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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000420028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900042002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900042002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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S2S2 schlechtester Qualität belegt «ar, auf einem hölzernen Armstuhl. Recht- und link» von ihm standen Prinz Ching, ein mongolischer Prinz und der Vater des Thronfolger», Prinz Tuan. Bon orientalischer Pracht ist bei diesen Empfängen nicht- zu bemerken, alle- macht einen recht ärmlichen Eindruck. Nachdem da- diplomatische CorpS sich dem Kaiser gegenüber ausgestellt hatte, verlas der Doyen eine Ansprache, die von dem ältesten der anwesenden Dol metscher ins Chinesische übertragen wurde. Darauf übergab der Kaiser, ohne einWort zu sagen, dem Prinzen Ching eine bereit» zu Papier gebrachte Antwort, die von dem Ge nannten verlesen und in- Französische übersetzt wurde. Darauf eine Verbeugung und die ganze Festlichkeit war zu Ende. Am 21. Februar folgte ein aus kaiserlichen Befehl gegebene« Festbankct in einem besonders dazu construirten Ma-pavillon innerhalb de- Terrain- de- Tsung li Damen. Diese- Fest, zu dem die fremden Gesandten mit ibrem Personal geladen waren, verlief in befriedigendster Weise. Durch die NeujahrS-Audieuz ist den Gerüchten von dem Ableben de- Kaiser- der Boden entzogen worden, Kuanghsü, bei dem allein die fremden Vertreter beglaubigt sind, ist für da- Ausland nach wie vor der Herrscher, während er an seinem Hofe nicht einmal so viel Achtung findet, daß man für uöthig hielt, seinen Anzug in Ordnung zu halten. Um auch ihrerseits eine Huldigung von Fremden zu empfangen, hat die Kaiserin-Mutter die Gemahlinnen der fremden Gesandten zum 8. März zu einer Audiknz zu sich entboten. Der Krieg irr Südafrika. —Bon verschiedene» Seite» wird, worauf man lange vergeblich gewartet, der Wiederbeginn der englischen Action angekündigt. So berichtet „Daily Cronicle". au» Bloem fontein unter dem 19. April: Die erforderliche Remonten- au»rüstung sei eingetroffen und Feldmarschall Robert» nunmehr zu weiterem Vorgrheu bereit. Der lange Stillstand der Operationen auf allen Theilea de» Kriegsschauplatzes war in erster Linie bedingt durch da» dringende Bedürfniß der Truppen nach Ruhe, durch den Pferde- und Zugthier-Ersay, durch die Nothwendigkeit einer Neubekleidung der Mannschaften, durch die Heranschaffung von Proviant für Mensch und Thier und durch die Her stellung und etappenmäßige Sicherung der Eisenbahn. ES kamen aber noch andere Gründe hinzu. Di« Verstärkung wenigsten» der Hauptarmee, die den Hauptvorstoß zu führen bat, war um so unentbehrlicher, al» bei den zunehmenden Entfernungen immer mehr Ab teilungen zur Deckung der rückwärtigen Verbindungen ver wandt werden mußten, zumal da die Beunruhigung dieser Linien durch Boerenschaaren zu einer ständigen Gefahr geworden sind. Diese Verstärkung hat jetzt stattgefunden. Die 8. Division (Rundle) ist eingetroffcn und sofort gegen Wepener in Thätigkeit getreten; außerdem ist die von Buller'» Armee abcommandirte eine (oder anderthalbe) Brigade unter General Hunter mittlerweile au» Durban über Capstadt und East London an ihrem neuen Bestimmungs ort augekommen. Aber noch ein anderer Grund scheint Lord Robert» veranlaßt zu haben, mit der Fortsetzung seiner Operationen zu warten: da» ist die Nothwendigkeit, weitere Veränderungen in den Commandostellen vorzuoebmen. Die Veröffentlichung der zwischen Warren, Buller und Robert» gewechselten Depeschen über die Kämpfe am Spionskop, die vielleicht im gegenwärtigen Augenblick poli tisch unklug war, zeigt, welche tiefgehende Meinungsverschieden heiten und Gegensätze zwischen den Höchstcommandirenden bestanden, und vaß e» unbedingt uöthig ist, die Wiederholung solcher Vorkommnisse unmöglich zu machen, wenn ähnliche Mißerfolge wie am Tugela künftig vermieden werden sollen. ES ist müßig, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob Lord Robert- die Veröffentlichung de- genannten DepeschenweckselS durch das Kricgsamt veranlaßt hat, um für eine Neu besetzung der Commandostellen in der Buller'schen Armee da» Publicum zu gewinnen, bei dem er notbwendig durch unmotivirteS, plötzliche- Vorgehen kein Verständniß ge funden hätte, oder ob da- KriegSamt hier au- eigener Initiative gehandelt hat, um den zögernden Willen de- Obrr- commandirenden zur Entschließung zu drängen. Jedenfalls ist soviel klar, daß die Durchführung de- Kriege- ohne weitere unangenehme Erfahrungen nicht denkbar ist, wenn ein derartiger Zwiespalt zwischen Ober- und Unterführer dauernd wird und die Einheitlichkeit der Führung einfach zu oichte macht. E» erscheint unklar, weshalb diese Verhältnisse nicht schon lange zu einer Aenderung geführt haben, und man ist geneigt anzunehmen, daß da- Vordringen Buller'- gegen Ladysmith unter der Zwiespältigkeit in der Führung auch nach de» Ereignissen am SpionSkop zu leiden gehabt hat. Zu den Veränderungen in der Organisation der Armee, die «ach de» bisherigen Erfahrung«» vorgnlomme» Word« sind, gehört, wie die »Köln. Ztg." hervorhebt, auch di« Umgestaltung der Artillerie und ihrer Bertbeilung. Nach den Vorschläge» de« Major- King wird die Feldartillerie dadurch beweglicher gemacht, daß jede Batterie eine Reservedespannuag für da» Geschütz und nur drei Wagen erhält. Jeder Cavallerie-Briaade wird eine reitende Batterie und «ine Maximgewedr-Sectioa, jeder Brigade berittener Infanterie «ine reitende Batterie und zwei Maximgrwebr-Sectionen »ugetbeilt. Die Corp-artillerie der Cavallerie-Diviston endlich erhält zwei reitende Batterien und eine Brigade-Abtheilung Haubitzbattrrien. Da» Schicksal der Garnison von Wepener, deren Stärke von englischen Militärzeitunge» neuerding« auf 200V Manu angegeben wird, liegt in undurchdringlichem Dunkel. General Rundle mit seiner jüngst eingetroffrnen 3. Division stieß am 15. nach einer TimeS-Melduag au» Bloemfontein auf feindliche Patrouillen. Der Vormarsch sowohl Rundle'» wie Brabant'», zu dem Hart'» Brigade von Durban kommend gestoßen ist, ist durch da« Unwetter der letzten Tage sehr aufgehalten worden. So erklärt eS sich vielleicht, daß ei» Zusammentreffen der englischen Entsatz truppen mit den Boeren noch nicht stattgrfunden hat. Außerdem liegen noch folgende Meldungen vor: * Loudon, 20. April. (Telegramm.) „Daily Telegraph" berichtet aus Capstadt unter dem 18. April: Nachrichten au» den nordwestlichen Districten weifen daraus hin, daß der Auf stand thatfächlich unterdrückt ist. (?) — „Morni»gPost'",berichtet au- Kimberley unter dem 18. April: Lord M«thuen hat eine Bekanntmachung erlassen, nach welcher den Zivilisten verboten wird, ohne militärisch« Genehmigung Waffen zu tragen, die Frist für die Uebergabe der Waffen der Aufständischen ist bi» zum 6. Mat festgesetzt und wird e- darauf bestanden, daß die Aufständischen ihr« brauchbaren und modernen Waffen au-lirfern. * Washington, 19. April. (Reuter'« Bureau.) Der amerika- nifche Consul in Pretoria hat dem Staatsdepartement mitgetheilt, daß di» Mitglieder der au» Chicago gesandten Ambulanz bei ihrer Ankunft in Pretoria zu den Waffen gegriffen hätten. Die Beamten de- Departement» sagen, r« sei den Bereinigten Staaten unmöglich, solche Vergehen zu verhindern, da die Leute Amerika ohne Waffen verlassen hätten, «S sei auch gesetzlich nicht möglich ge wesen, sie al» Freibeuter festzuhalteu. (Verhält sich die Sache genau so, wie der amerikanische Lonful sie darstellt, so ist da» Verhalten der Ambulanz natürlich unter keinen Umständen zu billigen. D. Red.) * Hao», 19. April. („Reuter» Bureau.") Bei der Audienz der Mitglieder der südafrikanischen Mission im kgl. Palais stellten vr. Leyd» und vr. Müller die Mitglieder der Mission der Königin vor und später in einer besonderen Audienz auch der Künigin-Mutter. Die Unterredung mit der Königin dauerte «ine Viertelstunde. Di. Königin antwortet« auf die Ansprache des Mitglied» de» Autsühnndru Rathe» de» Oranje-Freistaatr» Fischer sehr huldvoll. Die Mitglieder der Mission sind von dem Empfange, der ihnen von den beiden Königinnen zu Theil wurde, sehr befriedigt. * Wolverhampton, 19. April. Das liberale Unterhausmitglird Sir Henry Fowler hielt vor seinen hiesigen Wählern eine Rede, in der e» sagte: E» sei keiue dauernde Regelung der südafrikanischen Frag, möglich ohne di» ein für allemal hergestellte Oberhoheit der Königin über ganz Südafrika. Die anderen Grund bedingungen seien gleich« Recht» für all« Weißen bei der weitest gehende» Selbstregierung und eine menschliche Behandlung der Eingeborenen. (Aber erst muß der Bär erlegt fein. D. Red.) Der RcutralttätS-vruch Portugal». Es scheint nicht richtig zu sein, daß die Transvaal- Regierung dem Lissaboner Eabinet erklärt hat, sie sehe in der Erlaubniß zum Durchzuge englischer Truppen durch portugiesisches Gebiet einen „feindseligen Act". Die Re gierung in Pretoria hat sich damit begnügt, gegen das Verfahren Portugals zu protestiren, und zwar ist dies, wie die „Verl. N. N." der „VolkSstem" entnehmen, in einem Schreiben dcS Staats sekretärs Reitz geschehen, der auf die hieraufbezügliche Anzeige am 3. März folgende Antwort absandte: „Die Regierung der südafrikanischen Republik hat mit sehr großem Leidwesen die heutige Mittheilung empfangen, daß P o r t u g a l es für gut befunden hat, Großbritanniens Gesuch zu genehmigen, um Kriegs-Personal und -Material über Beira nach dem Hinterland in die britische Einflußsphäre zu bringen. Sie bemerkt, daß die portugiesische Regierung der Meinung war, daß sie diesen Bruchder bis dahin völlig innegehaltenen Neutralität hätte zulaffen muffen, weil sie sich dazu für verpflichtet erachtete durch gewisse gegenseitige Erklärungen in Schriftstücken, die bei Gelegenheit des Vertrages von 1891 ausgetauscht wurden. Doch wird noch darauf hin gewiesen, daß dieser Austausch von gegenseitigen Er klärungennichtveröffentlicht wurde, und daß ferner an die Regierung der südafrikanischen Republik von dieser Ueber- einkunft vor dem Ausbruch des ihr von Großbritannien auf gedrungenen Kriege» keine Kenntniß gegeben wurde; ver halt konnte fi« «uch im Kriege, in welches da» Königreich Portugal bisher eine neutrale Haltung eingenommen und un parteiisch innegehalten hat, nicht zur Ausführung kommen. Wenn auch die Ueberinkunft abgeschlossen ist, so kann sie doch nicht durch einen neutralen Staat zum Nachthcil vondritten Parteien zur Anwendung kommen während eines Krieges zwischen der südafrikanischen Republik und Groß britannien nebst Irland. Die Wirkung des Abkommens ist durch die Thtasache der Neutralität aufgehoben, ebenso wie Art. 6 des Vertrages -wischen der Republik und Portugal, den die britische Regierung gutgeheißen hat. Die Republik sieht sich gegen ihren Willen in einen Krieg mit Großbritannien verwickelt, und die Zulassung von britischen Truppen über portugiesisches Gebiet kann nur zum Nachtheile der Republik dienen und muß von Seiten Portugals einen Bruch der Neutralität darstellen, die bisher, wie wir gern anerkennen, getreulich gehalten worden ist. Die südafrikanische Republik hat stets die freundschaftlichen Be ziehungen, die auf Grund von Verträgen und von friedlichen Ver handlungen zwischen ihr und Portugal so glücklich bestanden, sehr hoch geschätzt und würde es bedauern, wenn Portugal nun mit einem Male die Zufuhr feindlicher britischer Truppen möglich machen und ein Bundesgenosse