01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010305015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901030501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901030501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Amtsblatt des Königliche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen »PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem Redacttonsstrich (4 gespalten) 7b H, vor den Familirnnach- richten (6 gespalten) bO Ls. Tabellarischer und Ziffernsay enttprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 2b L, lexcl. Porto). Ertra Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung 60.-, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschlub für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^117. Dienstag den 5. März 1901. 95. Jahrgang. AMM sm die MotzkMNDbt »m Mmmtiig, dm 7. d., klbilst« bis sMchns hmst Admd 7 Ur. Morgen Mittwoch sind des Wusitages halber unsere Geschäftsräume geschloffen. Die Heeres-Orgauisation in Spanien. R. v. L. Bald nach der Beendigung des Krieges mit den Vereinigten Staaten, der Spanien seiner letzten werthvollen Co lonien und damit eines Besitzes von 429 000 Quadratkilometern und 10 Mill. Bewohnern beraubte, faßten die leitenden Kreise in Madrid die politische und militärische Reorganisaton des Landes ins Auge und planten wesentliche Vevwaltungsreformen im Innern, erwogen die Aufgaben, die der Wehrmacht Spaniens bei dem verminderten Umfange seines Länderbesitzes fortan zufallen, und beschlossen dementsprechend die) Neu schaffung einer Flotte unter Veräußerung ihres alten Materials, um auch ferner eine gewisse maritime Position zu behaupten und die wichtigsten Küstenplätze schützen zu können, und zugleich eine vollständige Reorganisation des Landheeres, sowie eine Ver stärkung der Küstenbefestigungen. Die im Neubau von vier Linienschiffen gipfelnde Flottenverstärkung wurde nach lebhafter Debatte von den Cortes genehmigt, die Entscheidung über die Heeresorganisation -ist jedoch noch nicht gefallen. Das Anerbieten der guten Dienste Englands für Spanien vor Ausbruch des Krieges mit den Vereinigten Staaten zur Ver meidung des Conflictes, ein Anerbieten, mit dem zugleich die Forderung der Abtretung Ceutas, einer Erweiterung des Gebiets von Gibraltar, eines Hafens auf den Balearen und eines solchen an der portugiesischen Küste verbunden war; die immer intimere, unlängst sich besonders manifestirende Annäherung Englands an Portugal, sowie die Begehrlichkeit Frankreichs nach Gebietstheilen Marokkos und seine immer ausgedehnteren Basirungen am Mittelmeer, mußten Spanien gebieterisch auf eine baldige Reform seiner Wehrmacht zur Behauptung seiner, wenn auch bescheidenen Snlluna im Mächte bi .^üs'n. D "ol>,; Wort: „Hni-n llicc- racku" oe^uß ,tll Jahryunoenen keine Geltung mehr. Der Führer der—wenn man dies von den in viele Gruppen getheilten Cortes sagen darf — am Ruder befindlichen konservativen Partei trat den im Schmerze gefaßten Ab- rllstungsideen entgegen und erklärte, daß das Land sich Nicht mir einer Nattoncklgarde begnügen könne, sondern ein« Armee von wahrhaft kriegerischem Typus haben müsse, nicht damit es bei eventuellen europäischen Complicationen unbesonnen interveniren könne, sondern damit seine Individualität bekannt sei und es sich als in Wirklichkeit in der Welt der civilisirten Nationen existirend bcthätige. Endlich haben nunmehr die kreisenden Ideen ver schiedener