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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.11.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961113010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896111301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896111301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-13
- Monat1896-11
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Lie^ uimen unter drin Redaciioubsirrch läge- jvalte») vor den Familieninichrichten («gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis verzrichnih. Tabellarischer nnd Zlssernsatz »ach höherem Taris Extra-vrtlagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung 00.—, »nit Postbesörderung 70-—. —OSO« Ännatimeschluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. vei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition z« richten. Truck uad Verlag von E. Polz in Leipzig. 9V. Jahrgang. ,Fux vobis!" » Der Mahnruf der russischen „Pet»rsburger Zeitung", welcher den beiden seit einem Vierteljakrbundert gewappnet »egenüberstebenden Nachbarmächten Deutschland nnd Frankreich ein „pax vobio" zuruft, dringend zur Aus löhnung rätb, den Franzosen nahe legt, endlich ihre Revanche gedanken aufzugeben, d. h. vergessen zu lernen und schließlich auf den Zaren al» die geeignetste Persönlichkeit, die Ber- chhnung zu vermitteln, binweist, verdient allseitige Beachtung nicht blos wegen der hervorragenden Bedeutung, welche die tem Hofe nahestehende „PetersburgerZeitung" (ihr Herausgeber, Fürst UcktomSki, ist dem Zaren befreundet) in der russischen Publicistik einnimmt, sondern auch aus Grund der Erwägung, saß dieser Artikel sicherlich nicht zur Veröffentlichung gelangt wäre, wenn er nicht das Placet der russischen Negierung ge habt hätte. Wir haben zu oft die Gründe auscinaudergesetzt, weshalb Frankreich sich selbst den größten Scharen zufügt, wenn eS in seinem Hasse gkgen Deutschland beharrt, als baß wir uns heute wiederholen sollten. Aber eS trifft günstig zusammen, daß vor wenigen Tagen in Paris eine Flugschrift res französischen Erdiplomaten Grafen Cbaudordy er schienen ist, die zwar für einen Anschluß Frankreichs an England eintritt, aber thatsächlich ein Plaid oh er für ein Zusammengehen mit Deutschland ist, vorausgesetzt, daß Frankreich sich nicht entschließen kann, seine coloniale Macht stellung dreinzugeben. An eine Aufgabe derselben glaubt Cbau- rordy, befindet sich damit aber offenbar »» schwerem Jrrtbum. Wir jchtießen uns im Folgenden einer Pariser Correspondenz der ..Köln.-Zig." an, in welcher der Inhalt ter Ebaudordy'schen Broschüre übersichtlich analysirt wird. So heißt es in dieser Eorrespondenz: Unter der dritten Republik haben die Meinungen älterer Diplomaten im Allgemeinen wenig Beachtung gesunden. Frankreich glaubte, ob seiner Niederlagen keine auswärtige BoliNk treiben zu können, hegte auch gegen die Staatsmänner, die in der Schule des zweiten KancrreicheS ausgewachsen waren, ein begreifliches Mißtrauen. Mit dem Zarrnbesuche scheint dies anders werden zu sollen. Seitdem die Republik 'ich mit einer autokratischen Mackt verbunden, erwachen -n ihr die atavistischen Gelüste nach der Herrschaft auf dem Eontinente. Mit dem Frieden und der Daseinssicherbeit, die der neue Bund ausschließlich gewährleisten sollte, begnügt sie sich offenbar nickt; sie wünscht eine „neucOrientirungauf oem Gebiete der auswärtigen Politik" — so beißt der technische Ausdruck —, und da kommen denn die Deca:es,Broglie und Ehaudordy wieder zur Geltung. Die neue Orientirüng