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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990612020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899061202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899061202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-06
- Tag1899-06-12
- Monat1899-06
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BezugS.Prers 1» der Hauptexpedttion oder den t« Gküdt» bezirk und drn Bororten errichteten Au«- «abestellen ab geholt: vierteljährlich ^!4.bO. bet zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau»>l ü.ü0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich- vierteliährlich ^l S.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendil.ng ins Au-land: monatlich ^l 7.bO. Di» Morgeu-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag« um S Uhr. Ne-action «ud Expedition: Aohanni-gasse 8. Di» Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abeud« 7 Uhr. Filialen: Dlt« klemm « Sovtim. (Alfred -ahn). Universität-straffe S (Paulinum-. Lunt« Lösche, Kithurineustr. 1«. patt, uad Komgtplatz 7. 294. Abend-Ausgabe. MpMcr TagMM NnzeigeU'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4go- walten) 50^, vor den Familirnnachrichtra (6 gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzrichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz oach höherem Laris. Extra-Beilage» (gefalzt), nur mit aer Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung ^l 60.—, mit Postbeförderung ^tl 70.—. Anzeiger. Äitttsvlatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Aaltjes nnd Volizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Montag den 12. Juni 1899. Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud.Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Margen.Ausgab«: Nachmittag- 4Uhr. Lei drn Filialen und Annahmestellen je rin» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an di» Ex-e-itian zu richten. Druck und Verlag von E. Bolz ia SelpziK 93. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 12. Juni. Drt Deichst«! lsikd fpSktstkN« in den ersten Tagen vet liibstigtk Woche, höchstwahrscheinlich aber schön nächsten Sonnabend, bi- zum Hkrbst veklagl. Die Pvstgtsehe werden, wie VStNUSzusebkN wär, zll dem übrigen Unetledigte» gelegt, der Wunsch nach Vornahfti« einer vorläufigen parla mentarischen UtitkthnltUtig über das ArbtitSschutzgesetz scheint nbkt seitie nicht unbedenklich« Erfüllung finden zu sollen. Verschwindet der Reichstag iwiit Schauplätze, so wird es patrUNt ist der iNnetN Politik Nicht still werden. Deftir eö beginnt am DontierStag dit zweit« LesuNg der Caiialvorlag«. Däß Lteußische ÄögeordNetkUhUuS hat bis dahin seine .Sitzungen Nntttbrocheii, «»» d«N Mitgliedern Muße zum Studium de« CottimissioirsbericktS zu gewähret,. Da« ist die ossteielle Zweckbestimmung tzkr Vertagung. Der Schwer punkt der Arbeit dieser Woche liegt aber natürlich Nickt in den. einsamen StUdirstitben, soNdcrN in Verhandlungen unter vie.p Uder wenig mehr AUgen. Damit soll der Werth einer gtiindlicheü Kenntniß deS ConnnissionSberichtS nichl herabgesetzt wetdem ES ist die« eine ganz vortreffliche Arbeit des soeben auch. in den Reichstag gewählten Abg. AM Zehn hoff vom CeUttiiin, beiläufig