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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189604248
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18960424
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18960424
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-24
- Monat1896-04
- Jahr1896
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1896
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68 und waZ Euch jetzt al- Ehre erscheint, werdet Ihr dann als Spott und Hohn erkennen müssen." .Darauf war ich nicht vorbereitet." sprach der alte Se- «any nach einem (schweigen, wie zu sich selbst, „darauf nicht! Ich hab geglaubt. Du würdest mit dcmGfer und Feuer Deiner jungen Jahre diesen Gedanken ergreifen, würdest wich verstehen wie kein anderer, hab geglaubt, Du würdest Hand in Hand und Schritt für Schritt mit dem Vater gehen. Ich hab'Deine Rückkehr mit Sehnsucht, mit Ungeduld erwartet, besonders das letzte Jahr. . . . Tenn wenn man nahe an siebzig ist und man will noch ernten, was man gesät, und wenn man rüstig und kräftig ist, so muß doch endlich damit engcfangcn werden. Tie Adelsrrwrrbnng ist kein solch alter Gedanke, wie — die Dampf mühle, mit dem ich mich schon seit Jahren und Jahren trage, aber um so mächtiger hat er mich ergriffen . . . besonders seit ihn — der Poppctz bekommen hat, der Poppetz, der noch vor zehn, zwött Jahren kein reicher Mann war! . . . Nun hab' ich Dich zurücker,thnt als meinen Einzige», eine junge Kraft, die Schritt für Sck-itr mu mir gehen sollt', - statt dessen! . . ." Stefan hatte c o weiches Gemüth und hing mit einer Liebe, die an Ehrfurcht grenzte, an seinem Vater. Der Schmerz der Enttäuschung, der eb.nsowohl in seinen Worten wie in seinem Gesichte lag, that ihm weh, und er sagte begütigend: .Ich hab' von meiner Ueberzcugung gesprochen, Vater, daß — so etwas nicht nach meinem Sinn und ich mich auch niemals darin einlajscir würde. Doch hab' ich kein Recht, so laug' ich in Eurem Hause bin, meine Ucberzeugung über die Eure zu setze». Ich wollt Euch nur zu bedenken geben, Vater, daß derartige Pläne ein großes Kapital beanspruchen und daß das jenige, was Ihr während meiner Abwesenheit hier geschaffen, schon riesige Summe, verschlungen haben muß. Wo wollt Ihr all' da" Geld dazu hernehmcn? Ich weiß, daß man uns reich nennt, wir sind es aber mehr an liegenden Gütern, an Grund und Boden, Feldern, Waldungen. So viel Baarkapital kann auch nur ein großer Geschäftsmann liegen haben." »Dann hast Du Recht, Stefan," versetzte der Alte. „Es hat schon bi» jetzt etwas Kampf gekostet; ich hatte zwei Jahre hindurch Mißernten, das hat ein bischen heruutergebrocht. lieber Flüssiges hab' ich auch jetzt nicht zu verfügen, wenigstens nicht soviel wie's nöthig sein wird," verbesserte er sich. „Aber," fügte er nach einer Pause hinzu, „Hankas Geld soll fürs erste auShelfen . . . ." »Vater," rief der junge Mann erschrocken, „Ihr werkel doch nicht Hankas Geld angreifen?!" »Hankas Geld ist kein fremdes," versetzte der Richter unbeirrt und ruhig. »Ich hab' das Mädchen stets als zu uns gehörig betrachtet." .Ja. so laug' sie Mareks Frau werden sollte. Sinn ist Marek todt und ihr Vermögen ein getrenntes und selbstständiges geworden. Sie kann jeden Tag hciratheu und Ihr müßt dem Mam:e das Geld hcrauszahlen." »Wüßt du hier keinen anderen Ausweg," unterbrach ihn der Vater mit einem seltsam forschenden