beschäftigt sich hauptsächlich mit England und Deutsch land. Das einfachste wäre, gestützt auf das russische Büudniß, mit beiden Mächten freundschaftliche Fühlung zu behalten. Die „Orientirüng" aber stellt sofort ein Entweder-Oder auf: ist e« vortheilhafter, mit Deutschland zusammen die Räumung Egyptens oder mit England die Wiedergewinnung Elsaß- s'olhringens zu betreiben? Die Frage ist schon einmal mit der Bevorzugung Englands beantwortet worden; zu dem selben Ergebnisse kommt Graf Ehaudordy in einer Flugschrift, die soeben bei Plon unter dem Titel: „^ouaiaslatlon» >ur la polktique sxtSrksure et coloniale <le la Brau cs" erschienen ist. Ehaudordy geht von der nicht ganz unberechtigten Ansicht aus, baß die Freundschaft Rußland» die Kranzofen noch nicht unbedingt gegen alle auswärtigen Gefahren schützt. Rußland >sl fern, ist vielleicht in einem gegebenen Augenblicke, wo Frankreich seiner bedarf, anderwärts verwickelt, siebt sich durch den Winter labmgelegt, mag schließlich zum Schaden Frankreichs die Entdeckung macken, daß eS ihm in den Wand lungen seiner inneren Politik nicht folgen kann. Frankreich bedarf also zur Vervollstänbigrng seiner Sicherheit (!) noch anderer Freundschaften. Und da hält denn der Gras eine zum Tbeil macchiavellistische Umschau unter den übrigen Großmächten. Zunächst giebt er den Italienern einen deutlichen Fingerzeig, daß sic sich am besten für diese Rolle eignen würden als lateinische Schwesternation und als Mittclmeer- staat; Italien würde dabei seine Rechnung finden, nicht allein auf dem Handelsgebiete, sondern auch politisch durch die Aus sichten auf gewisse, von Oesterreich und der Türkei abhängige Gebietstbeile. Den Italienern wird also mit dem Köder zu künftiger Raubbeute lockend angeratben, sich einerseits von England und andererseits vom Dreibunde loszureißen. In dessen fehlt Italien bekanntlich annocb die Lust, seine jetzige freie Stellung mit einem Vasallenverbältniß zu Frankreich zu vertauschen. Der Graf wendet sich daher zu Oesterreich, auf dessen Kosten er soeben noch Italien ausstatten wollte; und in der Tdat scheint es ibm nur dazu zu laugen: es ist von Frankreich durch andere Länder getrennt, ist durch den Nationalitätenhader geschwächt und ist vor allen Dingen keine Seemacht. Es blieben also al» Freunde zweiten Ranges nur Deutschland und England übrig. Was nun Cbaudordy über die Vortbcile der Freundschaft Deutschland» anfübrt, reicht vollkommen auS, sie allen billig denkenden Franzosen wärmstens zu empfehlen. Deutsch land, Rußland und Frankreich würden zusammen im Stande sein, der Welt ihren Willen vor zuschreiben, und Frankreich würde für den Ver lust der beiden Provinzen durch den Beistand Deutschlands gegen die coloniale Eifersucht Eng lands entschädigt werden. Aber der Graf ist kein Colonialfreund; ihm bleibt eS unverständlich, daß ein großer Tbeil seiner Landsleute über Egypten, den Niger, den Eongo und Siam fast Elsaß Lothringen vergessen hat. Die Colonialheißsporne hätten zwar anfangs, als sie fick auf die neuen überseeischen Erwerbungen einließen, geglaubt, daß n Deutsch land mit der Zeit ein neuer und versöhnlicher Geist erstehen ) würde, der eine friedliche Lösung der elsaß-lothringiscken Frage ermöglichte. Mit Rücksicht darauf bcfck'ckle Frankreich die Eröffnung des Kieler EanalS. Die Antwort darauf aber seien Heuer die ErinnerungSfesle gewesen, die das schreckliche Jahr beS Frankfurter Friedens, der eben die beiden Provinzen von Frankreich riß, feierten. Ein Bünvniß mit Deutschland würbe also den Verzicht auf