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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961030016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896103001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896103001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-10
- Tag1896-10-30
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Di« Morgen-A-»gabe erscheint um '/,7 Uhr, dt« Ab«ad-Ausgabr Wochentag» um 5 Uhr. Rr-actio« und Lrve-itton: A»banne»»asie 8. DitExproition ist Wochentag» nnunterbroche» g<öar1 von früh 8 bi» Abend» ? Uhr. Filiale«: 's '« ' Dtt» klemm'» Lortim. (Alfrr» Ha-«>> Univrrsitattslraße 3 (Paulinmn), Lonl» Lösche, Natbmnnevstr. 14, vart. und KönlgSvlay Bezugs-PreiS ku der Hauptexpedition oder den im Stadt- d«trk und den Bororten errichteten Lu»« aavestellen abgebolt: vierteIiüdrlich^lL.50, bei jnximatiger täglicher Zustellung in» Hau» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: oierreliädrlich -41 6.—. Lirrrtr tägliche Kreuzbaudienduu- tu» Au»laud: monatlich ^l 7ckO. Morgen-Ausgabe. WpMcrTagMM Anzeiger. Amtsblatt des Äönigkichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Polizei-Amtes der Stadt Leipzig. Freitag den 30. October 1896. Mnzeigen'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile LV Pf^ Reklamen unter demRedactionSstrich (»ge spalten) öO^j, vor den Familirnnachrichten (k gespalten) 40 GrStzer» Schristen laut unsere« Preis« mrzeichnib. Tabellarischer uud Ztfirrnsatz nacy höherem Tarif. Ertra» Beilagen (gesalzt), «ar mN de« Morgen-Ausaab«, ohne Postbeförderung » SO.—, mit Postbesördrrung 70.—. Iinnchmeschluß für Anzeigen: Ab end «Ausgabe: Vormittag» 10 UhL Morge n-Au-gabr: Nachmittag» 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je «in» halbe Stunde sruher. Anreisen sind stet» an die Expedition zu richten. — > » Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig 80. Jahrgang. PM- Am 31. October (Neforrnationsfest) erscheint die Abendausgabe unseres Blattes nicht. Des daraussolgenden Sonntags wegen kann die nächste Nummer erst am Montag, den 3. November, srüh ausgegeben werden nnd werde» Inserate für dieselbe bis heute Freitag Abend V Uhr entgegengenommen. Dxpvckitio« n«« Die Mitgliederzahl der Strafkammern. 2S Dir erst« Vorlage, ckie den Reichstag in dem heran nahenden Tagungsabschnitt beschäftigen wird, ist bekanntlich die Iustiznovelle. Wenn auch an ihrem Zustandekommen kaum zu zweifeln ist, so wird sich doch um einzelne Punkte auch noch in der zweiten Lesung ein heftiger Streit ent- spinnen. Zu den streitigen Fragen gehört die Bestimmung über die Zahl der Strafkainmermitglierer. Die Commission hat bekanntlich, dem Wunsche der Negienung entsprechend, die Zahl der Richter auf drei festgesetzt; indessen tritt ein er heblicher Theil der Abgeordneten für die Beibehaltung von fünf Richtern ein. — Wenn wir die Frage nochmals kurz vor der Entscheidung erörtern, so bemerken wir vorweg, daß kaum eine Frage so wenig dazu angethan ist, vom Partei- standpuncte aufzcfaßt zu werden, wie diese, denn eS^kann sich hier nur um technische Erwägungen handeln. Wenn gegenwärtig das Collegium aus fünf Richtern be steht und wenn zu der Berurtheilung vier Stimmen erforder lich sind, so findet dieser Zustand in dem Mangel einer Be rufungsinstanz seine völlige Begründung. Daß aber an sich eia Apparat von fünf Richtern erforderlich