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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.09.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189609152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18960915
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18960915
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-09
- Tag1896-09-15
- Monat1896-09
- Jahr1896
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.09.1896
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Kurzem vom Reichsgericht gefällte Entscheid««-, »ach welcher fremde Katzen, die in Gärten eindringen und den Singvögeln oder dergleichen nachstellen, al« Raubthirre behandelt und durch Fallen weggefangen, sowie durch Gift, durch Erschießen u. s. w. getödtet werden können. * Stauchitz, 10. September. Herr Oberlehrer Herbst-Wurzen hielt heute im hiesigen landwirthschastlichen Bkreine einen Vortrag über: „Die rationelle Wintersütterung d?S Milchviehes." Ausgehend von der immer noch andauernden Nothlage der Landwirlhschaft, verwies er darauf, daß bet den anhaltend niedrigen Vetreidepreisen der Landwirth darnach trachten müsse, den wichtigsten -heil seiner Einnahme aus der Viehzucht zu nehmen. AuS mehreren in landwirthschastlichen Zeitschriften verösse'tlt^ten Buchführungen kleinerer und größerer Wirthschasten rrgtebt sich auch, das, das meistentheilS schon der Fall ist. Soll aber die Viehzucht wirklich einträglich werden und bleiben, so muß sie eine rationelle sein. Dazu ist nicht allein ersorderlich, daß man aus einen guten Biehstand hält, sondern eS gehört dazu ganz besonders eine zweck mäßige Ernährung. Denn schasst man sich eine vorzügliche Dampf maschine an, gtett ihr aber nicht den nölhigen Heizstoss, so wird sie nicht genügend arbeiten. Ebenso giebt daS beste Vieh keinen ge nügenden Nutzen, wenn eS nicht richtig ernährt wird. Um ein Ver- ständniß sür eine rationelle Fütterung haben zu können, muß man über den Werth der einzelnen Futtermittel, sowie über ihre richtige Vcrlheilung. Verwendung und Verwerthung im Klaren sein, denn nirgends sichen sich die Gegensätze Sparsamkeit und Verschwen dung näher, als gerade bei der Fütterung unserer Nutzthiere. Die Stosse, auS welchen der thterische Körper zusammengesetzt ist, sind sehr verschiedener Natur. Sie müssen aber alle in den Nährstoffen dem Körper zugesührt werden, wenn dieser gedeihen und Nutzen ge währen soll. Durch vielfache Versuche, welche von Gelehrten und Männern der Praxis angestellt worden sind, ist sestgestellt worden, daß eln Rind von den verschiedenen Stossen pro Tag traucht 2 bis 2,7 Pfund Eiweiß, 0,4 0,7 Psund Fett, 12- 15 Pfund stickstofffreie Stosse und 20- 30 Psund Trockensubstanz. DaS Eiweiß ist zur Mtlchdildung nothwendig. Es erzeugt neue Milchdrüsen und be fördert dadurch eine reichlichere Milchabsonderung. Soll die Milch gehaltreich werden, so muß auch Fett gegeben werden. Die stickstoff freien Mittel dienen zur Ernährung des Körpe s, die Trockensubstanz oder daS Rauhsutter befördert die Verdauung. Es zwingt zum Kauen und regt zur Speichelbildung an, es bewirkt die Durchdringung des Speisebreies mit Magen- und Darmjästcn, füllt den Magen und giebt dem Thiere daS Gefühl der Sättigung. Geben wir von diesen Stoffen zu wenig, so schädigen wir das Vieh, denn dann gedeiht es nicht; geben wir ihm zu viel, so schädigen wir uns, denn dann treiben wir Verschwendung. Der Landwnth muß darum genau nachrechmn, ob seine Futtermittel, den richtigen Gehalt haben. Das kann Jeder, denn in allen landwirthschastlichen Kalandern und in den meisten Preisverzeichnissen findet man Tabellen, die den Gehalt nach Pro zenten angebcn. Der Vortragende zeigt in Probiergläsern die ange führten Stoffe vor, stellt verschiedene Berechnungen an und knüpft daran die Mahnung, das, was im eigenen Futter fehlt, durch An kauf von Krastfuttermitteln zu ergänzen, wodurch man nicht nur eine richtige Ernährung und den größtrn Nutzen erzielt, sondern auch den Werth des Düngers bedeutend steigert. Hieraus geht er 16 Kraft futtermittel einzeln durch, stellt den Preis pro Centner und Nähc- stoffeinheit fest und giebt den Mehrwerth des nach der Fütterung ge stallten Düngers an. So interessant und lehrreich diese Tabelle auch ist, besonders da von jedem Futter auch die Wirkung auf Milcher- giebigkett und Butterbeschasscnheit angegeben wurde, so müssen wir uns des Raumes wegen versagen, näher daraus einzugehen. — Manche Landwirthe sagen: Was brauche ich denn solche zugekanste Mittel; ich verwende lieber das, was ich selbst erbaue und spare das Geld. Volkswirihschastlich angesehen scheint das richtig zu sein; denn, wenn es alle so machten, dann ginge kein Geld sür Futtermittel ins Aus land. Vom privatwirthschastlichen Standpunkte aus muß inan aber entschieden widerrathen. Redner weist rechnerisch genau nach, daß selbst bei den jetzigen niedrigen Preisen des Getreides Derjenige ge radezu ein Verschwender genannt werden muß, der seine Körner ver- süttert statt Malzkeime, Rapsluchen, Palmkernc, Biertreber Melasse und andere Futtermittel zu Hilfe zu nehmen. — Zum Schluffe giebt er noch vier allgemeine Regeln sür die rationelle Fütterung des Milchviehes mit Kraftsuttermittel. 1. Man thut immer gut, wenn man von einem Futtermittel nicht zu große Mengen giebt, sondern mit anderen abwechselt. Sie werden dann schmackhaster; denn durch die Auswahl wird die Lust am Fressen angeregt und das spielt offenbar eine große Rolle. Was nützt das schönste Futter, wenn es nicht mit Appetit gefressen und verdaut wird? 2. Man gebe die Krastsuttermittel nie als dünnes Getränk, sondern entweder trocken oder als dicken Brei. Dies beachte man ganz besonders beim Raps kuchen, den viele noch als Getränk verabreichen und der dann ost ein giftiges Oel bildet. 3. Man füttere nicht schabiouenmäßig, sondern nehme Rücksicht aus die einzelnen Stücke Vieh und aus den Zweck, den man durch das Futter erreichen will. Das Milchvieh sollte man in 3 Gruppen sondern und in die ers e Gruppe die Kühe bringen, die in den letzten 4 Monaten gekalbt haben, in die zweite die vom 4. bis 8. Monat, in die dritte die, welche schon vor 8 Monaten ge kalbt haben. Die erste Abtheilung sütiere man sehr reichlich, die andere mäßiger und die drille noch knapper mit Krastsuttermittel, denn je näher sie dem Kalben stehen, desto besser verwerthen sie die selben. 4. Man gebe den Thieren eine entsprechende Menge von Viehsalz, wobei man pro Kops 30 Gramm rechnen kann. Das Salz ist zwar nicht etwa ein Nahrungsmittel an sich selbst, aber es ist ein Reizmittel, welches die Verdauung der anderen Nahrungsstoffe und den Stoffwechsel im Körper besmdert. Natürlich darf man die Salz gaben auch nicht übertreiben, weil man sonst leicht durch Ueberreizuug Durchfall herbeisührcn kann. — So ist also bei einer rationellen Wintersütterung recht viel zu berechnen und zu beobachten; aber nur wer dies thut, wird einen Ersolg erreichen. Sparsam füttert der « Landwirth, der bei kräftiger und planmäßiger Fütterung den größten Nutzen aus seinem Viehe zieht; cm Verschwender ist der, welcher bei scheinbarer Genauigkeit sein Futter plan- und zwecklos hingiebt, und nur dem ersteren wird es gelingen, eine nennenswerlhe Einnahme auS seiner Viehzucht zu erzielen und sich mit ihrer Hilfe auch über schlechte Zeiten hinwegzuhelsen. (Wegen Ronmmangcl verspätet. D. R.) Oschatz. Am Sonntag Abend in der neunten Stunde brannte in Schmorkau das zum dasigen GasihosSgrundstücke gehörige Scheunengebäude mit fast sämmtlichrn Erntevor- räthen total nieder. Nur dem energischen Eingr isen der zahlreich erschienenenFeuerwehrenmirSpritzenist es zu verdanke n, daß das Feuer auf seinen Herd beschränkt wurde. — Weiter brannte in der 1. Stunde eine dem Rittergut Thal gehörige, am Mannschatzer-Wege stehende Strohfeime nieder, wahrend in der dritten Stunde eine auf dem Drppoldtsbcrge stehende, dem Herrn Posthalter Lochmann gehörige Weizeufeime in Klammen ausging. Es liegt in allen drei Fällen jedenfalls Brandstiftung vor. Zittau, 13. September. In Kratzau i. B. ereignete sich gestern früh ein Mord und ein Selbstmord. Der 62 jährige Weber Pischel lebte seit Jahren mit der Hausirerin Hiebet und deren Tochter zusammen. Mit letzterer scheint er ein Liebrsverhältniß haben anknüpscn wollen, ist aber ab gewiesen worden, da dieselbe bereits einen Bräutigam besessen und denselben bald zu heirathen beabsichtigt hatte. Rach >em Weggange de« Bräutigam« am Sonnabend früh und - in Abwesenheit der Mutter de« Mädchen« hat nun Pischel ° die Tochter überfallen und nach kurzem Kampfe ihr mit ? einem gewöhnlichen Taschenmesser einen tödtlichen Stich in § den Hal« beigebracht. Die zurückkehrende Mutter schrie um > Hilfe, während Pischel sich auf den Oberboden flüchtete, in ' eine Kammer einschloß und durch Erhängen seinem Leben ein Ende bereitete. Bei Eintreffen der Gerichtscommission lag da« Mädchen, da« sich tapfer gewehrt hatte, wie mehrere Schnittwunden an den Händen bezeugen, todt in einer großen Blutlache. Löbau, 12. September. Außer dem Unfall, der hier leider den Kaiserlichen Extrazug betroffen, hätte sich beinahe während der Manöoerzeit noch ein zweites Eisenbahnunglück ereignet, da« glücklicher Weise noch i« letzten Momente ab- gewendet wurde. In Folge Verwechselung eine« Signal« fuhr von Ebersbach ein Führer mit seinem Train ab, al« ihm beim Verlassen der Station auf demselben Geleise der um circa eine Stunde verspätigte Zug von Löbau entgegen kam. Beide Führer bemerkten glücklicher Weise rechtzeitig die drohende Gefahr und gaben Contredampf, so daß beide Züge kurz ror einander auf hohem Eisenbahndamm zum Stehen kamen. Die Passagiere de« voll besetzten Löbauer Zuges erfuhren erst später, in welcher Gefahr sie geschwebt hatten. Schandau, 14. September. Beim Ausrichten eine« Mastbaumes ist am Freitag Nachmittag der Schiffer Linde mann au« Kleinwittenberg (Provinz Sachsen) auf der Elbe vor Aussig erschlagen worden. Lindemann richtete mit seinem Sohne und einem Bootsmann mittels einer Winde den Mastbaum auf. Schon war der Baum 6 Meter hoch, al« er rutschte