bemerkt, eine« Herrn- der sich dsttch seift von echtsM HUMor vergoldete« parlämeutarische« Debüt tasch zft ciiitin beliebten Milgsiede deS Abgeordnetenhauses gemacht bat. Sein Bericht zeichnet sich durch Sorgfalt- Uebersichtlichkeit und Objektivität aus und ist trotz dieser letzteren Eigenschaft, geradezu ein Schlag für die Canalgezner, denn er entzieht der sachlichen Opposition gegen den Batt der großen Wasser straße ken Bor«, so gut wie ganz. I» der Com- uilftion, dqs rrrcnfts man jetzt, ist doch weit mehr NcueS beigebracht worden, al« die in diesem Falle besonders ungenügenden Berichte selbst der größten preußischenBlalter über die EömmissiönSsitzungen äiiziikrhmeii gestäiteten. Einzelheiten werden, sich, äin zweckuiäßigstcn. an per Hand der zweiten Plengrberäthuijg. hervoxheben lassen; hier sei nub erwähnt, wie Hertz h, Miquel über.da« Perhäliniß von Mittrilaud- canäl iuid tzgüdwitihschän sich üeäüßert hat, nälutich dahiu, daß di? Lantz! und Forstwlrihschäft, derest Beiheiligllng an dem CaÜäiverkehr mit einer Menge von bstÜOOO Tonne» jährlich, angenommen wird, ui keiner Weise bedroht, daß vielmehr getade bie Landivirthschafk des Osten« gefördert werde, indem sie bin Vortheil brs Stäffeltarifes und billigeren Düngerbezug erlange. Der Finaiizminister setzte dann dem agra- rischrnHallptqrgunient« sein diticteS (KegeNthtilentgegen' er be hauptete, auSläuvische-ÄetreideWertze vom delttjchenMatkte durch den Eaftäl verdrängt wekden. Die Agtätiek deS OsteuS schreibe» bekanntlich dem Tänal drn Charakter eines Einfalls- thobrS zu, den dir Rhein, der abct unmöglich zugeschllttet werden kann, in der That besitzt. Es scheint, als ob die Opposition äüf diese» Einwand bas Hauptgewicht legen werbe, da die vödauSgesebene Zustimmung der durch Com- pensätionett gewonnenen resp. noch zu gewinnenden schlesischen Industrie dell Vertretern der Landwirthsckaft die Beibehaltung der Rolle von Wortführern der Industrie kaum mehr thunlich erscheinen lasten wird. Die mittelbar von: der Landwirtbschafk existirende Geschäftsagitation im Bund« der Landwirthe verräth allerdings, daß sic für ihren Theil auch in diesem Stadium der Angelegenheit vor nicktS zurückzuschrecken gedenkt. Wir haben schon den mit plumper Diplomatie abgefahren Drohbrief mitgetheilt, den man Herrn Schoos an die Mitglieder der nationalliberalen I Fraktion richten ließ. Inzwischen ist ein zweites Aktenstück I bekannt geworden, das die politische Erpressung, an der man z es leider anfänglich auf der anderen Seite auch nicht Hal fehlen laste», förmlich organisirt zeigt. Der „engere Vorstand de« Bunde« der Landwirtbe", unterzeichnet v. Wangenbein,, Vi>. Nösickk, vb. Hahn, verschickt nämlich ein Rund schreiben i» die Wahlkreise, deren Vertreter sich noch nicht für den Eanal erklärt habe», in welchem Schrift stück die Vertrauensmänner des Bundes aufgcfordert wekden, ihrem Abgeordneten „durch Eilbrief bezw. Telegramm" die Ueberzeugung zum Ausdruck zu bringen, daß derselbe UUter alle» Umständen an seinen Anschauungen festbalten werbe. ES ist dabei viel von dein Druck die Rede, den die Regierung auf die dem Abgeordnetenhaus- angehörigen Beamte» ütid auf andere Abgeordnete — auf diese durch die DrvhUng Mit der Auflösung deS Hauses — auöübe. Wir