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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020618029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902061802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902061802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-18
- Monat1902-06
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4SSS Endlich »«ch II Motttea erfuhr »r «venigsteu» dru Grund frtaer Versetzung. Maa stillte ihm, dessen unbedingtes Brrtrauen zu seiner Frau uaerschüttert war, die schlimme Wahl, rutweder auf Ehescheidung oder gegen Fra« L. wegen Berleumduag zu klagen. Die Verhandlungen wurden so laut geführt, dich sie von Dritten gehört wurden. Frau L. gab vor dem SchiedSmann unter Thronen zu, in blinder Eifersucht gehandelt zu haben, erbot sich, Schadenersatz zu leisten und ihre Anschuldigung vor der Behörde im Beisein deS P. zu bestimmter Stund« zurückzunehmen; sie vereitelt« dann aber durch frühzeitig««» Erjcheiaeu die Gegenüberstellung. Dem V. wurde amtlich eröffnet» daß an Rückversetzung nicht zu denken sei. ES blieb bei der Versetzung. A. erhielt im Reichspost amt schließlich den mündlichen Bescheid, daß er „im Interesse deS Dienste»" versetzt sei. Wir nehmen bi» aus Weitere» an, daß die Regierung be friedigende Aufklärung wird geben können. — Die Kölnische Ztg." bezeichnet auf Grund einge zogener Erkundigungen die Nachricht vom baldigen Rück tritt des Oberpräsidentev von Hannover als „ausgewachsene Ente". An maßgebenden Stellen sei nichts davon bekannt. Ferner dementtrt die „Köln. Ztg." die Meldung, daß als Nachfolger des Unterstaatssekretärs Lehmann der Präsident der Seehandlung Havenstein in Frage komme; desgleichen sei die Nachricht von der Er nennung eines der Senatspräsidenten des Oberver waltungsgerichts zum Nachfolger des Präsidenten Kügler unwahr. — Die Zolltartscommission nimmt morgen ihre Beratungen wieder auf; Ende Juli wird voraus sichtlich die erste Lesung -er Borlage beendet sein; bann soll eine längere Pause eintreten. Von dernational- liberalen Partei gehören zur Zeit -er Commission an die Abgeordneten: Dr. BlankLnhorn, Münch-Ferber, Or. Paasche und Schlumberger. — Die Commission des Herrenhauses für das Fletsch beschaugeseü hat heute die Vorlage in der Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen. Damit ist der Schluß des Landtages für morgen gesichert. — Durch die gegenwärtig in Peking schwebenden Ver handlungen über die Herabsetzung der von China zu leistenden Zahlungen werden, nach -en „Berl. Neuesten Nach.", ausschließlich die Forderungen des Reiches berührt, während die Ansprüche derPrivat - Personen in der festgesetzten Höhe Berücksichtigung finden sollen. — Obschon nach dem jetzt in Berichtigung vorliegenden Endergebmß für das Rechnungsjahr 1901 die Reichs- Post- und Telegraphen Verwaltung bei einer Einnahme von 413,6 Millionen Mark gegenüber dem Vorjahre ein Mehr von 19,1 Millionen Mark er zielt hat, stellt sich der Einnahmeabschluß gegenüber dem Etatsanschlage ungünstig. Im Etat für 1901 war die Einnahme der Post- und Telegraphenverwaltung auf 420.2 Millionen Mark veranschlagt. Die Wirklichkeit ist somit hinter dem Anschläge um nicht weniger als 6,6 Mil lionen Mark zurückgeblieben. Wie sich das Gesammt- ergebniß der Post- und Telegraphenverwaltung für 1901 gestellt hat, wird man erst übersehen können, wenn die Angaben über den Abschluß der Ausgaben vorliegen wer den. Im Etat waren die fortdauernden Ausgaben auf 364.3 Millionen, die