wäre und daß statt der einfachen Majorität eine vierfache zur Berurtheilung gehörte, erscheint nicht notbwendig und sieht im Widerspruche zu dem civilrechtlichen Verfahren, in dem die Berufung, die jetzt in den Strafproceß eingefübrt werden soll, scbon besteht. Man wird nicht behaupten können, daß im Civilverfahren di« daS Urtheil bestimmenden rechtlichen Fragen leichter zu entscheiden seien als im Strafverfahren: man wird im Gegen- theil behaupten müssen, daß sowohl die Rechtsfragen schwieriger sind, al- auch die Erfahrung unv LebenSkenutniß der Richter reicher sein muß. Wir können unö auch nicht mit dem pathe tischen Eitrwande einverstanden erklären, daß eS sich in Straf sachen um die Ehre deS Angeklagten hanvcle unv daß deshalb die größtmöglichen Garantien für ein richtiges Erkenntniß ge schaffen werden müßten. Wir meinen, daß erstens es sich doch uur in einem beschränkten Theile der Strafsachen um die Ehre deS Angeklagten handelt und daß, die Gesammt- beit der Strafsachen zusammengefaßt, e- sich im Durch schnitte um den minder tüchtigen, minder wertbvollen und darum auch minder berücksichtigungSwerthen Theil der Be völkerung handelt: wir geben zu erwägen, daß eS sich in Civilsachen oft genug um da» Geschick eine- Men schen, oft genug um die wichtigsten Fragen de« Familien leben» handelt und daß hier die Bevölkerung in allen ihren Theilen gleichmäßig an einer richtigen Rechtsprechung un mittelbar' interessirt ist. Da nun für die Cwilgeseygebung eia Bedürfniß zu einer stärkeren Besetzung der Kammern sich durchaus nicht herauSgestellt hat. so ist aus juristischen und sittlichen Gründen nicht abzusehen, warum m den Straf kammern dir Drrizahl der Richter nicht genügen sollte. Ueber- die» ist man bei der Entscheidung der Frage durchaus nicht auf bloße Erwägungen angewiesen, sondern kann sich auf praktisch« Erfahrungen stützen. Gegen die Urtbeile, welche von den schon jetzt mit nur drei Mitgliedern besetzten Berufungs kammern M Übertretung»- unv Privatktagesachen gefällt werbra, ist diSher von keiner Seite der Borwurf der Minder- werthi-krtt im Vergleich mit den erstinstanzlichen Straf- kammrrurtheilen erhoben worden, uyd die» erscheint um so berücksichtigungSwerlher, als die Zulässigkeit der Revision gegen solche Urtheile beschränkt ist. Rechtlich liegen diese Strafsachen nicht leichter, als die zur Zuständigkeit der Strafkammern in erstinstanzlichen Angelegenheiten gehörenden Fälle, und der Auffassung, daß r» sich hier nur um leichter zu büßend« Delicti handele, setzen wir den Einwand entgegen, daß der Richter bei schwerer zu ahnenden Delikten noch ein höhere» Maß von Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit entwickeln wird. Die Erhöhung seiner Aufmerksamkeit wird für den Richter, der nur noch zwei College» zur UrtbeilS- findung neben sich hat, durch die starke Verantwortlichkeit, die infolge dessen auf ihn entfällt, bewirkt. Wenn wir für die Dreizahl der Richter eintreten, so schließen wir uns dabei nicht dem finanzpolitischen Gesichts punkte der Regierung an. Wir wollen nicht wie die Ne gierung eine Verminderung der Richlerstellen in der ersten Instanz herbeifübren, sondern wir wollen die überschüssig werdenden Richterkräfte im Interesse einer Verbesserung der Strafrechtsplage zur Bildung einer größeren Zahl von Strafkammern verwendet wissen. Wenn über den Niederganz unserer