Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190007154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-07
- Tag1900-07-15
- Monat1900-07
- Jahr1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1900
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
r.-Detlev 1^0 L »b. «V. -L s. a «.0.M.VPH Hos.«. l>. m.cxÄ, ,K0 L ,b0 a H0 <L so «. — L »v »0. — d» — 6. — 6. 50 drS- - 0. - 6. - 6. - 6. >0 S. - l»8 i0 S. tl.ISL.SV6 - 6. - 8. - 8. - 8. »L ü. xutivieeii. - 6. - S. 0 6. 0 8. 0 « 0 6. s a '— üi .— 8. 2Ü 8.»l.S6W6 70 0. .70 L t»8. 2S S — L — a- so s. — o. 7V S. — L ,»r87- — S. so a. lS L — 8 — s. 50 L die tv L — o. — o. rs s. — L IS S. lllsrsttvu 0 L - L S 6 »a «. o >o. s >» 'S EN. tllek «ar. L.t.8- r. » i. >. i WovIturN rie Morgen-AuSgabe erscheint um V«? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. Filialen: Alfred Hahn vorm. v. Klemm'» Gorki«. Universität-straße 3 (Paulinum), Loni» Lösche, Latharinenstr. 1s» »art. uod König-Platz 7. Martion und Expedition: JohanntSgasfe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Bezugs-PreiS in der Hauptexpedition oder den im Statz»' bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich ^ls.SO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus b.S0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliährltch >t 6.—. Directr tü^llch« ttreuzbandiendung in- Ausland: monatlich 7.b0. UciMgcr T agMatt Anzeiger. Amts Klatt des königlichen Land- nnd Äintsgerichtes Leipzig, des Mathes und Polizei-Amtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Pr-iS dle Sgespaltem Pettt-eile 52 Pf-. Neelamen unter demRtdaction-striH (4g»' spalten) bO^, vor den Famtlieauachnchkn (6 gespalten) 40/^. Größer« Schriften lau» »ufere« Prei-- verzeichuitz. Tabellarischer und Ztfserusatz nach höherem Tarif. Extra-Veilaar« (gefalzt), uar mit der Morgen-Ausgabe, ahne PostbesSrdermrg ^>i 60.—, mit Postbeförderuu- ^l 70.—» Imrahmefchluß str Rlyei-e«: Abeud-Lu-gab«: Bormittag- 10 Uh«. Morgeu-An-gab«: Nachmittag- »Uhr. vet den Filiale» und Annahmestelle» je «tu« halbe Stund« frntzer. Anzeige» siud stet« an die Gxpetztti-a zu richte«. Bruck und Verlag von E. Volz ia Leipzig. 355. Sonntag den 15. Juli 1900. 9t. Jahrgang. Aus Ler Woche. Was vor acht Tagen hier gesagt wurde, darf leider beute, obwohl bestimmte Nachrichten noch immer nicht vorliegen, wiederholt werden: die Fremden in Peking sind ermordet. ES mutbet am Ende des verkehrsstolzen Jahrhunderts seltsam an, daß wir über die Vorgänge in einer Millionen- stadt wochenlang ununterrichtet bleiben und sogar ge täuscht werden können, aber die feindseligen wie die friedlichen Berührungen mit der seltsamen, durch höchste Eulturphasen gegangenen und jetzt nicht mit Unrecht barbarisch genannten chinesischen Welt werden dem Abend lande noch manche Ueberraschung bereiten. Die Frage, ob die gegenwärtige durch größere Voraussicht der Diplomatie in Peking hätte verhütet werden können, scheint ziemlich müßig. Das Unglück ist einmal geschehen; nun gilt cs, die bessere Aufklärung, die Europa über China geworden und die es so theuer zahlen sollte, mit Nachdruck zu ver- wcrthen. Insbesondere aber ohne Ungeduld zu verwerthen. Dies müssen namentlich wir Deutschen uns sagen, die wir nicht in einer langen Colonial- und Expansionspolitik wie