einmaligen ordentlichen auf 18,1 Mil lionen normirt, so daß auf einen Ueberschuß von 37,8 Millionen gerechnet wurde. Bei der Retchseisen- bahnverwaltung haben sich die Einnahmeverhält- nifse für 1901 noch schlechter als' bei der Postverwal tung gestaltet. Bei ihr ist die Wirklichkeit hinter dem Etatsanschlage gar um 9,6 Millionen Mark zurück geblieben. Für das laufende Rechnungsjahr ist denn ja auch schon der Einnahmeanschlag für diese Reichsbetriebs verwaltung im Etat wesentlich ermäßigt worben. — Der Bürgermeister a. D. Tilmann in Neüß wurde nach der „Rhein.-Westf. Ztg." als Regierungsrath ins Finanzministerium berufen. Herr Tilmann war in Neuß, wo das Centrumim Gemeinderathe über die Mehrheit verfügt, nach dem Ablaufe seiner zwölf jährigen Amtszeit nicht wieder gewählt worden. Er gilt am ganzen Niederrhein als ein äußerst tüchtiger Ber- waltungsbeamter. Als solchen hatte ihn auch der Finanz minister Frhr. v. Rheinbaben, da er noch Regierungs präsident von Düsseldorf war, kennen gelernt, und diesem Umstande verdankt Herr Tilmann vermuthlich seine Be rufung ins Ministerium. — Wie ein Berichterstatter mittheilt, ist den bezüglichen Behörden auf höhere Weisung anempfohlen worden, jedes Gesuch um Abänderung eines polntschenFamilien- namen s in einen deutschen nach Möglichkeit zu be rücksichtigen. Im Laufe der letzten Monate ist eine ganze Anzahl solcher Gesuche genehmigt worden, auch solche, die vor Jahren abgelehnt worden waren. — Die „Tägl. Rundsch." berichtet: „Der Erfinder des Tuckerbriefes und Hintermann Bebel's bet seinem perfiden Feldzuge gegen vr. Karl Peters im März 1896 konnte nun endlich festgestellt werden. Es ist derselbe Herr, -er in dem Hauptverfahren gegen vr. PeterS als Hauptbelastungszeuge füngirte. Mit -eL Thatsache, bah ei der Urheber jener von Bebel gegen Ur. Peters in der Reichstagssitzung vom 13. März 1890 ausgesptelten Fälschung und -er Einbläser Bebel's bei feinen haltlosen Verdächtigungen des vr. K. Peters war, fällt auch seine sirridische Glaubwürdig keit als Zeuge zusammen, vr. Karl Peters hat übrigens gegen ihn bereits die BerleumdungSklage an gestrengt. — Die Sterblichkeit der Oberlehrer wurde bekanntlich zum Gegenstände einer amtlichen statistischen Untersuchung gemacht. Um für die Beurtheilung der Er gebnisse dieser Untersuchung einen Maßstab zu finden, war das gegebene Mittel eine Ausdehnung dieser amtlichen Feststellungen auf andere akademische Berufe. Eine solche wurde denn auch allgemein erwartet. Nun aber wird, wie es heißt, das Ministerium diese Untersuchungen nicht fortsetzen. Abgesehen davon, daß dadurch der Werth aller bisherigen in Frage gestellt bleibt, gäbe das zu dem Argwohn Anlaß, daß die Regierung diese Verhältnisse nicht allzu klar gestellt zu sehen wünschte. Das wäre doch auf jeden Kall tief bedauerlich. — Der Minister deS Innern Freiherr v. Ham wer stein ist nach der Rheinprovinz, der Minister für Handel und Gewerbe Möller nach Düsseldorf abgereist. — Der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Freiherr Mar schall von Bieberstein, der nach einem kurzen Aufenthalte in Deutschland dieser Tage wieder auf seinen Posten zurückgekehrt ist, wird im Monat Juli einen abermaligen, auf längere Zeit berech- neten Urlaub antreten, den er auf seiner badischen Besitzung NeuerS- hausen zu verbringen gedenkt. — Der deutsche Botschafter in Madrid Wirkl. Geh. Rath v. Radowitz hat einen ihm bewilligten Urlaub angetreten. Während sein« Abwesenheit wirkt bis auf Weiteres