SirafrechtSpfhge — unv vielfach mit Recht — geklagt wirv, so liegt der Grund hierfür weniger in dem geringeren Können unserer heutigen Richter, alS in der Ueberlastung oer Strafkammern, welche eine ge nügende Vorbereitung der Strafsachen vor dem Hauptverfahren nnd eine sorgfältige Behandlung in der Hauptverhandluog selbst, sowie eine volle Aufmerksamkeit der Richter in der Verhandlung unmöglich macht. Vergrößert man die Zahl der Strafkammern, so wird durch die natürlich eintrelenve Verminderung der auf eine jede Strafkammer entfallenden Zahl von Sachen eine sorgfältigere Behandlung bei der Be schlußfassung über die Eröffnung des Hauptverfahrens, die beule sehr viel zu wünschen übrig läßt, sowie eine größere Frische der Richter in -der Hauplverhanvirmg erzielt Aus diesen Gründen sind wir der Meinung, daß eine Herab setzung der Zahl der erkennenden Richter bei einer gleich zeitigen Vermehrung der Strafkammern nicht uur unbedenklich sondern erstrebenSwerth ist. Deutsches Reich. L2 Berlin, 29. Oktober. Die „Kreuzztg." hat dieser Tage in einem von uns schon erwäbnten, „Laßt uns nüchtern sein" überschriebenen Artikel die von der konservativen Partei abgesplilterten Gruppen zur Rückkehr ins Vaterhaus ermahnt. Dabei ist namentlich auch der Sonderstellung des Bundes der Landwirthe gedacht worben, unv jedenfalls auf diese Bereinigung war es gemünzt gewesen, als das Blatt schrieb: „Möge nun einmal die positive Lage der Dinge mit dieser Nüchternheit geprüft werden: Noch haben wir in Deutsch land eine Obrigkeit, die gottlob ihre Autorität biSber gewahrt hat, eine Autorität, die gerade wir Con- servativen nach dem obersten Grundsätze unserer gemein samen Devise zu stützen haben: denn auf ihr be ruht der Halt unserer ganzen gesellschaftlichen Ordnung; mit ihrem Herabsetzen schwächen wir die letzten Bande, die unsere politische Macht zu einem kräftigen Körper zusammen hält. Diese Obrigkeit rsl überdies Pon Gott eingesetzt und ihre Organe haben für den Christen Gehorsam zu beanspruchen." Die Pretzorgane de- Bunde- der Landwirthe haben die angeführten Sätze ignorirt und nur im Allgemeinen bemerkt, di« „Kreuzztg." thäte besser, derartige Auseinandersetzungen zu unterlassen. Daß der Bund sich an die konservative Mahnung nicht kehren zu müssen glaubt, bat er allsogleich durch die That gezeigt. Die „Deutsche Tageszeitung" bringt einen „Aufruf an die Lohdauern Deutschlands" dem, und zwar nicht obschon, sondern weil er in der Aufforderung, sich in der Quedrachozoll-Angelegenbrit an den Kaiser zu wenden, gipfelt, °die Absicht der Aufreizung gegen die „Obrigkeit" an dir Stirn geschrieben ist. DaS anonyme, also unter der politischen BerantworNichkeit de- Bunde- veröffentlichte Schriftstück steht ebenbürtig neben den älteren Variationen deS Thema»: „Die Regierung kann helfen, sie will aber nicht", sie will vielmehr „dem Freihandel die Eichenschälwälder zum Opfer bringen". In Wirklichkeit haben die Regierungen, als sie der die Ein führung eines wirksamen Schutzzolles auf Ouebracko- hol; fordernden NeickstagSresviulion vom 26. April 1895 keine Folge gaben, eine Maßnahme unterlassen, die der deutschen Eichenloheerzeugung nicht genützt, aber die blühende deutsche Gerberei schwer geschädigt hätte. Die Lage der Schälwaldbesitzer läßt ohne Zweifel zu wünschen übrig, aber daS Quebrachoholz verdrängt nicht nur nickt die deutsche Lobe aus den deutschen Gerbereien, es läßt hier nock die Verwendung von Eichenlohe in einem Umfange zu, dem der deutsche Schälwald noch nickt einmal zur Hälfte zu genügen vermag. Die deutsche Gerberei braucht ungefähr für 15!