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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.09.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010924027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901092402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901092402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-09
- Tag1901-09-24
- Monat1901-09
- Jahr1901
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Die Moraeu-AuSaabe erscheint um '/,? Uhr, di« Sbeud-SuSgabe Wochentag» um 6 Uhr. tzkdactto« und Lrprditton: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Bah» vorn». O. Klemm'» Gorki» UmversitStSstraße S (Pouliuum), Söul» Lösche, Katharine, str. Ich psrr. und Kvuigvplatz 7. Nr. «. Abend-Ausgabe. UchMtr TaMM Anzeiger. Ämtsötatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Nolizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen »Preis die 6gespaltene Petitzeile LS H. Neelame» unter dem Redactiou»strich (4 gespaUen) 78 vor deu Familiennach» richten (-gespalten) 50 L,. Dabellarischer und Ztffernsatz entspreche»* höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Offertenaonahme L5 (rxcl. Porto). Extra »Beilagen (gesalzt), uur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.-. Aunahmeschluß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-AaSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei deu Filialen uud Annahmestellen je «1« halbe Stunde früher. Anzeigen stad stet» an di« Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag vou L. Pol» « Leipzig. Dienstag den 24. September 1901. 95. Jahrgang, Der Krieg in Südafrika. Erhebung in der Capcolonie. Der „Daily Expreß" veröffentlicht eine Correspondenz aus Capstadt vom 4. September, m der es heißt, es sei nutzlos, die Thatsache zu verheimlichen, daß das holländische Ele ment in der Capcolonie in Revolte ist. Milner, so bemerkt der Correspondent, hat jetzt zu entscheiden, ob in dec ganzen Capcolonie das Kriegsgesetz proclamirt werden soll oder nicht. Die Beziehungen zwischen dem Gouverneur und den Militärbehörden einerseits und dem Cap-Ministerium anderer seits sind gespannt. Diese Spannung ist auch auf andere Weise zu bemerken. Die Stadtwache von Capstadt hat Be fehl erhalten, ihre Magazingewehre und Munition abzuliefern. Officiell wird erklärt, diese Waffen würden an der Front ge braucht, gleichviel, wo die Front sein mag. Die Stadtwache soll statt der Magazingewehre Martini-Henry-Gewehre erhalten und sie ist darüber sehr unzufrieden. Es herrscht die Ansicht, daß jetzt, da die Rebellion sich ausbreitet, die Militärbehörde nicht wünscht, daß moderne Gewehre in Händen von Leuten sind, die vielleicht nicht loyal sind. Jsolirte Boerenabtheilungen be finden sich südlich von Worcester und in Stellenbosch steht eine Macht unter Waffen, da ein Angriff er wartet wird. Bei Worcester fand vereinzeltes Schießen statt und 25 englische Meilen von Mossel Bay wurde eine Depu tation, die sich zur Begrüßung des Herzogs von Cornwall nach Capstadt begeben hatte, auf der Heimkehr nach Oudtshoorn von einer Abtheilung von Schee pers' Commando ge fangen genommen. Die Wagen und Pferde wurden der Deputation abgenommen, die Deputation selbst aber, unter deren Mitgliedern sich der Bürgermeister von Oudtshoorn und der Abgeordnete des Bezirks befanden, wurde freigelassen. Die Eisenbahn zwischen Paar! und Worcester muß jetzt von ge panzerten Zügen patrouillirt werden. * London, 23. September. Die Blätter melden aus Cap- stadt: Der Kreuzer „Barracouta" ist in SimonStown ein- getroffen; alle verfügbaren Mannschaften von seiner Besatzung werden in den Bertheidigungswerkeu zumSchutze der Mossel- Bay Verwendung finden. Der Kreuzer „Gibraltar" wird in der nächsten Woche erwartet. * London, 24. September. (Amtlich.) Von der Colonne Gongh werden nach dem Gefecht vom 17. September 230 Mann vermißt. * Ladysmith, 23. September. Die Bahnlinie am Paarde- kop ist von den Boeren beschädigt werden. 