Kriegsministcr, darunter Corea's und Polajewo's, den Heeresorganisationsentwurf des jetzigen Kriegsministers General Linares, des Vertheidigers von Sank Jago, zu Tage gefördert. Der Gesetzentwurf basirt auf dem in Spanien mehr als in allen anderen Ländern zu berücksichtigenden Kernpunkte der Leistungsfähigkeit des bekanntlich nur sehr schwachen Budgets dieses Landes. Er will Ersparnisse machen, schreiende Miß bräuche im spanischen Heere abschaffen und ohne Rücksichtnahme auf persönliche Interessen tief eingreifende Reformen durch führen. In Spanien bilden der Ossiciersstand und die Geistlichkeit die bei Weitem prävalirenden Elemente der Bevölkerung. Beide recrutiren sich aus den ersten Schichten der Gesellschaft, der nie dere Klerus allerdings, wie auch anderwärts, vielfach aus der ländlichen Bevölkerung. Namentlich unter den Klerikern finden sich wahre Prachtgestalten und Normaltypen der spanischen Rasse, ebenso aber auch unter den höheren Militärs und den Officiere» der mittleren Chargen, wie wir uns bei wiederholten Reisen in Spanien überzeugten. Beide sind im Einkommen am besten von allen Bc amten gestellt und haben eine nichts weniger als aufreibende Be- rufsthätigkeit. Die Generale haben überdies besondere, nicht un bedeutende Nebeneinnahmen und besitzen vielfach besonderen und selbst großen politischen Einfluß, wie di« zahlreichen von ihnen hervorgerufencn Pronunciamentos und Staatsumwälzungen be weisen. Man nimmt daher an, daß die Generale dem von dem Gesetzentwürfe verlangten, ihre bisherigen Gerechtsame u. s. w. erheblich beschränkenden Reformen sehr energischen Widerstand leisten und dabei von vielen, Neuerungen abgeneigten Mitgliedern der Cortes, ja selbst einigen des Cabinets, unterstützt sein werden. Als wichtigste Maßregel der geplanten Heeresorganisation stellt sich die V e r m i nd e r u n g d e s stehenden Heeres von 8 auf 6 Armeecorps dar, die besondere Ersparnisse ergiebt. Die Friedensstärke soll fortan 80 000 Mann, anstatt 128 559 Mann (nach dem Gesetze vom 9. Juli 1898), betragen und wird somit um über ein Drittel vermindert. Die spanische stehende Armee wird künftig aus 12 Infanterie-Divisionen, statt wie bisher 15, und 24 Infanterie Brigaden, anstatt 30; ferner aus48Jnfanterie Regimentern statt 56,12 Jägerbataillonen statt 20, 24 Kavallerie Regimentern statt 28, 8 Colonial-Regimcntern zu zwei activen und einem Reservebataillon, statt bisher 4 Co lonialbrigaden L 4 Bataillonen (3 in Melila), 13 fahrenden Ar tillerie-Regimentern und 3 Gebirgs-Artillerie Regimentern, statt bisher in Sumina 17; aus 1 Festungs-Ariillerie-Regiment und 12 selbstständigen Festungs Artillerie Bataillonen, bisher 13, und aus den im Wortlaute des Gesetzentwurfs näher bezeichneten In genieur-Eisenbahn-, Telegraphen-, Sanitäts- und Verwaltungs truppen, sowie den Befestigung?- und sonstigen Dienstzweigen und einer neu aufzustellenden Luftschiffer-Abtheilung bestehen. Die Verminderung betrifft daher hauptsächlich die Jnfanterie- und die Jägertruppe. Ob die Friedenscffcctivstärke der Truppen auch eine so schwache bleiben wird, wie bisher, und zwar per In fanterie Bataillon nur 23 Officiere, 326 Mann, für Jäger- Bataillone allerdings 27 Officiere, 716 Mann, per Cavallerie- EScadron 5 Officiere, 100 Mann, per fahrende Batterie 4 Offi ciere, 71—98 Mann, ist im Gesetzentwürfe zwar nicht aus gesprochen, ja sogar eine geringe Steigerung derselben an gestrebt, daß