Ausdruck. „Hast Tn »ie daran gedacht, die Stelle Deines Bruders cinzunehmen? und daran gedacht, daß ich es wünschen würde?" „Nein," sagte Stefan, betroffen seinen Vater anblickend. „Warum liegt Dir das Naheliegende so fern, Stefan? Und da ich « Dir jetzt sage und Du es jetzt weißt, berührt es Dich etwa so wie — meine erste Mittheilung? Mußt Tu Dich auch erst fasten und sammeln?" Ein scharfer Spott lag in der Stimme. „Gestern hat's mir geschienen, als habe Dir die Hanka recht wohl gefallen." Tas ist kein Wohlgefallen, das für das Zusammenleben zweier Menschen, das für die Ehe ausreicht," versetzte Stefan abwehrend. „Bei solch gewissen Männern, wie Du, reicht's aus; mit dem Besitz stellt sich Liebe ein. Aber das Wohlgefallen kann ja noch hervorwachsen. Du wirst ja täglich, stündlich mit ihr zu sammen sein, und Hanka ist ein solch schönes Mädchen, daß man das wohl annehmen kann. Und warum soll all' das schöne Geld in fremden Besitz kommen? Wäre es nicht jammer schade ?" „Geld darf bei einem rechten Manne in einer solchen Sache nicht mitsprechen," sagte der Sohn. „Wenn ihm aber das Mädchen auch gefällt," rief Gabor. „Wenn ihm das Mädchen gefällt, Stefan!?" Und als dieser schwieg und auch nicht vom Boden aufsah, fügte er hinzu und ein fast zorniges W'h klang aus seiner Stimme und flammte hinter den buschigen Brauen bervor: „Bist du auch hier anderer Ansicht? Ist auch hier Dein Weg ein anderer? Stefan, Stefan, soll mir Deine Rückkehr zum Fluch und nicht zum Se gen werden?" Wieder griffen diese Worte an des Sohnes Herz und er sagte begütigend: „Seid ruhig, Vater; der Gedanke an Hanka ist doch nicht so schrecklich, daß man sich derart im Voraus da gegen verwahren sollte! Es hat mich nur überrascht, wie alles . . . Wenn Hanka mich mag und mein Herz sich für sie erwärmt, es muß ja keine solch übergroße Liebe sein, nur warm soll's werden, Vater .... dann mags in Gottes Namen sein! Doch das hat ja noch Zeit, ich bleibe ja für immer zu Haus. Laßt mir und ihr die Zeit, Vater, uns langsam selber zu finden!" Der nächste Tag war ein Sonntag und er kam wie Feier tagsstimmung. Der Mühlenberg und die Höhen ringsum waren in warmes, goldenes Licht getaucht, von dem Hochwald stieg ein kräftiger würziger Hauch auf, und der Strom, der lärmende Geselle, trieb ruhiger als sonst seine Wellen, denn die Mühlräder standen still und unbewegt. Gabor mit Sohn und Mündel und dem Hausgesinde rüsteten sich zum Kirchgang, nur ein Knecht blieb als Wächter des Hauses zurück. Richter Semany sah strenge darauf, daß seine Dienstleute Vormittags und Nachmittags an Sonn- und Festtagen in die Kirche gingen. Gabors Tracht bot ein eigenthümliches Gemisch von einem Bauern und einem Bürger. In Farbe und Schnitt ganz bäuerlich, war sie, was Stoff und Ausführung betraf, von der größten Feinheit. Siefans Anzug glich dem des Vaters und die hohe Gestalt des jungen Mannes nahm sich in der hellblauen, rcichverschnürten, eng anliegenden Kleidung vorzüglich aus. Die Wachtmeister- Uniform hatte er gleich am ersten Tage abgelegt. Nur Hanka hatte sich vollständig in ein städtisches Fräulein verwandelt und trug eia langes, nut Falbeln und Rüschen rcichbesetztes, modernes Kleid. An den Hut schien sie sich noch nicht gewagt zu haben, denn sic hatte ein schwarzseidenes Tuch um den blonden Kopf gebunden, unter dem runden Kinn zu einem zierlichen Knoten geschlungen. (Fortsetzung folgt.) Denk- und