/, Millionen Mark Eickenlohe. Davon liefert Deutschland etwa für 6>/< Millionen, das Ausland (Ungarn, Frankreich u.a. L.) sür 9 Millionen Mark. DaS deutsche Product macht also daS gleichartige ausländische nickt ent behrlich, um wie riel weniger würde es mittels Schutzzolles daS billigere Quebrachoholz verdrängen können, von dem etwa ür 15 Millionen Mark — zur Hälfte für Gerberei-, zur Hälfte für Färbereizwecke — eingeführt wird. Die auf Verbrauch von Quebrachoholz eingerichteten Gerbereien würben nach der Erhöhung des Preises durch einen Zoll nicht zur Verwendung von Eichenlobe übergehen können, weil sie dadurch aus dem Weltmarkt konkurrenzunfähig würden. Sie würden also, wenigsten- für den Export, zu arbeiten aufdören oder fj«. nach dem AuSlanbe ziehen; in dem einen wie dem ändern Falle hätte die deutsche Eichenlohe keinen Nutzen, die Industrie aber einen dadurch vermehrten Nachtbeil, daß die Verminderung der Lederherstellung eine Abnahme der Lederwaareufabrikation nach sich ziehen würde. Zu beachten ist noch, daß, wie der Reichslagsbeschluß auch verlangte, mit dem Zoll auf Quebrachoholz ein solcher auf die Extrakte und Präparate auS diesem Naturstoff gelegt werden müßte. Der Zoll auf Extrakte ist aber in den Ver trägen mit Oesterreich, Italien und Belgien gebunden. Ob die deutsche Regierung versucht Hal, eine Verständigung mit diesen Staaten wegen der Extrakte auS Quebracho- holz herbeizuführen, wird sich ja Herausstellen. Jedenfalls wird sich Oesterreich-Ungarn nicht herbcilassen, in eine Her aufsetzung der gleichfalls gebundenen Zölle auf seine Gerbe hölzer, also namentlich auf Eicheulohe, zu willigen, und doch wäre dies der einzige Weg, die Production der deutschen Eichenlohe mittels de- Schutzzölle- lohnender zu gestalten. * Berlin, 29. Oktober. In der Wiener Wochenschrift „Die Zeit" theilt der Nationalökonom vr. Rudolf Meyer «inen bisher unbekannten Gesetzentwurf „über Einführung de» Normal-Arbeit-tage-" mit, der kurz nach dem Eisenacher Kathedersocialistentag im Iabre 1872, angeblich auf Verlangen BiSmarck'S, von Meyer redigirt, von Geheim- rath Wagener verbessert und dem Reichskanzler vorgelegt worben ist. Der Entwurf bestimmt einen Normalarbeitstag von wöchentlich 56»/, Stunden für alle Arbeiter, also auch für di« im Handwerk beschäftigten und sogar sür die ländlichen Arbeiter. Der di« Landarbeiter betrrffende Passus lautet: „Der Normal-Arbeit-tag wird durch den Arbeitsinspector »ach Anhörung der Krei-vertretung für jeden Arei- monatsweise so fest« gefetzt, daß di« Summ« der jährlichen Arbeitsstunden nicht das Pro duct au- drr Zahl der Wochen mit 56'/, multipliclrt übersteigt. Danach kann für Frühjahr und Herbst »in 1l«, für die Erntezeit ein 12-stündtqer Normalarbeitsrag festgesetzt werden, j« nach dem Bedürfniß der Legend. Di« regelmäßige Arbeitszeit darf zu keiner Zeit 1L Stauden am Lag« übersteigen. Im Winter muß sie für solche Fäll« rntsprechend weniger al» 10 Stunden betragen." Die Thatsache, daß Coaservativ« in den 7ürr Iahr«n sich mit dem Gedanken trugen, den Landarbeitern einen NormalarbeitStaz zu geben, ist gewiß nicht ohne Interesse, i Di« Verfasser de» Entwürfe- ließen