HM» wiekkrholt hervorgehoben, daß eine größere Anzahl v.bii Abgeörbiteten der Rechte» eine Anschauung über den Caftal »och nicht kundgegeben hat, also nicht, was daS Schreiben deS Bundesvorstandes insinuirt, erst uiufallc» müßte, um sUr de» Canal stimmen zu können. Es giebt, wie sich bei einem solchen von reinen Zweckmäßigkeitsgründen empfohlenen blüternehMen von selbst versteht, auch viele konservative Ab geordnete, die der Frage von Anfang an mit einem „neu liquod" grgenüberstanoen; denjenigen Herren, bie die Prüfung deS Für und Wider mehr der Ablehftung geneigt Macht, wird das verneinende Votum durch den Brand brief des Bundes erschwert, denn weder als Ab geordneten noch als Beamten kann eS ihnen erwünscht sein, im Lickte von Männern dazusteben, die sich durch Drohungen demagogischer Agitatoren eiuschüchtern lassen. Tas Rund schreiben des Bundes kann also, wenn es überhaupt eine Wirkung haben sollte, der Sache des Canals nur stützen. WaS die Drohung dieser Canalgegner Mit der Auf lösung betrifft, so eignen sich diese Herren hier eine von Canalsanatikcrn gemachte Erfindung an. Voll Regierungs männer« ist niemals eine Auflösung wögen deS Canals, die denn auck für die Politik der „Sammlung" geradezu ver heerend sein würde, in Aussicht gestellt worden. Unverantwort liche Rathgebeb stiögeu allerdings auch mit diksem Gedanken gespielt havem Daß im Herbst, wen» der Reichstag den Gefdtzctttwtltf jttttt Lchtitze ocS gtwcrbUche» ArbcULbkrhättttisscs rundweg ablehtttn füllt«, zur Auflösung deS Reichstags ge schritten werden würde, glaubt der „Schwab. Mörft" nach Allem, waS er gehört, mit Bestimmtheit annebmen zu müssen. Jedenfalls werde sich di« „Komödie der Umsturzvorlage" nicht wiederholest, denn mit der Gleichgiltigkeit, mit der die Negierung daS Scheitern dieser gesetzgeberischen Action binnahm, könne im vorliegenden Falle nickt gerechnet werden. Jedenfalls liegen die Dinge bei der Vorlage zum Schutz de« gewerblichen ArbeitSverhältnisseö ganz anders als bei der sogenannten Umsturzvorlage. Diese ist daran gesckeitert, daß sie in der Commission des Reichstags zu einem Gesetze zur Förderung der klerikalen Machtbcstrebungen umgewaudelt worden war. Dazu ist durch die „Zuchthausvorlage" keine Gelegenheit gegeben. Es handelt sich um die einfache und klare Frage, ob der Selbstbestimmung des Indi viduums in den Fragen deS gewerblichen Arbeitsver trages ein wirksamer Schutz geboten werden soll. Fremde Dinge können da nicht hineingetragen werden; es kann sich lediglich fragen, ob der Entwurf selbst sticht Bestimmungen enthält, die mit diesem Zwecke nickt« zu thust haben. Darüber, daß Vies von den» ß 8, dem ZuchthäuSparagrapheli, der Vorlage behauptet werden könne, scheinen Vik au«schlagged«Iidsst Parteien übereinstimmend anzunehmen; seine AuSisterznng oder wesent liche Umgestaltung ist daher mindesten» wahrscheinlich. Daran aber wird der BundeSrath daS Gesetz nicht scheitern lassen. Und daß die Mehrheit deS Reichstags den übrigen Inhalt deS Entwurfs als unbedingt verwerflich bezeichnen werde, ist büchst unwahrscheinlich. WeNn man Veit Argwobu hervorzurufcn verstanden hat, daß e« auf die Vernichtung deS bestehenden CoalitiüstSrechtS abgesehen sei, so dürste die bevor stehend« costtradicibrischc Verhandlung in offenem Reichstage ge nügest, für Jeden, der überhaupt sehen will, das Trugspiel auf- zudccken. Sollte die genauere Prüfung ergeben, daß der Ent wurf Bestimmungen enthält, di« da« Coalitionsrecht — nicht absichtlich, aber thatsächlich — zu schädig«» geeignet sind, so wird man sie umgestalten müssen. Aber dciß der Einzelne gegen Vergewaltigung seiner freien Entschließung ist der Verwerthunz seiner Arbeitskraft VSM Staate auStklcheNV geschützt werben muß, ist eine Forderung det Gerechtigkeit. Mait kann der Vor lage gegenüber höchstens behaupten, daß bereits AUeS geschehen sei, was zu diesem Zwecke Mil den Mittelst deS Strafrechts ver nünftiger Weise geichelstn könne. Eiste solche Behauptung ist aber durch daS ist der Denkschrift der NegicrUstg beigebrscht« Material, so Ungleichwetthiz und znift Theil Mistbeiwerthig es anch ist, widerlegt. Es ist nackzewiesest, daß häufig Fälle von schwerer Vergewaltigung Arbeitswilliger Vorkommen, die auf Grund der bestehend«» Gesetzgebung sticht geahndet werden konnten. Will mast Nun sage», daß sie deswegen, weil sie bisher nicht ausdrücklich verbotest wärest, für alte Zukunft straflos bleiben müssen? Die Gerechtigkeit verlange viel mehr, daß man die Gesetzgebung entsprechend ergänze. Den Gewerkschaften und sonstige» Arbeitervrganifalioncst mag eS lästig sein, wenn sie durch eine solche Ergänzung zu größerer Vorsicht in ihrer Handlungsweise gezwungen werden. Aber soll man, um ihnen diese Belästigung zn ersparest, die weit größere Zahl der „uicklorganisirten" Arbeiter den fraglichen Formen der Vergewaltigung gegenüber schutzlos lassen? Die Socialbemokratie verlangt das mit dürren Worten und cS fehlt auch im bürgerlichen Lager stickt an Leuten, die sich ihr darin auschließen. Nach dieser Auffassung haben nur die Gewerkschaften und ähnliche Vereinigungen ein Recht auf „Freiheit der Bewegung"; die außerhalb derselben stehende» Arbeiter sind bestenfalls eine quuutitS nsgligeadlo! Man zetert über ein „unerhörte« Ausnahmegesetz gegen die Arbeiterschaft" und verlangt in Wirklichkeit eine Privilegirung der „organisirten" Arbeiter gegenüber der großen Mehrheit ihrer Berussgenossen, schrankenlose Freiheit für di« FreiheitS- räuber. Der wüste Lärm der socialdemokratischen Protest agitation wird sticht verhindern, daß di« Erkenntniß der wahren Sachlage mehr und mehr di« Oberhand gewinnen und daS Gesetz von, Reichstage ia einer Form angenommen wird, die den verbündeten Regierungen die Maßregel der Auslösung erspart. Der pnnflavtftische PcterSbnrgcr „Ltvfel", das Organ deS berüchtigten Komarow, hat sich daS unsterbliche Verdienst erworben, daS hauptsächlichste und „unüberwindliche Hinderniß" einer Verwirklichung der Ideen der Friedenskonferenz und zugleich den Urheber dieses Hindernisses entdeckt zn habe». Der Mann, dem er so schwere Schuld beimißt, weilt zwar nicht mehr unter den Lebenden, aber sein körperloser Schatt«» lastet gleich einem Alp auf den TräuMen im Reiche deS VölkersriedkitS ustd Völkerglücks. Der Alte vom Sachfenwalbe ist eS, her unter dein Lcickenslein der Capelle zu FricdrichSruh den letzte» Schlaf schläst ttttV vl« tvtftitzest Wvtt« Nicht hören kann, die ein unversöhnliche« Gegner ihm ,üb«k bäß Gtub ttachruft. De» „böse» GcftiuS dkk g.1»z«tt Gelt", tikntil ihn der „Swjet": „denn Ulis der süt Alt so tnächtigcS Land kvie Franktelch so unnatürlichen Zerstückelung beruhen dit übermäßige» iltiistMigkii, unter deren Last sich Teutschländ selbst zujamnisnkrümcktl'?). Summier man alles das, was diese Macht für die Beherrschung der so genannten Reichslande auSgegeben hat, noch ävsgiebi nnd «ustfeben wird, sb trgiebt sich, daß der Sieg voti 1871 ihr tyetiter zu stehen kostimt, als eitle Niederläge. Leldkr siült c« über sticht dit Trätschen allein, die an Len schmeristi Iolgeit Ihre« Eltge« zii tragen haben, such Fkttickreich ttM hakätitcr stiiß KÜ- hiMM- welche seine RiedetstiersUng zülitßen. Daß sie bkslegt würden sliib, hättest bie gtüstzoseii vielleicht Mit dtr Zeit, im t^echstt btt Generationen, ver gessen, a8«r eint so ststnaiürliche Zersslickkliitig des Pvletlanbts töird iminti: Ichistetzlich einpsäiideii werdest Ünd beiss Zcitstiier bas unglückliche Jahr 1870 ist Erinsterustg bringest:" Weiter heißt es dann: „Wir könnest ststK nicht gieichgÜilg zii ber liesest iind etvig klaffenden H-unde der verbündetest und hesiennbeten Nation btr- halten. Wie im Jahre 1871, so auch jetzt siiidtt d!k psttriv- tts che Wehklage Fran tibi chS tauten Kibeehitkltii unseren Herztst. Die Regierungen handelst stiit istesier ilebtrleilünis, dbm Verstände geleitet, die Völker aber gilben sich dtist ZngF des Atzt-is hin. Wenn eS ktinest tiiizigtn Franzosen jjiebt, Ltö nicht süc L:e Wiedergewinnung d«r vetl-ktst gegaiigestsst ProvinZe'L sch'ibSrmtt, so dürfte schwerlich auch nur ein Dutzend Russen ästsftstdig gemacht werden, welche ihrerseits sticht Mit Lieftr Hoffnung systlpathisirte»." Die deutsche „St. Petersburg«? Zeitustz" bemetjs zcktreffe/id zn dieser Leistung erster wärm emPftndestden slawischen Sette: „Angenehm berührt die naive Offenhtit, mit bet Lei Politiker deS „Swjet" eingestedt, daß eS nicht seine Art sei, fick ui politischen Dingen vom Eeistäudt rind rühiger ltfbertegstng leiten zu lassen, sonder» däß er aus diesem Gebiete ans- schließlich dem Zuge beö Herrens sotge. Nstr als Fiiedists. fanfäre zftrst Eostgreff im Häaz dürft«» solche Veisichetün^eii nicht eingeschwärzl werden. Die gestrige» fstesttten r«t köstgchttmtis haben doch sticht lediglich zu großartige» Oöatiostest für Präsident Loubtt und die Republik Veranlassung gegeben, wre republikanische Blätter glaubtest Voraussage»' zu durst». Zn ben Patttton Armenouviü« ist eS zu einer förmlichen Scklächt gekommen und in Pari» selbst hat fick der Krawall bi» in deft Abestv Hinei» fortgesetzt. Wir erhalle» hierüber folgende M.ldung: * Paris, 11. Juni. Ueber den Zwischenfall im Pavillon Armenouvilje, einem eleganten Gartenrestaurant, >oird berichtet: Kurz nach 6 Uhr machte in den» dicht besetzten Erabtifsenunt einer de. Gast« mißfällig« Bemerkung«» üb»r d«n Pttfidenten Lasbek. Andere Gäste nahmen für oder dagegen Partei, «std es fielen beleidigen.r- Aort«, bi« bald ia Lhätlichkeiten ast«artet«M Gltser, Käkäfsen, Flaschen, Tisch« und Stützt« tzieattst als Wurfgeschosse. In demselben Augeadlicke begann eiste groß- volk-menge, die mit rokhen Skos-n im Knopfloch Kundgebungen Fenilletsn. Außer Diensten. 26j Roman von Ernst Wichert. Nachdruck vrrdcl r.. Mit Rütiger von Blanden war er schon am Tage nach der Ankunft der Damen in Horseln zusammengetroffrn. Frau von Jttenborn hatte nicht lebhaft genug seine bei der Reise bewiesene Gefälligkeit rühmen können, wie sie e« ihm denn auch schon zum Lobe rechnete, daß er selbst nicht länger hatte auf Sylt bleiben wollen, nur um ihr beizustehen. Blanden war sogleich ge kommen, sich nach dem Befinden des Freiherrn zu erkundigen. Als er erfuhr, daß der Capitän beurlaubt sei, erbot er sich so liebenswürdig zu seiner Vertretung während der Krankheit deS Freiherrn, daß dieser ihn unmöglich ganz abweisen konnte. Nun kam Blanden regelmäßig schon früh am Vormittage angeritten und blieb gewöhnlich bis zum späten Abend. Hatte er die Ar beiten revidirt, so spielte er mit dem Kranken Karten oder Domino; den Damen leistete er bei Tisch Gesellschaft. Mit dem Freunde sich auszusprechen, suchte er die nächste Gelegenheit, aber es kam nicht viel dabei heraus. „Es geht mir eigentlich ab scheulich schlecht", sagte er, mit der Reitpeitsche seine Füße um- pickelnd. „Ich weiß immer weniger, wie ich mit Fräulein Irm gard daran bin — ich glaube, sie nimmt die Sache gar nicht ernst und wird mich schließlich auSlachen. Dazu hat sie eigentlich auch das beste Recht, denn wenn ich mich auf's Gewissen frage, wie'« mit mir steht, bin ich schon jetzt auf dem besten Wege, ihr untreu zu werden. Sir hat's freilich selbst gewollt, daß ich meine ganze Aufmerksamkeit ihrer Schwester zuwestde, aber ich muß Dir gestehen, mein Alter, daß mir da« auch gar nicht schwer geworden ist. Im Gegentheil! Armgard ist wirklich «ine ganz prächtige kleine Person, und ich glaube, sic würde zu einer Landfrau viel besser paffen. Da« meint ja auch meine Mutter. Da bin ich nun in einer recht schwierigen Lage. Ich könnte beinahe wünschen, Irmgard kaperte mir einer fort, damit ich aus aller Schuld wäre. Jedenfalls ist'« gut, daß ein Aufschub meiner Erklärung wegen der Krankheit de« Freiherrn geboten ist. Man kann nicht wissen — hm . . . Meinst Du nicht auch?" Der Doctor meinte gar nichts, aber er dachte Dies und Das. Frau von Jttenborn hatte übrigens auch Pflichten zu er füllen. Die ganze sich zur Gesellschaft zählende Nachbarschaft fuhr vor, um wegen des Unfalls, den Seine Excellenz betroffen, zu condoliren und dem Abscheu über das Attentat Ausdruck zu geben. Sie nahm di« meisten Visiten an. Es that ihr wohl, gleichsam die Huldigung ihrer Getreuen von Neuem zu empfangen. Eines Vormittags konnte ihr sogar gemeldet werden, daß eine Kutsche mit Kutscher und Diener in der herzoglichen LivrSe auf den Hof gefahren sei. Sollte man in der Residenz das Be- dürfniß gefühlt haben, von dem Unfall des früheren Ministers Notiz zu nehmen und irgend einen Kavalier oder eine Hofoame beordert sein, dem Beileid der hohen Herrschaften Ausdruck zu geben? Maßlos war aber das Erstaunen der Schloßfrau, als die Frau Herzogin durch den Kammerjunker Grafen Gunzenstein anfragen ließ, ob ihr Besuch genehm sei. Die Frau Herzogin! Natürlich wurde sofort da» Staatszimmer geöffnet; Frau von Jttenborn ging Hoheit bis zur Hausthür entgegen. Gunzenstein half einer schwächlich aussehenden, ganz schwarz gekleideten Dame aus dem Wagen, deren schmales, nicht un schöne«, aber unbedeutende« Gesicht auf ein Alter Mitte der Vierziger schließen ließ. Die tiefliegenden Augen, die viel geweint haben mochten — «S verbreitete sich von ihnen ein schmerzlicher Zug über die bleichen Wangen hin bis zu dem ge wohnheitsmäßig lächelnden Munde —, waren durch eine blaue Brille gegen da« Sonnenlicht geschützt. Sie stützte sich auch beim Gehen auf den Arm des jungen Grafen. Ihr folgte die Oberhofmeisterin Gräfin Zehlendorf, die mit ihr den Rücksitz getheilt hatte. Excellenz schienen nicht in heiterster Stimmung zu sein, öder den Verdruß, die Herzogin hierher begleiten zu müssen, untre einem mokanten Lächeln nicht ganz verstecken zu können. „Welche große Ehre, Hoheit . . lispelt« Frau von Jtken- born nach der tiefen Verbeugung, mit welcher der hohe Gast be grüßt wurde. Die Herzogin nickte nur vor sich hin und ließ sich von Gunzen- stein in'S Zimmer führen, während die Hausfrau sich der Gräfin Zehlendorf anschloß, die ihr die Hand reichte und einige ver bindliche Worte mit ihr auStauschte. Erst als sie Platz ge nommen hatte, sagte sie: „Es war mein Wunsch, mich persönlich nach dem Befinden Ihres Herrn Gemahls zu erkundigen, der mir immer ein lieber Freund war, und ihm einen Gruß meine? Sohnes zu überbringen, der mit mir dem Himmel für die Ab wendung de« Schlimmsten dankt. Wie leicht hätten edle Theile verlitzt werden können!" „E« ist ein Uebermaß von Güte Eurer Hoheit", entgegnete Frau von Jttenborn, „dessen unser Haus sich zu erfreuen hat. Ich sage Eurer Hoheit und Seiner Hoheit dem Herrn Herzog zugleich Namens meines Mannes unterthänigstcn Dank. Er hat ja viele Schmerzen ausgestanden, ist aber — Gott sei Lob! — jetzt vom Wundfieber frei und sieht seiner Heilung in nicht zu ferner Zeit entgegen. Zu seiner raschen Genesung wird gewiß dieser ganz unverhoffte huldreiche Beweis fortdauernden Wohl wollens viel beitragen." Die Herzogin nahm ihre Brille ab und reichte sie der Gräfin Zehlendorf mit einem freundlichen Blick. „Wir sind über den Vorfall selbst nur sehr mangelhaft unterrichtet", bemerkte sie dabei. „Es wird von einem Jagdunglück gesprochen, aber es scheint nach anderen Berichten wieder so, als ob Ihr Herr Gemahl sich nicht eigentlich auf der Jagd befunden habe, sondern bei einer Inspektion deS Waldes durch einen Schuß aus dem Hinterhalt überrascht worden sei." „So soll's gewesen sein, Hoheit. Er ging mit dem Förster in den Wald, um eine Grenze festzustellen, und erhielt den Schuß nicht weit von der Försterei, ohne daß im Dunkeln der Thäter erkannt werden konnte." „Es geschah also in der Nacht." „Wenigstens spät Abends." „Es scheint, daß Jemand Ihrem Herrn Gemahl da auf gekauert hat. Sin Wilddieb pflegt nicht zu schießen, wenn er nicht angegriffen wird — so hörte ich wenigstens behaupten. Hat man gar keinen Verdacht?" „Nicht den mindesten, Hoheit. Der Vorfall ist in mancher Hinsicht räthselhaft." „Das ist er in der That. Ich frage nur, weil die wunder lichsten Gerüchte umlaufen sollen, dir ihn in Beziehung zu der Wahlagitation de» Frriherrn und sogar — zur Entlassung deS Ministers setzen." Frau von Jttenborn blickte sehr verwundert auf. „Zur Ent lassung —?" „Als habe er Feinde, die auf seine heimliche Beseitigung be dacht seien." „Aber, da» ist absurd, Hoheit!" „Vielleicht wird cS um so williger geglaubt. Die Gemürher sind durch mancherlei sensationelle Vorkommnisse, die man früher für nicht möglich gehalten hätte, ungewöhnlich aufgengt. Viel leicht zum ersten Mal wird in unserem stillen Lande von den — ich will's nicht bestreiten, gesetzlichen Mitteln, die sogenannte öffentliche Meinung zu bearbeiten, voller und rücksichtsloser Ge brauch gemacht. Es treten Gegensätze an dir Obersläche, dir unversöhnlich scheinen; und indem sich einer von Denen, di« be rufen sind, für ihren Ausgleich und für die Erhaltung des Friedens zu sorgen, an hervorragender Stelle bemühte, sie zu schürfen und sich an die Spitze der Unzufriedenen zu bringen, ist es leicht erklärlich, daß man sich eine persönliche Verfeindung als die Ursache dieses auffallenden Vorgehens denkt und ebenso eine persönlich« Verfeindung mit Gegnern, die früher Freunde waren, als eine noshwendige Folge so scharfer politischer Angriffe voraussetzt. Ich will jenen unsinnigsten Vermuthungen, die ich angedeutet habe, keine Wichtigkeit beilegen, aber man soll auch ganz dreist behaupren — ich wiederhole nur, was man mir glaubhaft berichtet hat —, daß das ganze Jagdunglück erfunden fei, um ein Duell zu kachiren, dem die üblichen Formen gefehlt hätten oder bei dem der Gegner unbekannt bleiben solle. Jedenfalls wird etwas ge schehen müssen, diesem heimlichen Treiben Einhalt zu thun, und ich setze als unzweifelhaft voraus, daß Ihr Herr Gemahl den Beistand dazu nicht versagen wird." Frau von Jttenborn war in peinlichster Verlegenheit. Sie glaubte nun den eigentlichen Grund dieses hohen Besuches zu er kennen, sah sich aber nicht in der Lage, die Herzogin beruhigen zu können, die wahrscheinlich eine Erklärung vor Zeugen er wartete. Sie versicherte nur, daß ihr alle diese Dinge ganz neu wären, zumal sie ja auch erst kürzlich aus dem Bade zurück gekehrt sei und noch nicht einmal die rechte Zeit gefunden habe, sich mit ihm darüber zu unterhalten; sie werde ihn nun sofort von den vertraulichen Seußerungen Ihrer Hoheit in Kenntniß setzen. Vermuthlich werde er ebenso überrascht sein al« sie. Uebrigens tonnte sie sich« nicht versagen, die Bemerkung ein fließen zu lassen, man werde sich kaum wundern dürfen, daß die plötzliche Entlassung de« Minister«, für die ein Grund nicht an gezeigt sei. Beunruhigung verursacht habe. Es war ihr sehr lieb, daß Gräfin Hertha eine Platte mit Erfrischungen aller Art hereinschickte und gleich darauf selbst erschien, der hohen Fra» schuldigst aufzuwarten. Dir Herzogin nahm rin GlaS Limonade und ei« wenig Gebäck, stellte es aber auf dem Tisch ab, ohne zu trinken und zu essen. Mit der Schwester der Schloßfrau unterhielt sie sich ein paar Minuten sehr freundlich über gleichgiltige Gegenstände. Dann sagte sie, sich zu Frau von Zehlendorf wendend: .Darf ich Sie bitten, liebe Gräfin, mich kurze Zeit mit unserer Wirthin allein zu lassen? Ich habe noch etwas auf dem Herzen. Die Komtesse wirs gewiß dir Güte haben, Ihnen und unferm Eavalier so lange Gesellschaft zu leisten." Der -Kammerjunker sprang sogleich auf und stellte sich an die Thür zum anstoßenden Musiksaal, an den sich der jetzt fast leere Wintergarten schloß. Der Oberhofmeisterin schien dies«
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