und dem Steuermann Lindemann mit solcher Wucht auf den Kops fiel, daß der 58 Jahre alte Mann be wußtlos zusammenbrach. Auf dem Transporte nach dem Krankenhause ist der Verunglückte gestorben. VomVogtlande. Herrenlos umherirrende gepaschte Rinder, die ihren Treibern von der Grenzwache abgejagt worden sind, gehören an der sächsisch-böhmisch-bayrischen Grenze nicht zu den Seltenheiten. Herrenlose Ziegen oder Schafe findet man dagegen nicht. Man war daher nicht wenig erstaunt, als in einer der letzten Nächte unterhalb von Ebmath aus dem von der Straße Roßbach. Oelsnitz nach Bergen, Freiberg und Adorf abzweigenden Communications- Wege eine große Heerde Schafe ohne Wächter angetroffen wurde. Ein aus dem Seitengraben kommender Hund bewies aber, daß sich die Treiber der Thiere, die für Fleischer aus dem oberen Vogtland und im Erzgebirge aus Bayern ein geführt worden waren, in der Nähe befinden mußten. Selbige mochten im Laufe des Tages ein Gläschen über den Durst getrunken haben, wozu die zahlreichen Gasthäuser an der Straße Gassenreuth-Adorf genugsam Gelegenheit bieten, hatten mitten im Walde geruht und waren dabei fest eingeschlafen. Leipzig, 14. September. Einen unheimlichen Fund machte dieser Tage die Postanstalt Oetzsch-Gautzsch, nämlich den Leichnam eines neugeborenen KinveS. Am 25. August war auf einem hiesigen Postamte ein nach M.-Gladbach adressirtes Packet aufgegeben worden, dessen Absender als in Gautzsch wohnhaft angegeben war. Das fragliche Packet ist jedoch vom Bestimmungsorte als unbestellbar zurückgekommen. Auch ist der angebliche Absender nicht zu ermitteln gewesen. Inzwischen hatte sich von dem fraglichen Packete ein wider licher Geruch verbreitet, der dessen Oeffnung amtlicherseits veranlaßte. Dabei kam der oben angegebene Inhalt zum Vorscheine. Die Staatsanwaltschaft hat sofort die Unter suchung über den mysteriösen Vorfall eingeleitet. Anhalts punkte über den oder die Thäter fehlen. Gera, 14. September. Der Dienstknecht Kreutzer von hier erstach gestern Abend in der 6. Stunde am Saaloner Berge den angeblichen Maurer Gustav Evuard Wildenhayn aus Untergötzenthal, S.-A. Letzterer saß mit zwei Stromern im Chausseegraben und sprach den vorübergehenden Kr. um einen Schnapsgroschen an, den dieser verweigerte. Darauf entstand eine Schimpferei, dann warfen sich die Parteien mit Steinen und schließlich wurde Kr. mit W. handgemein und aus Furcht, der Uebermacht unterliegen zu müssen, wehrte er sW mit dem Messer, das er dem W. so in den Hals stach, daß eine tiefe und eine etwa 10 em breite Wunde entstand. Da die große Schlagader getroffen war, verstarb W. sofort. Wetzlar, 12. September. Zwischen Hörbach und Herborn flüchteten sich bei einem Gewitter sieben Leute unter einen Baum. Der Blitz tödtete vier und lähmte zwei. Einer bekam einen Tobsuchtsanfall, dessen Folgen noch nicht abzusehen sind. Frankfurt a. M., 11. September. Ein Schwindler nest wurde durch unsere Kriminalpolizei ausgehoben. Im Anzeigcntheile eines pommerschen Blattes war folgendes Preisräthsel erschienen: „Meine erste ist ein Bindewort, die zweite ein Geldstück. Mein ganzes ist ein großer Mann, für Deutschland hat er viel gethan." Dem Einsender der richtigen Lösung wurde eine goldene Uhr versprochen, wofern er mit der Lösung eine Mark in Briefmarken an Eduard Marrs in Frankfurt a. M., Glauburgstraße 34, einschicke. Diese Anzeige wurde der hiesigen Polizei eingesandt, und diese vermuthete sofort, daß man eS hier wieder mit einem Schwindel zu thun habe, denn solche durchsichtigen „Preis räthsel' mit der Lösung Bismarck oder Windthorst sind schon vor Jahren veröffentlicht worden. Die Vermuthung hat sich durchaus bestätigt, denn als ein Polizei-Kommissar den an- geblichen Eduard MarrS aufsuchte, entpuppte er sich als derselbe Gustav Höpsner, der wegen des nämlichen Schwindel schön vor drei Jahren verurtheilt worden war. Er stammt aus Essen, und man fand bei ihm noch seinen Bruder Oskar und zwei steckbrieflich verfolgte Personen, sowie ein Frauen zimmer. Die Durchsuchung seine« Zimmer« förderte ganze Stöße von Briefen zu Tage, die alle die Lösung de« Prei«- räthsel« euthielten und selbstverständlich alle auch die Mark in Briefmarke«. Die Gesellschaft ist erst Anfang« Sep tember nach Frankfurt gekommen, vorher hielten sich die Brüder Höpfner «nter dem Namen Bornheimer 14 Tage lang i« Köln auf und betrieben dort da« nämliche Geschäft. Anfang August hatte Höpfner mit den neuen Schwindeleien von Essen und Mühlheim a. d. Ruhr au« begonnen. Die Polizei schätzt die Einnahme, die er damit erzielte, nach der Zahl der aufaefundenen Briefe aus 1000—1200 Mark in dem einem Monat, ein neuer Bewri«, daß die Dummen nicht alle werden. vermischte». Ein toller Luchs. Den „Reichenbacher Nachr." er zählt ein Netzschkauer: Meine diesjährigen Ferien verlebte ich im Möllthale in Oberkärnten. Ich hatte mich dort kaum häuslich eingerichtet, al« die ganze Gegend von einer mächtigen Aufregung, befallen wurde. Die Ursache war, wie sich später herausstellte und wie ich gleich vorausschicken will, ein toller Luch«! Schon seit längerer Zeit waren von den dortigen Jägern an dem sonst so scheuen Rehwild eigenartige Er scheinungen beobachtet worden. Diese Thiere wagten sich bis in die nächste Nähe der Jäger, und da sie mit wilden Sätzen und unter offenbaren Zeichen einer beginnenden Krankheit vorüberjagten, so wurden einige erlegt. Es ergab sich, daß alle diese Thiere, welche die Verwunderung der beobachtenden Jäger erregt hatten, eine kaum vernarbte Nackenwunde trugen, welche von einem Raubthiergebiß geschlagen sein mußte. Aber nicht genug damit. Auch unter den Ziegenherden, die frei auf den Almen weiden, zeigten sich ähnliche Erscheinungen. Unter furchtbarem Toben verendeten die bis dahin vollkommen gesunden Thiere; bei ihnen allen war der verhängnißvolle Biß im Nacken wahrzunehmen. Die Aufregung unter den sonst so friedlichen Möllthalern erreichte ihren Höhepunkt, als eine« Nachmittags in einem Maisfeld, auf dem mehrere Mägde beschäftigt waren, der Urheber des Unheils entdeckt wurde. Die entsetzten Frauen entflohen eilends mit lautem Geschrei. Das Raubthier aber setzte seinen Weg fort, ohne sich durch die Menschen beirren zu lassen. Am 8. September endlich war es einem Jäger, dem Reviersörster, gelungen, den Störenfried zu erlegen. Es war ein stattlicher männ licher Luchs. Ich hatte noch die Freude, das schöne kräftige Thier genau zu betrachten. Der Reviersörster berichtete mir, daß ein roller Luchs durchaus keine so seltene Erscheinung sei. Die Luchse schlichen sich im Winter, durch Hunger geplagt, bis in die Nähe der Bauernhöfe, um Beute zu erjagen. Da- b-i komm; es wiederholt zu einem erbitterten Kampfe zwischen ihnen und dem tapferen Hauswächter. Der Luchs werde in der Regel in die Flucht geschlagen und trage dabei heftige Wunden davon. Diese seien Ursache der später austretenden Tollwuth. Er habe schon den dritten tollen Luchs gesehen; der, den er zur Strecke gebracht, sei der zweite, den er er legt habe. Bei einem in Wien veranstalteten Balle eimr Adelsgesellschaft wirkte außer der Straußschen Kapelle auch jene des Raaber Zigeunerprimas Farkas mit, der zum Auf spielen dreier Csardas und der Tafelmusik eigen« nach Wien berufen worden war. „Ds Msi-e-ü", sagt Graf Cs . . cs während der Pause, „der Strauß wird jetzt seinen sür heute komponirten Walzer vortragen, paß aus! Wenn Tu ihn nach spielst, bekommst Du von mir drei Hunderter." lsss, LMtösss!» (Wird geschehen, Excellenz!) Der Walzer wird gespielt, stürmisch beklatscht, auch wiederholt, aber wie ändert sich der freudige Ausdruck des Komponisten, als beim Essen die Zigeuner aufmarschiren und das nagelneue Stück mit hinreißendem Schwünge herunterfideln, die verändert gebrach, ten Stellen durch Zwischenspiele des CymbalS ersetzend. „Ah — da muß ich bitten! Haben die Kerle durch Bestechung meine Partitur erwischt — aber unmöglich, bin erst heute früh fertig geworden!" ruft Strauß, „— und Marczi ist erst heute Abend aus Raab gekommen" — rief lächelnd der Graf; „seien Sie beruhigt, das ist nun einmal die Gabe un serer Zigeuner! Gelt, Marczi?" und er warf ihm die drei Hunderter hin, zu denen von den begeisterten Ballgästen viele andere hinzugethan wurden. Sogar Strauß wollte mitthun, aber sein ungarischer Kollege bat nur um einen Händedruck und um einen Klavierauszug, um den Walzer richtig einzuüben. Die Dame mit den Brillanten. Eine schöne junge Dame der Pariser Halbwelt spielt in Ostende jetzt eine große Rolle; sobald sie am Strande oder in dem Kur saal erscheint, ist sie von Herren umschwärmt, aber auch die Augen der Frauenwelt sino bewundernd und neidisch auf sie gerichtet; stets ist sie von einem Diener begleitet. Diese Schöne trägt die entzückendsten Gewänder allerneuester Mose und die herrlichsten Geschmeide; alle Lokale reißen sich um den Besuch dieser — Reklamedame. Weder die Toiletten, noch die Geschmeide gehören ihr, sie stellt sie nur aus. Ein Pariser Schneider und ein Pariser Juwelier haben sich im Verein mit der Leitung des Ostender Spielklubs zu dieser Ausstellung verbündet. Der die Reklamedame begleitende Diener ist ein Beamter des Juweliers, der die Geschmeide und Edelsteine zu überwachen hat. Die Hinrichtung eines Königsmörders. Ueber die Hinrichtung Mirza Rezas, des Mörders des Schah von Persien, liegt jetzt ein zuverlässiger Bericht vor. Noch während der Nacht war Mirza Reza in die Kosakenkaserne zu Teheran geschafft worden. Bei der Einbringung des Mörders in sein neues Gefängniß war der Premierminister zugegen, und der Missethüter wurde einem nochmaligen Verhöre unterzogen. Es blieb dabei, daß er infolge der Bedrückung durch einige hohe Würdenträger zu jener verbrecherischen That getrieben worden sei. Die ganze Nacht hindurch unterhielt sich der Mörder mit Singen, und oft lachte er hell auf. Vor Sonnen- ' aufgang verrichtete er nach Gewohnheit der Perser sein Gebet, nachdem er vorher die vorgeschriebenen Waschungen vorge nommen hatte, und verlangte dann Thee, Brot und Käse, waS
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