10 Wagen sind ent gleist, 6 Mann und 30 Pferde umgekommen. * Bermuda, 23. September. Drei Boeren, darunter ein Neffe Jonbert'S, sind in der Nacht vom 20. September aus dem hiesigen Gefangenenlager geflohen. Sie gelangten nach einem unwegsamen, dicht bewaldeten Gebiet. Sie sind noch nicht ergriffen. (Wiederholt.) Politische Tagesschau. * Leipzig, 24. September. Auf dem Grabe des zweiten deutschen Reichskanzlers, des Grafen Caprivi, sollen dieser Tage zahlreiche Lorbeerkränze niedergelegt worden sein; auf den Schleifen des einen dieser Kränze sollen mit goldener Schrift die Worte stehen: „Dem Begründer des Zweibundcs". Diese Meldung ist wahrscheinlich nur ein boshafter Witz, aber sie könnte richtig sein. Giebt es doch Blätter — einige wenigstens —, die aus dem Verlaufe des ZarcnbcsucheS t» Frankreich das Recht und die Pflicht herleiten, dem Nachfolger des Fürsten Bismarck ein Loblied zu singen, weil er durch die Nichterneuerung des von seinem Vorgänger abgeschlossenen „Rückversicherungsvertrages" mit Rußland Anlaß zur Gründung des Zweibundes gegeben habe, der sich nun als fester Hort des Weltfriedens erweise und speciell für Deutschland nur Nutzen und leinen Schaden gebracht habe. Daß dieses Loblied nicht ein Todter, sondern ein Leben der vernehmen und angenehm empfinden soll, liegt auf der flachen Hand. Trotz dieses löblichen Zwecks aber kann man den Sängern den Vorwurf nicht ersparen, daß ihre Beweismittel keiner schärferen Prüfung Stand halten. So soll zunächst-die Annäherung Frankreichs an Rußland die Wiederherstel lung des Bündnisses der West Mächte außer ordentlich erschwert haben. In Wirklichkeit haben colonial politische Gegensätze die Wiederherstellung dieses Bündnisses schon lange Zeit vor jener Annäherung erschwert. Letztere soll zweitens der „jungen Seemacht Deutschland" geholfen haben, ihre Beziehungen zu Großbritannien in einer nutzbringenden Weise zu entwickeln. Das kann sicherlich von dem Momente, in dem die Annäherung Frankreichs an Ruß land sich vollzog, im Hinblick auf den Zanzibar-Vertrag nicht behauptet werden; und wenn in späteren Jahren zwischen Deutschland und Großbritannien wirklich Uebereinkünfte zu Stande gekommen sein sollten, die für Deutschland Vortheil hafter wären, so wären dafür, abgesehen von dem südafrika nischen Kriege in der letzten Zeit, doch mehr die sich günstiger gestaltenden Beziehungen Deutschlands zu Rußland als der französisch-russische Zweibund als solcher von Einfluß gewesen. Endlich wird geltend gemacht, Italien habe gegenüber dem französisch-russischen Einvernehmen, das hinsichtlich des Mittel meeres sicherlich nicht die Erhaltung des bestehenden Zustandes auf ewige Zeiten bezwecke, gar nicht anders gekonnt, als sich eine diplomatische Stütze bei einer Macht zu suchen, die am mittel ländischen Meere keine den italienischen entgegengesetzten Inter essen habe. In Wirklichkeit hat Italien geraume Zeit vor der Entstehung des Zweibundes eine derartige diplomatische Stütze gegen Frankreich sich verschafft, indem es bereits 1883 dem deutsch-österreichischen Bündnisse beitrat. Was endlich die Be hauptung anbelangt, daß Rußland gerade im Bunde mit Frankreich besonders geeignet sei, französische Revanchegedankcn nicht zur That werden zu lassen, so sollte es doch dem einfachsten Verstände einleuchten, daß ein mit Frankreich nicht verbündetes, aber mit Deutschland eng befreundetes Rußland hierzu min destens mit dem gleichen Gewicht in der Lage wäre. Ucbrigens ist cs noch sehr fraglich, ob der Lobgesang auf den Zweibund und seinen unfreiwilligen Begründer an der Stelle, auf die er berechnet ist, so einwirkt, wie er soll. Es giebt wenigstens recht unterrichtete Leute, die behaupten, die Nichterneucrung des „Rückversicherungsvertrages" sei später als schwerer Fehler er kannt worden und habe mehr als einen vergeblichen Versuch nöthig gemacht, bevor der Eindruck dieses Fehlers in Rußland verwischt worden sei. Und an derartige Versuche läßt sich Nie mand gern erinnern. Seit dem Tag von Osnabrück beschäftigen sich die ultra montanen Blätter, voran die „Köln. Volksztg.", mit dem Plan, einen „Apologetischen Verein", eine Art Gegenstück zum „Evangelischen Bund", ins Leben zu rufen, in dem die hervor ragendsten katholischen Capaciläten vertreten sein sollen und der der wissenschasllichen Vertheidigung des ultramontaneu Systems gewidmet sein soll. Graf Hoensbroech macht nun in der „Tägl. Rundschau" darauf aufmerksam, daß eine ehrliche katholische Apologetik zuerst in den Hauptwerken ihrer eigenen wissen schaftlichen Größen gründlich säubern müßte. Er schreibt: „Höchstes wissenschaftliches Ansehen genießt innerhalb der ultramontanen Welt das „Kirchenlexicon", ein m vielen Bänden erscheinendes Werk, dessen Herausgeber Cardinal Hergenrother war und jetzt, nach dessen Tode, der Bonner UniversiiätSproscssor Dr. Kaulen ist, dessen Mitarbeiter die bedeutendsten ultramontanen Gelehrten Deutschlands sind. Da liest man z. V. in dem Artikel „Loreto" (VIII, l45 ff.): Das genannte heilige Haus von Loreto (Loreto ist bekanntlich der berühmteste katholische Wahlfahrtsort; das Ziel der Pilger aus allen Weltweiten ist daS dort befindliche Haus, in welchem Christus seine Jugendjahre zu Nazareth verlebt hat) wurde nach höchst glaub- würdigen Zeugnissen in der Nacht vom 9. aus den 10. Mai 1291 durch Engel von Palästina nach Dalmatien über- tragen, und an einem Ort, der Rannitza heißt, zwischen Jer- salo und Fiume, niedergelassen. Nicht lange jedoch sollte sich Dal- matien dieses HeiligthumS freuen. Schon nach drei Jahren und sieben Monaten wanderte das heilige HauS hinüber über das Adriatische Meer in daS picenische Gebiet und ließ sich in der Nacht des 10. December 1294 in der Nähe der Stadt Recanati in einem Lorbccrhaine nieder, welcher einer frommen Matrone Laureta ge- hörte, woher der Name lauretanisches Haus und Loreto. Bei der Ankunft des heiligen Hauses, welches Hirten über das Meer schweben sahen, beugten sich die Bäume ehrfurchtsvoll.... Nach allem dürfen wir mit dem ältesten und ausführlichsten Geschickt- schreibe! des Hauses von Loreto, dem Jesuiten Horatius Tursellinus, sagen: „An einer so sehr bezeugten und erforschten Sache kann nur Ter zweifeln, welcher entweder an der Macht und Vorsehung Gottes zweifeln oder den menschlichen Glauben aus der Welt verbannen will." " Diese „wissenschaftliche Leistung" ist so ungeheuerlich, daß ihr gegenüber selbst ein Katholik, der Tübinger Theologie professor Funk, zu schreiben sich gezwungen sieht: „lieber das Haus von Loreto berichtet das Kirchenlexikon ganz in der krassen Weise, in der die Legende die Sache erzählt. Es ist beschämend für uns deutsche Katholiken, daß unser ency- klopädisches Hauptwerk am Ende des 19. Jahrhunderts eine derartige Darstellung bietet, und es gereicht dem Leiter des Unternehmens nicht zur Ehre, daß er eine solche Arbeit ausnahm. Ein Satz, wie er im Kirchenlexikon steht: „Das hl. Haus von Loreto hat in der Reihe der Jahrhunderte alle Proben sowohl des geschichtlichen Nach- weises als der wissenschaftlichen Untersuchung durchaus bestanden", ist ein Frevel an der Wahrheit." (Theologische Quartal- schrist 1901, IH, 472 f.). Dazu bemerkt Graf HoenSbroech: „Solche „Frevel an der Wahrheit" finden sich im Kirchenlexikon und in den übrigen ultramontancn „Hauptwerken" zu Hunderten. Sie finden sich überall dort, wo cS heißt, der Wahrheit die Ehre geben. Wie gesagt: hier eröffnet sich ein weites Feld für ehrliche, wissenschaftliche Apologetik. Aber dies Feld wird brach liegen bleiben und daS Unkraut ultramontaner Geschichtslügen wird nach wie vor üppig und verderblich auf ihm sortwuchern. In seinem Programm bekennt sich daS genannte Kirchenlexikon zur „kirchlichen Correctheit". Diesem Puncte des Programms ist eS treu geblieben, doch auf Kosten der religiösen wie der geschicht lichen Wahrheit. Die „kirchliche Correctheit" ist die Klippe, an der jede ultramontanc Apologetik, wenn sie wahrhaftig sein will, scheitern muß; denn „kirchliche Correctheit" ist gleichbedeutend mit Unwissenschastlichkeit und Unwahrhaftig- keit." — Das ist vollständig zutreffend. Um so weniger ver stehen wir eö, daß Graf Hoensbroech die Gründung eines „Apologetischen Vereins", statt sie zu begrüßen, fürchtet und die Besorgniß hegt, der Verein werde den Erfolg haben: „die geschichtlichen und religiösen Unwahrheiten, auf denen das ultramontane System ruht, auf» Neue zu be- estigen und sie dem irregeleiteten katholischen Volke als lautere Wahrheiten hinzustellen." Es giebt — Graf Hoensbroech weiß dies aus eigenster Erfahrung — viele Hunverttausende von Katholiken, die keine Ahnung davon haben, welche „Frevel an der Wahrheit" im „Kirchenlexikon" und den übrigen ultramontanen „Haupt werken" sich finden. Ein „Apologetischer Verein" wird nun, besonders wenn Kenner dieser Frevel ihre Schuldigkeit thun, gar nicht umhin können, den Versuch einer Beschönigung solcher Frevel zu machen. Dadurch werden diese jenen vielen Hunderttausenden erst bekannt. Schon daS ist ein Gewinn, der nicht unterschätzt werden darf. Und wenn nun auch nicht gerade zahlreiche katholische Theologen von der Art deS Prof. Funk sich finden werden, die solchen Beschönigungsversuchen offen entgegentreten, so wird eS doch gebildete Laien genug geben, die solche Versuche als Beleidigung empfinden. Bisher meinten solche Männer, wenn ihnen Haarstraubende Stellen aus dem „Kirchenlexikon" und anderen ultramontanen „Haupt werken" vorgehalten wurden, das wären antiquirte Dinge, die man heute nur aus Bosheit aufwärmte. Kommt nun aber ein „Apologetischer Verein" mit dem Versuche, jene vermeint lich längst überwundenen Lehren als „ewige Wahrheiten" einzu schmeicheln, so kann das gar keinen anderen Erfolg haben, als eine Förderung der „Los von Rom-Bewegung" gerade in solchen Kreisen, deren Verlust die Vereinsgründer am allermeisten zu befürchten haben. Und das werden diese Gründer auch nicht vermeiden können, daß ihre Schriften in evangelische Kreise dringen und diesen Gelegenheit geben, nicht nur ihr Urtheil über daS „Kirchenlexikon", das be fremdlicher Weise von der „Christlichen Welt" als „trefflich" bezeichnet wird, und über andere ultramontane „Hauptwerke" zu berichtigen, sondern auch die allerneuesten Schriften zur Vertheidigung des ultramontanen Systems scharf unter die Loupe zu nehmen. Und auch davon darf man eine gute Folge erwarten. Schon daS wird zu begrüßen sein, wenn die Gelehrten des „Apologetischen Vereins" durch eine „wissen schaftliche" Vertheidigung deS ultramontanen Systems ein blendendes Licht auf den Sinn und die Zwecke des klerikalen „Toleranz-Antrages" werfen. Der socialdemokratische französische Han-elSminister ist im Begriff, den mannigfachen unliebsamen Ueberraschungen, die er seit Uebernahme seines Ressorts seinen Gesinnungsgenossen und gläubigen Anhängern bereitet hat, eine neue zuzufügen. Wie eine französische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen meldet, werden auf Veranlassung des Handelsministers gegen wärtig Vorbereitungen getroffen, um von Seiten der Regierung Maßnahmen gegen den drohenden Generalausstand der Gruben arbeiter in die Wege zu leiten, wie sie in solcher Schärfe und solchem Umfange von keinem der Vorgänger des Herrn Mille rand angestrebt worden sind. In der Voraussicht, daß die Proclamirung des von den Vertretern der Arbeitersyndicate für den 1. October d. I. in Aussicht gestellten Generalstreiks thatsächlich erfolgen könne, läßt die Regierung seit einiger Zeit durch die in den Minenbetrieben angestellten Ingenieure über die Förderungsverhältnisse der einzelnen Gruben und über die Thunlichkeit einer Einschränkung des Betriebes Erhebungen an stellen. Ein Fragebogen, der allen Angestellten der Minengesell schaften vorgelegt werden soll, enthält an einleitender Stelle die Mitteilung, daß die Proclamation eines Generalausstandes durch die Arbeitersyndicate beabsichtigt sei, daß aber in An betracht der von den Directionen in Uebereinstimmung mit den Fririlletsn. Themis im Gebirge. Etvei Erzählungen aus dem Allgäu vonArthurAchleitner. Naidirua v«rbclc». Jetzt begriff der Sepp: „Ah so, wohl! Sell wär' aber fein!" „Ausreden lassen! Mit der einen Maßregel ist noch nichts von Belang erreicht. Du mußt Baargeld bekommen, damit Du die Crawattelmacher abschutteln kannst. Ich werde mich bemühen, etliche tausend Mark für Dich von der Hypothekenbank gegenSicherstellung im Cataster zu erhalten. Mit diesem Geld zahlst die drückendsten Schulden weg und bekommst auf diese Weise etwas Luft. Des Weiteren jagst Du sellen Knecht Franzi auf der Stell' vom Hof, auch die Mägde, die nicht saubere Händ' haben . . ." „Ja, da steh' ich erst recht dumm da, jetzt, wo es Anbau zeit ist?!" „Die Diebe mußt aus 'm Haus haben. Lieber baust dies mal nicht an. Und dann schau Dich um eine brave, ehrliche Häuserin. . „Die Lern!" schrie der Müller auf und ward flammendroth im Gesicht. „Das ist Deine Sach'! Ich sag' Dir nur so viel: Dein Treubruch an der Leni rächt sich bitter an Dir, Du verdienst es nicht anders, als Dir geschehen ist. Schau, daß Du auf gleich kommst mit dem braven Madel! Darfst schon gehörig bitten, wenn sie Dir verzeihen soll. Und jetzt gehst heim und haltest reinen Mund, verstanden! Kommt die Pfändungscommiflion, mach' keinen Muckser, es darf Niemand wissen um den verein barten Handel, sonst nützt cs nichts! Adieu!" Sepp stammelte innigen Dank und wollte dem Retter seiner Existenz die Hand küssen. Jetzt ward der Rentamtmann aber grob und hieß den Müller die Stube augenblicklich verlassen. Heimgekehrt, wagte es Sepp doch nicht, den Auftrag Vr. Bergmaier's bezüglich des Schaffers sogleich durch Ent lassung zu vollführen. Im Gegentheil zeigte er sich verschüchtert, als Franz! erzählte, es wäre während seiner und des Müllers Ab wesenheit ein Gendarm im Gehöft erschienen. „Was wollte der bei uns?" fragte der Müller. » . »Das mußt wohl Du wissen, ich hab' die Gendarm' nicht zu fürchten. Die Cilli hat gesagt, der Schandi (Spottname für Gendarm) hätt' blos einmal nachschauen wollen, er ist aber dann gleich wieder fortgegangen." So unschuldig sich Sepp fühlte, die Angst, abermals zum Gericht geführt zu werden, ließ ihn nimmer los, der Müller ver lor alle Energie und vergaß der Ermahnungen des Amtmannes. Tags darauf hatte eine der Dirnen am Anger vor dem Ge höft zu thun, und plötzlich stürmte sie in's Haus mit der Alarm nachricht, daß vom Dorf her eine ganze Commission komme, es wäre Einer mit einer Dienstmütze auf 'm Kopf dabei. Verdattert stöhnte der Müller: „Jesses, eine Commission!" Im Hause fing ein Gepolter an, ritsch, ratsch, sauste der Franz! die Treppe herunter, riß vom Nagel der Flurwand einen Hut weg, stülpte diesen auf den Schädel und sprang aus dem Hause, in wuchtigen Sähen dem Bergwalde zu, und verschwand. „Was hat denn der Franzl?" schrie überrascht die Dirn. Als die Commission im Gehöft erschien und deren Führer dem Müller erklärte, daß im Auftrage des Rentamtes Pfändung des lebenden und tobten Inventars vorgenommen werden müsse, erinnerte sich Sepp der Worte des Amtmannes, nur vermocht: er sich die Flucht des Knechtes nicht zu deuten. Nach mehreren Stunden war das Pfändungsgeschäft voll zogen und das lange Protokoll fertiggestellt. Eindringlich wurde der Müller belehrt, daß nunmehr nichts veräußert, nichrs vom Anwesen weggeführt oder getragen werdcn dürfe. Mit offenem Munde hatten die Mägde diese Erklärung an gehört, der Befehl aber, daß nichts weggetragen werden dürfe, brachte Leben in die Dirnen, die mit großem Stimmaufwand protestirten und ihrerseits erklärten, ihr Hab und Gut nicht pfänden zu lassen. Wiewohl der Commissionsleiter versicherte, daß davon ohnehin keine Rede sei, die Mägde, mit Ausnahme Cilli's blieben dabei; sie erklärten, auf einem gepfändeten Hofe, wo es außerdem nicht richtig sei, nicht mehr bleiben zu wollen, und forderten ihren Lohn und sofortige Entlassung. Bald nach Abgang der Pfändungscommission verließen die Dirnen den Hof, zeternd über die Unverschämtheit des ver dächtigen Müllers, der in einem ihm selbst unerklärlichen Anfall von Energie vor Auszahlung der Löhne die Koffer der Dirnen durchsucht und verschiedene Gegenstände, darunter Linnen, Zinn geschirre u. s. W. als ihm gehörig und gestohlen confiscirt hatte, Die Drohung mit der Gendarmerie beschleunigte den Abzug der diebischen Mägde. Sepp athmete auf, als das Gehöft von diesem Gesindel befreit war, und gedachte dankbar der Lehren des Amtmannes. Die Sache ging wider Erwarten gut, nur die Flucht Franzl's vor der Pfändüngscommission bleibt dem Müller unverständlich. Es hieß nun, mit der Cilli Hausen so schlecht es geht, und ver suchen, auf irgend eine Weise Personal aufzutreiben oder einen Pächter für die Wiesen- und Feldführung zu finden. Darüber vergingen aber einige Wochen, es kam die schöne Zeit des Alpauftriebes. Sepp ist daran mit seinen paar Kühen nicht betheiligt, dafür erinnerte ihn der Almbezug an die Er mahnung des Rentbeamten, mit der Leni wieder „auf gleich" zu kommen. „Die Leni, ja, oh, der Gang ist hart!" flüsterte Sepp und blickte hinauf zum lenzverklärten Gebirg, wo er die verlassene Geliebte als Sennerin wußte. Ein Zagen erfüllte das Herz, ein Zittern überfiel den stämmigen und doch so unentschlossenen Mann. Wie wird, wie muß die Leni sein Bitten und Flehen auf nehmen? Wenn sie ihm das Almthürl vor der Nase zuwirft, ihn mit Schimpf und Schande davonjagt, hat sie vollkommen Recht. „Ich bin ein gemeiner Kerl gewesen!" flüsterte Sepp vor sich hin, „mir geschieht ganz recht, ich verdien' es nicht besser. Aber so elend z' Grund gehen . . .!" Ein thaufrischer, herrlicher Morgen brach an, die lachenden Sonnenstrahlen lockten den Müller früh ins Freie, der Lenzzauber übte seine Allgewalt auf das Gemüth. „Ich probir's!" rief er, griff nach Hut und Bergstock, sagte der überraschten Cilli, sie solle gut Haus halten, er gehe zur Alm. Und weg war er. In seinem Leben ist Sepp noch nicht, selbst zu Zeiten der selig machenden jungenLiebe nicht, so schnell angestiegen; nach kaum zwei Stunden stand er im Almboden der Hinteralm, aber nun versagte der Blasbalg, die Lunge forderte Schonung und wollte Luft be kommen. Sepp mußte verschnaufen, es zitterten die Knie vom