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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010610019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901061001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901061001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Volizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redacrion»strich (4gespcltea) 75 L», vor den Familtennach. richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zifsernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme LS L, (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), uu, mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^l> SO.—, mit Postbesörderung 70.—. Aunahmeschluß für Anzeige»: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Au-gab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet» a» die Expedition zu richte«. Di« Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Holz in Leipzig. 2S0. / Die Wasserversorgung Leipzigs im 15. und 16. Jahrhundert. Montag den 10. Juni 1901. 95. Jahrgang. (Schluß.) Bei der Belagerung Leipzigs im Januar 1547 wurde natür lich die Wasserkunst von den Belagerern zerstört und mußte dann ganz neu angerichtet werden. Im Januar 1548 wurde Meister Andreas Zahn von Torgau zu einem Röhrmeister ausgenommen. Er sollte zu Fastnacht 1548 seinen Dienst antreten, 15 Groschen Wochenlohn und 1 Schock 20 Groschen Quartalgeld erhalten, auf der Wasserkunst seine Wohnung haben und „keine Nacht ohne des Bürgermeisters Borwiffen aus der Stadt oder von seiner gewöhnlichen Behausung sein". Obwohl man aber das Pleißenwafser aus dem Mühl graben, das damals nicht entfernt so verunreinigt war wie unser heutiges Fluhwasser, in hinlänglicher Menge m der Stadt hatte, regte sich mit dem wachsenden Wohlstände der Bürger schaft nun doch wieder der Wunsch nach einer Quellwasserleitung. Im Jahre 1556, wo der Bürgermeister Hieronymus Lotter das Stadtregiment führte, wo das Rathhaus gebaut und dank dem kräftigen Zugreifen Lotters eine Menge Umgestaltungen und Verbesserungen in der städtischen Verwaltung ins Werk gesetzt wurden, bildete sich auch eine „Gewerkschaft" von „etlichen Rathsfreunden und Bürgern", 34 reiche Leute in der Stadt, an ihrer Spitze Lotter selbst, um von der. Funfenburg, dem Stötte- ritzer Berge und den Thongruben „ein stattlich Röhrwasser ihnen, ihren Häusern und darnach in Feuersnöthen dieser Stadt zum Besten hereinzuführen". Man richtete also, was in der Lage der Stadt und ihrer Umgebung seinen natürlichen Grund hatte, sein Augenmerk wieder auf dieselben Puncte wie um das Hahr 1500. Da dabei der älteren, über ein halbes Jahrhundert früher angelegten Leitung mit keinem Worte gedacht wird, so mag diese damals wohl schon verfallen und vergessen gewesen sein. Da bei der geplanten neuen Leitung nicht umgangen werden konnte, die im Preußerschen Besitz befindlichen, zum „Vorwerk bei der Thongruben" (Thonberg) gehörigen Felder zu «berühren, so ver pflichtete sich der Rath, der Besitzerin, der Witwe Wolf Preußers, das Wasser auch in ihr Gut zu leiten und ihr außer dem auf ihr Haus in der Petersstraße, solange sie darin wohnen würde, „zwei kleine Bier" zu geben. Im November 1557 be willigte der RathSherr Ernst Fachs, daß dirRöhrmrister des Raths auf seinen Gütern bei Stötteritz „einschlagen", Wasser suchen und es auch durch seine Felder führen sollten. Er bedang sich dafür aus, daß ihm das Wasser umsonst bis an sein Haus auf der Grimmischen Gasse geführt würde, doch wollte er, „was hernach in gemeiner Gewerkschaft angelegt werden wird" (den jährlichen Wasserzms) auch erlegen. Bei