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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.12.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-12-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011205014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901120501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901120501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-12
- Tag1901-12-05
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VezugS «Preis d«, Hm-«rrp'»ifi«N otzn bn» i» St-dt. bczir» PN» den Vororten errichteten »ns« oabestellen abgeholt: vierteljährlich « so, ber iweimaligtr täglich». Zustellung tn- LauS 5.50 Durch die Post bezogen für Deutschland u Oesterreich: vierteljährl. S. Man adonnirt ferner mit entsprechendem Postausschiag bei den, Postanstaltea in der Schweiz, Italien, Leigten, Holland, Luxem» borg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Ruhland, den Dpnaustaaten, der Europäischen Türkei, Ägypten- Für alle übrigen Staaten Ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die. Expedition dieses Blattes möglich. Di» Moraen»»osaabr erscheint nm Uh*» dl« LdeadckuSgabr Wochentags v» o llhr. Redaction und Erve-ition: ZohanniSgafft 8. Filialen: Alfred Bahn norm. O- Klemm's Eorttm. Unwersilätsstrast» S (Paulinum), LoutS Lösche, Katbarinenllr 14, part. und KöniqSylih 7. Nr. 819. Morgen-Ausgabe cipIg cr.Tag cblalt Anzeiger. Amtshlatt des Königlichen Sand- nnd ÄMsgerichtes Leipzig, des Rathes und Notizei-Amies der LIM Leipzig. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene PetitzeU» -S Reklamen unter d«m NedarNoasstrtch s4 gespalten) 75 vor den Familiennnche richten (S gespalten) KO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahm« LS (rxcl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt^ nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbrsörderung 60.—, mit Poftbesörderung 70.—. Annahmeschlut für Ä»)eigen: Abend-Au-gab«: Bormittags 10 Uhr. Morg«u»AuSgaber Nachmittags 4 Uhr. Bet de» Filialen und Annahmestelle» je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen find stet« an die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Donnerstag den 5. December 1901. 95. Jahrgang. Der Zolltarif im Keichstage. * Zur Ergänzung dessen, was wir im gestrigen Nbrndblaite aus Grund brr Berichte über die Zolldebattr de« zweiten BerathungS» tage- schrieben, und zugleich als Ergäuzung des von uns ebendaselbst ausgesprochenen Urthrils über die Botichast deS Präsidenten Roosevelt theilen wir nachstebenden Bries mit, iu dem «in Obrenzeuge der vorgestrigen Reichstagssitzuog deren Bedeutung so wohl wie die der Botschaft Roosevelt'» würdigt: LZ Berit», 4 December. Wen« eS überhaupt der Zweck der eisten Lesung eines Gesetzes, daS die Leidenschaften aufgewühlt bat, wäre, einen Zweck zu haben, so hätte man am zweiten Tage der Be- ratbuna gegen r/,4 Uhr, al« die Botschaft de« ameri kanischen Präsidenten Roosevelt bekannt wurde, einfach aufbören und zu Gunsten der Commission vorläufig abdanken sollen. Denn waS im Allgemeinen etwa noch zu erwägen gewesen wäre, erledigt jene« von jenseits des OceanS gekommene Schriftstück: Deutschland muß seine Pro duction besser schützen, da Amerika auf der Babn deS vielfach an Prohibition streifenden ProteciioniSmuS bleiben zu wollen erklärt. Mit Mc Kinley's letzter Rebe, die Bielen eine ernstliche Umkebr anzudeuten schien, ist nicktS mebr anzufangen, daS erkennt übrigens im ersten Augenblicke der Bestürzung sogar ein sreibändlerisches Blatt an. Die Union ist daS Land, daS fast ganz Europa die Richtung der eigene» Handels politik vorzeichnet. Vor allem aber Deutschland vor zeichnet. Gerade von Amerika werden Landwirtbschaft und Industrie unseres Reiches gleichmäßig bedroht, und wenn wir nicht Waffen schmieden, uns gegen dieses Land ru ver- tbeidigen oder eS zu größerer Billigkeit im gegenseitigen Berkebr zu vermögen, so abdiciren wir weltwirtb- schastlich. Nicht wegen Rußland«, nicht wegen Oester reick«, Italien« rc. ist eine Zollreform unbedingt nötbig geworden, sondern wegen Amerikas. Wenn die Botschaft auch auf die erste Beratbung keinen Eindruck übt, so schulden wir Herrn Roosevelt doch Dank dafür, daß er in der Bot- sckaft gerade in diesem Augenblicke die Fortsetzung der ameri kanischen Hochschutzpolitik proclamirt. Und welche« HochschutzeS I Graf PosadowSky wurde im Reichstage unterbrochen, al« er die Frage, ob Deutschland mit der Zollresorm den Weg des Hockschutzzolle« betrete, verneinte. Dir Lärmer kannten offenbar die geltenden und angewendeten, g-r nicht für die Presse bestimmten ameri- konischen Sätze und die sie verschärfenden allgemeinen zollgrsetzlicheu Bestimmungen Amerika« nicht. WaS Deutsch land sich jetzt geben will, genügt nur, um andere Staaten zu Zugeständnissen zu bewegen, und ist wenig im Vergleich zu dem amerikanischen, hauptsächlich auf die Offensive, die Ueberschwemmui'g de« Auslandes berechneten Zollsckutze. Einsichtige Deutsche können sich jetzt nur noch um da« Maß de« deutschen Zollfchube« im E nzelnen streiten, principiell ist un« die Erhöhung aufgezwungcn. Bei dieser Sachlage er scheint die große Rede deS Grafen PosadowSky fast zu gut. Die au« purem Hänclerinteresse oder aus parteipolitischen Gründen nicht Wollenden bekehrt sie nickt und für alle Anderen stöß« sie offene Tbüren ein. Aber sie mag wohl als moralische Notbwendigkeit erschienen sein, die Vorlage noch einmal vom allgemeinen volkSivirihschaftlichcn Standpunkte zu rechtfertigen, und dieser Ausgabe bat sich der bisher noch niemals dergestalt glückliche Staatssekretär de« Innern geradezu glanzvoll entledigt und nickt wie ein Dertbeidiger, sondern al« Ankläger der Gegner. Auf Einzelheiten braucht nicht eingegangen zu werden. Aber bervorgeboben sei die unwiderlegliche Bemerkung, daß Deutschland, wollte e», um da« Ausland zum Freihandel oder wenigstens zu mäßigerem Zollschutze zu verlocken, seine Zölle ausbeben oder e« mindestens bei dem bisherigen Zu- stinde belassen, genau so verfahren würde, wie bei dem Versuche, die ZuckerauSfubrprämie zu beseitigen. Niemand ist un» nackgefolg». ES war eine tugendhafte aber falsche, mit ruinösen Wirkungen drohende Speculalion auf die Selbst losigkeit der andern Staaten. Nun aber da« Hauptergebniß der Derbandlung, daS einzige nambafte, daS sie voraussichtlich gezeitigt haben wirb. Graf Bülow hat der Annahme, daß e« irgend «ine maßgebende Stell« geben könne, die Handels verträge unter allen Umständen wolle, den Garau« gemacht. Zbm tcheinen solch« Verträge „wünschen-werth und erstrebenswert!»", von Notbwendigkeit ist nicht die Rede. Ware die Notbwendigkeit vorhanden, so würde e« sich auch nicht um Beiträge, sondern um Unter werfung bandeln. Ta« versiebt sick ja von selbst, aber es war gut, daß der höchste verantwortliche Diplomat des Reiche ausdrücklich betonte: „Allerdings bin ich nicht der Ansicht, daß Deutschland sich in einer Zwangslage befinde, die un» nö«bige,um jedenPrei«,unter j edrrBedingung mit anderen Nationen Handelsverträge zu schließen. Ich bin der Ansicht, daß diejenigen Staaten, mit denen wir im VertragSverhält- uiffe gestanden haben, genau dasselbe Interesse wie wir baden, diese Verträge fortzusetzen auf der Basis voller Gegenseitigkeit und gegenseitiger Anständigkeit. Wir haben dasselbe Recht wie d«e anderen Nationen, unsere Wünsche zur Sprache zu bringen." Alle« diese« batte die deutsche Opposion