unserer Feinde werden sollte. Sie sühlt sich verpflichtet, gegen diese Durchfuhr von Truppen und Kriegsmaterial zu protestiren, was sie hiermit thut." Eine amtliche Bestätigung findet die Mittheiluug der „VolkSsteem" in folgender Meldung: * Liff-ßon, 19. April. (Kammer.) Der republikanische Vertreter Oporto», Costa, kommt nochmal» aus die Besörde- rung englischer Truppen durch portugiesische» Gebiet aus der Bahnstrecke von Beira nach llmtali zu sprechen und erklärt, er hab» den Wunsch geäußert, den Minister de» Aeußrren darüber zu interprlliren. Der Minister erwidert: Die Regierung habe bereit» über diese Angelegenheiten erschöpfende Erklärungen abgegeben. Keine auswärtige Macht habe Einspruch erhoben, nur die südafrikanische» Republiken hätten, wie die» ihr gute» Recht gewesen sei, in sehr correcter Form Protest eingelegt. Der Minister siigt hinzu, die Regierung werde später durch Vorlegung von Actrnstücken ihre Handlungsweise rechtfertigen; gegenwärtig halte sie eS nicht für zweckmäßig, diese Frage zu besprechen. ES sei nicht nöthig, eine geheime Sitzung abzuhaltrn. Am 14. April sind drei englische Transportschiffe mit den australischen Buschmännern unter Oberstleutnant Airey, 1100 Mann mit ihren Pferden, 1200 Maulthieren und zahlreichen Wagen in Beira «»gekommen. Die Mannschaften sollten sofort weiterbefördert werden, und zwar nach dem Lager bei Maran- dellas, 38 Kilometer von Salisbury entfernt. Im nächsten Monat werden 22 weitere Transportschiffe und eine große Menge südamerikanischen Rindviehs für die Truppe in Beira erwartet. Ein Reuter-Telegramm aus Capstadt brachte bekanntlich heute folgende seltsame Nachricht: „Das Anerbieten Transvaals an Portugal, demselben die Summe, die eS nach dem Delagoa-Schiedsspruch zu zahlen hat, zu leihen, wurde mit Dank abgelehnt." Es handelt sich bekanntlich um eine Summe von rund 25 Millionen Francs; wieTrans - vaal dazu kommen sollte oder auch nur könnte, eine solche Summe den Portugiesen anzubitten, ist nicht recht ersichtlich. Aber selbst wenn dies möglich und durchführbar wäre — etwa mit Hilfe der Brüsseler Gesandtschaft — so würde das Angebot doch auf eine vollständige Verkennung der Sachlage hinaus laufen -- man müßte dann in Pretoria annehmen, daß man sich die Freundschaft Portugals durch diese Summe erkaufen und möglicher Weise sogar die Erlaubniß des englischen Truppen durchzugs durch portugiesisches Gebiet über Beira rückgängig machen könnte. An Alles daS ist aber in Wirklichkeit nicht zu denken; die „freundliche Neutralität Portugals" England gegen über beruht — das haben die letzten Wochen zur Genüge ge zeigt — keineswegs auf directen pecuniärcn Schwierigkeiten für Portugal; man hat bekanntlich in Lissabon auch das eng lische Angebot auf Uebernahmc der Entschädigungssumme für die Delagoa-Bahn direct abgelchnt, weil die Regierung offenbar bereits seit Jahren Vorsorge für das Geld getroffen hatte und es selbstständig zu bezahlen im Stande ist. Die Freundschaft der portugiesischen Regierung für England beruht vielmehr augen scheinlich auf ganz anderen Voraussetzungen, in dem seit Jahren schon vorhandenen engen Anschluß der portugiesischen Politik an die englische, an dem auch die vorübergehenden Verstimmungen deS portugiesischen Volkes gegen England nichts geändert haben. Unter diesen Umständen könnte auch ein Angebot Transvaals für eine Aenderung der portugiesischen Politik nicht das Geringste helfen, selbst wenn das Angebot Wirklichkeit wäre. Das ist aber, wie gesagt, im höchsten Grade zweifelhaft; allenfalls, meint die „Nat.-Ztg.", könnte es sich um ein Angebot handeln, daS lange zurückdatirt und vor Beginn deS Krieges gemacht wurde, aber jetzt erst bekannt wird. voeren erster uuv vocren zweiter «lasse. Nachdruck vkrbotrn.. Au» Pretoria, 14. März, wird der „Welt.