sich dabei von dem Ge danken leiten, daß die Auswanderung der Landarbeiter für die Rittergutswirtbschaft eine große Gefahr sei, daß aber diese Auswanderung nur verhindert werben könne, wenn man eS den Landarbeitern „heimisch" mache, und eines der Mittel hierzu sahen sie eben im Normalarbeitstag. Bismarck ist aber den Anregungen, die Mcyer und Wagener in diesem Entwürfe, sowie in der Presse gegeben hatten, bekanntlich nicht gefolgt. * Berlin, 29. October. Ueber die sür die Officiere beabsichtigten GebaltSverbesserungen wird dem „Hannov. Cour." geschrieben: Sie sollen mit dem Premier lieutenant beginnen und mit dem Regimentskommandeur ab schließen. Alle diese Chargen, auch die mit einem besonderen Gehalt auszustattenbe des Oberstlieutenants, die bisher mit derjenigen des Bataillonscommandeurs gleich bedacht war, sollen eine Erhöhung der Bezüge erhalten, bei den Hauptleuten so, daß der Hauptmann 2. Classe mehr, der Hauptmann 1. Classe eine Kleinigkeit weniger erhält al» bisher, kurz so, daß nur noch eine HauptmannSclasse existirt. Man führt also nicht das System der Alterszulagen durch, was in vielen Beziehungen sich sehr empfohlen hätte. Das gilt speciell von den Hauptleuten. DaS will uns unrichtig erscheinen und muß dazu führen, den alten Hauptmann mißmuthig zu machen, bei welchem, wenn er beiralbet, doch mit dem Alter und dem Wachsen der Familie auch die Ausgaben steigen. Die Bezüge des neu ernannten Hauptmanns können sehr wohl etwas niedriger bemessen werden, als beabsichtigt, er empfindet dann doch noch immer einen großen Fortschritt gegenüber dem neuen Gebalt deS Premierlieutenants; den alten Hauptmann aber sollte man etwas besser stellen als bisher unv dies um so mehr, als, wenn unsere Imformationen richtig sind, waS wir glaube», der Sprung vom Hauptmann zum Bataillonscommanveur ein ganz gewaltiger sein wird. Bei den Slabsofsicieren will man ja ein gewisses Alters- stufensystem auch einführen, indem man dem Oberstlieulenant em besonderes Cbargengehalt zuzuweisen gedenkt. Für die finanzielle Gesammtwirkung ist eS aber gleichgiltig, ob man allen Hauptleuten 3600 oder der Hälfte 3000, der andern 4200 Gehalt zahlt. (-) Berlin, 29. Oktober. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Zrg." meldet: Den beiden Lfficteren des Lloyddampfers „Hohcuzolleru", die s. Zt. zu hohen Geldstrafen wegen Be tretens des FestungsrayonS von StonecutterS Island im Hafen von Hongkong verurtheilt wurden, ist die Strafe nachträglich erlassen worden. L. Berlin, 29. Oktober. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Z." berichtet: Ueber ein Vertrauensvotum für Lieb knecht in seiner Eigenschaft als Leiter des „Vorwärts" beriech e.ne socialdemokratiscke Parteiversammlung im dritten Wahl kreise, die sich hauptsächlich mit der Preßfrage und deren Behandlung auf dem Gothaer Parteitaae beschäftigte. Während ein Redner die Behandlung, di« sich der Veteran drr Partei in Gotha geiallen lassen mußte, als „schwärzesten Undank", als „schmählich und würdelos" bezeichnet», meinten Andere, Liebknecht trüge daran Schuld, daß drr „Borwärt-" an Ansehen und Gehalt verloren habe und den bürgerlichen Blättern in den meisten Beziehungen nachstehe. Unrichtig sei e« auch, daß auf dem Parteitage in der Pretzdebatle die Redakteure da« große Wort führten und die Arbeiter, die ihre Wünsche Vordringen wollten, mundtodt machten. Selbst