der Ausführung wurde u. a. im nächsten Jahre ein Quell angetroffen, den Fachs früher in seinen Milchtrog geleitet hatte, und auf den er nicht gern ver zichten wollte. Er gestattete aber doch, daß er „gleichsam durch eine Rösche gemeiner Stadt zu Gute" abgeführt werden sollte. Mit einem andern Besitzer in Stötteritz, dem Baumeister Anton Lindemann, kam aber der Rath wegen der Stötteritzer Brunnen und Quellen in einen Streit, der erst im October 1558 durch kurfürstliche Commissarien beigelegt wurde. Es wurde genau fest gesetzt, wie tief ein jeder graben, wie tief ein jeder seine Röhren sollte legen dürfen usw. Bei der Funkenburg gab es keine Schwierigkeiten, da der Rath das Gut 1558 von dem da maligen Besitzer, dem Bürgermeister Wolf Wiedemann, kaufte. Im Februar 1561, wo die neue Leitung fertig war, ließen die „Gewerken" sämmtlich das Wasser im Rathsbuch als Eigen- thum auf ihre Häuser' einschreiben. Im Ganzen hatten sie 3052 Gulden zur Herstellung des Werke» beigesteuert, wovon 663 Gulden übrig blieben. Dieser Rest der Bausumme wurde beim Rathe zinstragend angelegt, und aus den Zinsen sollte „ohne fernere Zulage der Gewerken" die Leitung in Gang erhalten werden. Zwei Mitglieder der Gewerkschaft sollten jedes Jahr die Aufsicht führen. Alle verpflichteten sich, den Ueber- fall ihre» Wassers „unter der Erden" abzuführen. Kein Gewerke sollte sein Wasser ganz oder zum Theil ohne Bewilligung des Raths verkaufen dürfen; ebenso sollt« das Wasser ohne Be willigung der Gewerkschaft an niemand weiter abgelassen werden. Um dieselbe Zeit traten aber auch 30 wohlhabende Bürger noch zu einer zweiten „Gewerkschaft" zusammen und steuerten jeder 100 Gulden bei, wofür ihnen der Rath eine zweite Wasser kunst an der Pleiße erbauen und ihnen das Pleißenwafser vor ihre Häuser führen ließ. Wohl im Hinblick darauf war neben Andreas Zahn 1557 noch ein zweiter Röhrmeister angestellt worden, Christoph Hofmann. Beiden wurde aufgetragen, „auf das neue Wasser Ächtung zu geben und aufzusehen, auch die Schlüssel zu der Theilung und Ständern zu haben". 1559 wurde aber Zahn entlassen, «weil er „zweimal ohne Erlaubnist über Feld gangen und die Kunst, daran in dieser itzigen Dürre gemeiner Stadt merklich gelegen, einem Jungen befohlen" hatte, sich auch mit dem andern Röhrmeister, Christoph, nicht vertragen konnte, und weil die Kunst mit einem neuen Meister aufs neu« angerichtet werden sollte. Dieser neue Meister war Jakob Günther aus Freiberg. Er wurde zunächst „auf Versuchen" an genommen, erhielt freie Herberge auf der Kunst und wöchentlich 1 Thaler. Im October 1563 wurde auch der Vertrag dieser zweiten „Gewerkschaft" dem Rathsbuch einverleibt. Auch hier wurde jedem Gewerken für seinen Beitrag die Leitung erblich verkauft. Für den Ueberschuß der Herstellungs kosten übernahm es der Rath, sie „in baulichem Wesen" zu er halten, doch lehnte er für Unfälle, wie Kriegsläufte, Feuers- nöthe, jede Verpflichtung ab. Sollte mit dem vorhandnen Ueber- schuh di: Leitung nicht erhalten werden können, behielt er sich vor, mit Vorwissen der Gewerken oder ihrer Besitznachfolger auf jeden Theil eine neue Anlage zu legen. Auch hier wurde den Besitzern zur Pflicht gemacht, die Ueberfälle im Winter in die „gemeinen Kasten" abzuführen, „damit das Eis gemeiner Bürgerschaft und den Durchreisenden nicht nachtheilig und beschwerlich" werde. Wer seinen Ueberfall nicht ohne Nachtheil wegbringrn könne, dem soll« das Wasser „in Zeit der Kälte abgeschlagen toerden". Keiner sollte sein Wasser ohne Bewilligung des Raths ganz oder theil- weise verkaufen. Diese neue Wasserkunst ebwies sich aber bald als unzweck mäßig. Es stellte sich heraus, daß die Leitung infolge der viel fachen Theilung viel zu erhalten kosten würde, auch wurde viel darüber geklagt, daß große Ungleichheit in der Vertheilung herrsche, und daß wegen der Ständer, die hie und da auf den Gassen gehalten werden müßten, „vielen Bürgern Sommerzeit am Licht (!) und Winterzeit am Eise Nachtheil und Be schwerung zugesügt worden". Daher ließ der Rath 1568, nach dem er die Kunstmeister und Werkleute darüber vernommen hatte, eine ganz neue Leitung legen, wodurch das Wasser „durch bequeme Weye, wie es zu Halle und in andern Städten auch angerichtet, nämlich daß in jeder Gassen nur eine Hauptröhre und die Theilung daraus einem jeden Getxerke^ in die Erden vor sein verwahrlich Gemach gelegt" wurde. Dadurch wurden eine große Anzahl Röhren erspart, die Ständer auf den Gassen beseitigt, unter den Gewerken Gleichheit gemacht und überdies so viel Wasser erspart, daß die Zahl der Gewerken noch um vier ver mehrt werden konnte. Bis zu Ende des 16. Jahrhunderts hören wir dann nichts weiter von der Wasserkunst, als daß der Rath 1597 nochmals anordnete, daß niemand sein Wasser ganz oder theilweise „ohne Begrüßung, Bewilligung und Nachlassung des Raths andern verkaufen oder zulommen lassen" dürfe „bei Ver lust des Wassers". Die neue, zweite Wasserkunst wurde die schwarze genannt, während die ältere die rothe hieß, beide wohl wegen ihres Farben anstrichs. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden nach einer handschriftlichen Beschreibung aus jener Zeit beide Wasserkünste durch je zivei Brunnen gespeist, Pleißenwasser nur noch im Nothfalle zu Hilfe genommen. In beiden Künsten wurde das Wasser durch je zwei Näder in die Höhe getrieben in kupferne Wannen, in der rothen 39s^, in der schwarzen WsH Ellen hoch. In der rothen Kunst fiel es dann In vier, in der schwarzen in drei Hauptröhrcn wieder herab und wurde nun in die Stadt geleitet. Don diesen, sieben Röhren — die man mit den sieben Planetenzeichen bezeichnet hatte — gingen fünf an der Südseite der Pleißenburg entlang nach dem Petersthor, zwei um di: West seite nach dein Thomaspförtchen. Eine von oen fünf ersten Röhren versorgte zugleich den „Wasserschah oder verborgenen Röhrkasten" auf dem Sperlingsberg (an der Ecke der Universitätsstraße und der Magazingasse). Im Ganzen nahmen damals 181 Häuser an der Leitung Theil, 75 mit einem „ganzen", 106 mit einem „halben Wasser". Beide Künste standen unter der Aufsicht zweier Beamten, des Röhrmeisters und des Kunstmeisters. Der Röhr meister batte die fünf nach dem Petersthore gebenden Röhren, der Kunstmcister die beiden übrigen zu beaufsichtigen. Die Quell wasserleitung an der Funkenburg war schon 1580 wieder ein gegangen! Wie alle Wasserleitungsröhren und auch die ältesten Brunnen gehäuse aus Holz waren, so waren auch die ältesten Röhrtröge große hlize-ne Kasten oder Bottiche. Die waren aber nicht sehr dauerhaft. 1529 heißt es, der Röhrkasten aus dem Ncumartt „gehe aus", und es müsse „viel Bauens" daran geschehen. Nun fei gerade ein Orgelmacher hier, der Melchior Lottern, dem Buchdrucker, sein Haus mit Blei gedeckt, auch ihm und andern etliche Wasserkasten mit Blei belegt habe. Da beschließt man, den Röhrkasten auch mit Blei auslegen zu lassen, uns Lotter wird u. a. beauftragt, einen Anschlag zu machen und die Aus führung zu überwachen. Vor allem müsse der Kasten „gehofelt" (gehobelt) werden, und wo er „böse" sei, „ausgebüßt" werden, „damit das Blei gleich anlege". Daher zog man den hölzernen Röhrtrögen bald steinerne vor. Als 1495 der Rath einen neuen Steinmetzen, Nickel, in seinen Dienst nahm, mit dem Versprechen, ihm im Sommer wöchent lich 18 Groschen und einem Gesellen 14, im Winter ihm selbst 15, einem Gesellen 11 Groschen zu geben, war seine erste Aufgabe, den Born auf dem Markte zu machen. Im Früh jahr 1535 wurde auch dem RathssteinmetzenHansPfretzschner ver dingt, einen steinernen Röhrkasten anzufertigen; wo, wird nicht gesagt. Der Rath ließ den Grund graben und ausmauern, „so weit bis die gehauen Steine angehen", Pfretzschner übernahm es für 250 Gulden, Den Boden, die Fassung „samt zweien Simsen, Tocken (Puppen, Figuren) und Tafeln" zu hauen und zu ver setzen. Auch sollte er dafür stehen, daß der Kasten „allent halben ganz und unwandelbar sei und Wasser halte". Blei, Eisen, Kitt u. a. wollte der Rath dazu geben. Vier Jahre später, 1539, wurde wieder die Anfertigung eines großen steinernen Röhrkastens, 16 Ellen lang, 12 Ellen breit und 5 Ellen tief, für 400 Gulden dem Dresdner Steinmetzen Werner vom Bruch ver dungen. Die Vertragsbedingungen waren ähnlich wie 1535. Der Steinmetz verpflichtete sich, die Steine auf seine Kosten auf der Elbe bis nach Torgau zu liefern und in Leipzig den Kasten zu versetzen und zu verkitten. Den Grund und das nöthige Blei und Eisen lieferte wieder der Rath. Da nach einer andern Nachricht in demselben Jahre der hölzerne Röhrkasten auf der Grimmischen Gasse durch einen steinernen ersetzt, dabei mit Er- laubniß des Paulinerklosters von der Straße in den Kloster kirchhof gerückt und nun dem Kloster auch von dieser Seite her die Wasserleitung bewilligt wurde, so war der neue Röhrkasten für den Paulinerkirchhof wohl der von dem Dresdner Steinmetzen gelieferte. Je mehr der Wohlstand der Stadt wuchs, desto mehr regte sich auch das Bedürfniß, den öffentlichen Brunnen eine künstle rische Gestalt zu geben. Schon bei dem Röhrtrog, den Pfretzschner 1535 fertigte, tritt das hervor. Doch ließ der Krämergeist, die Beschränktheit des künstlerischen Gesichtskreise» und der Mangel an künstlerischen Kräften, wie in dem Bauwesen der Stadt überhaupt, auch hier nichts Rechtes aufkomm«n. Das Bedeutendste, was geschaffen wurde, war der „Goldne Brunnen" auf dem Markte, den 1580 und 1581 der Rathssteinmetz Greger Richter fertigte. Er bestand aus einer von vier Säulen ge tragenen kleinen Halle mit vier Bogenöffnungen. Auf dem Sims stand über jeder der vier Säulen eine Kriegergestalt mit Helm, Panzer, Schild und Lanze, in der Mitte erhöht eine fünfte, lieber den Bogen waren in kleinen attikenartigen Auf sätzen abwechselnd das kurfürstliche und das Leipziger Wappen angebrach*. Der ganze Brunnen war vergoldet. G. W. Schloß Colditz und Schloß Rochlitz. Im Jahre 1692 ließ der kurfürstliche Bettmeister Gruhl zu Colditz einen Führer durch das Schloß Colditz erscheinen, in dem er schreibt: „Die Burg Colditz ist so alt, daß auch Niemand eigentlich weiß, wann ihre Erbauung den Anfang genommen hat." Das Wahrscheinlichste scheint zu sein, daß der tapfere Graf Wiprecht von Groitzsch zur Sicherung "des Muldenüberganges dessen Besitz er bei seinen häufigen Fehden bedurfte, das Schloß auf der Anhöhe unmittelbar über der Stadt erbaute. Aelter als das Schloß ist sicherlich die Stadt Colditz, denn der Bischof Dithmar von Merseburg berichtet, daß der im Jahre 1015 zu Leipzig verstorbene Bischof Egidius von Meißen befohlen habe, man solle ihn in Colditz begraben. Graf Wiprecht von Groitzsch erhielt Colditz 1080, man kann also annehmen, daß Schloß Col ditz kurz nach 1080 erbaut worden ist. Sein Umfang war damals noch geringer, denn es bestand nur aus dem jetzigen Hinteren Theile desselben. Eine Nachricht darüber, daß Wiprecht von Groitzsch das Schloß bewohnt habe, findet sich nicht, um 1157 kam das Schloß an den Kaiser, dieser belegte es mit einer Besatzung. Hunden Jahre später war Markgraf Albert II. Besitzer. Obwohl 1282 die Herrschaft Colditz an den Kaiser abgetreten wurde, blieben die Söhne Albcrt's II., Friedrich und Dietzmann, im Schlosse, sie räumten dasselbe erst am 13. März 1289. Im Jahre 1294 wurde es abermals durch kaiserliche Truppen besetzt. In den wechs eivollen Kämpfen Friedrich's undDietz- mann's mit dem Kaiser bildete Schloß Colditz für die Kaiserlichen stets einen sicheren Zufluchtsort. Der Anführer der Kai'erlichen, Graf Philipp von Nassau, gerieth in die Gefangen schaft der markgräflichen Brüder. Er wurde nach Schloß Roch litz gebracht, hier entwich er in der Nacht und kam glücklich zur kaiserlichen Besatzung auf Schloß Colditz, die ihn mit großem Jubel begrüßte. Nachdem 1309 die markgräflichen Truppen Altenburg erobert hatten, trug die kaiserliche Besatzung auf Schloß Colditz die Kapitulation an, in Folge «derselbuen kam es in die Gewalt des Markgrafen Friedrich von Meißen, erst 1394 jedoch kam es in den völligen Besitz der Markgrafen. Beim E i n- fallder Hussiten 1430 ward das Schloß genommen und völlig in Asche gelegt, 34 Jahre lang blieben di« Trümmer liegen, auf Veranlassung des Kurfürsten Ernst ward es wieder auf gebaut. In Folge eines Sturzes auf der Jagd bei Schweinitz starb Kurfürst Ernst, der Erbauer des Schlosses, in seinem Lieb- lingsfltze, dem Schlosse Colditz, am 26. August 1486. Eine abermalige Feuersbrunst legt« 1504 den größeren Th«il des Schlosses Colditz in Asche. Kurfürst Friedrich Der Weise war besorgt, daß die ausgebrannten Gemäuer vor läufig wieder mit Schrndeld abgedeckt wurden, 1506 begann dann der Aufbau, aus den Trümmern entstand nicht nur «in bedeutens erweitertes, sondern auch «in sehr schönes Schloß, das 1524 den großen Saal erhielt, der von den Nachfolgern gar prächtig aus geschmückt ward. Durch di« Fürsorge der Kurfürsten für das Colbitzer Schloß ward es das schönste und prächtigste im Lande. Besonders angezogen durch die schöne Lage fühlte sichVater August, auch der reiche Wildbestand in der Umgebung hatte es ihm angethan. Unter seiner Regi«rung wurde der Anfang zur Anlage eines größeren Thiergarten» gemacht, dem auch die späteren Kurfürsten eine besondere Fürsorge zuwandten. Kur fürst Christian I. erweitert« ihn durch Zukauf anlieg«nd«r Grund stück« bedeutend und ließ ihn mit einer Mauer umg«ben. Nack einer damaligen Ausmessung enthielt er 125 Acker. Innerhalb des Thiergartens entstanden bald verschiedene Bauten, die theils der Jagd, theils dem Luxus dienten. In einem der Teiche erhob sich, auf Rost gegründet, ein achteckiges Lusthaus; 1591 kam Kurfürst Christian zum letzten Male nach Colditz. Am 21. August kam er krank von ein«r Hirschjagd bei Ebersbach auf dem Schlosse an, er wurde nach Dresden gebracht, wo «r am 25. September starb. Eine bedeutende Erweiterung erfuhr der Thiergarten unter Kurfürst Johann Georg I., durch Zukauf ward sein bis heriger Bestand fast um di« Hälfte vergrößert und mit einer Mauer von 3600 Ellen Länge umgeben. Der Flächeninhalt des selben stieg nun auf 203 Acker und bildete ein längliches Viereck. Vier Thore waren in der umgebenden Mauer angebracht, bei jedem Thore war ein Thorhaus. Das schönst« Thor war das, das nach dem Dorfe Zschirla zu errichtet worden war, es war ganz aus Stein. Den Schlußstein des Thorbozens bildete das iurfurstliche Wappen, an dem rechts und links als Verzierung je