der Zweite Sekretär der Botschaft Graf v. Oberndorfs als Geschäftsträger. — Der deutsche Gesandte in Athen Wirkl. Geh. Rath Gras v. Plessen- Croustern hat ebenfalls einen ihm bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit wirkt der etatsmäßige LegationSsekretär der Gesandtschaft vr. Freiherr Langwerth von Simmern als Geschäftsträger. — Der bayerische Gesandte Graf v. Lerchenfeld. Köse ring hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Ab- wesenhtit fungirt der Lrgatiousrath Freiherr v. Guttenberg al» Geschäftsträger. — Graf Matsukata begiebt sich heute für zwei Tage nach Hamburg. Gestern folgte der japanische Staatsmann einer Ein- ladung deS Staatssekretärs Les Aeußern, greiherrn v. Richthofen, zum Frühstück. — Die Bewegung unter den städtischen Arbeitern zum Anschluß an die socialdemokratischen Organisationen wird mit Hochdruck betrieben. Alle Mittel werden versucht, um die Gas- arbeiter, Straßrnreinigrr, die Parkarbeiter und die bei der Canalisation und in anderen städtischen Betrieben beschäftigten Personen für die socialdemokratischen Verbände zu gewinnen. Gestern Abend fand nun eine von freisinniger Seite einberufene sehr gut besuchte öffentliche Versammlung der Straßenreiniger bet Cohn (Bruthstraße) statt, in der nach einem Vortrage deS Abgeordneten Goldschmidt der Stadtverordneten - Versammlung und dem Vortragenden ein Vertrauensvotum ausgesprochen wurde. — In eine Lohnbewegung sind die in dem Verband der Bau-, Erd- und gewerblichen Hilfsarbeiter organisirten Bau- arbeiter riugetreten. Sie verlangen die Erhöhung des Mindest lohnes aus 45 für die Stunde. Ein Theil der von der Stadt Berlin beschäftigten Monteure und Arbeiter für das Beleuchtungs- wesea hat sich auf Veranlassung deS bekannten Agitators H. Schubert, der auch die Straßenbahner organisirt hat, dem socialdemokratischen „Verbände städtischer Arbeiter" angeschlossea. * Rostock, 16. Juni. Bei den jüngsten Ersatzwaklen für die hiesige Bürgervertretung wurde der erste s o - cialdemvkratische Bürgerrepräsentant in die aus sechzig Mitgliedern bestehende obrigkeitliche Corporation gewählt. * Oldenburg, 17. Juni. Der ehemalige oldenburgische Finanzminister Heu mann ist heute Morgen im acht zigsten Lebensjahre gestorben. * Weimar, 17. Juni. Der Großherzog, der gestern Abend nach Bonn abreiste, gedenkt von da ab die Aus stellung in Düsseldorf zu besuchen. * Greiz, 17. Juni. Der „Post" wird von hier geschrieben: Die „Landeszeitung für das Fürstenthum Reuß ä. L." scheint ihre gehässige, reichs- und preußenfeindltche Rolle nun ausgespielt zu haben. Schon in den ersten Wochen nach dem Tode des Fürsten Heinrich XXII. machte sich eine gewisse Zurückhaltung des Blattes bemerkbar. Am Schlüsse des vergangenen Monats erschien dann bekanntlich an der Spiye des Blattes eine Erklärung, derzufolge die alte Leitung anfhörte. Seitdem hat das Blatt eine farblose Haltung angenommen und wird sich vermuthlich gegen über der nationalliberalen „Greizer Ztg." nicht mehr lange halten können, wenn die Rechtspartei sich nicht doch noch entschließen sollte, die Zeitung dem Verlage abzu kaufen und als Organ ihres Einflusses in Reuß ä. L. betzu behalten. Die Gerüchte, daß der Systemwechsel auch dem nächst im Rücktritt des Regierungspräsidenten, einiger Re- gierungsbeamtcr und des Oberhofpredigers zum Ausdruck kommen werde, finden hier vorläufig noch keinen Glauben. Man rechnet vielmehr damit, daß der Regent nicht sum marisch verfahren, sondern eine allmähliche Ausgleichung -er Verhältnisse in Reuß ä. L. mit denjenigen in Reuß j. L. durchführen werde. Mit der Zeit würden dann die zur Rechtspartei gehörenden Beamten von selbst ausscheiden. * Bon«, 17. Juni. Der Kaiser nahm heute Abend ZH10 Uhr vom Garte»» des Palais Schaumburg aus einen Fackelzug der Bonner Studentenschaft entgegen und em- pfing eine Abordnung der Studenten. Das Corps „Borussia" hielt zur Eröffnung der Feier seines 7Sjährtgen Bestehens Abends eine BegrüßuugSknetpe im Hotel „Züm goldene», Stern", seiner früheren CorpSkneipe, ab. * Koblenz, 17. Juni. Rach einem vierwöchigen Aus stand haben die Maurer und Zimmerleute heute die Arbeit unter den alten Bedingungen thetlweisc wieder ausgenommen. "Nürnberg, 17. Juni. Der Prinz-Regent von Bayern bat gestern einen Armeebefehl erlassen, in dem es wörtlich heißt: „Damit der glorreiche Name Weiland Er. Mas. Kaiser Wil- hrlm's I. für alle Zeiten in bleibend sichtbarer Erinnerung in der bayerischen Armee fortlebe, verleihe Ich dem 6. Jnfanterie-Regiment „Kaiser Wilhelm, König von Preußen", den NamenSzug deS höchst- seligen Kaisers." Der Prinz-Regent eignet sich also die Bezeichnung „Kaiser Wilhelm der Große", die der jetzige Kaiser für seinen hochseligen Großvater auch in der Stiftungs urkunde für daS Germanische Museum anweudet, nicht an. * Karlsruhe, 17. Juni. Der „Franks. Ztg." wird von hier gemeldet: Wie wir hören, tritt LandgertchtSpräsident Fieser in Freiburg in den Ruhestand und an dessen Stelle kommt Land gerichtspräsident Weizel, bisher in Karlsruhe. Weitere Ver änderungen in den höheren Richterstellen stehen bevor. ^V. Stuttgart, 17. Juni. (Deutscher GewerkschaftS- congreß.) Nach dem von Legten-Hamburg vorgetragenen Rechenschaftsberichte der Generalcommission beläuft sich die Mitgliederzahl der 57 Centralorganisationen nunmehr auf 686 870, darunter 23 700 weibliche. Sie ist gegen 1900 um nahezu 3000 gesunken. Die Reineinnahme betrug in der GeschästSperiode 1899/1902 214 326 ca. 55 000 wurden für Agitation verausgabt. Zu einer lebhaften Er örterung kam e» über die Streitsache zwischen der General commission und dem Leipziger GewerkschaftScartell. Buchdrucker Lüttich-Leipzig vertheidigte die Haltung deS Leipziger CartellS und warf der General commission vor, daß sie nichts gethan habe, um die Differenzen beizulegen. Redner empfahl dem Congresse bezw. der Generalcommission, mit dem Leipziger Cartell wieder Unterhandlungen behufs einer Verständigung anzuknüpfen. Legien-Hamburg erwiderte, das Verlangen des Leipziger CartellS, nach seinen Wünschen die letzten Congreßbeschlüsse abzuändern, sei „ein Ausfluß des Größenwahns", der in der Seestadt Leipzig bisweilen anzutrrffen sei. DaS Leipziger Cartell brauche sich nur den Beschlüssen deS letzten Congresses zu unterwerfen, dann seien die Meinungsverschiedenheiten aus der Welt geschafft. Nach langer und hitziger Debatte nahm der Congreß mit großer Mehrheit folgenden Antrag an: „Der Congreß überläßt es dem Leipziger Cartell, sich zu neuen Unterhandlungen an die Generalcommifsion zu wenden; letztere ist in diesem Falle angewiesen, in Unterhandlungen rinzutreten, die aus dem Boden der Franksurter Beschlüsse zu führen sind." Die Mehrheit des Congresses hat sich somit auf die Seite der Generalcommission gestellt. — Eine lebhafte Erörterung begann über den nächsten, vom (Jewerkschaftscartell Cassel ausgehenden Antrag, daß die .Centralorganisation der Gewerkschaft Deutscher Buchdrucker" als gleich berechtigte Orgauisation anerkannt werden soll. Um breit- Hamburg, Redacteur deS „KorrespoudenzblattS", eiferte gegen diesen Antrag. RexhLuse r-Leipzig trat seinen Ausführungen nachdrücklich entgegen, wobei er betonte, daß derjAnschluß an eine politische Partei nicht dem Interesse der Gewerkschaften entspreche; die Buchdrucker seien die eigentlichen Träger der gewerkschaftlichen Organisation gewesen, sie hätten prak tische Arbeit und die so mühevolle und undankbare Klein arbeit gethan. Oesterreich - Ungarn. Klofac.Thersides. * Wie«, 17. Juni. Das Abgeordnetenhaus nahm die Fahrkartensteuervorlage unter Ablehnung ver schiedener von der Negierung bekämpfter Abänderungs anträge in allen Lesungen an. Sodann wurden die An träge, nach denen diese Vorlage gleichzeitig mit der Grund- steuerabschreibung, der Mauthenaushebung und der Er höhung der Bezüge der Pensionisten gesetzliche Kraft er halten soll, genehmigt. Kurz vor Schluß der Sitzung kam I es gelegentlich einer Anfrage Klosac ' s an den Präsi denten bezüglich der Beantwortung seiner Interpellation wegen derRededesGrafenBülowim preußischen Herrenhause über die Polenvorlage zwischen den All deutschen und den Tschechisch-Radicalen, welche die Rede Klofac's mit stürmischem Beifall begleiteten, zu heftigen Zusammenstöße»». * Wie«, 17. Juni. Eine heute im Abgeordnetenhause eingebrachte Interpellation Klofac und Genoffen an den Ministerpräsidenten wegen der Rede des Grafen Bülow im Herrenhause anläßlich der Polenvorlage erklärt, die Rede sei eine absichtliche Aufhetzung des deutschen Elements außerhalb -er deutschen Reichsgrenze, und in erster Reihe in Oesterreich, gewesen. Die Interpellation fährt fort: Wenn die österreichischen Staatsmänner bisher zL allen aüS Berlin kommenden Provocationen geschwiegen haben, nach der Rede des Grafen Bülow müssen sie reden, wenn sie nicht durch ihr beständiges Schweige» den Schein erwecke»» »vollen, daß Oesterreich ein Vasall Deutschlands sei. Die österreichische« Staatsmänner müssen die historische Aufgabe Oesterreichs hervorheben, das nur zu dem Zwecke entstanden ist, um durch die gegenseitige Verbindung der einzelnen kleinen Staaten und Nationalitäten aus reichende Kraft zu bekommen, um derer» Existenz und Individualität zu schützen. Die Interpellanten fragen an, ob der Ministerpräsident bezüglich der historischen Auf gabe des Reiches denselben Standpunct einnehme und geneigt sei, ihn öffentlich zu proclamiren als Antwort auf die Worte des Grafen Bülow, die gewiß in erster Reihe nach Oesterreich gerichtet seien. Die Handelsverträge. * Pest, 17. Juni. Abgeordnetenhaus. '(Fortsetzung.) In Beantwortung der In terpellation Kossuth erklärt Ministerpräsident v. Szell, er wolle die Interpellation mit der durch die Wichtigkeit des Gegenstandes gebotenen Vorsicht sofort beantworten. Die Frage de» internationalen Handelsverträge, sagt der Redner, stehe in Verbindung mit der Regelung des Verhältnisse? Ungarns zu Österreich. Die Verhandlungen zwischen Ungarn und Oesterreich hätten jedoch keinen Abschluß gesunden, und wie die Dinge stehen, sei nicht anzunehmen, daß dieselben schon in den nächsten Wochen abgeschlossen sein werden. Im Auslande, fährt der Ministerpräsident fort, und auch bei uns herrscht das Bestreben, die gegenwärtigen Handelsverträge durch neue zu ersetzen; je doch wäre es vorzeitig und es wäre nicht im Interesse des Landes, mich schon jetzt darüber zu äußern, ob Ende December 1902 das Kündigunasrecht dem Auslmrde gegenüber ausgcübt werden soll. Schließlich erklärt