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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.11.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189911189
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18991118
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18991118
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-18
- Monat1899-11
- Jahr1899
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 18.11.1899
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184 Crßhler an der G!be Bellrtr. Gratlsüeilage„Riesaer TaorAatt" » Riesa, den 18. November 18SS Nr. 4«. SS. Jahrg. s Emst. Bürger. Hebbel Wrack »ab vertag w« Laag« L MnterNch de Riesa. — Mr dir Redaktion vaantwottlich: Hermann Schmidt in Meso. Latz Dtr'S nicht zu Herzen gehen, Wie man von Dir denkt und spricht. Wenn die Bestem Dich verstehen, Kümm're Dich die Menge nicht. BerMumdung wächst, wenn man sie werden läßt, Bo sie sich rtngeolftet, sitzt sie sest. Shakespeare. „Mein Entschluß ist gefaßt. Ich wende mich nun an Dich, als ihren gesetzlichen Bormund, mit der Bitte, um sie werben zu dürfen. Giebst Tu mir diese Erlaubniß?" Der General versuchte noch einmal, seinen Neffen zur Vernunft zu bringen; als dieser jedoch hartnäckig auf sei nem Willen bestand, gab er schließlich mit der Bemerkung nach, daß er jede Verantwortung für die daraus ent stehenden Folgen ein für allemal ablehne. Wasil schlenderte nach seiner Wohnung zurück und gab den Auftrag, sofort sein Pferd zu satteln. Er redete sich ein, daß er, um sich zu beruhigen, ein wenig Bewegung machen müsse, doch wechselte er sorgfältig die Toilette und lenkte seinen Rappen — ob zufällig oder absichtlich, wer vermag das zu ergründen? — auf den Weg, der nach dem Schloß Ziedlin führte. Nach einem einstündigen, schar fen Ritt befand er sich in dem Walde, der das Schloß um gab. Er lenkte von der Fahrstraße auf einen schmalen Pfad ab, der sich zwischen einer Reihe alter Bäume dahin schlängelte. Wasil wollte sich nicht eingestehen, daß ihn der Wunsch, Gräfin Marie wiederzusehen, hierhergetriebcn, daß er für die Möglichkeit einer Begegnung mit ihr gern sein Pferd oder seinen Lieblingshund geopfert haben würde, aber das Glück begünstigte ihn. An einer Biegung des Wald weges sah er sich plötzlich Marie gegenüber. Tie Gräfin saß ebenfalls zu Pferde und hielt die Zügel eines mit einem Herrensattel versehenen zweiten Pferdes in ihrer kleinen, kräftigen Hand. Ihre Aufmerksamkeit wurde voll ständig von Ladislaus in Anspruch genommen, der in einer kleinen Entfernung sich vergebens bemühte, ein Hünd chen im Waldbach zu baden. Tie Geschwister fanden die Lage sehr komisch und amüsirten sich Prächtig über die Halsstarrigkeit des Pin schers, der durchaus nicht ins Wasser wollte. Ter Wald hallte von ihrem lustigen Gelächter wieder. „Es nützt nichts, Maruschka, er ist so eigensinnig nnd dumm wie ein —" Hier hielt er plötzlich inne, denn er hatte die Uniform Wasils durch die Bäume schimmern sehen und konnte daher unmöglich sagen: „wie ein Russe." Ladislaus war mit 'einem Satz bei seiner Schwester. Kalte und würdevolle Ver beugungen wurden gewechselt. Es entstand eine Peinliche Pause. Ter Oberst fühlte wohl, daß das Geschwisterpaar erwarte, er werde