Engländer, Russen und selbst Franzosen gelernt haben, überseeische Unternehmung langsam, mit Unterbrechungen und unter Rückschlägen reifen zu sehen. Unverkennbar hat aber die vergangene Woche nach dieser Richtung schon er ziehlich gewirkt. Man lernt sich in Deutschland wie in den anderen betheiligten Ländern bei dem vorläufigen Stillstände der Sühne- und Wiederherstellungsaction in China vorläufig bescheiden. Tas Rundschreiben des Grafen v. Bülow wird hoffentlich dazu beitragen, diese uvthwendige Geduld zu ver allgemeinern. An sich ist das Aktenstück eine im Reiche ganz ungewöhnliche Erscheinung, doppelt ungewöhnlich, weil es einer Sitzung des Bundesrathsausschusses für auswärtige Angelegenheiten folgt, die ihrerseits gleichfalls ein ganz außerordentlicher Vorgang gewesen ist. Indessen, Graf v. Bülow dürfte die dringlichste Aufgabe dcS Augenblicks sehr richtig erfaßt haben. Für die deutschen Regierungen, an die es adressirt ist, ist das Rundschreiben Wohl kaum verfaßt worden; waren ja diese vollauf über die Sachlage, sowie über die Auffassung des Auswärtigen Amts unterrichtet gewesen; aber gegenüber dem Auslände scheint eö der Leiter der auswärtigen Angelegenheiten wünschenswertb gesunden zu haben, in nachdrücklicher und beinahe feierlicher Weise so etwas wie eine Penelope zu spielen und vor aller Welt zu betheuern, daß Deutschland in China unter der Herrschaft des politischen Verstandes zu bleiben gedenkt, daß eS sich dort insbesondere nicht stärker intcressirt glaubt, als irgend ein anderer civilisirter Groß staat. Diesem Zwecke, die Welt über Deutschlands wahre Ansichten und Absichten aufzuklären, dient offenbar auch die Ernennung eines neuen deutschen Gesandten für China. An sich ist in einem Augenblicke, wo die Kanonen reden, wo der Sitz der chinesischen Regierung unzugänglich ist und man nicht einmal weiß, ob eine Regierung noch exislirt, die Besetzung des Postens des Freiherrn von Ketteler «ine Formalität. Aber keineswegs eine leere. Die Abordnung eines Gesandten besagt mit der größtmöglichen Deutlichkeit, daß Deutsch land sich nicht in einem Kriege mit China befindlich er achtet, also auch nicht in einem Verhältniß, das nur durch die „Unterwerfung" deS anderen TheilS, im völkerrechtlichen Sinne, seine Beendigung sinken kann. So wohlerworben das Vertrauen zur Regierung in der chinesischen Sache — die paar socialdemokratischen Führer kommen nicht in Betracht—zu sein scheint, so excessiv vertrauens selig ist eS, wenn das ReciprocitätS-Abkommen mit Amerika von deutschen Zeitungen mit Lobeshymnen begrüßt wird, noch ehe man seinen Inhalt genau kennt. Das Be- diirfniß, loyal zu erscheinen, führt dabei zu den sonderbarsten logischen Verrenkungen. So meint ein Blatt, das Zustande- bringen eines Uebereinkommens sei eine besonders rühmliche Leistung der deutschen Regierung, weil doch Amerika für 377 Millionen Mark jährlich deutsche Waaren einfübrt und siir 007 Millionen Mark eigene Erzeugnisse nach Deutschland aussührt. Selbstverständlich mußte dieses für Amerika so überaus günstige Verhältniß die Position der deutschen Unter händler stärken, zumal da sie nicht mehr verlangten, als was Deutschland den Vereinigten Staaten schon jetzt gewährt. Im klebrigen ist der Wortlaut des Vertrages abzuwarten und namentlich das