Elsaß-Lothringen besiegeln; Frankreich würde außerdem — so meint Cbaudordy — in ein AbbängigkeitSverhältuiß zu Deutschland gerathen und dazu nicht einmal ganz sicher sein können, ob Deutschland mit seiner verhältnißmäßig kleinen Flotte ihm zur See gegen England wirkungsvolle Dienste werde leisten können. Für Cbaudordy ist daher England die einzige Macht, die sich zur Helfershelferin — eine andere Bezeichnnug verdient Vie ihm zugedackte Haltung nicht — eignen würde. Freilich denkt er nicht daran, wie kümmerlich es mit England stehen würde, wenn mit seiner Hilfe Deutschland gedemüthigt wäre. Nicht einen Augenblick dürste e« in Egypten bleiben, spielt doch die Dankbarkeit, wie Ehaudordy selbst betreffs Italien» hervor hebt, in der Politik keine Nolle. Und schließlich vergißt der Graf, daS Allerwesentlichste hrrvorzuheben, die fragliche Bereit willigkeit dieser beidenMächtr, dir Brosamen, die vöm französich- russischen Bundestische fallen, entgegenzunehmen. Nock -' Dreibund zu Recht; noch sind die Bande, die England ar: fesseln nicht durckscknitten. ES dürfte also vvrläung nit' za der neuen Oricntirung auf dem Gebiete der auswärtigen Politik kommen. Im Ganzen und Großen wirkt daher die Flugschrift Cbaudordy's äußerst beruhigend; sie stellt nochmals die vielen Gründe zusammen, die für eine An lehnung zwischen Frankreich und Deutschland sprechen, und vor Allem hebt sie die große Masse der jenige» Franzosen hervor, die ihr gewogen sind. Es gehören dazu erstens die Colonialparkei, und sie ist mächtig genug; zweitens die Männer deS Friedens um jeden Preis, sie umfassen den größten Theil des Mittelstandes; und drittens die vielen Kenner der französischen Geschickte und des französischen Charakters; sie befürchten die Diktatur des General«, der aus einem Kriege gegen Deulschland die Stirne mit den Lorbeeren des Sieges umwunden zurück kehren würde. Welcher Präsident, welches Staatsoberhaupt überhaupt würde ibm gcgcnübertreten können! Wenn wir schließlich noch hinzufügen, daß Hanotaux, der Minister des Aeußcrn, ein sehr eifriger Förderer der Colonialbestrebungen ist, so haben wir einstweilen keine Ursache, anzunehmen, daß eine neue, u»s nachtbeilige Oricutirung erfolgen wird. Eine uns vortheilbafte Orienlirung, ja die denkbar vor- theilhaftcste, wäre zweifellos die Combinalion Deutschland- Rußland-Frankreich, und wenn der Zar thatsächlich die Franzosen zu überzeugen vermöchte, daß für sie das Klügste ist, gegen den endgiltigen Berzicht auf Elsaß-Loth- r in gen die Hilfe Deutschlands gegen die coloniale Länder gier Englands einzutauschcn, so soll er uns ein Hochwill kommener Vermittler und Friedensstifter sein. Der Zar ist allmächtig nicht nur in Rußland, vielleicht vermag er auch in Fraukreich, was Niemand vor ihm, nickt einmal die alle Wunden heilende Zeit, vermocht hat. Deutsche- Reich. * Leipzig, 12. November. Ueber die mehrfach erwähnte Rede.^-w oer Abg. vr. Lieber jüngst in Wiesbaden gehalten bat, liegt uns heute der folgende ergänzende Bericht vor: vr. Lieber sprach zur nachträglichen Feier de» Jubiläum» der Centrunissraction über einig« „brennende Fragen". Brennend nannte der Redner zunächst die „unerhört traurige" Lage, in welche das deutsche Reich in diesem Jubeljahre durch jenen Mann gebracht worden sei, den gewisse Parteien lange Zeit al» den eigentlichen Schöpfer des deutschen Reichs gepriesen hätten, der aber jetzt daS Reick, nachdem eS durch 22jährigeS Bemühen sich zu einer hohen Stellung emporgeschwungen, zu erniedrigen juche. Der Patriotismus des Zentrums habe wieder