dir Kuustdebatte, der „Glanzpunkt" der Verhandlungen, habe lediglich als Borwand für persönliche Streitigkeiten gedient. Da- Vertrauensvotum für Liebknecht wurde mit allen gegen sechs Stimmen abgelehnt, dagegen der üblichen Zustimmungskundaebung zu den Beschlüssen des Parteitag» eia Zusatz beigefügt, m dem die Haltung einzelner ^»nilletsn. Das Ualhsel der Marscanäle. von Leo Brenner, Dlrretor der Manora-Sternwart« in Lussiapiccolo (Istrien). Nachdruck »«rtotn. Unter den astronomischen Entdeckungen der neueste« Zeit hat Wohl keine da» Interesse de- »roßen Publicum- mehr erregt, al- jene der sogenannten Mar-canäle durch Schiaparelli im Jahr« 1877. Kein Wunder, daß seither eine Menge Tinte verspritzt wurde, lediglich zu dem Zwecke, da- große Publicum mit dem Wesen und drr Beschaffenheit diese Canäle bekannt zu machen. Da- Drolligste dabei war aber der Umstand, daß von all den Leuten, die darüber schrieben, kein einziger je «inen solchen Mar-canal gesehen hatte — ja. di« Wenigsten überhaupt den Planeten in einem ordentlichen Fernrohr! Denn volle neun Jahre ver- gitwen, ehe überhaupt ein anderer Astronom jene geheimniß- vollrn Canäle zu sehen vermochte, nur der Umstand, daß Schiaparelli bereit- in dem Ruf« stand, rinrr der größten lebenden Astronomen zu sein, verhinderte r-, daß man ihn unverblümt für einen „Schwindler" erklärt«. (D«r Euriositat halber sei bemerkt, daß r» noch heute in England eine Menge Astronomen aiebt — darunter sogar bekannte Namen — di« an di« Existenz der Mar-canale nicht alauben, weil sie diese — noch nicht selbst gesehen haben lj Denn wenn immer «in geschickter Beobachter etwa- Außergewöhnliche- entdeckt, schreit da- Herr der Ungeschickten: „Einbildung!" oder „Schwindel!" sobald die Entdeckung nicht von aller Welt gesehen werden kann. Mit den Mar-canälen war e- aber so eine eigene Sache. Schiaparelli besaß nur ein mittelgroße» Instrument (8'/,-Zöller)l und vermochte die Canäle nicht nur zu entdecken, sondern sogar ihre Verdoppelung wahrzunebmen, obwohl die Luft von Mailand durchau- nickt von besonderer Güte ist. Nun mühten sich aber alle Astronomen (darunter wirklich geschickte Beobachter) neun Iabre lang ab, Gleiche» zu srben, ohne baß e» ihnen gelungen wäre, trotzdem viel größere In strumente, ja sogar die größten der Welt — der 36-zöllige Lick-Refractor und der 72-zöllige Rofse-Reflector) — dazu verwendet wurden. Endlich im Iabre 1886 wurde der Baun gebrochen, indem der 30-zöllige Refractor von Nizza ebenfalls eine Anzahl Eanale zeigte. Seither lernen immer mehr Astronomen den Mar- zu beobachten und seine Canäle wahrzunebmen; aber immerhin ist ihre Zahl noch «ine sehr beschränkte. Die Meisten sehen überdies nur in Au-nahmefällen ab und zu einen Canal, so daß jene Astronomen, die bisher ein paar Dutzend Canäle gesehen haben, an den Fingern abzuzäblev sind, mehr al- 120 Canäle gesehen und neue Canäle entdeckt zu haben, können sich aber gar nur drei Astronomen rühmen: Schiaparelli, Lowell »ad meine Weniakrit; — Ersterer mit Refraktoren von 8>/, und 1v>/, Zoll Orffnung, Lowell mit soliden von 18 und 24 Zoll, und ich mit einem flebenzölligen Refractor von Reinfelder <L Hertel in München. Au- dem bi-hrrigen wird der Leser einen Begriff be« kommen haben, wie schwierig »S selbst für den Fachastronomen ist, di« Mar-canäle wahrzunehmen und er wird hoffentisi von dem eitlen Wahn geheilt sein, dies« Canäle selbst f »> zu können, wenn er sich auf die nächstbeste Sternwarte v.