Urtheil zurückzuhalten, bis man weiß, ob künftighin der chicanösen, vielfach für deutsche Waaren nahezu prohibitiv wirkenden Praxis zahlreicher amerikanischer Consuln ein Riegel vorgeschoben sein wird. Ob, wie da und dort zu lesen, der Abschluß des neuen ReciprocilätsvertrageS der künftigen HandelSverlragspolitik im Sinne einer neuerlichen Anerkennung deS Meistbegünstigungssystems präjudicire, kann zur Zeit dahingestellt bleiben. Sehr verständlich wäre eine solche Wirkung nicht. Denn Deutschland hat soeben keinen neuen Meistbegünstigungsvertrag geschlossen, sondern, wie gesagt, nur erreicht, daß ein Staat, dem e- die Meistbegünstigung gewährt, diese Begünstigung Deutschland nicht mehr vorzuenthalten versprochen zu haben scheint. Der Großgrundbesitzer v. Hansemann wird mit neuer gesteigerter Heftigkeit von den Agrariern angegriffen, weil er bei der Zulassung ausländischer Arbeiter die national deutschen Interessen gewahrt wissen will, und vornehmlich weil er eine Rücksichtnahme dieser Art für wohl vereinbar mit den berechtigten Interessen der deutschen Landwirthschaft er klärt. Die Agrarier zeigen sich bei diesen, meist sehr bös artigen Anwürfen gegen die Person deS Herrn v. Hansemann als gelehrige Schüler de» Centrum». Wie von dieser Partei dem Katholiken, der nicht ultramontan ist, also nicht zu ihrer Fabne schwört, der Charakter deS Katholiken aberkannt wird, so hört für die extremen Agrarier der Landwirth, der einmal eine andere Meinung hat, al» die Leitung de« Bunde» der Landwirthe, auf, Landwirth zu sein, und zwar wird ti« Excommunication mit einer beinahe imponirendeu Unbefangen heit auSaesprochrn von Leuten, die thatsächlich weder Land wirthe sind, noch e» jemals waren. Die schlechte Behaue- lang, die Herr v. Hansemann erfährt, weil er nicht will, daß Polen au» Rußland und Galizien sich unter der Bevmgung, daß sie alljährlich auf sechs Wochen über dir Grenze gehen, in Deutschland sollen festsetzen dürfen, ist auch insofern interessant, als sie an die zweideutige Haltung der extremen Agrarier'in der Flottenangelegenheit erinnert. Man scheint sich wirklich in diesen Kreisen aufs Nationale nur zu be sinnen, wenn e» sich um Einfuhrverbote handelt. Deutsche Interessen am Jangtse. Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht der erste Vorsitzende der Abtheilung Colmar der Deutschen Colonialgesellschaft, Herr Regierungsrath Kayer, im „Els. Tagebl." den folgenden beachtenswerthen Aufsatz: Aus Anlaß der jüngsten Ereignisse in China tritt in einem Theil der Presse die Neigung hervor, nach afrikanischem Vorbild das „Reich der Mitte" in Interessensphären einzutheilen und den einzelnen europäischen Staaten eine oder mehrere Provinzen zur ausschließlichen oder überwiegenden wirthschaftlichen Aus nutzung, wenn nicht gar als zukünftigen Gebietszuwachs zu überweisen. Dieser Begriff der Interessensphäre steht, insoweit er zwar die Provinz Schantung dem deutschen Ein fluß vorbehält, die Gleichberechtigung Deutschlands in Bezug auf wirthschaftliche Unternehmungen im übrigen Theil von China aber nicht anerkennt, geradezu im Widerspruch mit dem deutschen Interesse. Es liegt uns fern, die Bedeutung der Kiautschau Bucht als eines maritimen Stützpunktes für Deutschland in Ostasien in Frage zu stellen oder die Aussichten zu