einmal glänzend Recht behalten, und Fürst Bismarck werde, wenn er sich nicht noch rechtzeitig bessere, „als ein vergessener, verachteter Mann" sterben. Wie groß stehe neben ihm sein erster Amtsnachfolger da, der in heldenmüthigem, vaterlandstrcuem Lchweigen von seiner Stelle schied I (Großer Beifall.) Er stehe mchi aa, heute öffentlich Herrn liaprivi da» Zeugnis großer, bewn rl er» sz»- würdigir BatrrlandSlirbe auSzustellen. Lar; t-r^.rc-rer Beifall.) In ehrender Weise gedachte Redner au: r-es b rker» r«» letzigen Leiters derauswärtigcnAngelegenheiIenze;e:u:>r:;>-r:S>!Nr:re» de» Mannes im Sachsenwalde und „constat.ne" .-larr daß .ch ii» Ausführungen der „Hamb. Nachr." und der 5 t"er „N Fr. Pr " N7»hr oder weniger gegen die erhabene Pcr'ou unser«» „jugend chen Kaisers" richteten, trotzdem dieser durch seine Rei en ur. !e:a gejammtes Wirken noch stets Alles gethan, um Trutscklans und Europa den Frieden zu erhalten. Und während dieser jun.;,' Monarch sein ganzes reiches Wissen und Können für ein solch' erhabenes Z>el cinsctze, müßten Monarch und Volk es erlebe», daß der Kanzler seines Äroßvatrrs Alles zu Hintertreiben juche. Ginge es Bismarck nach, so hätten wir morgen schon die Auflösungdes Dreibundes und den europäischen Brandkrieg. „Meine Ueberzeugung", so rief hier Herr Or. Lieber unter allseitigem Bravo, „ist, daß es heute Pflicht eines Jeden, der sich deutsch nennt, ist, sich an die Seite des Kaisers zu stellen!" . . . * Vertin, 12. November. Infolge der Fortschritte der Elektrotechnik haben sich die elektrischen Starkstrom an lagen, namentlich für Beleuchtung, Kraftübertragung und Straßenbahnbetricb, in den letzten fünf Iabrcn mit großer Schnelligkeit entwickelt. Am 1. Oclober 18!>5 belief fick die Gefammtzahl dieser Anlagen im deutschen ReichS-Postgebier bereits auf mehr al» 7000. Die Reicks Telegraphen Verwaltung bat mit diesen Verhältnissen in hervorragendem Maße zu rechnen. Ihr ist durch die schnelle Entwickelung der Starkstromtechnik eine nicht unbeträchtliche Mehrarbeit insofern erwachsen, als in jedem Falle geprüft werden muß, ob vorhandene Reicks-Telegraphen- und Fcrusprcck" leitungcn durch den Starkstromdetrieb gefährdet werten, und welche Scklitzvorkehrungen von den Unternehmern zu fordern sind. Mehrfach sind Beschädigungen von Telegraphen- nnd Fernspreckleitungen, sowie von Apparaten dadurch herbei geführt worden, daß die Sckwackstromleitungen in Folge von WitterungSeinflüssen oder ans sonstigen Ursachen sich mit Starkstromleitungen berührt haben, oder daß Kurz scklüsse in Starkstromkabeln entstanden sind. Soweit es sich hierbei um Starkstromanlagen mit einer verhältnißmäßig niedrigen Spannung — von etwa 120 Volt — handelte, haben die Schäden nur im Verkohlen der Seiden Umspinnung der Elektromagnetwindungen, im Zerstören einzelner Apparattbeile, Schmelzen von Kabelröbren und dergl. bestanden. Beträchtlicher^ waren sie aber beim Ein dringen des Stromes elektrischer Babnen — 500 Volt Spannung — in Telegraphen- und Fernsprcchleitnnge». Hier ist eS häufig zu umsangreichercn Beschädigungen von Leitungen und Apparaten, einmal sogar zu einem nicht unbedeutenden Dachbrande eines Postgebäudes — Dort mund — gekommen. Inzwischen sind von der Reichs Post- und Telegraphen - Verwaltung nach vielen Ver suchen Schmelzsicherungen construirt worben, deren Ein schaltung Brände hoffentlich fernhalten wird. Störungen des FernsprechbetriebcS durch elektrische Anlagen für Beleuchtung und Kraftübertragung in Folge von Induclion sind nur in vereinzelten Fällen ausgetreten, dagegen