ruhig weiter reiten. Das lag aber durchaus niu> in seiner Absicht. Er war nicht der Mann, sich eine günstige Gelegenheit entschlüpfen zu lassen. Höflich näherte er sich der Gräfin, die ihre käl teste Miene aufsetzte, und erkundigte sich, wie ihr der Ball bekommen. Sie antwortete ebenso höflich, aber kurz. Ladis laus machte sich am Steigbügel seines Pferdes zu schaffen und musterte dabei verstohlen den Russen, der ihm mit jedem B ick besser gefiel. Sein Gesicht wurde immer freund licher. Ladislaus war jung genug, um sich von der tadel losen Haltung und dein vornehmen Wesen Wasils bestechen zu lassen, der wie angegossen auf seinem Vollblutrappen saß. Seine Bewunderung wuchs mit jeder Minute, er vermochte den Oberst beim besten Willen nicht zu hassen, trotzdem jener ein Russe war. Er wunderte sich über seine Schwester, die wie eine Marmorstatue im Sattel saß und Woronzoffs Fragen mit eisiger Kälte beantwortete. Wo» klagst Du denn ob dieses LebenS kost, Wa« doch vergeht, als ob eS Schaum gewesen? Bedenke nur, wie bald Dein Ende nah', Und ist eS da, ist Alles Traum gewesen. Wer damit ansüngk, daß er Allen traut, Wird damit enden, dost er einen Jeden Für einen Schurken hält. „Marie, Sie sind grausam! Wagen Sie es, mich solcher Äreuelthaten zu verdächtig n?" „Weitz ich's denn, ob ich Ihnen trauen kann?" er.t- gegnehe sie leise. Er sah sie an und empfand tiefes Mit leid mit ihr, denn ihr Gesicht drückte hoffnungslose Ver zweiflung aus. Alle Greulichsten, die seine Landsleute an den Polen jemals veriU schienen sich als Scheidewand zwischen ihm und Marie , erheben, und er liebte sie doch aufrichtig. Er nahm seine Handschuhe vom Tisch und sagte ruhig . „Leben Sie wohl, Gräfin." „Wo gehen Sie hin? Ich habe mich verratyen. Um dcZ Himmels willen, nur nicht zur Polizei." „Beruhigen Sie sich! Ich bin, so unglaublich es Ihnen auch erscheinen mag, Offizier und Ehrenmann, aber kein Spion. Ich habe durchaus nicht die Absicht, Sie anzuzei gen. Was ich Ihnen übelnehme, ist, daß Sie mir all das nicht früher gesagt, sondern erst heute, wo .'S schon zu spät ist." „Werden Sie nicht zurückkommen?" fragte sie ver wirrt. „O doch, wenn Sie gelernt haben werden, mir ein wenig zn vertrauen. Ich habe nach Ihrem Besitz gestrebt, Marie, aber was nützt es, da Sie mich verachten? „Ich zweifle nicht an Ihrem Gehorsam, aber ich ver lange von meinem Weibe etwas mehr als Gehorsam. Ich werde Sorge tragen, daß Niemand Sie belästigt. Noch einmal, leben Sie wohl!" Er zögerte einen Augenblick, in der Hoffnung, daß sie ihn zurückhalten oder ein Wort des Bedauerns sprechen werde. Aber sie that es nicht. Er verneigte sich tief und verließ das Gemach. Einige Minuten später hörte Marie den dumpfen Hufschlag seines Pferdes. Sie erhob sich und zog heftig an der Klingel. „Warneford, Sie brauchen heute kein Tiner zu ser- Viren," sagte sie dem alten eintretenden Diener. „Der Oberst ist nach Büdnitz geritten, er kommt heute nicht mehr zurück und ich habe keinen Hunger." ' Sie nahm ein Buch vom Tische und begann zu lesen, aber trotzdem sie sich selbst beweisen wollte, wie wenig die Ereignisse des heutigen Tages sie erregt hatten, konnte sie sich nur zur Aufmerksamkeit zwingen. Die Buchstaben tanzten ihr vor den Augen und sie sah nur Wasils verletzte Miene, als er sie verließ. „Mein Gott, wenn ich nur wagen könnte, ihm zu glauben!" stöhnte sie und warf das Buch wieder auf den Tisch. Mittlerweile machte Woronzoff den neugierigen Ka meraden seinen Standpunkt klar. „Mein lieber Freund, ich habe erzielt, was ich erzielen wollte, erklärte er Platoff, „ich habe über den unaussteh lichen Baruschkin gesiegt. Aber Du irrst Dich, wenn Du glaubst, daß ich mich jetzt in Ziedlin einsperren werde. Es wäre zu langweilig, und ich will nicht, daß wir einander früher überdrinfig werden, als cs unbedingt nothwendig ist. Mein Weibchen ist vernünftiger als Du glaubst." Denk- und Sinnsprüche. Slug zu reden ist est schwer, -la« zu schweigen meist noch mehr. Bodensted'. Mäfin Leßczynska. jVon Harriet BuFley Autorisirtc Bearbeitung^von^B erth a^K a t s ch e r. (Fortsetzung.)) „Meinst Du? Und Baruschkin ist in diesem Falle das Unvermeidliche?" fragte Wasil ruhig, schenkte sich sein Glas voll und trank cs auf einen Zug aus. Bis zu diesem Augenblick war cs ihm ferngelegen, sich durch eine Heirath „rangiren" zu wollen. Er hatte das auch gar nicht nöthig, gehörten doch die Woronzoffs zu den reichsten und ange sehensten Familien des Landes. Er war auch kein Schür zenheld, aber der Gedanke blitzte ihm durchs Gehirn, daß die Gräfin Leßczynska mit ihren feuchten, violetten Augen, den blassen sammtweichen Wangen des Versuches, sie zu gewinnen, eher Werth sei, als irgend eine der Damen, die er bisher kennen gelernt. Er hielt es für eine Schmach, daß der alte, verlebte, unausstehliche Polizeichef ein so interressantes Geschöpf, das wie sein Onkel sagte, aus Eis und Feuer zusammengesetzt sei, heimführen sollte. Nein, die Leßczynska verdiente ein poetischeres Loos. „Ich hoffe, daß Tu, falls ein angenehmerer Bewerber ihres Ranges, der ein Russe, sich meldet, ihm den Vorzug geben wirst," sagte Wasil lauernd. „Das ist sicher!" „Nun denn, dann melde ich mich selbst." „Du?! Zum Teufel, Junge, hast Du den Verstand ver loren?" rief der General und ließ vor Schreck seine Zigarre fallen. „Ich muß Dich aufmerksam machen, daß Gräfin Marie, obgleich wir sie hier eine „Erbin" nennen, gar nicht so reich ist. Ein altes Familienschloß, das von einigen fünf zig Meilen Wald umgeben ist, zwanzigtausend Francs Jahreseinkommen, das ist Alles, was sie besitzt. Graf Ladislaus hat genau so viel, Du kannst besser wählen, Wasil!" „Ich bin in der glücklichen Lage, nicht auf Geld sehen zu müssen," entgegnete der Oberst trocken. „Man kann nie zu reich sein. Marie Leßczynskas Be- sitzthum ist nicht einträglich. Ihre Mutter, eine Englän derin, soll wohl sehr reich gewesen sein, scheint aber dem polnischen Aufstand ihr Vermögen geopfert zu haben. Neberlege Dir die Geschichte genau, bevor Tu entscheidende Schritte unternimmst." Ter hübsche Oberst überlegte nicht lange. Seine leb hafte Phantasie spiegelte ihm unablässig das Bild der Komtesse vor, und da jeder Mann gerne die Rolle eines Pygmalion spielt, glaubte sich Wasil berufen, diese pol nische Galathea zur Liebe zu erwecken. Er hatte ihre kalten Augen voll Haß aufblitzen sehen und folgerte daraus, daß sie wohl auch im «lande sein würden, eine heftige Leiden schaft wiederzuspiegeln. Welcher Thciumph