verkennen, die der Hafen Tsingtau als Stapelplatz und Ausfuhrort für weite, werthvolle Verbrauchs- und Erzeugungsgebiete Nordostchinas bietet. Das deutsche Pachtgebiet wird indessen auch im Falle der günstigsten Entwickelung — wir denken dabei insbesondere an die Ver mittelung des Seeverkehrs mit Peking und Tientsin, sowie den reichen Kohlen- und Erzlagern von Schansi und Nord-Honan — für den deutschen Handel voraussichtlich niemals so werthvoll werden, als das Jangtsethal es bereits heute ist. Die Be-< dingungen der Vorzugsstellung, deren sich die Jangtse-Provinzen als Handelsgebiet erfreuen, sind in natürlichen Verhältnissen begründet, deren Bedeutung mit der Bewegungsfreiheit des Fremdhandels noch wachsen muß: der Jangtsestrom ist die Hauptverkehrsstraße des reichsten Theils von China und sammelt von Norden und Süden weitverzweigte Verkehrsadern, die bis an die fernsten Grenzen des Reichs führen. Der Jangtse selbst trägt Seeschiffe bis Hankau; über tausend Kilometer weit dringen die mächtigen Dampfer in das Innere Chinas. Von Hankau bis Jtschang — 720 Kilometer — bietet flachgehenden Dampfern die Schifffahrt noch keine Schwierigkeit. In Jtschang hatte der Dampferverkehr bis vor Kurzem ein Ende, einerseits, weil man die Gefahren d** .Stromschnellen fürchtete, andererseits, Iveil die chinesische Regierung ibn zu hindern suchte. Der Widerstand der letzteren ist durch den Friedensvertrag von Schimonoseki (17. April 1896) beseitigt worden. Thatsächlich ist es aber erst in der allerletzten Zeit den englischen Kanonenbooten „Woodcock" und „Woodlark" ge lungen, die Stromschnellen, wenn auch mit leichtem Schaden, zu überwinden. Im Laufe des Jahres 1900 soll in Tschung- king, etwa 750 Kilometer oberhalb Jtschang, auch die deutsche Flagge, und zwar auf einem Handelsdampfer, gezeigt werden. Die englischen Kanonenboote und das deutsche Handelsschiff werden dann feststellen können, wie weit die Dampfschifffahrt über Tschungking hinaus möglich ist; es wird behauptet, daß die 540 Kilometer von Tschungking entfernte Stadt Suifu für Dampfer erreichbar ist. Wir haben es also mit einer Dampfer straße von mindestens 2500 Kilometern, vielleicht von über 3000 Kilometern, zu thun. Abgesehen von dem seewärts gehenden Verkehr der Jangffe- Häfen wurde bisher voip sechs Gesellschaften — vier englischen, sowie je einer chinesischen und japanischen — mit insgesammt 18 Booten auf der Strecke Shanghai-Hankau eine regelmäßige Dampfschifffahrt betrieben. Im laufenden Jahre treten die drei Bremer Firmen Rickmers Reismühlen, Rhederei und Schiffbau A.-G., Melchers L Co. und Norddeutscher Lloyd mit ins gesammt 10 ausschließlich für den Jangtse bestimmten Schiffen in den Wettbewerb ein; außerdem stehen noch zwei in erster Linie der chinesischen Küstenfahrt dienende Rickmers-Dampfer im Bedarfsfall für den Jangtsedienst zur Verfügung. Be sondere Anerkennung gebührt hierbei dem Unternehmungsgeist der Firma Rickmers, die mit einem auf ihrer Werft in Bremer haven eigens mit Rücksicht auf die Verhältnisse des oberen Jangtse gebautes Schiff die Strecke Jtschang-Tschungking zu befahren beabsichtigt. Das Schiff ist am 16. Juni bereits in Colombo angekommen und wirb noch im Laufe dieses Sommers als erster Handelsdampfer den kühnen Vorstoß bis in die west liche Grenzprovinz Sz'tschwan wagen, wenn die das chinesische Reich erschütternde Volksbewegung nicht hindernden den Weg tritt. Die Berührung des deutschen Handels mit Sz'tschwan wird hoffentlich reiche Früchte tragen. Diese Frankreich an Flächen inhalt und Deutschland an Einwohnerzahl gleichkommende Pro vinz zeichnet sich in gleichem Maße durch die Fruchtbarkeit ibres Bodens, die Mannigfaltigkeit und den Werth ihrer Erzeugnisse, wie durch die Charaktereigenschaften ihrer Einwohner aus. Schumacher sagt bezüglich de- Boden- (Tonrad'sche Jahr bücher für Nationalöconomie und Statistik 16,773): „Fast in allen Theilen deS weiten Thinesenreichs erhöhen zwar sinnvoll durchgeführte Anlagen künstlicher Berieselung die oft schon hohe Fruchtbarkeit de- Boden», anscheinend haben aber nirgends die natürlichen Verhältnisse diese» für die ReiScultur nöthige Be wässerungssystem so begünstigt und zu solcher Vollkommenheit gelangen lassen, al» bier im „Rothen Becken", und insbesondere in der gesegneten Ebene von Tschöngtu, der Hauptstadt der Provinz. Opium, Seide (1897 für 2^ Millionen Mark), weiße» Wach» und Medicinen sind die Hauptausfuhrartikel, die durch daS Seezollamt in Tschungking controlirt werden. Die be deutende Salzproduction der Provinz findet nur im Jnlandc Absatz." Die Bewohner nennt ElisSe RecluS univ. 7,4 l 6) ckes gerns qni sont pent-ßtrs cko tc>n8 leg Olnnoi» leg plus graclsux, leg xiui dienveillnntg et le» plu» rsstinSs äs maniöreg, et en meins tswpg leg plus krancs et ceux gui Vllt Iv P>U8 ckS dNU 86U8. Sind das nicht in Bezug auf Land und Leute die Merk male eines kaufkräftigen Landes von der größten Bedeutung? An den Jangtse schließen sich aber noch weitere Wasser straßen an, welche die Möglichkeit des Dampferverkehrs ge währen. Wenn wir von der Mündung ausgehen, so öffnet sich im Süden, bei dem Vcrtragshafen Kiutiang, das allerdings vielfach seichte Becken des Pojang-Sees. Von dem bei Hankau in den Jangtse mündenden Han-Fluß wird nach Cordes (Handelsstraßen und Wasscrverbindungen von Hankau nach dem Innern von China, S. 4) allgemein angenommen, daß er bis Laohokou — 780 Kilometer oberhalb Hankau — 8 oder 9 Monate des Jahres hindurch von kleineren Dampfern wird be fahren werden können. Bei dem jüngst eröffneten Vertrags hafen Uotschon vereinigen sich die Wasser des gewaltigen Tung- ting-Sees mit dem Jangtse. Eine chinesische Gesellschaft, die „Dampfboot - Schifffahrtsgesellschaft der Ling-Hu-Provinzen", unterhält vermittels des Tungting-Sees und des Hsiang-Flusses einen Personenverkehr zwischen Hankau und der Hauptstadt von Hunan, Tschangscha, und der genannte bedeutendste Zufluß des Tungting-Sees soll nock> 100 Kilometer über die große Handels stadt Hsiangtan hinaus, bis Hengtschou, genügende Tiefe für Dampfer besitzen. (Schumacher, a. a. O. 16, 768.) Endlich wird der 3000 Kilometer von der Mündung bei Sutschou (Suifu) in den Jangtse mündende Min-Fluß auf 100 Kilometer als zukünftige Dampferstraße betrachtet. Alles in Allem ein zum Theil noch in den ersten Anfängen der Entwickelung, zum Theil noch völlig jungfräuliches Verkch.s- gebiet für den Dampferbetrieb! Dazu kommt die wirthschaftliche Kraft der Landesthcile, welchen diese ausgedehnten -Verkehrsstraßen als hauptsächliches, ja zur Zeit fast als einziges Mittel des Güteraustausches dienen. Es würde zu weit führen, die Jangtseprovinzen in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit hier einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen. Für unseren Zweck genügt es, einen Blick auf die Zohlen zu werfen, welche den Werth des von der Seezoll behörde controlirten Handels in den Vertragshäfen am Jangtse darstellen. Derselbe betrug im l Jahre 1897 für: Tschungking 17 971807 Haikwan Taels Jtschong 18 750 433 Hankau 69 357 791 Kiukiang 14 880 108 * Wuhu 8 912 366 Tschingkiang 24 254 395 Ak Shanghai 265 678 990 Alle übrigen Vertragshäfen 255 841 649 Zusammen 665 647 539 Haikwan Taels (1 Haikwan Taels Werth im Jahre 1897 — 3,03 cf(.) Hieraus ergiebt sich die vorherrschende Stellung von Shang hai, dessen controlirter Handel über ein Drittel des Gesammt- werthes der chinesischen Vertragshäfen umfaßt. Die Jangtse häfen, Shanghai eingeschlossen, vertreten über die Hälfte des ganzen controlirten Handels und, läßt man Shanghai außer Betracht, so übersteigt der Handelswerth der Jangtsehäsen ein Drittel des ganzen Handelswerthes. Hervorzubeben ist noch, daß Hankau seit 1890 von 47 499 747 auf 69 357 791 Haikwan Taels gestiegen ist. In Hankau, diesem Verkehrsmittelpunct ersten Ranges, der mit seinen Schwesterstädten Hangjang und Wutchang zusammen 2 Millionen Einwohner zählt, waren 1898 sieben deutsche Firmen ansässig. Der deutsche Handel von Hankau ist sogar dem englischen gegenüber im Vorsprung; die Ausfuhr von Häuten, Fellen, Pelzen, Borsten, Schafwolle, Holzöl, Tabak, Chinagras, Talg, Moschus und Rhabarber, sowie die Einfuhr von Maschinen liegt fast ganz in der Hand deutscher Firmen. Die Reichsregierung hat diesen Interessen durch die Er werbung eines Grundstücks zur Anlage einer deutschen Nieder lassung, sowie durch die Errichtung eines Consulats und eines Postamts Rechnung getragen. In den übrigen Vertragshäfen des Jangtse, abgesehen von Shanghai, bestehen deutsche Con- sulate oder Postämter dagegen nicht, obgleich fast in allen der deutsche Handel vertreten ist. Diese kurzen Angaben zeigen, welche wichtige deutsche Inter essen am Jangtse bereits geschaffen sind, und welcher Aus dehnung der deutsche Handel noch fähig ist. Hier bietet sich dem umsichtigen, fleißigen und wagemuthigen Kaufmann ein unabsehbares Thätigkeitsgebiet; hier gewährt ein reiches Land mit 150 Millionen Einwohnern der deutschen Industrie einen unvergleichlichen Absatzmarkt. Auf diesem Markte dem deutschen Wettbewerb freie Bahn zu erhalten, sollte eines der vornehmsten Ziele deutscher China- Polittk sein. Hiermit verträgt sich eine „Interessensphäre", die einem anderen Staate im Jangtsegebiet eine bevorzugte Stel lung gewährt, nicht; darum gebe man das unbedachte Spielen mit diesem unklaren Worte end lich auf. Dasselbe gilt von der „Auftheilung" des chinesischen Reiches. Die in Petschili tobende Volksbewegung hat Beweise der den Chinesen innewohnenden Kraft geliefert, die von den europäischen Nationen schmerzlich empfunden werden, und die einmal entfachte Flamme wird allem Anscheine nach noch schreckliche Arbeit verrichten, bis es endlich gelingt, sie zu löschen. Man glaube nicht, daß der im Norden zu wildem Ausbruch gelangte Fremdenhaß im Wesentlichen auf örtlichen Ursachen beruht und auf diesen einzigen Herd beschränkt bleiben wird. Das in seinem Stolz und vermeintlich oder wirklich auch in seinen Interessen gekränkte Chinesenthum ist in den Hauptzügen dasselbe, von der großen Mauer bis zum Westfluß, und vom Meere bis zu den tibetanischen Grenzgebirgen. ES kocht und gährt im ganzen Reiche der Mitte. Jnkbesondere liegt in der deutschen Niederlassung an der Kiautschau-Bmbt kür diesen Nationalstolz geradezu ein Reiz, der aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Angriff gegen das deutsche Gebiet und die von dem selben ausgehenden Unternehmungen führen wird; ebenso ist bestimmt anzunehmen, daß am Jangtse die durch hervorragende Fremdenfeindlichkeit ausgezeichneten Hunanesen eS sich ange legen sein lassen werden, da» Feuer zu schüren. Die Hoffnungen, die hier und da auf einzelne Gouverneure gesetzt werden, sind trügerisch. Das Mandarinenthum jeden Grades ist aus nationalen und materiellen Gründen der geborene Feind des Fremden, der ihm durch seine Wünsche lästig fällt und ihm die Befriedigung seiner Gewinnlust erschwert. Der Mandarin wird sich vergnügt die Hände reiben, wenn das Volk es übernimmt, die Fremden zu vertreiben. Und sollte sich wirk lich einmal ein weißer Rabe finden, der seine schützende Hand Uber die „fremden Teufel" zu halten wagt, er würde rasch ersetzt öder „beseitigt" sein. Was nun gar den vielgenannten und diel gewandten Erzchinesen Li-Hung-Tschang anbetrifft, so wird er gewiß nichts thun, was ihn in Widerspruch setzt zu dem aus dem eigensten Wesen seines Volkes herausgewachsenen Haß gegen die fremde Cultur und ihre ungebetenen Vertreter; er wird Alles vermeiden, was den Zorn der tobenden Menge gegen seine ungeheuren Latifundien in Hupe lenken könnte. Es ist mehr wie vermessen, in einem solchen Augenblick, in dem die Leidenschaften eines Volkes gegen alles Fremde aufs Höchste erregt sind, von der Beseitigung seiner nationalen Selbst ständigkeit, von einer Auftheilung des Reiches zu sprechen. Wir brauchen nicht zu erörtern, auf welches Recht dis fremden Staaten sich berufen könnten, die solche Pläne verfolgen würden, die Ausführung ist thatsächlich unmöglich, und, wenn die Beilegung der Unruhen gelingen sollte, dann wird die jenige Diplomatie sich ein großes Verdienst um die Menschheit erwerben, welche den Grundsatz zur Anerkennung bringt, daß die Erhaltung des chinesischen Reiches und einer starken Re gierungsgewalt die erste Grundlage für die wirthschaftliche Be- thätigung der Fremden ist. Deutschland, dessen sind wir gewiß, wird der Auftheilung nicht das Wort reden. Unter allen Umständen aber muß Deutschland wachsamen Auges die Entwickelung der Dinge im Jangtsethal beobachten und jetzt schon ungesäumt die Maßregeln treffen, die geeignet sind, die vorhandenen Interessen gegen Angriffe und Ueber- griffe, von welcher Seite sie auch kommen mögen, zu schützen und die freie Entwickelung derselben nach allen Richtungen zu fördern. Welche Maßregeln hierbei in Betracht kommen, bleibe im Allgemeinen dahingestellt und wird von der Entwickelung der Dinge in Ostasien und Europa abhängen; eins aber drängt sich gebieterisch auf: die dauernde Unterhaltung einer unserer Leistungsfähigkeit entsprechenden maritimen Macht auf dem Jangtse zur Be obachtung, zur Entfaltung der deutschen Flagge und