sie aber im Wesentlichen dasselbe niedrige Niveau behalten wird, geht aus der normirtcn künftigen Gesammtstärke deS spanischen Friedensheeres von nur 80 000 Mann deutlich hervor. Nächst der Anzahl der Truppenkörper unterliegt die Genera lität den eingreifendsten Veränderungen. Vor Allem wird die bisher etatsmäßige Charge der Genera lcapitäne, deren die spanische Armee bisher 8 zählte und die keine andere Armee kennt, abgeschafft und fortan nur für ganz her vorragende Dienste als Armeeführer im Kriege verliehen. Die Altersgrenze für alle Generale wird um zwei Jahre herabgesetzt, und zwar für Divisionsgenerale auf 66 Jahre, für Brigadegenerale auf 64 Jahre. Die hierdurch entstehenden Vacanzen werden jedoch nicht neu besetzt. Ferner sollen die meisten Generale einen Theil ihrer Adjutanten und Or donnanzen und Rationen, sowie besondere Gratifi kationen und den besonderen Servis zuschuß ver lieren, welche ersteren, d. h. Adjutanten u. s. w., bisher sogar den Generalen der Reserve gestellt wurden, obgleich diese so gut wie in völliger Unthätigkeit sich befinden. Die neue Organisation beabsichtigt, den Kriegs- Minister zum alleinigen Haupte der Armee zu machen und den bedeutenden Einfluß anderer hoher Chargen aus dieselbe aufzuheben. Sie plant ferner die bisher noch mangelnde Errichtung eines großen General- st a b e s für die ganze Armee. Der bisherige konsultative Kriegsr'ath und verschiedene Commissionen, deren Zweck hauptsächlich darin bestand, den Clienten der Freunde des Kriegs ministers Stellungen zu verschaffen, werden abgeschafft und an ihre Stelle sollen Organe treten, deren alleinige Aufgabe die Kräftigung der Wehrmacht ist. Der Eintritt in die Militär- Akademie soll eingeschränkt werden, da das spanische Heer an 'Ueberfluß von Officieren leidet und da die Anforderungen für den Unterhalt der Mannschaft, einer der dunklen Puncte des jetzigen Standes der Dinge, sich steigern. In den besonderen Grati fikationen der technischen Institute und des Lehrpersonals sollen Ersparnisse stattfinden, um die Effectivstarke der Truppentheile und das Material derselben zu vermehren. Hieraus, sowie aus der Zusammensetzung d sich neu formirendkn Armeecorps und Divisionen, aus c,- Er- chiung eines großen Gencralstabcs, aus der Acndcrung der Ter 'al- bezirke und derjenigen der Heeresreserven, aus der Umgestaltung der General-Jnspectionen, die modernisirt werden, um ihre Wirk samkeit zu erhöhen, aus der Verbesserung der Altersgrenzen und aus der den Anforderungen der heutigen Lebensführung ent sprechenden Aufbesserung der Gehälter der Stabs- und Sub- altern-Officiere, sowie aus der Bedingung, daß alle auch den gesteigerten Anforderungen des praktischen Dienstes gewachsen sein müssen, geht ein gediegener, wohlüberlegter Plan hervor, der darauf abzielt, die Leistungsfähigkeit des spanischen Heeres zu heben. Der Plan wird namentlich in den mittleren und den unteren Kreisen des spanischen Officierscorps, jedoch, wie erwähnt, nicht von den Generalen, günstig beurtheilt und tourde in den Cortes gegen lebhafte Angriffe warm vertheidigt. Auch hoffen seine Freunde, da Kriegsminister Linares ihn nicht als ein unveränder liches Ganze hinstellt,' daß er bei 'fernerer Erörterung noch mehr vervollkommnet werden wird. Allein es scheint, obgleich der genannte General im Falle der Ablehnung seines Entwurfes vom Kriegsministerium zurücktreten will, keine sehr große Aussicht vorhanden zu