» auf drr Wilvparkstalion, dez». im Neuen Palais wieder rinzutreffra. D Berlin, 24. Oktober. Wie drr „Reich-anz.* meldet, ist dem bisherigen Direktor der Colonialabtheilung Vr. Kayser brr seinem Ausscheiden au» dem Diruste de» Auswärtigen Amte» der Stern zum Rothen Adlrrorden 2. Claffe mit Eichenlaub verliehen worden. — Die „Nordd. All gern Ztg.' übernimmt die Meldung der „Köln. Ztg.*, e» unter liege keinem Zweifel, daß der DuodeSrath in seiner letzten Sitzung Herrn vr. Kayser für die Stelle des auSschridrndru SrnatSprasidente» de« Reichsgericht« vr. Wiener in Vorschlag gebracht habe. Die „Nat.-Ztg." will sogar wissen, dir Ernennung vr. Kayser'», drr heut« die Geschäfte de» DirectorS der Colonialabtheilung im Aus wärtigen Amte an seinen Nachfolger übergeben hat, zu«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht