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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010628020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901062802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901062802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-28
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Freitag den 28. Juni 1901. Anzeigen-PretS die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reclamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennache richten (6 gespalten) 5V H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 85 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung V0—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestelle» je ein halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 95. Jahrgang. —————, Der Krieg in Südafrika. Präsident Krüger ist, wie gemeldet, am Mittwoch in Rotterdam eingetroffen. Das körperliche Befinden macht, so schreibt man uns von dort, noch stets den Eindruck ungebeugter Kraft, der ehrwürdige Greis ruhte nicht einen Augenblick, auf den stundenlangen Rundfahrten für die stürmischen Ovationen der Bevölkerung zu danken, immer wieder lüftete die markige Hand den breitkrämpigen Cylinder- hut. Aber auf den Gemüthszustand Krüger's scheinen die Er eignisse der letzten Zeit -nicht ohne Einfluß geblieben zu sein, der Präsident ist wortkarg und nachdenklich. In der Begrüßungs- Rede auf dem Rathhause machte der Bürgermeister Jacob den Vergleich, daß die Erlangung der Unabhängigkeit auch den Niederlanden langen schweren Streit gekostet habe. Krüger er widerte sichtlich angestrengt, sein Vertrauen zu Gott, daß dieser seinem Lande die Freiheit geben werde, sei unerschütterlich, wohl sei der Kampf Hollands langwierig und blutig gewesen, aber Holland habe sich jederzeit im Lande selbst mit Pulver und Lebensmitteln versehen können, „cs habe inmitten der Fische ge- sessen", die Boeren müßten die Mittel zur Kriegführung erst dem Feinde abnehmen, „die Thore der Republik seien geschlossen". Die Fassung dieser Worte drängt den Eindruck auf, daß die Nachrichten, die dem Präsidenten in letzter Zeit vom Kriegs schauplätze zugebracht sind, seinen Muth eher abgeschwächt wie gestärkt haben. Ter Kostcnpunct. Man schreibt uns aus London unter dem 27. Juni: „Kriegskosten." — Dieses böse Wort läßt die Engländer all mählich gar nicht mehr schlafen, und nachdem gestern der Kriegs- Minister Brodrick im Parlamente auf Befragen erklären mußte, daß jetzt die wöchentlichen Kosten des südafrikanischen Feldzuges sich bereits auf Millionen Pfund Sterling belaufe«, er scheinen selbst in der Jingo-Presse und in den Regierungs blättern die bittersten Betrachtungen über die „Nothwendigkeit", den Staatssäckel so fürchterlich anstrengen zu müssen, und Alles nur, weil die Boeren obstinat sind und sich nicht übergeben wollen. — Dieser recht kindlichen Logik begegnet man fast überall und nur wenige liberale und radikale nennen das Kind beim rechten Namen und verlangen an Hand dieser riesigen Kostenrech nung von der Regierung aufs Neue eine Beendigung des Krieges a tout prix. Recht drastisch, oder vielmehr recht k.äglich erscheint der Versuch der Regierung, di« hohen Ausgaben durch die ge quälte Erklärung zu beschönigen, daß in dem genannten Betrage natürlich auch die großen Auslagen für die Boerenfamikien in den Concentrationslagern und für die Kriegsgefangenen auf St. Helena, Ceylon, in Indien u. s. w. einbegriffen seien. Das kann natürlich unmöglich ein Trost sein für die englischen Steuerzahler, und für die bereits murrenden und kciegsunlustigen breiteren Volksschichten bietet eine derartige Erklärung nur noch mehr Grund, nach dem Frieden zu verlangen, und wenn auch Großbritannien seinerseits einige der bisher so obstinat hochgehal tenen Bedingungen schließlich doch noch aufopfern müßte, um den Boeren mit ganz anderen Friedensvorschlägen, als wie bisher, zu kommen. Die englischen Proboeren und Anti-Jingos lassen sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen, die Erklärung des Herrn Brodrick nach Kräften auszunutzen und daraus für ihre Agi- tationszweckc glänzendes Capital zu schlagen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 28. Juni. Ucber eine angebliche neue Postvcrfügung weiß der „Dziennik Kujawski" Folgendes zu berichten: Die Postanstalt zu Jnowrazlaw weise sowohl Paciete wie auch einge schriebene Briefe zurück, deren Bestimmungsort in der Adresse sowohl deutsch wie polnisch niedergeschrieben sei. Die „internationale" Post gehe in ihrem Chauvinismus sogar so weit, daß sie die Sendungen nicht einmal zur Beförderung annehme, wenn die polnische Ortsbezeichnung von dem Absender selbst durchgestrichcn worden sei. Eine hierauf bezügliche mündliche Beschwerde im Bureau der Jnowrazlawer Postdirection sei ohne Erfolg geblieben. Der Bescheid habe vielmehr gelautet: Nach einer neuen Verfügung dürfe man solche Sendungen nicht annehmen. Auf privatem Wege will der Berichterstatter des „Dziennik Kujawski" erfahren haben, daß jene Verfügung erst Vor acht Tagen in Jnowrazlaw eingetroffcn sei. Laut derselben dürften die Postbeamten die erwähnten Sendungen unter An drohung von Strafen zur Beförderung nicht annehmen. Die polnische Angabe des Standes des Adressaten sei ebenfalls verboten, so daß nur noch die Ansprache „Wiolirco^uz'" in Gnaden zugelassen sei. Offenbar beruhen die Mittheilungen des genannten polnischen Blattes auf Uebcrtreibungen. Es läßt sich aus denselben nur entnehmen, daß das Postamt Jnowrazlaw polnische Aufschriften auf Postsendungen nicht mehr duldet. Inwieweit es dazu von seiner oberen Behörde ermächtigt ist, be darf der Aufklärung. Denn von einer allgemeinen Verfügung, welche die von dem früheren Staatssekretär v. Podbielski gemachten bedauerlichen Zugeständnisse hinsichtlich der polnischen Aufschriften aufhebt, ist noch nichts bekannt geworden; aber man erwartet sie wohl allgemein von dem nemn Staatssekretär K r a e t k e. Die Errich t u n g von Arbeitcrkammcrn war in dieser Woche Gegenstand der Erörterung in dir Württem berg i s ch e n Kammer. Tie deutsche Partei, das Centrum und die Socialdemokraten sind in dem Wunsche nach Errichtung von Arbeiterkammern so ziemlich einig; nur in der Art.und Weise der Bildung und Zusammensetzung der verlangten Arbeiterkammern weichen die drei Parteien von einander ab. Die deutsche Partei (Nationalliberalen) verlangt reine Arbeitecvertretungen und hat den Antrag eingebracht, die württembergische Regierung aufzufordern, beim Bundesrath für die Einbringung eines Reichsgesetzes zu wirken, welches di: Errichtung -von Arbeiterkammern als staatlich organisirter Vertretungskörper des gewerblichen Lohnarbeiterstandes ins Auge faßt. Der Abgeord nete Dn. Hieber konnte sich bei Begründung dieses Antrages auf seine Parteifreunde im Reichstage, die Abgeordneten Frhrn. v. Heyl und Bassermann, berufen, die im Reichstage ähnliche Anträge gestellt haben. Abgeordneter Hieber erkannte auch das Vorgehen der Socialdemokraten in dieser Frage zustimmend an; es zeige sich hier bei ihnen der gute Wille an positiver Mitarbeit und liefere den Beweis, daß sie das Vertrauen zum Staate der Gegenwart nöch nicht. verloren hätten. Der württembergische Minister des Innern, Herr v. Pischek. zeigte sich als ent schiedener Freund der Arbeiterkammern, ließ es aber dahingestellt, ob die württembergische Regierung in dieser Frage die Initiative ergreifen werde oder nicht. Sein Ausspruch lautete: „Wir werden die Arbeiterkammern entweder vom Reich erhalten oder gar nich t." Sämmtliche Anträge der drei Parteien auf Er richtung von Arbeiterkammern sind einer Commission überwiesen worden. Wenn diese, was sehr wahrscheinlich ist, sich nicht einigt, so wird natürlich auch die Regierung die Initiative nicht er greifen; und wen» eine Einigung erfolgt und in Folge dessen ö7e Regierung beim Bundesrathe für die Einbringung eines Reichs ¬ gesetzes wirkt, so ist es noch sehr fraglich, ob dieses Wirken von Erlolg sein wird. Es ist überhaupt ziemlich zwecklos, wenn eine einzelstaatliche Volksvertretung mit solchen Angelegenheiten sich befaßt. Zu den badischen LandtagSwahlcn erfährt man, daß di- von^dem Heißsporn Wacker ausgegebene Parole: in jedem Falle gegen die Nativnalliberaleu zu stimmen und sich zu ihrer Bekämpfung auch mit den Socialdemokraten zu verbinden, nicht überall in "badischen Centrumstreisen Anklang zu finden schöne. Wenigstens werden Stimmen laut, welch« «in Zu sammengehen mit den Liberalen empfehlen, uni den Socialdemo kraten und den Demokraten die Mandate für Karlsruhe zu ent reißen; nur müsse die liberale Partei bei Auswahl ihrer Candidaten insoweit Rücksicht auf das Centrum nehmen, daß diesem die Unterstützung nicht erschwert oder ganz unmöglich ge macht werde. Da nun für Karlsruhe bereits zwei nationalliberale Candidaten namhaft gemacht, allerdings aber noch nicht endgiliig festgestellt worden sind, so gewinnt "das scheinbare Entgegen kommen des Centrums — soweit wir dies aus der Ferne zu beurtheilen vermögen — das Gepräge einer sehr schlau angelegten Taktik: einmal, Uneinigkeit in die Reihen der Liberalen zu bringen, wenn sie sich für die jetzt vorgeschlagenen oder für die dem Centrum genehmen Candidaten entscheiden, und dann, falls das Erstere geschieht, einen bequemen Vorwand zu haben, mit den Socialdemokraten, Ivie ja Wacker die Parole ausgab, gegen dic Liberalen zu stimmen. Der Wettbewerb deutscher und englischer Handels- und Verkehrsgesellschaften im Paiigtscgcvict erfährt eine sachgemäße und für Deutschland günstige Beurtkeilung in einem Interview, das ein nach sechs jähriger Thätigkeit im Dienste der chinesischen Zollbehörden nach Europa zurückgekehrter Engländer mit einem Vertreter des „Reu- ter'schcu Bureaus" hatte. Zunächst treten seine Ausführungen entschieden der in England weit verbreiteten Auffassung entgegen, daß das Mngtsegebiet dem britischen Machtbereich an gehöre, und wenden sich dann den gegenwärtig dort herrschenden Verhältnissen zu. „Das Uangtsegebiet", so führt er aus, „kann keineswegs als ein gegenwärtiger oder zukünftiger Bestandtheil des britische» Machtbereiches bezeichnet werden, man müßte denn eine solche Bezeichnung aus dem Grunde für annehmbar erachten, weil gegenwärtig noch der englische Hansel die führende Stelle einnimmt. Aber gerade hier macht sich das Wachsen des deutschen Einflusses außerordentlich fühlbar. Während des letzten Sommers bauten die Deutschen vier eigens für den Flußverkehr bestimmte und in ihren Abmessungen diesem Zwecke angepaßte Dampfschiffe, und es liegt in der Absicht