-Corr." ge schrieben: In Europa stellt man sich die Boeren als eine homogene, von den gleichen Auffassungen — besonders in nationaler Hin sicht — beseelte Masse vor. Nicht» weniger al» die». Ich darf vielleicht ein charakteristische» Gespräch anführen, wie ich eS wörtlich im Hauptlager vor Ladysmith angehört habe. „Ja", meinte Oom Klaas, ein reicher Boer auS dem Pretoriadtstrict. zu seinem Diener Neef Piet, „derselbe Gott, der die Kinder Israels durch alle Gefahren der Wüste geführt hat, lebt noch heut« und läßt uns, sein auserwähltes Volk, nicht ini Stich. Danke Du dem lieben Herrn dafür, daß Du nicht vor drei Jahren mit Deinem Bruder zu den verdammten Engländern gegangen bist. Die Strafe de» Herrn wird Deinen Bruder treffen, an seinem Liebe wir an seiner Seele, so wie sie jetzt die Engländer getroffen hat." Neef Piet, ein langer, hagerer, etwas dunkel gefärbter Mann von etwa 35 Jahren, erwidert«: „Ihr könnt wohl Recht haben, Ohm; aber seht einmal her, was ist heute mein Bruder, und was bin ich! Al» vor drei Jahren unser letztes Stück Rindvieh an der Rinderpest verendet war, ging mein Bruder in die Eolonie und hat seitdem für einen reichen Engländer Kohlentransporte gefahren. Heute schreibt er Mir. daß er ein Gespann Ochsen sein eigen nennt, als Lohn für seine Arbeit. Ich habe dieselbe Zeit hindurch Euch gedient, und was habe ich? Meine beiden Ochsen habt Ihr für den Krieg in Euren Wagen cingespannt, während Euer Vieh zu Hause aus der Weide geblieben ist. Ich muß Euch helfen, für unser Land fechten, von dem mir doch kein Fuß breit Grund und Boden zu eigen gehört, der ich ein armer „Padboer" (auf der Landstraße liegender Boer) bin." Ein Gespräch wie dieses würde dem neu eingewanderten Ausländer vielleicht völlig bedeutungslos er scheinen, dem bereits eingebiirgten Transvaaler charakterisirt e- scharf die zwei unterschiedlichen Menschen classen, die wir im Volke der Boeren zu beobachten haben, den wohlhabenden, patriarchalisch im Kreise seiner großen Fa milie auf seiner Farm wohnenden Grundbesitzer und den durch allerhand Schicksalsfälle oder eigene Unstetigkeit seit Genc rationen mehr und mehr verarmten Padboer oder By woner. dem nichts Anderes übrig geblieben, als sich zu dem wohlangesehenen Platzbewohner in eine Art von Hörigkeit-- verhältniß zu begeben, und der im Laufe der Zeit oft gänzlich zum Proletarier herabgesunken ist. Freilich findet man gerade unter dieser zweiten Elasse von Boeren die besten Schützen, die geschicktesten Arbeiter, die gegen Unbill der Witterung und Stra pazen aller Art abgehärtetsten und widerstandsfähigsten Leute, aber einIrrthum wäre es, wollte man unter dieser Menschen classe dieselbe Tüchtigkeit der Gesinnung, denselben zähen, un beugsamen Charakter. daS überzeugungstreue Festhalten an den Traditionen der Väter, den glühenden Patriotismus erwarten, wie beim grundbesihenden Boeren. Von diesen Boeren zweiter Classe, die nicht die eigene Scholle zu vertheidigcn haben, darf man einen Kampf bis aufs Messer nicht erwarten. Deutsches Reich. * Berlin, 19. April. Tie „Conservative Corre spond enz" veröffentlicht folgende Kundgebung: „In dem vom engeren Vorstande des BunveS der Land wirt be unter dem 6. April veröffentlichten Artikel „Zur Klärung der Lage" heißt e» u. A.: „Da» aber glauben wir sagen zu müssen, daß die Berücksichtig gung, welch« die Landwtrtbschaft bei den nächsten Handelsverträgen verlangen kann — ein Verlangen, dessen Berechtigung ja auch seitens der Regierung wiederholt auf daS Feierlichste anerkannt worden ist —, nach der Entwickelung, die die Dinge jetzt genommen haben, nur dann erreicht werden kann, wenn diejenigen Abgeordneten, welche die landwirthjchaftlichen Interessen im Reichstage zu vertreten berufen sind, jede gvuvernementale und persönlich« Rück sichtnahme schwinden lassen und rein sachliche