- giebt. Denn dazu sind drei Dinge erforderlich: 1) ein in der Planeten - Beobachtung außervrdenllick geübte- Auge; 2) durchsichtige ruhige Luft (wie sie in Deutschland und über« Haupt am Continent nur sehr selten gefunden wird); 3) ein tadellose» Fernrohr. Immerhin haben au-nahm-weis« an unserer Sternwarte vier Personen au- dem Publicum MarS- Canäle zu seben vermocht; sie waren aber — da- will ich hier offen verrathen — von dem Gesehenen sehr enttäuscht! Wie ich nämlich von ihnen erfuhr, hatten sie in einer vornehmen belletristische» Zeitschrift Deutschland» eine überaus phantasie volle Schilderung gelesen, in der e- beiläufig hieß: Lieber Leser! (Der Leser nämlich ist immer lieb, wenn man idm Unsinn vorsetzen will.) Wenn du den Mar- durch ein große- Frrnrohr ansiehst, so erschrickst du, selbst w»nn du keine zarten Nerven bast, dran du glaubst, daß unsere Erde mit ihren Bergen, Flüssen und Canälen über dir schwebt..." Danach darf man sich nicht wundern, wenn die guten Leut« nur mit Bangen sich vor unser Fernrohr setzten und dann mit ent täuschten Mienen ausstanden. Sie batten erwartet, den Mar- so zu erblicken, wie man unsere Erde auS einem Luft ballon fleht und statt dessen sahen sie eine kleine orangerothe Scheibe mit dunkleren und helleren Flecken in verschwommenen dunklen Linien — eben deck berühmten Canälen! Ich mußte herzlich lachen und tröstete die guten Leute mit der Be merkung, daß ein paar hundert Astronomen überglücklich gewesen wären, wenn sie Gelegenheit gehabt hätten — dasselbe zu sehen . . . Ich wette, daß die Mehrzahl der Leser jetzt ebenfalls rin «.duschte» Gesicht macht. E» wäre ja so schön gewesen, zn lesen, wie man das Wasser in den Canälen schimmern und stolze Flotten aus den Mars-Meeren schwimmen siebt; und nun kommt so ein nüchterner Astronom daher, schwatzt offen au- der Schule, zerstört die Illusionen der Laien und schildert trocken, wie der interessante Planet MarS in einem vorzüglichen Fernrohre wirklich anSsiebt! ... Es tbut mir herzlich leid, aber meine Gewohnheit ist e- nicht, die von einigen „populär-astronomischen Schriftstellern im Laien- publicum großgezogenen falschen Anschauungen noch zu nähren. Mein Streben geht dahin, dem Lairn die nackte Wahrheit zu entschleiern, nnd daS ist gewiß auch etwas Werth— wenigstens für den denkenden Leser. Der Mar- also zeigt sich im Fernrohre — unter günstigen Bedingungen nämlich — al- eine rölhlich schimmernde Scheibe (meist nicht krei-rund, wegen drr Phase), auf der ein geübte- Auge folgende- wahrzunehmen vermag: dunkle Flecke (meist eine Mischung von Grau, Grün, Blau und Braun), die gegen den Hellen Rest scharf abgearenzt sind — die „Meere": glänzend weiße Flecke an den Polen — der Polar schnee; kleine dunkle Flecke in den Hellen Continenten — die „Seen"; endlich lange gerade Linien, «ine Art trigono metrischen Netze« darstellend — die „Cauäle". Jetzt entsteht die Frage: sind da» aber auch wirklich Meere, Seen, Canale und Schnee? Und hier sind die Meinungen noch getbeilt. Schiaparelli und ich mit ihm, ebenso die meisten wirklichen MarS-Veobackter, bejahen diese Frage und zwar auS folgenden Gründen. Der Contrast zwischen Hellen und dunklen Flecken! ist eia so scharfer, wie er sich
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