ein aus Sandstein gehauener Hirsch lagerte. Die Inschrift lautete: Churfürst Johann Georg Hochgebohrn Hat diesen Orth darzu enohrn, Daß er soll ein Behältniß sehn Der Wilden Thier. Darzu die Stein So g'schwind sich eingestellet Han, Daß nur in w«nig Sommer Tagn Ein Mauer aufgewachsen schnell Bon dreh tausend Sechshundert Eli. Gott geb, daß sein Churfürstlich gnad So manche Stund', so manch«» Tag, So manches Jahr fröhlich verbring' So mancher Stein in diesem Ring D«r Mauer sich befinden thut. Gott halt den Held in seiner Hutt. Das Wild des Thiergartens ward gut gepflegt, der Bestand bezifferte sich auf 2—300 Stück, aller drei bis vier Jahre wurd« Das Juwel. Humoreske von Fritz Ernst. Nachdruck vnchoten. Der Herr Commerzienrath Seiler saß in seinem Privat comptoir, einer behaglich eingerichteten Klause, und sah die ein gelaufene Post durch. „Hurrah!" rief er plötzlich, ein Briefblatt wie eine Fahne über seinem Haupte schwenkend und im Aufspringen den Schreibsessel umwerfend — „Hurrah! Das ist eine famose Idee von dem Jungen! Doch ein Prachtkerl, hat seinen Dr. ius. glatt gemacht, sogar sehr früh gemacht, und der Erste, dem er es meldet, bin ich. — Nun freilich, ich bin ja gewisser maßen sein Vater, habe ihn ja erzogen von seinen ersten Geh versuchen an (in Herrn Seiler'» Stimme machte sich ein« schluchzende Rührung bemerkbar), von seinen ersten Gehversuchen an, bi» er die Hochschule bezog. — Ob er Herkommen darf, um mit seinem Vater — er schreibt doch Vater? — ja, Vater nennt er mich — um mit seinem Vater über seine Zukunft zu berathen und sich ein venia von den Anstrengungen de» Examen» zu er holen? Aber natürlich! Eiaentlich sollte er weniger lange ge fragt haben, sondern gleich selbst gekommen sein!^ Herr Geiler eilte zu dem neben seinem Schreibtisch an. gebrachten Sprachrohr, da» nach der unteren Etage führte. — ^Heinrich!" — „Herr Commerzienrath? — wa» wünschen Herr Commerzienrath?!" — „Komm mal sofort herauf, Du mußt ein Telegramm besorgen!" — „Jawohl, Herr Commerzienrath! Komme sofort, Herr Commerzienrath!" Zwei Minuten später trat Heinrich — Comptoirdiener und Universalfactotum — in da» Privatcomptoir. „Heinrich, Du mußt sofort und auf dem schnellsten Wege ein Telegramm an Rudolph besorgen." „An Rudolph, Herr Commerzienrath? Er hat doch man keine Dummheiten gemacht? I, denn soll'n doch gleich . . ." „Ach was, Dummheiten; seinen Doctor hat er gemacht und Herkommen will er." „'n Doctor, Herr Commerzienrath?! — Sehn Se, Herr Commerzienrath, hab' ich es nich immer gesagt, daß das 'n doller Junge is?! — Verzeihn Se man, Herr Commerzienrath, aber er is doch nu mal unser Junge; ich hab'n doch schon auf'n Armen getragen, al» er noch statts de Kehle de Windeln naß machte." „Gewiß, Heinrich, gewiß. Aber nun troll Dich; in zehn Minuten bist Du wieder hier, und inzwischen Mund gehalten, verstanden?" „Woll, Herr Commerzienrath, ich werde schweigen wie'n todter Moltke." Zehn Minuten später trat Heinrich wieder ein. — „Is be sorgt, Herr Commerzienrath, nu kann er kommen." „Na schön. Aber, Heinrich, wir sind eigentlich noch nicht so weit, day er kommen könnte; wo wollen wir ihn denn eigent- lich binsticken?« „Ach Gott, ja, Herr Commerzienrath, Se hab'n ia Neckt, Herr Commerzienrath! Na, da» t» man 'n« fatale Geschichte. — Wenn unser Rudolph nu 'n Mädchen wäre, oder Fräulein Bertha 'n junger Mann, denn könnten se zusammen in Fräulein Brrthan ihre Stube schlafen. — Ne, Herr Commerzienrath. hab' ich'» nich gleich gesagt, al» Herr Commerzienrath damal» die große Umänderung machten, die Wohnung für Herrn Com merzienrath wäre zu klein? 