überschnellen Aufstckg und das Herz zitterte aus anderen Gründen. Schier fühlte sich der Müller versucht, wieder umzu kehren. Wie er unschlüssig zur Almhütte hinblickte, sah er die Leni just herauskommen, ein Blick, und sie muß ihn gesehen haben. Jst's doch, als wankte ihre Gestalt. Den Müller zog es mit unwiderstehlicher Gewalt hin. Blaß bis in die Lippen stand Leni, die Augen weit geöffnet, wie zu Stein erstarrt. „Leni! Verzeih' einem schlechten Kerl, der Dich verlassen hat!" stammelte schluckend vor Erregung der Sepp und schnappte nach Luft. Die Sennerin schwieg, nur die Lippen zuckten. „Leni, hab' Erbarmen! Ich bin unschuldig, das wirst es wohl glauben! Ich hab's nicht gethan, wer die Müllerin auf 'm Gewissen hat, ich weiß es nicht! Aber zu Grund gehe ich mit Haus und Hof, wenn es so weiter geht! Verzeih mir, daß ich sitzen lassen! Ich bin gestraft grad genug dafür, hab' cs bitter büßen müssen! Und ich möcht' gut machen nach Kräften, was ich hab' Schlechte» gethan an Die! Sei wieder gut, hilf mir auf 'n rechten Weg! Nimm mich wieder an, wir heirkrhen aftn und Alles wird wieder recht!" Schwer kämpfte die Sennerin, ein Ringen, ein Aechzen, dann lachte sie bitter auf, und schritt am Müller vorbei, ohne ihn einer Antwort zu würdigen. „Leni, sei barmherzig!" rief Sepp zur Hütte hinein, doch es erfolgte keine Antwort. Traurig schlich der Müller über den Almboden und langsam stieg er zu Thale. Nun ist auch die letzte Hoffnung verloren, und der Leni ist es eigentlich nicht zu verübeln, wenn sie vom treulosen Müller nichts wissen will. Zu Hause traf Sepp zu seiner Ueberraschung den Rentamt mann an, der auf den Müller wartete, und auf der Bank vor dem Wohnhaus gemüthlich seine Pfeife rauchte. Schon von Weitem rief der joviale Beamte: „He, Müller, kommst von der Alm?" Grüßend, doch mit einer Leichenbittermiene kam Sepp heran. „Aha! Bist etwa gar abgeblitzt, he?" fragte der Amtmann. „Und wie! Ang'schaut hat s' mich, gelacht hat s', daß eS mir ins Herz geschnitten hat, gesagt hat s' kein Sterbenswörtel!" „So? Dann ist Hopfen und Malz noch nicht verloren!" „Wie meinen S', Herr Amtmann?" „Das verstehst Du ja doch nicht. Ich sehe schon, ich muß wie der Herrgott selber eingreifen in Dein Schicksal, sonst kommt es nicht zum Klappen. Ein Mordsmensch —" „Ich bitt', Herr Amtmann!" „Ja, so! Na, sagen wir: ein Kraftmensch, eisenstark und so ein Lamplherz und Hasenfuß! Kannst wohl keine Fliege um bringen, he! Na, mit der Leni werde ich reden, verstanden! Und für die heutige Nacht quartiert mich ein, auf daß ich morgen nicht gar so weit zur Hinteralm hab'. Als Rentamtmann kann ich mich schon in ein vom Rentamt gepfändetes Bett legen." Sepp holte Speise und Trank für seinen Gast, der ihm dann erzählte, daß der Stampfmüller-Kataster seither von verschiedenen „Freunden" eingesehen wurde, die dann mit langen Gesichtern abzoaen. „Vor dieser Gefahr bist sicher, Sepp! Und dritthalb Tausend Mark kannst haben von der Hypothekenbank. Bevor Du aber auszahlst, will ich genaueste Einsicht in Deine Geschäfts bücher u. s. w. nehmen, das Zahlgeschäft selber reguliren." Sepp brachte seine „Geschäftspapiere", die in Kalenderein trägen und Briefen bestanden. „Ja, bei solcher Buchführung ist es freilich kein Wunder, wenn Einer vergantet. Da muß ich schon während der heurigen Sommerfrische Ordnung schaffen! Du bist ein selten schön aus gewachsenes Riesenkameel, mein lieber Lohmüller!" „Ein armer, gottverlassener Teufel bin ich!" „Laß das Jammern! Wenn Dir ein königlicher Rentamt mann helfen will, dann bist Du nicht verlassen, merk' Dir das!" Den Abend über ließ sich vr. Bergmaier «ingehendst auch 's
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