sein, daß der verständige Reor ganisationsplan in den Cortes zur Annahme gelangt, da in Spanien die Coterien der oberen Zehntausend, die Cliquen und die „Teriulias" weit mehr als die Presse das Parlament be herrschen. Der Krieg in Südafrika. Krüger. Eine belgische Abordnung begab sich am Sonnabend nach Utrecht, um Krüger eine Adresse von 378 belgischen Städten und Gemeinden zu überreichen. Die englischen Liberalen. Campbell Bannermann, der Führer der Opposition im Unterbause, hielt am Sonnabend bei einem politischen Fest mahle in Oxford eine Rede, die hauptsächlich den südafrika nischen Krieg behandelte. Er betonte die Nothwendigkeit einer öffentlichen strengen Ueberwachung der politischen Regelung, die dem Schlüsse deS Krieges folgen müsse. Die Politik der liberalen Partei müsse darauf gerichtet sein, dem Boerenvolke klar zu machen, daß Eng land versöhnlich gesinnt sei, daß es Freundschaft und wahre Freiheit biete. Die FriedenSbcdingungen sollten die Wieder einsetzung der Bürger in ihre Heimstätten, die sie durch den Krieg verloren hätten, sowie die Herstellung autonomischer Institutionen, sobald wieder Ordnung herrsche, umfassen. Hoffentlich würde die liberale Partei die geplante Verwal tung der einverleibten Staaten als Kroncolonien beanstanden. A» britischer Kriegsgefangenschaft. Die „Köln. Ztg." schreibt: Vor uns liegt der Brief eineß als britischer Kriegsgefangener in Ceylon festgebaltenen Deutschen aus Natal, der unfern, Gewährsmann als durchaus zuverlässig und vertrauenswürdig bekannt ist. Beim Einbruch der Boeren in das nördliche Natal war er „commandirl" und gezwungen worden, den Boeren Polizeidienste zu leisten. Als die Boeren sich im Mai 1900 wieder nach Transvaal zurückzogen, blieb er auf seiner Farm. Eine« Tages forderten ihn die briti- schen Behörden in Newcastle aus, dorthin zu kommen, um Aus kunft zu geben. Er folgte der Aufforderung, wurde aber ohne Weiteres in« Gefängniß geworfen und mit einem Transport Kriegsgefangener von Ladysmith nach Ceylon abgeschoben, obwohl ihm und den englischen Behörden der deutsche Consul in Natal durch ein amtliches Schreiben bestätigte, daß er durch jene erzwungenen Dienste im boerischen Lager die Neutralität nickt gebrochen habe. In Ceylon wandte er sich, gestützt auf jene Bekundung des deutschen ConsulS in Natal, abermals an den deutschen Consul in Colombo, der denn auch das Lager, wo er gefangen gehalten wird, besuchte, ibn aber auf daS Eintreffen einer Entscheidung des deutschen Auswärtigen Amt« vertrösten müße. Der Fall erscheint der besonderen Beachtung der zuständigen Stellen empfehlenSwerth, denn wenn die Angaben des Mannes, woran zu zweifeln wir keinen Anlaß Haben, richtig sind, so haben die englischen Behörden die schriftliche und amtliche Bekundung des deutschen ConsulS in einer Weise außer Acht gelassen, die dringend der Aufklärung darüber bedarf, wes halb man trotzdem einen unschuldigen deutschen Staats angehörigen seiner Familie und seinem Beruf entrissen und sich hartnäckig geweigert bat, ibn auf Grund jener amtlichen deutschen Bescheinigung seiner Unschuld wenigstens auf Ehren wort frei zu lassen. Zu einer über die Behandlung drr Boercnfraucn im Unterhause gemachten Mittheilung bemerkt die „Westminster Gazette": „Wir haben seit Beginn des Krieges viele unerfreu lich- Dinge erlebt. Unsere Mißgeschicke waren zahlreich, nicht gänzlich unverdient und unvorhergesehen, bisher jedoch blieben wir zum Glück frei'von ebnem entehrenden Makel, der unseren Ruf als eine große christliche, militärische Macht, als eine Macht, stark, aber großmüthig, entschlossen, erfolgreich, aber ehrenvoll aus einem langen Kampfe hervorzugehen, hätte beflecken können. Was sollen wir jedoch dazu sagen, daß am Dienstag Abend im Unterhause ein verantwortlicher Minister der Kron« zugab, daß ein Versuch gemacht worden sei, die Unterwerfung der noch gegen uns im Felde stehenden Boeren dadurch zu erzwingen, daß wir ihnen in der Person ihrer Frauen und Kinder schaden? Denn darauf läuft es hinaus. Wir haben die Frauen und Familien derjenigen Boeren, die noch im Felde stehen, auf verminderte Ratim'-m "-s-yt und,den Familien der einsichtigeren Boeren, 7-, Rat cneu gea den. Ick kann mir nicht denken, dag ein erniedrigenderes Geständniß einem britischen Minister entlockt werden könnte, noch kann ich mir größere Entartung des politischen Gewissens vorstellen, als sie dadurch kenntlich gemacht wurde, daß ein so erniedrigendes Geständniß mit dem Beifall seiner politischen Unterstützer auf genommen wurde. Wir haben nicht die Verpflichtung, irgend welche dieser Boerensrauen und -Kinder zu unterhalten. Wir hätten sie alle auf ihren Farmen lassen und die Verant wortlichkeit für ihren Unterhalt ihren Gatten und Vätern überlassen können. Dazu wären wir nach den Kriegsregeln völlig berechtigt gewesen. Aber wenn es aus militärischen Gründen nötbig ist^ ganze Gebiete der Lebensmittel zu entblößen und alle Bewohner in Lagern unter Bewachung unserer Truppen unterzubringen, so sind wir es unserer Ehre schuldig, zwischen den Familien Derer, die noch kämpfen, und Derer, welche die Waffen niedergelegt haben, keinen Unterschied zu machen, andern falls setzen wir uns dem entehrenden Verdachte aus, daß wir, unfähig, die Unterwerfung unserer Gegner durch Waffengewalt zu erzwingen, unsere Zuflucht dazu nehmen, daß wir mit ihrer natürlichen Liebe zu Frau und Kind spielen. Ich kümmere mich hier nicht um die Angelegenheit der Politik, sondern um die Ehr« der britischen Armee, und durch solches Vorgehen wird der Ehre der britischen Armee aufs Ernstlichste geschadet. Ich ver mag zwischen solcher Handlungsweise und der Folterung von > Kriegsgefangenen und anveren, dem Gewissen gesitteter Völker abschreckend erscheinenden barbarischen Handlungen keinen Unter' schieb zu erkennen. Unsere Niederlagen sind demüthigend genug gewesen, aber nicht ein Zehntel so demüthigend, wie ein durch derartige Mittel errungener Sieg. Ich hoffe jedoch noch, wenn auch seit Brodrick's Mittheilung nur noch schwach, daß in all' diesem irgend ein schrecklicher Jrrthum vorwalten möge, daß uns glücklicher Weise «ine solche Erniedrigung erspart geblieben ist. In solchem Falle wird uns hoffentlich eine neue amtliche Er klärung Beruhigung verschaffen." Der gute Mann dürfte ver gebens auf eine solche Beruhigung warten! Tie „Transvaalbahn"-Affäre. Großes Aufsehen machte voriges Jahr der Proceß über die Selatibahn (im Transvaal) zu Brüssel. Die Sache ist jetzt in zweiter Instanz verhandelt worden. Die Regierung der Süd afrikanischen Republik hat die Concessionäre der Bahn verklagt wegen betrügerischer Handlungen bei der Bildung der Gesell schaft. Angeklagte in diesem Processe waren die „Barone" Robert und Eugen Oppenheim, Bankiers >n Paris, Henri War- nant, Rechtsanwalt beim Appellgericht in Brüssel, Louis War nant, Ingenieur in Beaufaye bei Lüttich. E. Termagne und C. de Braconnier, Beide aus Lüttich. Die Anklage beruht Haupt sächlich auf der Thatsache, daß die beiden Oppenheim und Bra connier als Directoren mit L. Warnant als Strohmann einen fingirten Vertrag über den Bau der Eisenbahn geschlossen und dabei die Bestimmungen der Concession umgangen hätten. Henri Warnant, der juristische Beraiher der Gesellschaft, gilt als Vater dieses betrügerischen Actes, während Termagne als Administrator der Gesellschaft mitschuldig ist. Der Zweck der Mache war nach der Anklage die Aneignung des Gesellschaftscapitals von 1>2 Millionen Franken. Zu ihrer Vertheidigung behaupteten die Angeklagten in erster Instanz, daß sie große Summen hätten ausgkben müssen, um die Concession überhaupt zu erhalten, be sonder« aber, um einflußreiche Mitglieder der Regierung und des VolkSraades zu bestechen; ferner behaupteten sie, die Re gierung der Südafrikanischen Republik babe davon Kenntniß ge habt und sei deshalb stillschweigend mit der zur Last gelegten Handiungsweise einverstanden gewesen. Der Proceß begann vor der Strafkammer in Brüssel am 11. Juni 1900, am 25. Juli wurde das Urtheil verkündet, welches für die beiden Oppenheim und Henri Warnant auf je 1 Jahr Gefängniß und 2000 Francs Geldstrafe, für Termagne auf 6 Monate und 500 Franc- Geldstrafe lautete; L. Warnant und Braconnier wurden freigesprocken. Auf die Berufung der Verurtheilten hat nun das Äpprllgcricht sein Urtheil da hin ausgesprochen, daß Eugen Oppenheim 3 Jahre, H. Warnant 2^ und Termagne 1 Jahr Gcfäng - niß erhält. Gegen Robert Oppenheim wurde das Strafver fahren aufgehoben, da er bewies, daß er wegen Krankheit zur Verhandlung nicht erscheinen konnte. Tie Strafen sind danach recht verschärft worden, und die Regierung der Südafrikanischen Republik geht sonach völlig gerechtfertigt aus dieser Angelegenheit hervor. Die Wirren in China. Proteste gegen Russland? * London, 4. März. (Telegramm.) Die „Times" be richten aus Peking unter dem 3. März: Die Mächte, die China gleichartige Vorstellungen gegen seine Ver handlungen mit irgend einer einzelnen Macht ge richtet haben, sind England, Japan, Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Italien und die Vereinigten Staaten. Gleichwohl besteht aller Grund, anzunehmen, daß China das Abkommen mit Rußland unverkürzt unter zeichnen wird, da ihm Rußland dasselbe in aller Form als unwiderruflich bezeichnet hat. Li-Hung-Tschang hat keiner Macht den Wortlaut der Uebereinkunft mitgetheilt. Auch ist keine Macht in der Lage gewesen, China irgend welchen materiellen Beistand zu versprechen, wenn es seine Unterschrift verweigere. Indessen bat Japan China an gezeigt, daß, wenn Rußland irgend welche Gebiets- oder Handelsvortheile gewährt würden, Japan gleichwerthige Vortbeile beanipruchcn werde. — Der russische Gesandte bat Li-Hung-Tschang mitgetheilt, Rußland werde sich an dem Verlangen der Hinrichtung der Provinzialbeamten nicht betbeilig.'u. ^Ülew Pork, 2. Marz. Dic hiesige Presse spricht sich einstimmig energisch zu Gunsten des Protestes aus, den die Mächte gegen die besonder» chinesisch-russischen Abmachungen erhoben haben. Die „New Aork Tribüne" sagt, die Amerikaner hätten in der Mandschurei bedeutende industrielle und commerzielle Interessen. Es würde einen höchst unangenehmen Eindruck »rachen, wenn, während die Mächte zum Zwecke der Aufrechthaltung der offenen Thür in China noch unterhandeln, eine Macht sich heimlich ein Monopol in der Mandschurei sichern würde, wodurch sie den Vereinigten Staaten und der übrigen Welt die Thür verschließe. Die „New Aork Times" sagt, es sei außerordentlich charakteristisch für die russische Diplomatie, daß sie sich nickt nur über die aus der internationalen Spannung in China erwachsenen Verpflichtungen hinweg setze, sondern diese Spannung für ausschließlich russische Zwecke benütze. (Köln. Ztg.) Deutsches Reich, * Bcrli», 4. März. Zu dem Thema: „ReickS- lotterie" veröffentlicht die „Südd. Reichs-Corr." Mit tbeilungen aus München und Stuttgart, die sich ent schieden ablehnend aussprechen. Tie Münchener besagt: „Es ist vielleicht am Platze, angesichts dieser Anregung darauf hinzuweisen, daß die Erwägungen, welche vor langen Jahren in Süddeutschland zur Abschaffung der Slaatslotterien geführt haben, in Bayern noch heute für richtig gehalten werden. Beweis dafür mag sein, daß ein vor mehreren Jahren in der Zweiten bayerischen Kammer vom Abg. vr. Sigl gestellter Antrag aus Wicdereinrichtung einer StaatSlotlerie nach sehr kurzer Debatte mit allen Stimmen gegen jene deS Antragstellers abgelehnt wurde. Dieser Standpunkt soll hier nur constatirt, der Anschauung in anderen Bundesstaaten keineswegs zu nahe getreten werden. Die Ansichten bezüglich des Werthes und der Berechtigung der Staatslotterien gehen eben seit langer Zeit auseinander. Nur darf man mit ihnen nicht die Wohl- thätigkcitslotterien auf eine Stufe stellen, welche doch an Umfang und Zweck von den Staatslotterien sehr verschieden sind." Aus Stuttgart, 1. März, besagt eine Aeußerung: „Der Gedanke der Staatslotterie ist ganz zufällig bei den jüngsten ständischen Verhandlungen gestreift worden. Finanzminister v. Zeyec hatte sich des Drängens auf Einführung der Vermögenssteuer zu er wehren, wofür aus der Mitte des Hauses u. A. der Vorgang Hessens angeführt worden war. Der Minister hielt dem entgegen, daß Hessen zur Ergänzung der direkten Steuern Verschiedenes gemacht habe, was Württemberg nicht machen könne, nämlich neben der Eisen- bahngemeinschaft mit Preußen eine Staatslotterie. Ter Vor gang zeigt zur Genüge, wie Regierung und Stände nicht entfernt an ein derartiges Auskunftsmittel zur Ergänzung der Staatseinkünfte denken, obwohl die Einrichtung der Staatslotterie gerade durch das Beispiel Hessens jetzt dem Süden näher gerückt ist. Auch der andere möglicherweise in Betracht kommende Grund, nämlich die Aus- keutung der Bevölkerung durch auswärtige Lotterien, hat dem Gedanken einer StaatSlotterie keineswegs Vorschub zu leisten vermocht. Thatsächlich wird zwar das Land mit Loo-angeboten, namentlich von Hamburg und Mecklenburg-Schwerin aus vielfach überschwemmt. Man hat e» aber für genügend erachtet, in der Novelle zum Polizeistrafgesetz 1897 die polizeilichen Straf bestimmungen gegen den Vertrieb ungenehmigter Loose zu der» schärfen. Die Lust am Lotteriespiel, die ja nie verschwinden wird, findet übrigens in bescheidenen Grenzen auch im Laude Raum, sich zu befriedigen an den zahlreichen gemeinnützigen Lotterien, dic namentlich der Wiederherstellung alter Denkmale, vornehmlich der kirchlichen Baukunst, zu Gute kommen. Und aus diesem gemein, nützigen Gebiet hatten wir ja auch schon mehrfach eine „Reichs- lottrrie", wie man sie sich gern gefallen lassen kann; wir meinen die Lotterien zu Gunsten der deutschen Schutzgebiete."
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