haben die elektrischen Straßenbahnen nach dem System der oberirdischen Strom Zuführung und Schienenrückleitung, das hauptsächlich auS finanziellen Rücksichten fast ausschließlich angewendet wird, vielfach empfindliche Störungen verursacht, die Ver ständigung in den Fernsprcchleitungen sehr erschwert, und sogar unmöglich gemacht. Es ist zwar bisher noch immer gelungen, durch Verlegungen der Fernspreck lritungen aus dem InducticnSbereiL der Babnen oder durck Herstellung von gemeinsamen metallischen Rückleitungen für Ferrillrton. Der HohenMern Lieblings-Iagd-Revier. Bon Hermann Robolsky. O Wald, mit deinen duft'qen Zweigen, Sei mir gegrüßt viel tausend mal! Zu deinen Höhen will ich steigen Und grüßen dich viel tausend mal! Wie vom Berliner Hof-Iagdamt bekannt gegeben ist, nden die diesjährigen Letzlinger Kaiser-Jagden am 13. und !4. d. M. in althergebrachter Weise statt. Der trockene ileine Frost, der nach der endlos erschienenen Regenzeit ein- '.nreten war, bat leidliches Zagdwctter gebracht. Hoffentlich eilt es bis Ende der Woche — und noch länger auS. Inf dem entblätterten Walde liegt HerbsteSruhe; schweigen ?ech sogar die kleinen Sänger, die nickt mit den anderen ärten nach dem warmen Süden gezogen sind. Selbst der unige Bruder Staar hat sich davongemacht. In seinem „LogiS" in den Obst- und anderen Bäumen der Gärten 'ereilst fick dafür der durchtriebene Spatz, bis ihn der recht mäßige Besitzer im Frühjahr beim, Kragen kriegt und . i.iöjckmeißt. Von jeder sind die Hohenzollern Verehrer deS edlen Waid- .'erk- gewesen. Eine Ausnahme bat nur Friedrich der Große cmcrcbt, dem die Jägerei durch einen Unglücksfall verleidet wurde. Mit besonderer Vorliebe besuchten schon die Kur- urslen von Brandenburg, die Könige von Preußen und jetzt uich die deutschen Kaiser zur Ausübung de» edlen Jagv- rcrgnügen» die größtentheil« in der Altmark gelegene Lry- mger Haide. Zwei Tage in der Regel jagen die Fürsten mit ihrem hohen Gefolge in der umfangreichen Forst, und fainit eS auch nicht an „klangvoller Unterhaltung" fehle, bat cit über zwanzig Jahren die Capelle deS altmärkischrn Ülanen-Rcgimenis Nr. 16, jener berühmten Reiter von Mar» » Tour, deren Chef Prinz Georg von Sachsen ist, sich von >rem Standquartier Salzwedel nach Letzlingen zum Con- ttrsiren zu begeben. Die beiden Orte liegen etwa acht tratsche Meilen von einander enlfernt. Man könnte ^e Militairmusik vom näbcr gelegenen Magdeburg viel bequemer haben; aber bierbei sind Entfernungen weniger maßgebend. Letzlingen selbst gekört rur Altmark, speciell zum kreise Gardelegen ; und da in letzterer Stadt zwei Schwadronen lener Ulanen liegen, so hat diese» Regiment seine Capelle zu läucken. Der Dirigent der letzteren, Stab»tromprter Bromni«, ist ein Tbüringer. Kaiser Wilbelm I. ehrte den begabten Meister im Dienste des Apoll fast jedeSmal mit einer leut seligen Anrede. Auch Ver Enkel des Heimgegangenen großen Herrscher» hat sich gelegentlich der Hosjagden sehr befriedigend über die Leistungen der Capelle ausgesprochen. Meist wird zu den Letzlinger Jagden außer anderen hoch gestellten Personen auch der altmärkiscke Adel geladen. Es sind die Vertreter alter berühmter Preußischer Geschleckter, die zum Waidwerk vonLetzlingen ziehen, so die Herren v. d. Sckulenburz, von Bismarck, von Alvensleben, von Jagow, v. d. Knesebeck rc.