Politik treiben, eine Politik, vor der die Regierung der Linken gegen- über, wie die letzt« Zeit eS wiederholt gezeigt hat, stet» capituli rte." Anscheinend soll die in der „Correspondenz des Bundes der Landwirthe" vom 12. April veröffentlichte Auslassung „In Sachen de- Fleischbeschaugesetzes" den obigen, schon von gegnerischer Seite auf einen Theil der conservative« Partei gemünzten Satz commcntiren. ES ist nämlich in der Bunde»- correspondenz zu lesen: „In den gouvernrmental-consrrvatlven Kreisen finden wir die Ausfassung vertreten, als ob das Beharren deS Bundes- ausschusjcs aus den Beschlüssen der zweiten Lesung geeignet sei, für die dritte Lesung die bisherige große Majorität zum Schwinden zu bringen, und daß es der deutschen Landwirthschaft doch vor allen Dingen daraus ankonimen müsse, eine große Majorität für das Fleischbeschaugesetz (wenn auch in abgeschwächter Form) zu er zielen. . . Hierauf ist zu bemerken: „Die konservative Partei hat auch in den schwierigstrn Lagen den Beweis erbracht, daß ihre Mitglieder in voller Wahrung ihrer Unabbängigkeil, lediglich auf Grund sachlicher Erwägungen ihr Votum abzugeben gewohnt sind. Insonderheit sind alle Mit glieder der konservativen Partei warme und über zeugte Vertreter der landwirthschaftlichen Interessen, jede gvuvernementale und persönliche Rücksichtnahme ist bei ihnen ausgeschlossen: sie treiben eine reine sachliche Politik; aber gerade deshalb ist eine Anzahl von ihnen bereit, da» der Landwirthschaft nützliche Gesetz zu Stande an die Thorheit ihres eigenen Geschlecht» bestärkte und aufrecht erhielt. „Jetzt müssen wir fort von hier, Geüöbte", sagte Barker, und zeigt« nach der Sonne, die schon in Mittagshöhe stand. Drei Stunden waren ihnen im Fluge vergangen. „Ich werde Dich wieder bi» zum Hügel begleiten und da wollen wir uns trennen. Du kehrst dann allein nach dem Hotel zurück, wie Du gekommen bist, und ich gehe noch eine kleine Strecke weiter, auf der Straße nach der Eisenbahn. Sprich mit Niemand über Kitty, da» Wird besser sein für un» und für sie. Vielleicht ist der wcchre Sachverhalt noch unbekannt gerieben." Nach einem Abschiedskuß bahnten sie sich wieder Hand in Hand den Weg durch da» Farrengestrüpp und daS Manzanita-Dickicht und schieden auf der Anhöhe von einander. Mit solchen Gefühlen hatten sie noch nie Abschied genommen — ihre ganz« Welt blieb hinter ihnen zurück. Barker schritt langsam am Rand der Straße unter de« Lhornbäuaren dahin, wo Sonnenlichter mit den Schatten spielten. Auch auf seinem Antlitz malte« sich wechsel-weise Helle und düster« G«danken. Nicht lang«, so sah er von Weitem einen Einspänner, der sich mühsam vorwärts schleppt« und schwerfällig hin und her schwankte; ei« Staubwolke zog er hinter sich drein, wie «in Vogel sein« gebrochene Schwinge. M» da» Fuhrwerk näher kam, erkannte Barker, daß da» Pferd ganz abgehetzt und erschöpft war und di« einzige Insassin — eine Frau — auch kaum mehr Kraft genug hatte, um da» Thier anzutreiben; von Zeit zu Zeit erhob sie zwar Zügel und Peitsche, aber mit immer schwächerer Wirkung. Da trat Barker aus dem Schatten der Bäume mitten auf die sonnenbeglänzte Straße, um das Gefährt zu erwarten — er hatte sein Weib erkannt. Jetzt durchzuckt« ihn die schärfste Pein, die seine Frau ihm noch je bereitet hatte. Denn al» sie ssiner ansichtig wurde, machte sie einen verzweifelten, wenn auch ohnmächtigen Versuch, an ihm vorbeizukommen; gleich daraus brachte ein Graben sie zum Stillstand. Er trat näher heran. Ihr Haar war aufgelöst, sie sah beschmutzt, vergrämt und häßlich au»; um ihre verweinten Augen halten sich Ringe gebildet, und Staub und Schweiß klebten auf ihrer rosigen Wang«. Al» er an die Schönheit und Frische, an da» feine Benehmen der Frau dachte, mit der er soeben zu sammen gewesen, überwältigt« den seelensguten Menschen ein un- au»sprechlichr» Mitleid. Er eilte zu ihr hin, hob sie mit aller Sorgfalt au» dem Wagen, wie sie war, in ihren besudelten Kleidern und mit Schmach bedeckt, und sagte hastig: „Ich weiß Alles, meine arme Kitty! Du hast gehört, daß Van Loo die Flucht ergriffen hat und bist nach dem Bureau gefahren, um zu versuchen, ob sich nicht noch etwas von dem Gelde retten ließe. Warum hast Du mir nichts davon gesagt? Weshalb hast Du nicht aus mich gewartet?" ES lag so viel echtes Gefühl in seinen Worten, ein so herz liches Erbarmen in feinem Thun, daß die Aufrichtigkeit seiner Gesinnung keinen Zweifel zullest. Aber daS Weib sah in ihm nur den leichtgläubigen Thoren, den sie ihr Leben lang getäuscht hatte. Sie athmete auf wie befreit uno «»Pfand doch dabei eine gewisse Verachtung für seine Schwäche und ärgerte sich, dast sie sich vorhin so unnützer Weise vor ihm gefürchtet hatte. „Wenn Du das Alle» so genau wusttest", sagte sie in schrillem, zänkischem Ton, „so hättest Du auch selbst hinüberfahren und mir diese greuliche, schmutzige, hoffnungslose Unternehmung sparen können. Denn von dem Geld« hab« ich doch nichts ge- rettet, und di« ganze widerwärtige Geschichte ist umsonst ge wesen." Einen Moment konnte er der Versuchung kaum widerstehen, ihr zu zeigen, dast er mehr wußte. Er bezwang sich jedoch, nahm ihr freundlich den Reifemantel von den Schultern, schüttelt« ihn auS und wischte ihr mit seinem eigenen Taschentuch den Staub von Stirn und Wangen. AIS er dann ihren Hut in der Hand hielt, um auch diesen abzustäubea, wurde er leb haft daran erinnert, daß et vor kaum einer Stunde Frau Hornburg den nämlichen Dienst erwiesen hatte, während sie sich daS Haar glatt strich. Sodann half er Kitty wieder «insteigcn, nahm neben ihr Platz, ergriff die Zügel und sagte in ruhigem Ton: „Ich will Dich an den Ställen vorbei nach dem Hotel fahren; dann kannst Du gleich aus Dein Zimmer gehen und Dich um kleiden. Du bist itbermikdet und nervös aufgeregt; vor Allem be darfst Du der Ruhe. Sag« mir jetzt nicht» mehr, bi» Du Dich ganz wieder erholt hast." Er trieb da» Pferd an, velcheS fühlen mochte, daß eine festere Hand die Zügel hielt; e» rckffte sich noch zu einer letzten An strengung aus, und in wenigen Minuten hatten sie da» Hotel rrrckicht. Al» Frau Hornburg etwa» bleich und mit ihren Gedanken beschäftigt in dan großen Speffesaal beim Frühstück faß, sah sie Frau Barker, voll Zuversicht und Unbefangenheit, fnsch und rosig in einer neuen, entzückenden Toilette hereinrackschen. Mit raschem, selbstbewußtem Micke streifte sie die anderen Gäste und fchntt dann auf Frau Hornburg zu. „Ach, da sind Sie ja!" sagte sie so laut, daß Jedermann im Saale cs hören mußt«. „Sie sind trotz Allem nur kurz« Zeit vor mir angekommen! Meine Fahrt nach der Stabt war ganz abscheulich. Und denken Sie nur, der arme Georg hatte an mich nach Boomville telcgra- phirt, ich solle mir keinen Kummer machen. Seine Depesche ist eben erst hierher zurückgetommen." Bei diesen Worten legte sie Barker's verzeihendes, gütiges Telegramm triumphirend vor di« überraschte Frau Horn burg hin. Achtes Capitel. Im Laufe beS Tages wuchs die Aufregung üver sie Finanz- krisiS mshr und mehr. Der PulSschlag der grasten.Wett war in daS sonst so friedliche und abgelegene Hymettus gedrungen und machte sich aus allen Veranden und Korridoren fühlbar. Mit der Post, oder mit Eztraboten kamen Briese und Depeschen an, und auf dem Telographenamte der neuen Postanstalt am Kief«r- berg sammelte sich ein« stets wachsende Schaar von Gästen und Dienern. Zu der natürlichen Besorgnist aller Bethekligten gesellte sich ein durch mancherlei Gerüchte künstlich genährtes Fieber. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde, dast ein großer Speku lant, «in Gast des Hotels, der zugleich Director der Telegraphen gesellschaft war, den Drahtbetried zu seinem ausschließlichen Ge brauch aüfgekauft hab« und di« Depeschen fälsche, da da» Fallen der Course in feinem Interesse sei. Die Entrüstung der Menge war so groß, daß man schon hier und da nach Lynch-'Justiz schrie. Reisend«, die von Sacramento, San Francisco und Mary»ville kamen, brachten die unglaublichsten Berichte und Sensationsnachrichten mit. In den großen Städten erklärte sich eine Firma nach der anderen für bankerott. Altansässige Häuser, di« seit dom Frühling 49 bestanden und seitdem all« Gefahren glücklich überwunden hatten, wurden durch diese räthselhafte, un sichtbare und unfaßbare Panik zu Falle gebracht. Bon hochge achteten Handelsgesellschaften, dre um ihrer altmodischen Vor- urtheil« willen verspottet worden waren, erzählte man sich scham lose Börsenspeculationen. Einen allgemein verehrten Geistlichen und Würdenträger der Kirche fand man, mit einer Kugel im Herzen, tckdt vor seinem Schreibtisch, auf dem er noch »zuletzt da» vekenntnist seiner Schuld medergeschrieben. Fremde Bankiers schickten ihr Geld außer Lackde». Man bereitete ein« Eingabe an di« Regierung vor, sie möge den Staatsschatz zur Verfügung stellen. ES hieß, alle Schiffe, die Gold- und Silberbarren führten, sollten mit Beschlag belegt werden; kuvz, selbst die ab geschmacktesten, widersinnigsten Erfindungen wurden geglaubt und weiter verbreitet. Urtd gleichzeitig mit dieser fieberhaften Leidenschaft hatte die Sommerhitze^zugenommen. In den letzten zwei Wochen war das Thermometer bei fortwährendem Sonnenschein bis zu einer ab normen Höhe gestiegen; aus den Straßen der Grubenibez'irke brannte der Metallstaub wie rothglühende Naldeln auf der Haut, und selbst bei Nacht vermochte der Bergwmd di« glühende, über hitzte Atmosphäre nicht zu kühlen. Unheilverkündende Rauch wolken sah man tagüber in den fernen Thälern aussteigen und sich Nachts in Feuersäulcn verwandeln. Dann zeichneten sich auch die Umrisse der Berggipfel auf d»m dunklen Himmel wie mattrodhe Linien ab, gleich einem verlöschinden Feuerwerk. So gar daS große Hotel knisterte und knatterte von oben bi» unten; all daS bemalt« und dünn fournirte Holzgetäfel schrumpft« zu sammen und verbreitete beim AuStrocknen einen abscheulichen Dunst. Das reiche Stückwerk zerbarst und fiel von den Ge simsen herab; unter den türkischen Teppichen gähnten weite Spalten in den Dielen. Die großen GlaSfenster ließen sich nicht mehr in die Höhe schieben, sic steckten unbeweglich fest in ihren Nahmen und vermehrten nur noch di« Hitze, warmer Kieferdusc zog durch den ganzen Speisesaal — alle Gerichte schmeckten da nach. Und trotzdem hörte daS Gerede von Actien und AntheA- scheinen nicht auf; die Leut« spitzten bei jedem Löffel Supp« die Ohren, um di« neuesten Nachrichten zu erhaschen. Demorest war das Alle» zum Ekel in seiner jetzigen ver bitterten Stimmung; er fand seine gezwungen« UnHätigkeit kaum erträglich und wartet« begierig auf ein Telegramm von Stacy. Barker hatte er seit dem zweiten Frühstück nicht mshr zu sehen bekommen. Da entstand plötzlich eine lebhaft« Be wegung auf der Veranda; ein Wagen, in dem eine schöne alte Dame mit grauem Haar saß, war am Hotel vorgefahren. In dem Stimmengewirr um ihn her vernahm Demorchi den Namen der Frau Dan Loo; kann hörte er hier und da flüstern, ihr Sohn sei am Eanaon-Bahnhof« frftgehalten worden, oder man habe noch leinen Haftbefehl gegen ihn erlassen. ES herrschte die allgemein« Annahme, daß di« Bank Van Loo nicht strafrechtlich zu verfolgen wage, ja, man erzählte fich ganz offen, er hoch« nur als Sündenbock dienen müssen, um den Argwohn von HSHerge- stellten Schuldigen abzulenken. Jedenfalls schien Frau Ban Loo'» ruhige», sichere» Auftreten dies« Behauptung«» zu bestätigen. iForffetzung folgt.)
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