zum Schutze der Millionenwerthe in deutschem Besitz. Dartdm Kanonenboote auf den Jangtse! "" Die Wirren in China. Jüngst fand sich in einer Nachricht aus London die etwas unverständliche Bemerkung, daß eS wünschens- Werth sei, daß die verschiedenen Truppen in China cooperirten. Wir haben dieser Bemerkung kein großes Gewicht beigelegt, weil wir sie als eine englische Entschuldigung für Seymour'S Rückzug hielten. Jetzt werden aber die Wünsche in Klagen umgeformt und nun kann man sich der Mittheilung dieser Klagen nicht entziehen, die, sollte sie sich in der Hauptsache als begründet erweisen, daS Fiasco des europäischen Eingriffs, und wenn noch so viel Truppen nach Ostasien gebracht werden, in Aussicht stellen. Aus Tientsin, 4. Juli, berichtet nämlich daS „Reuter'sche Bureau": „Eine homogene Arme« von halber Stärk« konnte wirksamer arbeiten als die vereinigten Streitkräfte hier es vermögen. Ihre Operationen sind ungemein behindert durch Mangel an Organisation und einheitlicher Leitung JedeS Contingent handelt auf eigene Faust, jeder der einzelnen Ober befehlshaber hat unumschränkte Gewalt über seine Leute. Zwar finden täglich internationale Conferenzen statt, in denen die Ansichten der höchsten Officiere auSgetauscht werde«, allein eS giebt keine Möglichkeit, auch nur die Befolgung der Mehrheits wünsche durchzusetzen, noch viel weniger kann der nominelle Generalissimus Seymour seinen Befehlen Gehorsam erzwingen. Seine Methode zu commandiren ist deshalb die, an die College» der anderen Nationen Ersuchen zu richten, die manchmal besolgt werden, manchmal nicht. Eia Lonfrrenzbeschluß der Majorität, auf di« Chinesenstadt am I. Juli »ine» Angriff zu machen, um die von dort die Fremdennirderlafsungen bedrohende Artillerie unschädlich zu machen, konnte nicht durchgeführt werden, weil der russische Oberofficier wegen Ermüdung seiner Truppen Auf schub verlangte. Inzwischen aber erhielten die Chinesen bedeutend, Ver stärkungen, und somit fiel der ganze Plan. Aus solche und ähnliche Weise haben die vereinigten Truppen in d«r Woche vom 37. Juni bi» 4. Juli zwar 50 bi« 60 Manu verloren, aber nicht erreicht» während di« Chinesen gleichz«itig bedeutend« vor- theil« errungen haben. Al« Beispiel sp«riell,r Uneinigkeit unter den Nationalitäten verzeichnet der Bericht »»» Schluß da« folgende Borkommniß: Dir Deutschen besetzt.» di« Univ«rsität und hißten die deutsche Flagg» auf deren Gebäude. Di« Leiter der Universität sind jedoch Amerikaner, und außerdem sollen dieselben auch aus Hau» und Grundstück der Universität bes«nd«r« «echte haben. Der amerikanisch« Eoosul protesttrt» d«Shalb gegen di« deutsche Besitzergreifung d«S Gebäude»." Di» Hervorhebung de« lebten Vorkommnisse» macht stutzig und nimmt dem Bericht sehr viel von seiner Glaub würdigkeit. Sein Verfasser scheint wieder »inen Groll gegen die Deutschen zu haben und sucht daher ihnen etwa» am Zeuge zu flicken. Wenn die Deutschen mit ihrem Blute ein Gebäude erobern, so werden sie doch zum Zeichen der Besibergreifung nicht di» ameri kanische Flagge hissen! Da» EitzenthumSverhältniß wird doch nicht geändert. Immerhin vielleicht bat Sepmour Recht, daß die andern Befehlshaber nicht mit ihm oder besser nicht unter ihm kämpfen wollen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite