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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190002252
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000225
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-02
- Tag1900-02-25
- Monat1900-02
- Jahr1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1900
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Größere Schriften laut unserem Preis- yerzeichniß. Tabellarischer und giffrrnjatz nach höherem Taris. Extra-Veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgen-AuSgabr: Nachmittag» 4Uhr- Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stet« an di» Gxtzetzitton zu richten. Druck und Berlag von E. Palz in Leipzig. 1V2. Sonntag den 25. Februar 1900. 84. Jahrgang. Aus -er Woche. Fürst Hobenlohe-SchillingSfürst bat während der ganzen sechsjährigen Dauer seiner Kanzlerschaft niemals die Neigung, Bäume auSzureißen, verrathen, aber er hat sich jetzt eben wieder in seiner Beurtheilung des Berhältnisseö zu Frank reich recht klar und entschieden gezeigt. Die anderweitige Besetzung seiner Aemter durch den Fürsten Hohenlohe- Langenburg, die sich die Presse dieser Tage bat angelegen sein lassen, ist also einigermaßen verfrüht. Wenn einmal ein Nachfolger eingesetzt werden muß, wird eS möglicher weise doch ein anderer sein als das Haupt der württembergischen Linie de» alten fränkischen Geschlechts. Der „starke Mann", auf den die preußische konservative Partei sehnsüchtig harrt, wäre der jetzige Statthalter von Elsaß-Lotbringen nicht; er ist keinesfalls so schwach, um daS ministerielle Stärkeideal deS nordostdeutschen Großgrund besitzes zu verwirklichen, er soll sogar kürzlich in einer für die Reichslande wichtigen Frage über eine gegentheilige Berliner Anschauung obgesiegt haben. Aber wahrscheinlich eben deshalb . Der Zeitpunkt deS Beginns derVerhandlungen über die Flottenvorlage in der Budgetcommission des Reichstags ist noch immer nicht bestimmt. Inzwischen scheint man sich im Centrum mehr und mehr einer positiven Auf fassung zu nähern. Die zweite an Nationalliberale ergangene Kundgebung de» klerikalen Abgeordneten Müller-Fulda brauchte bei diesem Herrn nicht sonderlick zu überraschen, aber gewiß ist es nicht ohne alle Bedeutung, daß im bayerischen Theile deS Centrums der Frhrn. v. Hertling nicht mehr allein steht. Die mitgetheilten Aeußerungen des Abgeordneten Jaeger deuten im schlimmsten Falle aus Abneigung gegen die Herbei führung einer NeichStagsauflösung hin. Als bezeichnend für die geringen Hoffnungen der Flottengegner im Süden darf es auch angesehen werden, daß sie — nach dem Borbilde von Leitern deS Bundes der Landwirthe — zu Intriguen greifen zu sollen glauben. Ein kleines württembergischeS Blatt bringt die von Herrn Richter mit Gier aufgegriffene Meldung, der Ministerpräsident Frhr. v. Mittnachl, der im ver gangenen Jahre sämmtlichen Beamtenclassen Württembergs eine Gehaltsaufbessernngvorlage in Aussicht gestellt, „habe jetzt, nach der Vorlegung des neuen Flottengcsctzes, gegen über einer Abordnung des Vereines der mittleren VerkehrS- beamten erklärt, daß, falls die Flottenvorlage die Erhöhung der Matricularbeiträge Württembergs erforderlich mache, die in Aussicht gestellte GehaltSvorlage schwerlich der Kammer zu gehen könne." Quelle und Ausbeutung dieser Mittheilunz weisen darauf hin, daß man — um in der Sprache der Mittellandcanalfanatiker zu reden — Herrn von Mittnacht als Flotten-Miquel hinstellen, ihn als Autorität gegen die Verstärkung der Marine mißbrauchen möchte. ES ist aber klar, daß die angeführte Aeußerung, wenn sie wirklich gefallen ist, in der Thal einen Grund für den Flottenplan, insoweit dieser sich mit der Deckung befaßt, ins Treffen führt. Noch eine andere schwäbische Kundgebung beschäftigt Vie Marinegegner und Colonialmemmen. In Augsburg, der Hauptstadt des bayerischen Schwaben, bat die dort neu gegründete Orts gruppe deS Flottenvereins darauf hingewiesen, daß die Stadt Augsburg schon im Mittelalter praktische Colonialpolitik ge trieben habe. Die „Franks. Ztg." bemerkt dazu, der Nieder gang des Augsburger Handels falle gerade mit dem Zeit punkte überein, als die Fugger und die Welser nach Venezuela auf Weltabenteuer ausgingen. DaS ist ack boe zurecht gezimmerte Historie. Der Niedergang Augsburgs war, wie der Venedigs, von der Entdeckung des Seewegs nach Indien bedingt und in Venezuela konnten die Augsburger Handelsfürsten nicht auf die Dauer prosperiren, weil es ein deutsches Reich, das deutsche Interessen wahrnahm, damals nicht mehr gab. Auch die Colonialunternehmungen sind nicht am UntrrnehmungSgeiste seiner Bürger, sondern an der mili tärischen und maritimen Schwäche Deutschlands zu Grunde gegangen. Heute gehört die Stadt wieder zu den wichtigsten deutschen Industrieplätzen, und man sollte meinen, die Urheber und Förderer dieses ihre» außerordentlichen Gewerbefleißes sollten die Bedingungen der Wohlfahrt der Stadt besser be- urtheilen können, als ein in den Anschauungen der Effekten börse ausgehendes Blatt. Im Reichstag sollen zwei ihn seit Langem beschäftigende Angelegenheiten der Erledigung nahe gerückt worden sein, daS Fleifchbe sch äuge setz vor den Coulissen in der Com mission und die lex Heinze hinter den Coulissen durch eine Verständigung mit der Regierung. Die Presse befleißigt sich nach beiden Richtungen hin großer Zurückhaltung und das mit gutem Grunde. Für daS Fleischbeschaugesetz, wie eS durch Ver treter einer ReichStagSmehrheit vorläufig gestaltet ist, soll die Regierung noch nicht gewonnen fein und die Ab machungen übe. die lex Heinze sind nicht vollständig bekannt. Insbesondere weiß man nicht gewiß, wie eS mit der Ausstellung von Kunstwerken gehalten werden soll. Daß das Crutrum auf den Arbeitgeberparagrapben verzichtet hat, geht mit einiger Sicherheit auS den Angriffen hervor, denen diese Partei feiten» der socialdemekratischen Presse ausgesetzt ist. Die Ausdehnung der Strafbestimmungen gegen Verführung werden ohne Zweifel gleichfalls den stillen Verdiensten des Herrn Roeren zugezählt bleiben. Vielleicht ist sowohl gegenüber dem Fleischbrschaugesetzr, da» aber nach den Beschlüssen der Commission weit über Unter- suchungSvorschristen hinauSgeht, wie hinsichtlich der lex Heinze die Absicht bestimmend, angesichts der Flottenvorlage wenigsten» im Reicht — in Preußen verdunkelt da- Corn- munalwahlgesetz den Horizont — möglichst wenig Gegensätze zu cultiviren. Ist dem so, so macht die Berliner Leitung des Bunde» der Landwirthe, obwohl gerade ihr da» Fleischbeschaugesetz in seiner jetzigen Gestalt hochwillkommen ist und obwohl ihre Presse auch Wesen de» „Sittlichkeits gesetzes" große Zuversicht zeigt, «ine bedauerliche Ausnahme. Herrn vr. Hahn ist eine zweideutige Haltung in der Flottenfragr nun auch von den — Welfen bescheinigt worden und da» ossicielle Organ de- Bunde» erklärt, bei einer ReickStaaSauslösung müßte der Bund „den manchesterliche» Flügel dir Nationalliberalen, diejenigen, welche etwa mit Herrn vr. Krause in dem reinen Freihandel oder auch nur in Fortsetzung der Caprivi'scheu WirthschaftSpolitik ihr Ideal sehen, ohne Rücksicht auf ihre Stellung zur Flottenvorlaae bis auf» Messer bekämpfen — auch wenn die Auflösung wegen der Flottenvorlage erfolgte." Einen manchesterlichen Flügel der Nationalliberalen giebt eS nicht, der Abg. vr. Krause ist von der Verherrlichung des reinen Freihandels und dem Freihandel überhaupt so weit entfernt, wie die Herren Schoos und Hahn von einem fanatischen WahrbeitScultuS, und die Caprivi'sche Unterhandlungstrchnik wird in der nationalliberalen Partei allgemein verurtheilt. Das weiß auch der Bundespräsident ganz genau; die Fiction eines „manchesterlichen Flügels" soll nur dazu dienen, einen Vorwand für di« Bekämpfung der gesammten national liberalen Partei zu bieten. Nicht Herrn vr. Krause, sondern dem erzagrarischen Grafen Oriola hat die BundeSpresse in dieser Session zuerst die Fehde angesagt, weil dieser national liberale Abgeordnete der Politik deS Fürsten Hohenlohe sein Vertrauen nicht vorenthalten hatte. In der Pfalz zeigt eS sich bereits praktisch, daß man gerade gegen den am stärksten agrarischen Flügel der nationaliberalen Partei vorgehen will. Dort richtet sich daS Kessel treiben vr. Hahn'S, Lucke'S u. A. vornehmlich, ja fast aus schließlich gegen den Abg. Fitz, Mitglied deS Bundes, der in Betonung der landwirthschastlichen Interessen dem Grafen Oriola, dem Frhrn. v. Heyl nichts nachgiebt. Es stellt sich immer deutlicher berauS,datz die Agitatoren der Berliner BundeS- leitung — abgesehen davon, daß daS Handwerk seinen Meister nährt — sich zu dem Zwecke in der Pfalz eingeschlichen haben, um unter Verleugnung deS Bundcsprogramms konservative Parteipropaganda zu treiben, oder richtiger, um die Nationalliberalen um jeden Preis zu verdrängen. Con- servative Mandate gedeihen auf pfälzischem Boden nicht, aber die Ueberanlwortung nationaler Reichs- und Land- lagSsitze an da» Centrum und an die Socialdemokratie scheint den Herren nützlich und ein Gewinn für ihre Sache. DaS vom Abg. Fitz behauptete Bestehen des Plane« der BundeSleituog, sich mit den Ultramontanen und eventuell mit den — bekanntlich begeistert agrarischen — Socialdemokraten zu verbinden, kann nicht abgeleugnet werden. Es paßt — die Ehrlichkeit gegen die Lanvwirthschaft ganz beiseite gelassen — ganz vortrefflich zu der Mission, der sich Herr vr. Hahn bei dem Abg. Szmula unterzogen hat. Die „Militärdebatte" im Reichstage hat bis jetzt nichts ernstlich BemerkenSwertheS zu Tage gefördert außer der Mittheilunz des Kriegsministers, die Militärverwaltung ziehe aus dem sog. Harmlosenproceß die Lehre, daß die Anforderungen an das Officierexamen zu erhöhen feien. DaS ist eine wichtige Auskunft, die aber Zweifel offen läßt. AuS dem Zusammenhänge der Erklärung deS Herrn v. Goßler geht hervor, daß die ver mehrten Ansprüche der sittlichen Kräftigung der Ofsiciere dienen, sie noch mehr als bisher befähigcn sollen, den Verlockungen der Großstadt Widerstand zu leisten. Man sollte meinen, daß dieser Zweck besser als durch die Er schwerung der OfficierSprüfung — zu der die Vorbereitung auf der „Presse" erworben werden kann —, durch die For derung der Reife für die Hochschule erreicht würde. In Bayern bilden Ofsiciere, die die Abiturientenprüfung be standen haben, die Regel, in Preußen die Ausnahme. Der sächsische Lohlenstreik. X. v. Der sächsische Kohlenstreik scheint, nachdem er nahezu zwei Wochen angedauert, zu Ende zu sein. Er hat viel Unheil angerichtet, nicht blos im ganzen Lande, sondern selbst darüber hinaus. Er hat empfindliche Störungen in zahlreichen Familienhaushaltungen erzeugt, hat den ärmeren Theil unserer Bevölkerung (bei der gerade damals eingetretenen strengen Witte rung) der Kälte preisgegeben, hat Stockungen in den Verkehr ge bracht, hat die Einschränkung oder den gänzlichen Stillstand vieler gewerblicher Unternehmungen verursacht und dadurch eine große Zahl von Arbeitern in diesen (500 in einer einzigen Fabrik) zeitweilig außer Verdienst gesetzt. ES fragt sich, war dieser Streik nothwendig? war er ge rechtfertigt? Von einem Nothstande unter den Bergarbeitern konnte nicht die Rede sein bei einem Lohnsatz von 1100 und mehr Mark im Jahre. (Beiläufig gesagt, mehr als im Ruhrgebiete.) Die Behauptung, die Löhne seien nicht im Verhältniß der Rein gewinne der Kohlenwerke fortgeschritten, wird von den Werk besitzern in öffentlichen Anschlägen und in einem Artikel des „Zwickauer Wochenblatts" widerlegt, und e» ist nicht bekannt, daß diese ziffernmäßige Ausführung als falsch erwiesen und ent kräftet worden wäre. Ein anderer Umstand, der gegen die Nothwendigkeit des Streiks spricht, ist der, daß die höchste Ziffer der an demselben Theilnehmenden 48,5 Procent (am Abend de» 14. Februar), ein anderes Mal 41,6 (am Abend des 15.) war, also jede» Mal nicht Va der ganzen Belegschaft, andere Male 32, 29, 26, 24 Procent u. s. f. betrug, ja, daß auf Zechen mit Belegschaften von 567, 377, 85 nur 7 und 5, auf einzelnen mit 550, 180, 95, 90, 70 gar kein Mann feierte. Ein Streik, der mit einer gewissen, natürlichen, in den Ver hältnissen begründeten Nothwendigkeit entspringt, pflegt immer, wenn nicht die ganze Arbeiterschaft eine» Unternehmen», so doch eine größere Mehrheit derselben zu vereinigen. Indes, dir Streikenden, auch wenn sie keinen ausreichenden Grund zum Streiken hatten, haben damit nichts Unrechtes ge- than, denn sie haben nur von der Freiheit Gebrauch gemacht, welche da» Coalitionsgesetz ihnen zuerthrilt und gewährleistet. Ob sie den Schaden, den sie angerichtet, und die Nachtheike, die sie vielleicht auch über sich selbst und ihre Familien gebracht, ver antworten können, da» haben sie nur mit sich auSzurnachen. Ander» steht die Sache, wenn sie ihre Mitarbeiter durch irgend welch; Mittel der Einschüchterung oder der Beugung ihrer Willensfreiheit mit in den Streik hineingezogen haben. Und da» scheint geschehen zu sein; daraus deutet di« Lhatsach», daß jedoch nur A »griffe anzugeben, wo er diesen Kampf geliefert, oder - - I „ t es nm ein ganz kleines Commando, das sich übermächtigen Artilleriefeuer schleunigst in alle die Zahlen der Streikenden im Anfang klein sind und erst all mählich wachsen, darauf die Berichte von „Zusammenstößen zwischen Streikenden und Arbeitswilligen", darauf die Maß regeln, welche die Behörden für nöthig fanden, um das „Streik postenstehen" und die „Agitation innerhalb des Hauses" zu verhindern. Damit hätten aber die Streikenden gegen das Gesetz gefehlt, denn derselbe 8 152 der Reichsgewerbeordnung, der ihnen die Freiheit der gemeinsamen Arbeitseinstellung sichert, verfügt in Absatz 2, daß es jedem Arbeiter freisteht, von einer Koalition zurückzutreten, also natürlich auch einer solchen von Haus aus fern zu bleiben. Sie hätten damit nicht blos die Freiheit ihrer Mitarbeiter, die genau so berechtigt ist, wie ihre eigene, gröblich verletzt, sondern auch an die Stelle eines natürlichen einen künst lichen Streik gesetzt. Letzteres ist übrigens schon dann der Fall, wenn, wie glaubhaft versichert wird, der ganze Streik von fremden, nicht der Arbeiterschaft angehörigen Agitatoren angestiftet und unterhalten worden ist. Es ist in hohem Grade dankenswerth, daß die Staats regierung sich des Schutzes der Arbeitswilligen angenommen und daß der Staatsminister des Innern, Herr von Metzsch, der sich alsbald selbst in das Streikgebiet begeben, den Arbeitswilligen diesen Schutz zugesichert hat. Er hat dadurch zur Abkürzung des Streiks jedenfalls wesentlich beigetragen. Bester freilich wäre es gewesen, der Reichstag hätte das von den verbündeten Regierungen ihm vorgelegte Schuhgesetz nicht völlig zurückgewirsen! Dann wäre wahrscheinlich dieser ganze Streik mit allen den wirthschaftlichcn Störungen in seinem Ge folge nicht ausgebrochen. Der Krieg in Südafrika. Nach den letzten Depeschen stehen die Dinge für die Boeren wieder günstig. Die schlimmen Nachrichten, welche die Engländer über die Boeren verbreiteten Haben sich nicht bestätigt. Schon gestern konnte die Nachricht, daß Cronje umzingelt sei und daß er sich gar übergeben habe, dementirt werden und wenn daher das „Reuter'sche Bureau" nochmals folgendes Telegramm verbreitet: * London, 24. Februar. Dem „Reuter'jchen Bureau" wixd aus Durban vom 23. Februar gemeldet: Man schenkt hier dem Gerücht mehr und mehr Glauben, daß Ladysmith entsetzt worden sei. Es geht auch das Gerücht, daß General Cronje sich mit 8000 Mann nach einem heftigem Kampfe ergeben habe und auf Seiten der Boeren 1700 Mann theil» gelödtet, theil» verwundet worden seien. Unter den Verwundeten soll sich General Cronje befinden, auch General Kitchener soll am linken Arm leicht verwundet worden sein. Dem „Reuter'jchen Bureau" liegt keinerlei Bestätigung dieser Nachricht vor. So dürste das nur geschehen sein, nm die Lage des General Robert« zu verheimlichen. Nack mehreren Privat depeschen auS London ist nämlich eine Wendung zum Besseren für die Boeren eingetreten. Wir konnten schon gestern Abend durch Extrablatt Folgendes melden: r. London, 24. Febrnar. (Privattelegramm.) Das Tchetrern des Entsatzes von Ladysmith bestätigt sich. Vnver trat de» Rückzug angesichts der Unfähigkeit, sein schweres Geschütz unter dem Lhrapnell- seuer von «robelaar'S Kloos über den Tugela zu bringen, an. - In hiesigen Militärkretsen erhalten sich hartnäckig die Gerüchte von einer schweren Niederlage Robert», dessen Brigaden zwischen verschiedene voerencorps ge- rathen, in vollem Rückzüge über den ModSerriver seien; Kitchener selbst sei verwundet. Bestätigt ist ein siegreiches Aurückweisen aller Robert«'. Unser Correspondent sagt selbst, daß seine Nachrichten noch nickt bestätigt sind, eS ist daher immer noch ein Zweifel an ihrer Richtigkeit möglich, obgleich seiu weiter unten abgedruckter Situationsbericht die Sachlage sehr deutlich erklärt; das aber geht für uuS auS dieser Nachricht hervor, daß sich durch rechtzeitige- Eingreifen zuge zogener BoerencommandoS Cronje Luft gemacht hat und daß eS möglich ist, daß die Entscheidung in der Schlackt zu seinen Gunsten auSfällt. Auch der Rückzug Buller'« ist nicht unwahrscheinlich. Wenn daS Zurück schlagen der Buller'schen Angriffe nun schon drei Mal Joubert geglückt ist, so dürfte, selbst mit geschwächten Kräften, eS ihm auch ein viertes Mal gelungen sein. Freilich eine Bestätigung liegt auch hier nicht vor, wie überhaupt auch auf der Seite der Boeren daS ossicielle Nachrichtenmaterial langsam fließt. In Bezug auf die entscheidenden Kämpfe Cronje'S weiß man auch in Pretoria nichts, während eine Depesche aus Cole», berg, freilich über Vorgänge vom 2l. Februar, berichtet. Da» Telegramm lautet: * Pretoria, 22. Februar. (Rruter'S Bureau.) Der Text des KriegSbullrtinS von gestern Abend lautet: Der Kommandant der Verbündeten in ColeSberg meldet, daß er gestern von einer starken Savalleriemacht angegriffen worden sei. ES folgte ein heftiger Kampf. Dir Engländer versuchten, die Stellung mit Sturm zu nehmen, und kamen bi» zu 400 Yard- an dir Kanonen der Verbündeten heran, sie mußten sich jedoch mit schweren Verlusten zurückziehen. Aus Seite der Verbündeten ist rin Monn verwundet. General Grvbler, der in den Kampf ver- wickelt war, hatte keine «erlustr. — Uebrr den Kampf am Modder River bei KoodooSrand ist noch keine Nachricht »In- gegangen, Loch sind Gerücht« über «io heftige« Gefecht im Osten von Lronje'S Lager im Umlaufe. Dir Verbindung mit Lronjr ist noch offen. Aus Kimberley wird vom 2l. Februar gemeldet, daß sich TranSvaalboeren an der Grenze nördlich angrsammelt und da« englische Lager beschoffen baden. Da« war zu einer Zeit, wo sich nach englischen Berichten Cronje in kritischster Lage befand. Ueber den Kampf, am Paardeberg, wird un« au» London vom 2S. Februar geschrieben: Vorgestern früh meldete unS unser Specialcorrespondent, bei General Robert«, daß die Föderirten an der Modder, wie am Paardeberge alle Angriffe deS Feldmarschalls und Lord Kitckencr of Khartoum siegreich abgewiesen hätte. Gestern (Donnerstag) früh konnten wir auf Grund weiterer Depeschen die Einzelheiten de» Kampfes und die That- sacke mittheilen, daß die englische Artillerie un genügend und derjenigen der Boeren und Freistaatler nickt gewachsen, daß General Roberts Truppen erschöpft seien und derselbe die Schlacht abbrechen müsse, falls es ihm nicht ge linge, Verstärkungen, besonders an Artillerie, rechtzeitig heranzubringen. Die englischen Blätter und Agenturen hatten bis dahin immer noch von einem Siege berichtet. Erst 12 resp. 36 Stunden später übermittelte auch der vfsi- ciöse Draht Lord Roberts Bericht, welcher, wie ter unsrige vom 2l. datirt aber zurückgehalten war, worin dieser selbst das Hoffnungslose seine» Unter nehmens eingesteht und formell anerkennt, daß „deö Feindes Stellung nickt obne sehr schwere Verluste erstürmt werden" könne. Lord Roberts begnügt sich damit „seine Aufmerksamkeit den Verstärkungen des Feinde» zuzuwenven", die er in seinem Berichte „nack allen Gegenden vertreibt", obne aber < . ' . ' ' ,' „ ' , wie stark der Feind gewesen, bei dessen Vertreibung nur sechs Leichtverwundete gehabt. Offenbar handelt sich dabei i " "" r.----- - - vor einem i" Winde zerstreute und der britische Feldmarschall sieht sich, ganz wie vor ibm General Buller, genöthigt, mit diesem kleinen Schönpflästrrchen die leidige Wahrheit zu verkleben. Offenbar enthält — so wenigstens wird unS von stet- vor züglich informirter Seite versichert — der Bericht de« Generals sehr viel mehr, aber das Kriegsamt oder der Censor haben es im öffentlichen Interesse sür angezeigk ge halten, die interessanten Einzelheiten dieses Rapports zu streichen. So besonders die Angabe darüber, wann und wo und gegen wen die Kämpfe dieser letzten fünf Tage statt gefunden, und die Summe der englischen Verluste. Positiv und ossiciell wissen wir auch beute nock nicht im Einzelnen und genau, welche Stellungen Roberts, welche sein Widerpart hält und wer und wie stark der Letztere ist. Be sonders ist immer noch nicht unzweifelhaft klar, wo Cronje selbst steht. Die bisherigen Angaben darüber widersprechen fick. Angenommen darf ja werden, daß Cronje in Person und mit seinen HauplcommandoS den Paardeberg und die Koodoosfurth vertheidigt. Mehr als alles Andere deutet auf die ossiciöse Angabe hin, — „die Schlackt war eine fast wahrheitsgetreue Wiederholung von Lord Methuen's Angriff an der Modder". Da hätte also die taktische Uebcrlcgenheit Cronje'S selbst den Sieger von Kandahar gezwungen, ibm dahin zu folgen und dort anzugreifen, wo er ihn haben wollte und zu dem Allem noch fick mit einer, nicht einmal erfolggekrönten schlechten und verlustreichen Wiederholung des so scharf' und allseitig verurtheilten Angriffs MethuenS zu begnügen. Das ist wenig erfreulich, ja recht demüthigend schon an sich. Wenn aber, worauf schon heute alles deutet, Lord Roberts, ganz wie der abgethane Garde general, sein heutiger Untergebener, die Offensive aufzugeben gezwungen wird und sich seinerseits zurückziehen, verschanzen und Verstärkungen erwarten muß, so wird seine und de» Reiches Lage eine viel unerfreulichere werden, al» sie e» nach der ersten Schlacht an der Modder war. Wenn er auch heute noch die „erst auS Ladysmith eingetroffenen Verstärkungen in alle Winde zerstreut hat," so constatirt er damit doch selbst, daß Ioubert's Boeren, wenigstens mit ihrer Vorhut, bereits am 19. Februar vom Tugela eingetroffen und inzwischen zweifellos ihrr Freistaatlervettern mit 10—20 000 Mann verstärkt haben. Weitere 10 000 Mann sind in zwischen, und zwar nach englischen Angaben, auf dem Schlachtterrain erschienen und bedrohen Roberts' Flanke und so deutet Alle- darauf hin, daß der Himmel sich bereits wieder verdunkelt und seine Gewitterwolken die Sonne des englischen KriegSglückS von Neuem verhüllen. Spencer Wil- kinson („Morning Post") constatirte gestern ausdrücklich, daß nach Eintreffen ver unterwegs befindlichen HilfScommandos, die Föderirten den britischen Streiträften num merisch bedeutend überlegen sein wrrden. Da sie bereits Anfang der Woche am Paardeberg den Beweis geliefert, daß sie auch taktisch und artilleristisch dem RobertS'schen Heere überlegen, so scheint der AuSgang diese- Duells schon heute entschieden — wenn auch die Eng länder uns noch immer versichern, daß die „Boeren hoffnungslos eingeschloffen und zur baldigen Ueber- gabe gezwungen sind". Ausgeschlossen ist natürlich nicht, daß Cronje es für überflüssig hält, sein jetzige- Lager aus längere Zeit zu behaupten und sich auf fester« Stellungen, die weniger dem britischen Artilleriefeuer au-gesetzt sind, zurückziehen. Aber die britische Behauptung, ihre Artillerie „fege Cronje'S Lager", braucht ebenso wörtUch genommen zu werden, wie die ofsiciöseMeldung, „dieBoeren müssen mindesten« 800 Tobte und Verwundete verloren haben". Ebenso wissen wir positiv nur, daß Commandant Botha ein Commando von Ladysmith nach der Modder geführt, aber, wenn auch alles darauf bindeutet, daß dem so ist, e» doch noch keines wegs ganz außer Frage gestellt, daß Joubert selbst mit allen oder doch dem Gro» seiner Truppen den Tugela ver lassen hat, um selbst sich mit Lord Robert» zu messen. Diese- Fragezeichen bekräftigt da» Ausbleiben aller Nach richten von Buller, dessen kampflose» Einzug in Ladysmith die englischen Agenturen bereit» für Donner-tag resp. Freitag, spätestens aber Sonntag, angekündigt hatten. Da» deutet auf weitere Kämpfe zwischen Tugela und der belagerten Stadt und daraus, daß diese noch nicht ganz von „Joubert" verlassen ist. Von General French haben wir auch nicht- mehr gebör», außer daß Commandant Dewet ibm zum zweiten Male seinen Train, nämlich 180 Wagen mit Vvrräthen und Munition, 2800 Ochsen und überdies 58 Gefangene ab genommen hat. Kimberley ist nach den letzten Nachrichten wieder belagert und vollständig abgeschnitten — wenigsten» ist di«
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