□ Bühnenentwurf Scene-design DER BÜHNENBILDNER ERNST Ernst Schütte ist einer der wenigen Bühnenbildner, die die Ausführung aller Werke vom ersten Anfang bis zur letzten Beleuchtungsprobe überwachen und selbst mitarbeiten. Sein ganzes Leben spielt sich im Theater ab. Will man seiner im Deutschen Theater habhaft werden, so findet man ihn bei der Arbeit in einer der Werk stätten im weitverzweigten Betrieb des Hauses. Er zeigt im Malersaal oder im Foyer der Kammerspiele den Malern, wie Maß für Maß in Beize gewischt wird, oder er sucht in den Kostümateliers die Brokat- und Seiden stoffe zu Kostümen aus und probt Wirkung und Schnitt im Bühnenlicht. In der Tischlerei gibt er genaue Formen der Versteifungen, Pfeiler, Säulen, Türen, des Maßwerks der Fenster, der Kandelaber und Möbel nach seinen Detailzeichnungen an. Das kann wirklich nur ein Künstler tun, der ganz aus dem Handwerk kommt wie Schütte. Stolz zeigt er sein Lehrzeugnis einer Bau- und Möbeltischlerei in Hannover vor. Als Zeichnerlehrling ging Schütte in das Architektenbüro des Professors Albrecht Haupt und begann seine Praxis beim Schloßumbau Schaum burg-Lippe in Detmold. Als Möbelzeichner und Architekt leitete er den Umbau Schloß Ricklingen bei Hannover und verdiente so viel, daß er 1912 einige Semester an der Münchner Universität, besonders bei Professor Wölfflin, studieren konnte. 1919 machte er sich in Hannover als Architekt selbständig, schuf für das Schauspielhaus Bühnenbilder, für die Sezession Malereien und bebilderte die großen Erzähler heutiger Zeit, über Berlin kam Schütte 1920 zu Intendant Dr. Ulbrich nach Meiningen, arbeitete dort drei Jahre und ging dann mit Dr. Ulbrich nach Weimar, wo die Gestaltung des Faust I und II solches Aufsehen erregte, daß Max Reinhardt ihn 1925 nach Berlin holte. Außer dem Umbau des Berliner Theaters hat Schütte an sämtlichen Reinhardtbühnen eine Reihe von außergewöhnlichen Erfolgen gehabt. Unvergeßlich stand in Elisabeth von England der nüchterne Tudorstil im starken Gegensatz zum Prunk des spanischen Barock. Kabale und Liebe zeigt im Bühnenbild bereits die morbide Kultur eines Duodezfürsten und Millers sparsame Bürgerlichkeit. Phaea gibt das amerikanische Filmtalmi im Atelier und Prachtbüro des Filmherrschers mit eindringlicher Ueberzeugungs- kraft. Im Großen Schauspielhaus war Die schöne Helena ein Meer leuchtender Farbenspiele. Unter Hilperts Regie trifft Schütte mit unendlicher Liebe den Stil des Lumpazi, der bezaubernden Kaiserin und Fanny Elßler, des Sonnenuntergang und Kaiser von Amerika und den ergreifenden Eindruck frühitalienischer Schule in Maß für Maß. In der Dortmunder Westfalenhalle brachte Schütte Wilhelm Teil durch das suggestive Bühnenbild zu hinreißender Wirkung. Im Theätre Empire in Paris stattete er die Revue-Operette mit großem Erfolg aus, und in Stockholm, Wien und Salzburg die Werke der Weltliteratur. Immer neue Eindrücke sucht und sammelt Schütte. Nur einer, der so mit dem lebendigen Kunsthandwerk ver bunden ist, der es sich zum festen Besitz erworben hat und damit wirkt und arbeitet wie Ernst Schütte, gibt uns immer wieder im Bühnenbild formvollendete Werte. Gerhard Amundsen. 2