bestritten, und daber wurde sie vom Reich-tanzlrr zwar al« dumm — „Ick will emmal sagen: Naivetät" — aber auch al- „un- patriotisch" und „demokratisch" gebrandmarkt. „Ich beneide die fremden Minister de« Aeußeren um den Eifer, mit dem ihnen die Besorgung ihrer Geschäfte von deutscher Geile erleichtert wird." Damit sind die „Agenten de» AuSlandeS" osficiell al« solche gestempelt. Gras Bülow erkennt den Werth der HandelSverlräge „rückhaltlos" an, nicht ibre absolut« Unentbehrlichkeit; er will sie, aber sie müssen „annehmbar" für Deutsch land sein. Um nun zu solchen Verträgen zu gelangen, erscheinen die vorgelegten Gesetze geeignet. Der Kanzler sprach auch über den (5 anal. Die Angelegenheit gebt den Reichstag nur in einer Beziehung an: Canal- und Zollgesetzgebung dürfen uicht in das Ver- hältniß von Leistung und Gegenleistung zu einander gebracht werden. Darüber beruhigt un« der Kanzler vollkommen. Da preußische Projcct wird „mit der Zeit realisirt" werden, mit anderen Worten: in diesem Winter wird kein Bersucb zu seiner Realisirung gemacht werden. Und ein Drittes. Dort, wo der durch rin« spöttische Be merkung über die „Weltpolitik" dazu provocirte Graf Bülow die Notbwendigkeit einer gesunden Hcimath- politik Hervorbob, ist eS ihm zwar nicht ein gefallen, beide« zu contrastiren — im Gegentbeil —, aber er schien r« passend zu finden, die Weltpolitikfanfaren, die ohne sein Znibun durch die deutsche Welt geschmettert sind, durch behutsame Notenänderung etwa« ins Chamadenbaste zu tranSponiren. Bestand diese Absicht, so ist sie sehr zu loben. Unsere Zukunft liegt — politisch und handelspolitisch angeseben — nicht allein aus dem Wasser. Es ist verdienstlich von einem verantwortlichen Minister, die« wenigstens anzudeuten, ebenso wie eS vom Grafen Posadowcky verdienstlich gewesen, durch da« Wort „Deutschland ist weder nur Industrie- noch nur Agrarstaat" ein entgegengesetzte-, einst „zum großen Leide" für die Nation gefällte» officielle-Unheil osficiell hinwegzuräumen. Hoffent lich sür immer. Man folgt einem Brauche, nickt einer Notbwendigkeit, wenn man die von Abgeordneten in dieser ernsten Beratbung vorgetragenen A uß-rungen streift. Die Sache liegt so, daß man bei den Nihilisten im voruinein weiß, was sie sagen werden, und daß die Positiven noch nicht- Greifbares sagen können. Die Parteien, von denen sich etwas erwarten läßt, sind selbst noch nickt in sich einig, sie wissen nickt, wie sie sick, vom Princip abgesehen, verhalten werden. Am Dienstag sprach Herr l)r. Spahn vom Centrum lange und, soweit er vernebmlich, nickt uninteressant, aber er sagt« doch im G>undc, daß er noch nick«» sagen könnte. Als „Mann oline Aar undHalm", als den sich vorstellte, rückte der Abgeordnete sür einen rheinischen Bezirk daS landwirtbschaftliche Interesse in den Vordergrund, ohne der Nichtberücksichtigung der Industrie und des Verbrauchs daS Wort zu reden. Beide« verstand sich bei dem Redner wohl von selbst. Er machte einen bemerken«, rvenhen GcsichtSpunct giftend: ia einem Lande mit allgemeinem Wahlrecht hat man Grund, eine möalickst große Anzahl selbstständiger WLvler, und zu diesen geboren die Bauern, zu erkalten. Sehr wahr, und wir räumen bereitw lhg «in, daß mit diesem Bestreben auch dem specifiich städtiscken Interesse gedient wird. Da- Moment spricht sür ausreichenden lankwirtbsckafilichen Zoklsckutz, c« spricht aber auch sür die Colonisation deS Osten«, der die Partei de« Herrn Abg. vr. Spahn nicht gerade woblrvollend gegenübersteht. Nach Herrn Spabn, so heißt eS, sollen noch drei CentrumS- mitglieder reden. ES wird also stark nnancirt werden; Übrigen werden auch die Nationalliberalen drei ober vier Wortführer vorsckicken. DaS bayerische