Sinnfprüche. Sei mehr, als der Schein verheißt, Rede minder, als Du weißt; Habe mehr, als Du verleihst, («eh zu Fuß, wenn Nvth es heißt, Doch zu Pferde allermeist; Glaube nie mit blindem Geist; Sei im Würfeln ni ,t zu dreist; Lebe nicht in steten« Sause, Bleibe hübsch in Deiner Klause; Daß die Freud' in Deinem Hause Mit dem Thaler nicht »erbrause. Shakespeare. Druck von Langer L Winterlich in Riesa. Für die Redaktion verantwortlich: H. Schmidt tn Riesa. Rr. IV. Ri-sa, den SS. April 188«. IS. Jahrg. GrMltt an der Gide. Belletrist. Gratisbeilage zu« »Mesner Tageblatt". Bozena Matuschck. Roman von Caroline Deutsch. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung) Es war in den ersten Tagen des Frühlings und das erste junge Grün begann wie ein zarter Flaum Wiesen und Felder zu bedecken und brach als glänzender Blätterschmuck aus den geschlossenen rauhen Knospen der Bäume und Sträucher, als der junge Mann nach einer mehr als fünfjährigen Abwesenheit in das malerische Heimathsthal einfuhr und ihm oberhalb Turas die Mühle zwischen den schwachbelaubten Bäumen grüßend von der Höhe entgegenwinkte. Auch er riß den Hut vom Kopfe, schwenkte ihn und seine braunen Augen leuchteten auf. Zwar kannte er in der Erinnerung nur graue Stroh dächer, und jetzt spiegelten sich dort im Abendsomicuschcin rvth- lich flimmernde ab . . . doch ganz von Empfindungen an das nahende Wiedersehn erfüllt, dachte er nicht weiter daran. Nun fuhr er durch den Ort, den er passiren mußte und der fast nur aus einer langen Straße bestand, und da Feierstunde war und Jung und Alt vor den Thüren saß, so eilte alles herbei, und das Händeschütteln, die Ausrufe der Freude, des Staunens, der Bewunderung uahmen kein Ende. Der Müh lenberg befand sich eine keine halbe Stunde vom Orte entfernt, und als Stefan vor der sanstansteigenden Höhe anlangte, sah er seinen Vater von Knechten und Msgden umgcbeu oben vor der Hausthüre des stattlichen Wohngebäudes stehen. Da sprang er vom Wagen, eilte in einigen Sätzen die An höhe hinauf, und Vater und Sohn lagen sich stumm und wortlos in den Armen, in der ersten Minute kein Wort der Begrüßung findend. Dann ließ der Alte den Sohn los, trat einige Schritte von ihm weg und betrachtete in mit leuchtenden Augen. Er bot auch einen herzerfreuenden Anblick, nicht nur für das Va- terange, sondern auch für jeden fremden Blick. Wenn er auch nicht die imponirende Stattlichkeit des alten Semany hatte, so war er doch hoch und schlank gewachsen, mit einem männlich offenen, angenehmen Gesichte; dein die tiefbraunc Färbung und die breite Narbe, die über die Stirn lief, einen muthigen Aus druck verliehen, und niit hellbraunen Augen, so klar und treu herzig, wie ein durchsichtiger, sonnengesättigter Wasserspiegel. . Nun wandte sich Stefan an die Knechte und Mägde und reichte jedem und jeder die Hand; er kannte sie alle, denn die meisten waren seit langen Jahren im Hause bedienstet. Dann war ja auch Leutseligkeit ein hervorstechender Zug bei den Semanys; während sie aber bei dem alten Gabor mehr den Charakter einer herablassenden Würde trug, war cs bei dem Sohne schöne, warmherzige Freundlichkeit. „Ta ist noch Jemand, der Dich begrüßen will," sagte der Richter. Und als Stefan sich bei diesen Worten umwandte, trat hinter Gabor ein junges Mädchen hervor, das bis dahin dessen mächtige Gestalt vollständig verdeckt hatte. „Erkennst Du sie, Stefan?" „Das ist ja die Hanka!" sagte der junge Mann und reichte ihr überrascht und mit warmem Ausblick beide Hände hin. Hanka hatte, abgesehen von ihren großen, rothcn Händen, ! nichts Bäurisches an sich. Sie hatte eine zierliche Figur, ein j zartes rosiges Gesicht, Grübchen in den vollen Wangen und schneeweiße Zähne, die sie oft enthüllte, weil sie viel lachte; ihre braunen Augen waren in schönem Gegensätze zu der matt blonden Farbe ihres Haares. Jetzt, als sie Stefan die Hand reichte, blitzten wieder die weißen Zähnchen zwischen den rvthen Lippen, aber ihr Antlitz war wie in Purpnrgluth getaucht. „Es ist noch immer die Hanka, die so gern lacht und so leicht crrvthet," sagte Stefan; dann trat er in die Wohnstube zur ebenen Erde, gefolgt vom Vater und der Pflegeschwcstcr. War schon Stefan die äußere Veränderung des Hauses ausge fallen, so wurde er noch mehr durch die innere überrascht. Da liefen nicht mehr die bäurischen Vänkc längs den Wänden, da stand nicht mehr der lange mächtige, vierfüßige Eichcntisch, da schmückten nicht mehr buntbemalte Teller und Krüge die Wand .... Ein schwarzes Ledersofa nahm die obere Wand ein, ähnlich gepolsterte Stühle reihten sich an dasselbe, Kattun gardinen waren vor den Fenstern angebracht und die Stelle der Krüge und bunten Teller nahmen ein Spiegel und einige Bilder ein. „Ja, ja, wir haben den Lauern endlich ein bis chen abgcstrcist," meinte der Züchter, mit Befriedigung das Er staunen des Sohnes'wahrnchmcnd. „Du sollst aber noch an ders überrascht werden, noch ganz anders, Stefan." Beim Abendbrot wunderte sich Stefan, das; noch die bäu rische Sitte, mit Knechten nnd Mägden an einem Tische zu essen, beibehaltcn wurde, da nach dieser Züchtung hin so man ches verändert schien. Im daranstoßendeu Zimmer stand ein langer Tisch mit rohen Linnen bedeckt, vor dem rohgezimmerte Bänke liefen. Nachdem Gabor mit entblößtem Haupte das Tischgebet gesprochen, alle andern das Amen hinzugefügt, nahm jeder nach Reih und Ordunng Platz. Während des Essens wurde, wie es bei Bauern Sitte, wenig gesprochen; uur Stefan berichtete kurz über seine Reise, die an zivci Tage gedauert, da es von der bosnischen Grenze her ivar, wo er bis jetzt in Garnison gewesen. Als sich dann das Personal mit dem üblichen „Pamboch sazlat", Gott Vergelts, entfernt hatte'und auch Hanka hinausgegangcn war, um noch' den Leuten irgend eine Arbeit anzuweisen, sagte der junge Mann: „Sie ist wirklich sehr hübsch geworden, Vater." „Und tüchtig, Stefan, zum Staunen tüchtig für ihre Ju gend. Sie ist noch nicht ganz zwanzig und hat die Berechnung und Erfahrung einer gereiften Hausfrau. Sie führt und leitet den ganzen Hausstand und weiß sich bei jedem in Respekt zu setzen." Hat sie das Vergangene überwunden, Vater?" „Ein jung Gemüth ist . . . wie junge Feldsaat, der größte Sturm kann ihm schwer was anhaben — anders ist es bei vollen reifen Sichren, was da niedergehagelt und geknickt ist, richtet sich nie wieder ganz auf. . ." Der Sohn legte mit einer tief theilnahmsvollen und zugleich ehrfürchtigen Bewegung seine Hand auf den Arm des alten Semany. „Euch aber ist's an die Seele gegangen, Vater . . . Als ich das letzte mal zu Hause war, war Euer Haar dunkel wie meines; jetzt ist's ergraut." Die Furchen in der Stirne des Alten schienen sich zu ver tiefen, die dichten, buschigen, grauen Brauen bildeten eine gerade Linie.
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