— UebrigenS wären die Vorfahren des Altreichskanzlers vor mehr Venn 300 Jahren der Jagd wegen beinahe niit ihrem damaligen Landesherr« in Conflict gerathen. Fedor v. Köppen schreibt darüber in seinem Werke „Fürst Bismarck" auf Seite 32: „Um die Mitte deS seckSzehnten Jahrhunderts wohnten auf Burgstall, dem Erblehnsitz der Bismarck s, zwei Brüder paare genannter Familie, Heinrich und Friedrich das ältere, Jobst und Georg daS jüngere, eiuträchtiglich beisammen. Da erbielten sie einen mächtigen Nachbar in dem Kurprinzen Hans Georg, dem damaligen Verweser des Havelberger BiichofSsprengelS, der in den Wäldern deS Tanger zu jagen liebte und in Letzlingen ein eigenes Jagdschloß erbaute. DaS Jagdrevier von Letzlingen und Burgstall grenzten dicht aneinander und oft kam eS zu Grcnzstreitigkeiten zwischen dem kurfürstlichen Gefolge und den BiSmarck'scben Jägern. Da fühlte der leidenschaftliche Jagdfreund Prinz HanS Georg sich versucht, auch Burgstall für sich zu gewinnen, um die herrlichen Waldungen de» Tanger und der Ohre zu einem weiten fürstlichen Jagdreviere zu vereinigen und ließ den BiSmarck'schcn Brüderpaaren An erbietungen zu einem Tausch machen. DaS war eine bittere Zumutbunz für die ehrenfesten Getreuen auf Burgstall, daß sie dem jagdlustigen Herrn zu Gefallen ihren väterlichen Herd verlassen sollten. Vergebens stellten sie vor, „daß ihre Vor fahren mit Gut und Blut willig ihre Dienste den Kurfürsten geleistet, daß sie lieber in dem althergebrachten zierlichen Stande blieben, al» leichtfertig denselben verrücken lasten wollten." — Kurprinz Hau- Georg batte sich'- einmal in den Kopf gesetzt, die Jagd zu Burgstall müsse ihm zu eigen ge hören, und ließ ihnen nur die Wahl zwischen der fürstlichen Ungnade und der Einwilligung zu einem Tauschvertrag«. Endlich nack langen Zweifeln und Bedenken entschlossen -sich die Bismarck », dem Frieden mit ihrem Lande-Herrn zu Liebe, mit schwerem Herzen zu dem letzteren Schritte und unter zeichneten (am IS. Tecember 1L62) im Jagdschlösse zu Letz lingen mit Kurprinz Johann einen Vertrag, demzufolge sie für ihr altes, liebes Burgstall das Amt und Torr Scköa- bausen, nebst dem früberen Tempelherrnbofe, daS Torf F.'ch- Heck und das Kloster Crevese in Tausch nahmen." Wenn daS Wetter, wie die'er Tage, günstig ist, wallfahrten nicht wenig Menschen auS Gardelegen, NeubaldenSleden und den nabe gelegenen Dörfern nach der Haide, um den Kaiier, natürlich soweit da- die Absperrung zuläßt, zu feben. Kür die wenigen Auserwählten bildet daS meist im Freien ein genommene Frühstück der hohen Herren immer daS Haupt schauspiel. Viele der herbeigekommcnen Städler benutzen auch die Gelegenheit, sich nach Beendigung ter Jagd in Compagnie ein Stück Hochwild zu kaufen, welches dann kurzer Hand getbeilt wird. Die meiste Beute pflegte, wenigstens vor etlichen Decennien, von Magdeburger Wildprethändlern erstanden zu werden; viele Hirsche und Schweine kommen auch nach Berlin. Die alte Letzlinger oder Wenden-Haide weist aber auch einen Umfang auf, vor dem der Waidmann Respecl haben muß. Ihr Flächeninhalt besteht aus der Kleinigkeit von 28 677 Hektaren, und diese sind in fünf Oberförstereien oder fünfundzwanzig Schutzbezirk« ein- getheilt. Nachweislich befinden sich in der Haide die Stätten von dreißig wüsten Dörfern und Burgen. Letzlingen selbst ist ein langgestrecktes, stille« Dorf, da- weitab von der großen VerkebrSstraße liegt; denn dieMagdeburg-Lüneburger Cbauffee, die Salzwebcl und Gardelegen berührt, führt über Wolmir stedt nach der Elbveste weiter. Nur wenn „Hofjagd" statt findet, wird'» in dem Haidedorf lebendig. In jedem Hause fast wobnen dann Gäste de- Kaiser«. Die Leute ballen zu dem Zwecke kleine, sauber und reinlick au-gestattete Stübchen frei, für welche sie