'n Zimmer für Herrn Tommerzien- rath, 'n Zimmer für Fräulein Bertha, un 'n Wohnzimmer, un 'n Eßzimmer — wie wollen Herr Commerzienrath denn da Leute beherbergen?! — Nu könn'n wir unsen Rudolph in» Hotel schicken, Herr Commerzienrath." „Ach was, davon kann keine Rede sein; wir müssen eben sehen, wie es einzurichten geht. — Na, hast Du denn keinen vernünftigen Einfall?" „Hm, Herr Commerzienrath, ich hätte woll einen, aber da» is man keiner!" „So, was ist's denn?" „Ja, ich wollte Herrn Commerzienrath Vorschlägen, daß Rudolph — Herrn Rudolph meine ich — in meine Bude unten Hausen könnte. Das Ding is hell und groß, geht direct nach de Treppe und stößt blos auf eine Seite an de Bureaus, ans Cassen- zimmer nämlich, un da iS de Thüre noch mit den großen Arn heim verstellt — wir hab'n ja, Gott sei Dank, 'n großen, Herr Commerzienrath." „Aber, alter Junge, die Idee ist ja großartig! — Sofort will ich „Nee, nee, Herr Commerzienrath, die Idee is eben keine, wie ich ja man gesagt habe, Herr Commerzienrath." „Nanu, Du wirst Dich doch nicht weigern, auf ein paar Wochen Deine Stube zu raumen?" „Herr Commerzienrath! Für unsen Rudolph?! — Jn'n Rinnstein will ich campiren, wenn'» nöthig i»! Aber die Sache hat'n Haken, Herr Commerzienrath, indem daß kein Ofen in die Bude i», und dadrum i» die Jlx» eben kein« Idee, Herr Commerzienrath." „Das ist doch aber eine Kleinigkeit. Wenn ich nicht irre, steht im Laffenraume an der Verbindungtmauer der Ofen." „Jawoll, Herr Commerzienrath, der steht." „Nun also! Wo ein Ofen ist, da ist doch gewöhnlich auch ein Schornstein. Du nimmst Dir sofort ei« Leiter, Hammer und Meißel und schlägst durch die Wand ein Loch, daß man ein Rohr Hindu rchführen kann. Ich meinerseits werde dafür sorgen, daß kvätesten« morgen früh ein hübscher, kleiner Füll ofen ausgestellt wird — mir ist da die Marke „Juwel* besonder» gerühmt worden —, und dann hat e» unser Rudolph, wenn er morgen Mittag kommt, so warm und mollig, al» er es sich nur irgend wünschen kann. — Natürlich werde ich heute noch die nöthigen Möbel kaufen." „Möbel kaufen?! Aber, Herr Commerzienrath, wir haben doch auf'n Boden noch so'ne Menge schöne Sachen, die damal» rauf gekommen sind, als Se damals hier die große Umkrempe- lung gemacht haben, Herr Commerzienrath, wo werden Se denn da neue kaufen, Herr Commerzienrath, die kommen nachher doch blos auf'n Boden." „Ja, lieber Heinrich, das wär« ganz schön. Aber wenn ich die Möbel vom Boden haben will, dann muh ich meiner Tochter, di« doch alle Schlüssel hat, sagen warum. Und da» will ich nicht, denn ick möchte gern« sehen, wa» Bertha für ein Gesicht macht, wenn sie Rudolph fo plötzlich sieht." „Ach so, Herr Commerzienrath, hm, hm, ich verstth« schon, Herr Commerzienrath." „Was, Du verstehst? Nun, einstweilen hast Du gar nicht» zu verstehen, und Dein schlaue» Grinsen kannst Du Dir auch sparen. — Hörst Du, Du verstehst nicht, und wenn Du plauderst, so sind wir geschiebene Leut«.* „Aber, Herr Commerzienrath, ich hin so stumm wie'n mari- nirter Hering." „Nun gut, und Du wirst dafür sorgen, daß, wenn die Möhel und der Ofen kommen, Alle» von der Hintrrgassr au» an Ort und Stell« gebracht wird." „Gewiß, Herr Commrrzienrath, wird Allen» brsorgi, Herr Commerzienrath." Der CommerIenrath und Conservenfabrikant Seiler saß auch am nächsten Vormittage mit hochzufries«n«r Miene in stimm Privatcomptoir, Er batte soeben di« Einrichtung des Zimmer», dal feinen geliebten Neffen und Pfleaesohn aufnehmen sollte, einer Inspektion unterzogen und gefunden, daß Alle» gut war.
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