der deutschen Gesell schaften, die Anzahl dieser Sckiffe so zu vermehren, daß ein regelmäßiger Dampferverkehr stromauf- und stromabwärts zwischen Hankau und Shanghai aufrecht erhalten werden kann. Damit treten die Deutschen in Wettbewerb mit den beiden bereits bestehenden englischen und einer chinesischen Flußrhedereigesell schaft, die bisher den Verkehr auf dem ?)angtse vermittelten.' Neber den Antbeil Englanvs und Deutschlands an dem Gesammt- handel des Nangtsegebietes, der übrigens in Folg« der poli tischen Unruhen in Schautung und Tschüs und in Folge der außergewöhnlichen Trockenheit der kleineren Flußgebiete im letzten Jahre erhebliche Einbuße erlitten hat, äußerte sich der englische Kenner der Verhältnisse mit großer Anerkennung des deutschen Fleißes und des deutschen Unternehmungsgeistes und schloß sein: Ausführungen mit den Worten: „Es besteht kein Zweifel, daß Englands Handel augenblicklich die erste Stelle einnimmt, aber ebenso sicher ist es, daß die Deutschen uns ganz dicht auf den Fersen sind." Deutsches Reich. 6. H. Berlin, 27. Juni. Die socialdemo irakische Bergarbeiterbewegung in Rheinland - West fale n , die noch zu Beginn des Frühjahrs so hohe Wellen warf, fängt an, abzuflauen. Die Löhne der Knappen weisen in der letzten Zeit eine mehr fallende als steigende Tendenz auf, und mit dem Wachsen des Verbandes, der Streiklust gewisser Agitatoren ist es vorbei. Die Beiträge zum Verbände laufen spärlicher ein und die Herren Möller, Schroeder und Genossen sehen mit trüben Mienen in die Zukunft. Die starke Organisation, mit der man später den entscheidendsten Schlag, den Generalstreik, unter nehmen zu können wähnte, kommt ins Wanken. „Man hat nicht Agitatoren genug, es fehlt an Kräften, die für den Verband thätig sein können", rufen jetzt die Macher aus und tragen sich daher mit der Idee, Lehrcurse zu errichten, Agitatoren schulen im Kleinen, in denen die Verbandsgenossen mit den nöthigen Kenntnissen ausgerüstet werden sollen. Ferner plant man, Massenversammlungen der Bergleute zu veranstalten, in denen die Arbeiterentlassungen, die Reducirung der Arbeiterlöhne u. s. w. besprochen werden sollen. Natürlich trägt die „Divi dendenschluckerei der Zechenbesitzer und Großaktionäre" nach den Behauptungen der Schroeder und Genossen ganz allein die Schuld an allen Nebeln, und daher gilt es, die Bergleute in den Versammlungen gegen die „Ausbeuter" scharf zu machen. Eine dieser Massenversammlungen ist für nächsten Sonntag in Essen geplant. Aber die Möller und Schroeder mögen noch so sechr Hetzen: es geht nicht mehr vorwärts und alle Massenversamm lungen und Lehrcurse werden das langsame Abbröckeln von dem Verbände nicht aufhalten können. Wie überall in der social- dcmokratischen Bewegung ein Abflauen eingetretcn ist, so auch im Bergarbeiterverbande. Für unsere jetzt so schwer ringende Industrie ist das insofern ein Lichtblick, als es die Besorgnisse vor neuen wirthschaftlichen Kämpfen der Bergarbeiter zerstreut. * Berlin- 27. Juni. (Berechnung der ReichS- stempelabgabe von Wett auöweisen.) Anläßlich einiger an den BimdeSratb gelangten Beschwerden ist von dessen zuständigen Ausschüssen die Frage geprüft worden, ob bei der Berechnung der Rcicksstcmpelabgabe von Wettausweisen Abzüge, die im Falle des Gewinns von dem Wettenden an den Unternehmer oder dessen Beauftragten zu zahlen sind, unberücksichtigt zu bleiben haben oder ob solche Abzüge, wie dieses von Len königl. sächsischen Steuerbehörden geschieht, der Besteuerung zu unterwerfen sind. Der Münchener „Allg. Ztg." wird hierüber geschrieben: Nach Ansicht der betreffenden Ausschüsse stellen sich derartige Abzüge lediglich als eine Kürzung der Gewinnbeträge dar, nicht aber als eine Erhöhung des Preises der Loose, ähnlich wie die» bei Len Staatslotterien der deutschen Bundesstaaten der Fall ist. Als Zahlung für den Erwerb eines Looses oder Ans- weises seien im Sinne der Ausführnngsbestimmungen zum Gesetz ohne Zweifel nur solche anzusehen, die von vorn herein für jedes einzelne Stück der Loose oder Ausweise unterschiedslos und ohne Rücksicht auf einen etwa auf das betreffende Stück entfallenden Gewinn fest bestimmt sind. dkidernfallS würde eine weder mit dem Wortlaut noch mit der Absicht des Gesetzes zu vereinbarende verschiedene Behandlung in der Versteuerung der Loose oder Ausweise eintreten. Der Uni- stand, daß der Gewinnabzug in den die Beschwerden veranlassen den Fällen nicht schon durch den ausländischen Wettunternehmer in welchem Fall ein Zweifel über die Auslegung überhaupt nicht hätte entstehen können, sondern erst durch den inländischen Ber»' mittler erfolgt sei, könne für die Höhe der Steuer nach Lage des Gesetzes nicht von Bedeutung lein. Auf Grund dieser Erwägungen Feurlletsn. Die am 1. Juli neu eintretenden Abonnenten erhalten auf Wunsch den Anfang des Romans „Rechtsanwalt Loh- maun" von unserer Expedition kostenfrei nachgeliesert. Rechtsanwalt Lohmann. üs - Roman von Rudolf Jura. N-chtrnck »erboten. IV. Am andern Morgen thei'lte der Rechtsanwalt das Frühstück mit seinem freiwilligen Gefangenen und ging dann mit ihm zu sammen in die Kanzlei, so «daß ihm kein« Möglichkeit gelassen war, mit dem diebischen Dieirstmädchsn in Verbindung zu treten. Ursprünglich hatte er die Absicht gehabt, sofort dem Staats anwalt Römer seinen wahlbegründeten Verpacht gegen das Dienstmädchen seiner Schwägerin mitzutheilen. Aber er besann sich noch auf den ausdrücklich geäußerten Wunsch ber Frau Doctor, die Diebstahlssach« einstweilen privatim zu behandeln, und so beschloß er, zum Mindesten vorher mit ihr darüber Rück sprache zu nehmen. Als daher die für diesen Zweck schickliche Zeit der Vormiktags- besuche gekommen war, macht« er sich mit dem Brillantring in der Tasche nach der Avalbertstraße auf und hielt auch «ine weitere Beaufsichtigung Born's nicht mehr für nöthiz, da dieser ja un möglich vor ihm in 'der Villa sein konnte, um seine Mitschuldig« etwa zu warnen. Diesmal öffnete ihm Frau Doctor Römer nicht selbst, als «r um zwölf Uhr die Glock« zu ihrer Wohnung zog, sondern in der Thür erschien mit wirrem .Haar und angstvoll verzerrten Zügen das vervächtige Dienstmädchen, welches ihm gestern auf dem Tanzboden in der Toilette ihrer Herrin begegnet war. Auf seine Frage nach der gnädigen Frau antwortete sic nur mit einem verständnißlosen Achselzucken. Dabei starrten ihn ihre grauen Augen so verstört an, und ihr ganzes Wesen war offen bar in so unheimlicher Aufregung, daß sich dem Rechtsanwalt die ahnungsvolle Vermuthung eines Unglücks aufdrängte. „Wenn di« gnädige Frau noch nichr zu sprechen ist, so werde ich -warten. Aber sprechen muß ich sie unbedingt! Ich hab« seh, wichtige Mitthrilungen für sie. Also wollen Sie mich ihr, Sitte, melden! „Die gnädige Frau ist niemals vor zehn Uhr zu sprechen!" „Alle Teufel, jetzt ist es aber schon zwölf Uhr! In welcher Zeit leben Sie denn, Fräulein? Sie haben, wohl von Ihrem nächtlichen Tanzvergnügen etwas spät ausgeschlafen und die Uhren vergessen aufzuziehen? Also, bitte, ein wenig rasch! Sagen Sic der Frau Doctor, daß ich da bin, Rechtsanwalt Loh mann, und lassen Sie mich nicht länger hier in der Thüre stehen." Jetzt erst trat das Mädchen unwillkürlich etwas beiseite, ließ ihn eintreten und sah ihn mit sinnendem Ausdruck an. Beim Hören seines Namens war sie nachdenklich zusammengezuckt, als ob ihr eine Erinnerung aus längst vergangener Zeit vorschwebe, di« sie nicht mehr ganz zu ergreifen im Stande war. Als sic ihn aber jetzt genauer betrachtete, fiel ihr die Begegnung in der ver gangenen Nacht ein, und sie rief lebhaft mit einem gewissen kind lich freudigen Ausdruck: „Ja, Sie kenne ich. Sic waren heut« Nacht auch da, als ich zu Emil kommen mußte." „Ich verbitte mir Ihre vertraulichen Bemerkungen und Ge ständnisse", rief der Rechtsanwalt, dem bei diesem sonderbaren Benehmen die Geduld zu reißen begann. „Thun Sie jetzt end lich Ihre Pflicht und melden Sie mich der gnädigen Frau." „Ich -wekde Sie auf die Schiefertafel schreiben", antwortet: das Mädchen mechanisch und nickte mit dem Kopf. „Was? Auf die Schiefertafel?" „Ja, ja!" fuhr sie eifrig fori. „So muß ich's immer machen, wenn Jemand kommt." „Herr Gott im Himmel, lassen Sie mich doch mit diesem Ge schwätz zufrieden und antworten Sie mir einmal vernünftig: Ist die Frau Doctor zu .Hause oder nicht?" „Ich ... ich weiß nicht", antwortete sie wieder in ihrem sonderbar unsicheren Tone und sah sich in ängstlicher Rathlosig- kit ringsum. „Jetzt hab' ich Ihr albernes Gefasel satt", rief der Rechts anwalt in Hellem Zorn. „Hier ist irgend etwas geschehen, was Sie mir verbergen wollen. Lassen Sie mich vorbei. Ich ver schaffe mir selbst Zutritt." Er klopfte an das Empfangszimmer der Frau Doctor. Nie mand antwortete. Er trat ein und fand alle Zimmer in bester Ordnung, aber in keinem die Frau Doctor Römer. „Wann ist denn die Frau Doctor ausgegangen?" „Ich weiß nichts." „Bringen Sie wich nicht zur Verzweiflung mlk Ihrem ewigen „Ich weiß nichts". Sie machen sich übrigens dadurch nur um so verdächtiger. Daß Sie der Frau Doctor diesen Ring gestohlen haben, ist bereits erwiesen. Sie sind aber offenbar auch Mit wisserin von irgend etwas Schrecklichem, was heute Morgen hier geschehen ist. Sie waren doch vorhin ganz außer sich vor Auf regung. Also was ist oorzefallen?" Von Neuem verfiel das Mädchen in ein angstvolles Zittern. „Ich kann den Bries nickt finden", schluchzte sie. „Was für einen Brief?" „Den Brief, «den ich des Morgens nehmen muß. Ach bitte, bester Herr, geben Sie mir den Brief. Helfen Sie mir doch suchen!" „Von der gnädigen Frau?" „Natürlich!" antwortete sic und führte ihn am der Hand in das Schlafzimmer. „Sehen Sie, hier auf dem -s-chrerbtisch hat er gelegen. Ich weiß es genau! Und jetzt ist er fort! Uno ich muß ihn doch haben. Ich muß! Ich muß!" In einem Tone so tödtlicher Verzweiflung rief sie diese Worte, daß sich der Rechtsanwalt von herzlichem Mitleid gerührt fühlt«. „Was ist's denn mit dem Briefe?" „Ich muß ihn doch lesen!" versetzte sie und schien verwundert, daß es dieser selbstverständlichen Erklärung überhaupt bedurfte. „Ist der Brief denn so eilig, und betrifft er eine so wichtige Sache?" Sie wiederholte nur immer: „Ich muß ihn lesen. Ich muß!" und blickte ihn dabei mit Lugen an so starr und groß, i-ic die eines abgehetzten Wildes. Bei dem Anblick ihrer Verzweiflung kam idem Rechtsanwalt jetzt die Vermuthung, es mit einer Irrsinnigen zu thun zu haben, oder doch mit einer Person, die durch einen Schreck oder sonst «ine plötzliche Gemüthsbcwegung augenblicklich der vollen Herrschaft über ihren Geist beraubt war. Er beschloß daher, einstweilen nicht weiter mit Fragen in sie zu dringen, sondern ihr erst Zeit zu lassen, sich zu beruhigen. Immerhin hielt er es für seine Pflicht, den ihm wohlbekannten Verwandten der Frau Doctor im Erdgeschoß von seinem Wissen und seinen Vermuthungen Mittheilung zu machen. Der Staats anwalt selbst war dienstlich abwesend. Aber sein« Frau em pfing ihn, und er erzählte ihr in aller Kürze den Diebstahl des Brillantringes, den sie auch, als er ihn vorzeigle, sofort als ihrer Schwägerin gehörig erkannte. Auch von den früheren kleinen Geldoiebstählen berichtete er und schloß mit der Frage, wo die Frau Doctor zu finden sei. In ihrer Wohnung habe er sie nicht angetroffen, und das Mädchen wolle oder könne über ihren Verbleib nichts angeben. Sie sei in einer sinnlosen Aufregung und schreie ganz verzweifelt nach einem Briefe der Frau Doctor, den si« nicht findrn könne. Die Frau Staatsanwalt zeigte sich zuerst sehr verwundert, daß die Aufwartung zur Mittagsstunde noch kn ber Wohnung ihrer Schwägerin sei. „Sonst", sagte si«, „ist sie immer nur in dm frühen Morgen stunden bis gegen zehn Uhr im Haus«. Die übrige Zeit behilft sich mein« Schwägerin selbst." „So?" fragte der Rechtsanwalt verwundert, „Sie wissen also genau, daß das rothhaarige Mädchen nur des Morgens für ein paar Stunden zur Aufwartung kommt uns des Nachts nicht im Hause schläft?" „Freilich weiß ich das. Sonst hätte sie doch mein Mann als Hausbewohnerin polizeilich anmelden müssen. Er hat m«ine Schwägerin ausdrücklich deshalb befragt!" „Hm! Als ich die freche Person aber heute Nacht in dem neuen Costüm der Frau Doctor auf einem Tanzboden erwischte, da hat sie sich dreist als das Dienstmädchen Ihrer Frocu Schwägerin ausgegeben!" „Dann hat sie wohl rmommiren wollen. Uebrigms kann ich ja einmal mit ihr reden und sie fragen, was es mit dem Bries meiner Schwägerin für eine Bewandtniß hat. Kommen Sie!" Während sie mit dem Rechtsanwalt die Treppe hinaufstieg, blieb sie plötzlich stehen und fragte erschrocken: „Sie glauben doch nicht etwa, daß ihr ein Unglück zuge stoßen ist?" „Ich hoffe es nickt, gnädige Frau." „Jetzt besinne ich mich. Sic sprach gestern davon, einen Besuch bei der Frau Superintendent machen zu wollen. Wenn sic das gethan hat, wird sie ihre Besuchstoilette angelegt haben. Ich werde ihren Kleiderschrank mustern und mir daraus wohl Sicherheit oder doch Vermuthung verschaffen können, wo sie hingegangen ist." Aber nach eingehender Prüfung des Kleiderschrankes rief die Frau Staatsanwalt plötzlich erstaunt: „Meine Schwägerin ist überhaupt nicht ausgegangen. Sie muß zu Hause sein. Alle ihre Kleidungsstücke befinden sich ja hier. Auch kein Hut fehlt." „Aber wir sehen sic doch nicht", rief der Rechtsanwalt un gläubig, indem er mit der Frau Staatsanwalt unruhig von Zimmer zu Zimmer ging. „Gleichviel! Wir werden sie sehen, wenn wir suchen. Unbe kleidet kann sie unmöglich auf die Straße gegangen sein, so sonderbar ihre Gewohnheiten mitunter sind. Aer im Schlaf zimmer ist sie auch nicht. Aber dort auf dem Nachttisch liegen Uhr und Geldtäschchen. Und sehen Sie, da im Wohnzimmer auf dem Schreibtisch liegt in der grünen Muschel ihr große» Schlüsselbund, und die kleinen Schlüssel stecken am Schubfach. Die hätte sie doch sicher zu sich gesteckt, wenn sie ausgeganaen wäre! — — Fräulein, Fräulein! Haben Sie denn meme Schwägerin heute Morgen überhaupt gesehen?" Das Mädchen antwortet« nicht. Sie lag schluchzend auf dem
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