während der wenigen Tage sehr Hobe Micthen bekommen. In dem also schon um das Jahr 1559 errichteten Schlosse wohnen nur der Kaiser und von seinen Gästen die regierenden Fürsten nebst ,dr«n Gefolgen. Der im tiefen Waldfrieben erbaut« Jagksip befindet sich aber lange nickt mehr in seiner ursprünglichen Gestalt. In den schweren Zeiten des 30 jäbrigcn Knege« verfielen die Mauern und Tbürme, und da« schöne Schloß verödete. Erst Friedrich Wilhelm IV. hat Alles wieder Herrichten lassen. Ein schöner Speisesaal, ein Empfangs- und ein Billardzimmer wurden angebaut. Dazu kamen dann später noch ein Cavalierbau» und ein zweites Logirhaus für die Gäste und Dienerschaft; schließlich auch noch eine neue Kirche. Al» sich di« kurfürst lich« Famili« bei den Stürmen d«S 30jährigen Kriege» in Berlin nicht mehr sicher füdlie, ward Prinz Friedrich Wil helm, später der Große Kurfürst, im zarten KindeSaltrr nach Schloß Letzlingen gebracht. Doch schon ,m Jahr« 1826 drangen lüneburgiscke Truppen sogar in dieses stille Waldasyl und rlünterten das scknell wieder verlassene Jagdschloß. Die ganze Wentenhaide ist durch ein hohes Wildgatter einzesckloffen. Sie besteht nur aus Hockwald, vorherrschend sind Kiefern; aber auch Eicken-, Birken- und Fichtenwälder find anzutreffen, und da- Merkwürdigste dürste wobl der 1600 Morgen große Lindenwald sein. Der Wiltreick tbum der Letzlinger Forst war von jeher ein äußerst ansebn sicher. Im barten Winter 1573 gingen fast 3000 Stück Rotb- wild zu Grunde. Blutige Zusammenstöße zwischen den königlichen Forst beamten und wildtrotzigen Freischützen bat es in den Letzlinger Revieren stets gegeben; sie werden auch schwerlich aufbören. Schon mancher arme pflichttreue Grünrock ist im Kampf mit den Wilderern gefallen: aber noch mehr der Letzteren sind in den Bezirken mit durchschossener Brust aufgefunden worden. Es ist ja bei solchen Begegnungen oft kein anderer Ausweg als der: „Du oder ich!" — Entsetzlich muß die Situation für den beim Streit schwer Verwundeten sein, wenn er des ÄachtS im Walde liegen bleibt. Der Blutgeruch zicbt be kanntlick die Wildschweine herbei, und diese fallen den Hilf losen gierig an. Kann der Arme sich nickt durck die Flucht noch reiten, oder naht nicht rechtzeitig Hilfe, so wird er obne Gnade eine Beute der gefräßigen Borstenthiere. In diesem Jahre ist die Zahl der kaiserlichen Gäste in Letzlingen wieder eine nicht geringe. — Abgesehen von den regierenden Fürsten, hat auch manch anderer berühmte, Waitmann schon in der Letzlinger Haide dem edlen Jagd vergnügen obgelegen, so der „alte Dessauer", als er mit seinem Regimente in Gardelegen im Standquartier lag Der berühmte Haudegen — so zu lesen in den vortrefflichen „Bildern aus der Altmark" von L. Parisius — besaß das Recht, so lange er lebte, die bohc Jagd in der Wenden- Haid« auöüben zu dürfen. — Prinz Louis Ferdinand, der am 10. Oktober 1806 b«i Saalfcld gefallene Held, batte, al» er in Magdeburg garnisionirte, rin Stück d«r Wenkenkaidc gepackter. In großer lustiger Gesellschaft wurden von ibm Parforce- und Treibjagden abgehalten. Bei Saubatzcn setzte der Prinz durch ungemeine Körperkraft, Gewandtheit und Kaltblütigkeit „die ganze anwesende Jägerei allezeit in Staunen". — Einstmals ließ er einen riesigen Keiler auf laufen. Dabei zerbrach ihm da» auS festem Weißkornbol; bestehende seck» Cenlimeter starke Heft der Saufeder in der Hand. Die Saufeder hat ein alter Förster zum Andenken ausbewahrt und sie 1849 dem Prinzen Friedrich Karl ge schenkt.
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