für einen Rus sen, das Herz einer Leßczynska zu erobern! „Diesen polnischen Weibern darf man nie trauen," grollte sein Onkel. „Ter Himmel weiß, in welche Fallen sie Dich locken wird. Sie sind wie Treibsand — ehe man sich versieht, ftea. man drin. Nimm Dich in acht, Junge! Tn planst einen sehr gewagten Schritt!" Woronzoff wußte das. Er war trotz seiner äußerlichen Ruhe ein sehr impulsiver Mensch und handelte stets nach momentanen Eingebungen, daher antwortete er: .Warum haben Sie mir das nicht früher erzählt?" ,Sie haben mich nie nach meinen Herzensangelegen heiten gefragr, Obrrsr Woronzoff!" entgegnete sie einfach. „Und Sie liebten ihn, Marie?" „M.c ganzer Seele!" rief sie. . Aber Sie werden ihn vergessen?" „Nie, nie! Ich liebe ihn mehr denn je. Er kann mich picht enttäuschen, die Tobren ändern sich nicht!" „Wie konnten Sie es mit dieser Liebe im Herzen wagen Mich z heirathen?" „Blieb mir denn eine Wahl?" entgegnete sie traurig. -Ich mutzte Einen nehmen — Sie oder Baruschkin und ich dachte — es thut mir leid, wenn es Sie verdrießt — U. datz Sieini chmur Haven wollen, weil ich Halbwegs reich und L. Hübsch bin. Der Polizerchef wußte un. meins Verlobung «nd machte sich nichts daraus. Ich dachte, Sie wüßten es auch. Sie thun mir wirklich leid!" ,Leid? Mit Recht, denn — ich liebe Sie, Marie!" „Zürnen Sie mir nicht!" bat sie mit hoffnungsloser Traurigkeit. ,Lch werde mein Möglichstes thun. Ich wollte, - -Ich hätte es früher gewußt! Ich dachte, es sei gleich, welchen khpehme und — ich haßte Baruschkin. Ich weiß, er hätte Mm mir verlangt, daß ich ihm Alles sage. Glauben Sie M Mir, Woronzoff, ich werde meinen Schwur, den ich Ihnen M Vor dem Altar geleistet, treu erfüllen und Ihnen in allem R' gehorchen, wenn Sie nur das nicht von mir verlangen —" .Mas?" „Daß ich Ladislaus ausspionire. Ich kann es nicht! s Ich kann eS wahrhaftig nicht!" Woronzoff grub in sprachlosem Zorn seine Sporen in U den Boden. „Können Cie mir wirklich nicht ein klein wenig Ber- s traue» schenk«, Marie? Sie beurtheilen mich sehr falsch. Welchen Grund habe ich Ihnen gegeben, so schmählich über mich zu denken und mir solche Gemeinheiten zuzu- k muthen?" „Sie sind ein Russe," entgegnete sie geringschätzig. ' »Jbr wägt wohl untereinander ehrenhast sein, aber gegen : uns Polen seid Ihr Alle falsch. Ein russischer Offizier lichte eine sehr schöne polnische Dame. Er versprach Ihr, ihrem Gatten die Freiheit zu verschaffen, wenn sie ihm c Vertrauen schenk' - u.d ihr Gatte wurde trotzdem nach M' Sibirien verschult, lind dann die Geschichte von Stanis- l lauS Radetzki. Ein Offizier und mehrere Soldaten quar- tirten sich in seinem Hause ein. Der verdächtige Radetzki war in einer geheimen Kammer versteckt. Der Offizier, 5 ein halber Kncbe noch, schien so freundlich und gut. Er Welte mit den Kindern des armen Radetzki„,Lerstecken" und eines Tages vertraute ihm eines derselben an, daß der Baler besser als irgend ein Kind „Verstecken" spielen Wane, denn er habe eine Wand geöffnet und sei hineingc- lrochen. Sie schleppten den armen Menschen heraus und ki verschickten ihn entweder nach Sibirien oder steckten ihn tu irgend ein Gefängnis; — gehört hat Niemand mehr von
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