Centrum wird H:rrn vr. Heim sprechen lassen. Ter Abgeordnete Spabn schien ihm den Weg in Bezug auf die Gerste ebne» zu wollen, doch war er gerade an diesem Puncle schwer verständlich. Der Centrumsfnbrer legte auch ein gutes Wort sür den im Tarif nickt b-rückfichtigten Gemüsebau ein, waS auch in anderen rollpolitisch gemäßigten Kreisen Vielen nickt unsympathisch sein wird. Die Mehreinnabme au» den erhöhten Zöllen will der Abgeordnete für eine Wittwen- und Waisenveisorgung verwendet wissen. E« ist schon oft dargelegt worden, warum dieser Weg nicht gangbar ist. Man kann dauernde, noch dazu stet- wacksende Ausgaben nicht auf außerordentlich schwankende Einnahmen basiren und man kann die« am wenigsten bei Einnahmen au- Schutzzöllen, deren erster Zweck eS ist, die Einfuhr zu mindern, waS eine Ver ringerung deS Ertrag» zur Folge bat. Die eigentliche LebenS- brstimmung de« Schutzzoll- ist der Selbstmord. Herr Richter sprach auch zwei Stunden lang, aber seine Rede ist wie Hauck im Winde. Hätte er den Kanzler nicht zu wertbvellen Auslassungen, die aber auf jeden Fall erfolgt waren, veranlaßt, so wäre diese Rede nicht erwädnen-wertb. Er selbst rühmt in seiner Zeitung, daß er viel Heiterkeit erregt habe. Nun ja, es giebr Leute, die den erschütternden Kaufmann von Venedig nur ansrben, um sich an den Späßen de» Lancolet Gobbo zu belustigen. Leute von der Art belachen auck die Witze und die mit Komik vorgetragenen Citate de« Herrn Richter. Es war davon die Rede gewesen, daß der Grad der Drodvertbeuerung durch daS Backgewerbe noch nicht reckt erforscht und der Verdienst der Bäcker wohl nickt gering sei. Darauf Herr Richter: „Da werden Sie doch besser selbst alle Bäcker und lasten Ihr« Söhne statt Eavallerieosfieirr« Bäckermeister werden." So argumentirt der Führer der Freihandel-Partei im deutschen Parlamente, der „große" Rici t 'r. Die ^National zeitung" ist denn auch sehr unzusriedcu mit seiner Rede. Sie müßte weniger Geschmack und Verstand haben, al» sie thatsächlich besitzt, wenn es anders wäre. Der Krieg In Südafrika, »lasst-«« Ster tte fütafrikanffche »rage. AlS im Jahre 1878 eine gewisse Partei auf den Krieg in Südafrika hindeutete, äußerte Gladstone sich dahin: D a » w i ch- tigste sei die Frage, ob rin solcher Krieg ge recht oder ungerecht sei. Sr schloß seine AuSsiih- rungen mit solgrndrn Worten: „Eine solche Frage kann auch uicht durch militärisch« Er folge brigelegt oder für immer mundtodt gemocht werden, weil das Schwert — dem Herrn sei Dank! — nicht da» entscheidende Mittel bei der Regelung von Streitfragen zwischen eidilisirten Völkern ist; auch vermag selbst eine Mehrheit im Parlament« nicht, eine derartige Frage zu entschetdrn. Dem Volke gehört di» Verantwortung und Abstimmung, und aus jeden Mann, der seine Stimme für einen ungerechten Krieg in die Waag schale wirft, fällt die Schuld und die Scham. Richt jene Kund» gedungen, die das leicht er«gbarr Gemüth der unteren Volt»- Haufen entzünden, sollten den vernünftigeren und einsichtigeren Manu aus dem Dolle beeinflussen, er soll geraden Weges dem Ziele zustreben und nicht von der Gerechtigkeit der Sache ab weichen. Sie Alle kennen die Tragödie unseres großen Shakespeare, in der Lady Macbeth nach einer ununterbrochenen Reih« von Erfolgen und nachdem sie durch Ströme Blutes sich den Weg gebahnt, das höchste Ziel eines Sterblichen, die Krone, ihr eigen nennen konnte. Doch mit ihr erkaufte sie eine Um- düsterung deS Geistes und nachtwandelnd irrt sie in den Ge mächern des Schlosses umher. Und was sagt sie, am Ziele ihrer Wünsche, auf der höchsten Staffel des launigen und ver- rätherischen Glückes: „Hier riecht's noch immer nach Blut! Und alle Wohlgerüche Arabiens versüßen nicht diese kleine Hand." „Diese Krankheit geht über meine Kunst", meint traurig der ergebene Arzt, der die leidende Königin behandelte. Nun, meine Herren, die Krankheit eines schlechten Ge wissens geht über die Kunst aller Aerzte der Welt. Es steht mit ehernem Griffel in den Gesehen Gottes geschrieben, daß der Sünde die Strafe folgt. Ein un gerechter Krieg ist eine ungeheure Sünde. Die Frage, die Sie sich bei einem Kriege vyrzulegen haben, ist also: Ist er gerecht oder ungerecht? Ist das Letztere der Fall und haben wir somit eine Sünde, eine ungeheuere Sünde vor uns, so wird nach den Gesetzen Gottes die Strafe nicht ausbleiben. Der Tag wird kommen, ob früh oder spät, wo das englische Volk zu de in Bewußtsein kommt, daß eine nationale Ungerechtigkeit die sicherste Straße zum nationalen Nieder gange ist." Ist Chamberlain so mit sich zu Rathe gegangen, be vor er die Kriegsfälle! in die Gefilde Südafrikas warf? Deutsches Reich. L. Leipzig, 4. December. Ter Vorstand des Börsen verein» der Deutsche« Buchhändler hier theilt feinen Mit gliedern mit, daß ver preußische CultuSminisier gestattet hat, da- neue Regelbuch siir die neue Reckt- sckreibuna den Verlegern zu eigenem Gebrauche in einzelnen Büchern schon jetzt zugängig zu machen. E« wird dazu bemerk?, daß die Fassung des RegelbuckeS als envgiltig noch nicht anzu;rheu rst, weSbald die jetzt auö- gegebenen Erempcare weder in den Handel gebracht, ncch tonst der Ocffentlichkeit übergeben werben dürfen. Ein gleiche« Entgegenkommen hat der österrrichische Minister dem Buchdanvel rugesazt. DaSjBuch,st beutelt: „Regeln für die deutsche Rechttchreibung nebst Wörtervcrzeich niß." -e- Berlin, 4. December. (Reichstagser sah Wahl in Schaumburg - Lippe.) Die freisinnigen Parteien werden gegenwärtig vom Unglück verfolgt: wie Vie freisinnige Bereinigung in dem 0r. v. Siemens, so hat die freisinnige Volks Partei in dem Kammergerichtsrath a. D. Müller, Vertreter von Schaumburg-Lippe, einen ihrer hervorragendsten und ange sehensten Abgeordneten verloren, und es dürfte ihr bei ihrem noto rischen Mangel an Nachwuchs schwer fallen, einen angemessenen Ersatz für die nothwendig gewordene Reichstagsersatzwahl zu finden. Der Wahlkampf in diesem Wahlkreise wird freilich durch zwei besondere Umstände sehr erleichtert: einmal ist der Wahl kreis so klein — er ist der kleinste im ganzen deutschen Reiche —, daß «in Bewerber mit einer Stimmenziffer siegen kann, mit der er in einem anderen Wahlkreise auch noch nicht annähernd Aus sicht hat, iu di« Stichwahl zu gelangen, und zweitens handelt es sich seit länger als zwei Decennien im Wesentlichen nur um zwei Parteien, Conservative und Freisinnige, die in annähernd gleicher Stärke einander gegenüberstehen. Die Nationalliberalen, die den Wahlkreis bis zum Jahre 1878 inne hatten, haben von den Wahlen von 1884 ab überhaupt keinen Candidaten aufgestellt, und die Socialdemokraten haben im letzten Jahrzehnt so gut wie gar keine Fortschritt« gemacht: bei den Wahlen von 1890 erhielten sie 1100, bei den nächsten 1300 und bei den letzten all gemeinen Wahlen 1250 Stimmen. So dürfte auch diesmal der AuSgang lediglich zwischen den Conservativen und den Fort schrittlern liegen, und da die letzteren in der Stichwahl selbstver ständlich von den Socialdemokraten unterstützt werden, so kann der Sieg des von der freisinnigen Volkspartei aufzustellendcn Be werbers wohl schon jetzt als gewiß angenommen werden. Berlin, 4. December. (Bündlerische Macht politik.) Das genaue Ergebniß der Reichstagsersatzwahl in Wiesbaden enthält «ine beherzigeniwerth« Lehre für den Bund der Landwirthe. Dort ist der freisinnige Bewerber mit 6391 Stimmen in di« Stichwahl gekommen, während der von den Conservativen und den Nationalliberalen gemeinsam ausgestellte Candidat 5440, der Candidat deS Bunde» der Landwirlhe 910 Stimmen erhalten hat. Rechnet man di« beiden letzteren Stim menziffern zusammen, so ergeben sich 6350 Stimmen; es fehlen somit noch nicht 50 Stimmen, di« der nationalliberale Bewerber sicherlich auch noch erhalten hätte, wenn die Aufstellung eine» eigenen bündlerischen Candidaten nicht «ine Zersplitterung im Lager der nationalen Parteien hervorgcrufen hätte. Alsdann wäre an Stell« de» fortschrittlichen Bewerber» der national« Candidat in die Stichwahl mit dem Socialdemokraten gelangt. Wa» hat nun die Aufstellung eines eigenen Candidaten dem Bunde der Landwirthe eingebracht? Erstens hat er seine eigen« Schwäche documentirt, denn sein Bewerber hat glücklich etwa 3 Procent der abgegebenen Stimmen erhalten, und zweitens kommt jetzt unter allen Umständen rin unbedingter Gegner jeder Erhöhung der Getreidezölle in den Reichstag, während Herr Bartling für ein« mäßige Erhöhung der Getreide- rolle eintreten zu wollen erklärt hatte. Wenn die Socialdemo kraten in jedem Reichstagswahlkreis« einen «igenen Candivaten aufstellen, so haben sie von ihrem Standpunkte au» Recht, denn sie stehen jeder büraerlichrn Partei feindlich gegenüber; wenn aber eine bürgerliche Partei sich vollkommen von der rax, cku vomdn; beherrschen läßt, so wird sie, wie der Wie»badenee Fall zeigt, nur zu oft ihren Hauptgegnern in die Hände arbeiten. * Berlin, 4. December. (Die Entschädigung in London.) In österreichischen Zeitungen wird der Erfola, den der Vertreter der au» Südafrika autgewiesenen Oester reicher und Ungarn bei den Entschädigungsverhandlungen in London erzielt hat, als besonders groß hingestellt, insofern die von England gezahlte Abfindungssumme über 35 v. H. der österreichischen und ungarischen Forderungen betrage, während Deutschland nur 12,22 v. H. und Holland gar nur 5,30 v. H. ihrer Forderung erhalten hätten. Hierzu bemerkt die „Nordd. Allg. Ztg.": Diese Berechnung ist irreführend, denn sie zieh! die Ansprüche auf Ersatz indirecten Schadens mit in Betracht, die zwar von vielen Ausgewiesenen und besonders von Deutschen erhoben wor den sind, nach völkerrechtlichen Grundsätzen aber nicht haben be rücksichtigt werden können. Geht man, was allein ein richtiges Bild abgiebt, lediglich von dem angemeldeten directen Schaden aus, so ergiebt sich, daß 112 Oesterreicher und Ungarn 17 800 Pfund Sterling angcmeldet und 15 000 Pfund Sterling erhalten haben, 199 Deutsche 40162 Pfund Sterling bezw. 30 000 Pfund Sterling, 36 Russen 26 000 Pfund Sterling bezw. 4100 Pfund Sterling, 1139 Niederländer 173 216 Pfund Sterling bezw. 37 500 Pfund Sterling. Demnach hat Oesterreich-Ungarn dem Procentsatze nach allerdings etwas mehr als Deutschland erreicht; beide Länder aber stehen im Verhältnisse zu den Niederlanden und zu Rußland, das in der erwähnten österreichischen Berech nung ganz unzutreffender Weise als am meisten begünstigt hin gestellt wird, etwa auf der gleichen Stufe. Wenn der Procent satz für Deutschland etwas weniger günstig ist, als für Oester reich-Ungarn, so erklärt sich dies im Wesentlichen aus dem Um stände, daß von den ausgewiesenen Deutschen eine größere An zahl ihrer Betheiligung am Kriege wegen bei den Berhandlungen über die Abfindungssumme außer Betracht gelassen werden mußte. Dem zu berücksichtigenden directen Schaden entspricht, wie von vielen der Betheiligten anerkannt worden ist, die an Deutschland gezahlte Summe durchaus. (-) Berlin, 4. December. (Telegram m.) Im Gefolge de» Kaiser« auf seiner Fahrt nach Schlesien befinden sick Ober-Hof- nnd HauSmarschall Graf zu Eulenburg, Flügel- arjutanten Oberstleutnant von Bohn und Oberstleutnant Freiherr von Berg und Stabsarzt Or. Ilberg. D Berlin, 4. December. (Telegramm.) In der heutigen Sitzung des BundeSratheS wurde dem Ausschuß bericht über den Entwurf des Etats für den ReickS- InralidensondS zum ReickShauSbaltSetat für 1902 in Verbindung mit der Resolution deS Reichstages, betreffend dir Etatisirung der Mittel für die Veteranen versorgung, ferner dem Ausschußbericht über den Entwurf eines "Gesetze«, betreffeud die Feststellung deS HauS- baltSetatS für die Schutzgebiete auf da« Nechnungejahr 1902 und dem Anöichußberickt über die Entwürfe von Etats zum ReichSbauShalkSetat sür 1902, und zwar l) für daS Auswärtige Amt, 2) für die ReickSsckuld, endlich dem Entwurf eines Gesetze«, betreffend die Feststellung deö ReichShau-halt-etatS sür 1902 die Zustimmung ertheilt. (D Berlin, 4. December. (Telegramm.) Die „Nord- deuttcke Allgemeine Zeitung" melket: Zn einer hiesigen Zeitung wurde angedeutet, die Erörterungen über den Alldeutschen Verband im ungarischen Abgeord netenhause seien vielleicht durch Aeußerungen des Reichskanzler« in einem Gespräche mit dem öster reichisch-ungarischen Botschafter beeinflußt ge wesen. Diese Annabme ist unzutreffend. Graf v. Bülow bespricht mit dein Vertreter von Oesterreich-Ungarn interne Angelegenheiten deS verbündeten KaiserstaatcS ebenso wenig, wie er bereit sein würde, sich von dem Botschafter über innere denttche Angelegenheiten inlerpelliren zu lassen. (D Berlin, 4. December. (Telegramm.) Der Ent wurf des (ktatS sür Len Reichskanzler und die Reichs kanzlei fordert 261 630 .ck fortdauernde Ausgaben gegen über 233 280 .ck im Vorjahre. Einmalige Ausgaben werden nickt gefordert. — Ia dem Entwurf eines Etat» für Kiautsckau werden die eigenen Einnahme!', ans 360 000 .ck gegenüber 300 000 .ck? im Vorjahre und der NeichSzuschuß auf 12 168 000 ^ gegenüber 10 750 000 .ck im Vorjahre bemessen. Unter den mehr geforderten fortdauernden Ausgaben befinden sich für die Militär-, verwaliung 338 994 .ck, davon für die Geldverpslegung der Marinetheile 19l 670 .Zl (Zugang drei Oberleuti ante, ein Leutnant, ein Roßarzt, 15 Unterofsiciere, Il9 Ge freite nnd Reiter, diese alle mit Ausnahme eines Oberleutnant« für die Marine-Infanterie zur Bildung einer Marinerriter-Compagnie, ferner zur Verstärkung der Matrosen'Artillerie im zweiten Halbjahre ein Cor- vetlen-Capitän, ein Capitänleutnant, zwei Oberleutnants, 16 Deckosficiere, Feldwebel, Bicefeldwebel, Oberartille ristenmate, Artilleristenmate, 159 Obermatrosenartille risten und Matrosenarlillerist), sowie für Versuchsforma- tionen 55 000 (die zur Bildung einer Eingeborenen truppe angestellten Versuche sollen nach einer anderen Richtung al« bisher fortgesetzt werden). Im Ganzen werden 5 083 303 „ck fortdauernde Ausgaben gefordert gegenüber 4 383 399 .ck im Vorjahre. Die Gesammt- summe der einmaligen Ausgaben beträgt 7 375 000 Unter Len Mehrforderungen befinden sick 5>5 000 .ck zu Hoch- und Tiesbauten, sowie 350 000 „ck zur Belheiligung an der Beschaffung einer elektrischen Centrale. Im Ganzen werden, nach Abzug von 180 000 .ck Minderfordcrungen, 800 000 .ck mehr gefordert. — In einer Berliner Zuschrift Ler „Süddeutsche» Reichs- correspvndrnz" wird berrorgeboben, daß die galizischen und tschechischen antipreußischen Demonstrationen angesichts der unantastbaren BundeStreur Oesterreichs nicht zu ernst genommen werden müssen. Sollre aber d:r Anspruch erhoben werden, auf Grund de» Dreibund- Verhältnisse« die preußische Polenpolitik zu controlirea. so würde bei der parlamentarischen Erörterung sowodl in Wien als in Berlin über die Unmöglichkeit eine- solchen Ansinnens kein Zweifel gelassen werden. -
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