Redner, was Lie Verständigung der österreichischen Regierung bezüglich der eventuellen Aus Übung dqs Kündigungsrechts betreffe, so werde die freie Ent schließung des Landes in jeder Richtung gewahrt werden. (Leb Hafter Beifall rechts.) Die Antwort wird vom Hause zur Kennt- n»ß genommen. Frankreich. El« entlassener General. * Paris, '17. Juni. Zu der Angelegenheit des Generals Bonn«! werden folgende Einzelheiten gemeldet: Bonnal hatte vor 18 Jahren eine ziemlich bedeutende Geldstimme erhalten, welche er als ein Ge schenk ansah, während ein Gerichtsbeschluß erklärte, diese Summe sei Bonnal lediglich zur Verwahrung übergeben mit -er Verpflichtung, das Geld zurückzuzahlen. Da Bonnal dies unterließ, strengte die Mutter des minder jährigen Eigenthümers der Geldsumme einen Proceß an. Bonnal wurde zur Rückzahlung verurtheilt, welche jedoch nur in Raten erfolgte. Vor Kurzem wandte sich der in zwischen großjährig gewordene Proceßgegner Bonnal s an -en Kriegsminister, welcher sich veranlaßt sah, die Angelegenheit einem Disciplinargericht vorzulegen. * Paris, 17. Juni. Zum Nachfolger des Generals Bonnal als Director -er Oberkriegsschule ist der Souschef des Generalstabes, General de Lacroix, in Aussicht genommen. * Paris, 17. Juni. Deputirtenkammer. Bei der Prüfung d e r W a h l des im 2. Pariser Arron dissement gegen Mesureur gewählten Syveton ent spann sich eine lebhafte Debatte. Schließlich nahm die Kammer mit 314 gegen 216 Stimme»» eine Resolution an, welche besagt: Die Kammer mißbilligt die von der „Ligüc de la Patric Fran«aise" geführte un patriotische und antifranzösische Verleumdungscampagne und hat in Folge dessen beschlossen, eine Untersuchung über die Wahl Syveton's einzuleiten. * Paris, 17. Juni. Nach Schluß der heutigen Kammer sitzung kam es in den Wandelgängen -es Hauses zu einem heftigen Wortwechsel zwischen Syveton und Mesureur, in Folge -essen Beide sich ihre Zeugen zu schickten. Italien. Postdienst und Politik. * Rom, 17 Juni. Deputirtenkammer. Bei der Berathung des Postbudgets hielt Minister Galimberti eine längere Rede, in welcher er, in Beantwortung mehrerer An fragen, Vergleiche zwischen dem Postdienst Italiens und anderer Länder zog. Der Minister fügte hinzu, er werde inner halb seines Ressorts niemalsAusständedulden, auch nicht zulassen, daß seine Beamten politischen Vereinen ange hören, welche mit den staatlichen Einrichtungen im Widerspruch stehen; er verlange von seinen Beamten Achtung vor dem Ge« setze. Die Rede wurde mit großem Beifall ausgenommen. Großbritannien. Befinden des Königs; Krönnngsfeier; Wünsche der Colonien. * London, 17. Juni. Der König fuhr heute Nach mittag im geschloffenen Wagen spazieren, er zeigte ein ge sundes Aussehen. Zu Mittag wartete sie auf ihren Vater, er kam nicht. Das war noch nicht passirt, wenigstens hatte er sich vorher entschuldigt. Nun wußte sie bestimmt, daß di« Würfet fallen mußten. Sie saß, in dumpfes Brüten versunken, als gegen zwei Uhr die Klingel gezogen wurde. DaS Mädchen öffnete, sie horchte auf. Der Vater war «S nicht, wohl aber war eS Fräulein Klara Heger. Luch di« noch, in dieser Stund«! Man sah ihr di« Eile an, mit der sich die alte Jungfer auf getakelt hatte. Nichts saß ordentlich. Luschig hingen einige Haar« in Len Hals, die Schleife war zerknittert, di« Jacke nicht straff gezogen. Unwillkürlich mußt« Minna diese» armselig«, liebebSditrftig« Wesen mit der Erscheinung Margot'S im Cur- garten vergleichen, und dabei fing sie an, sich an ihre- VatrrS Still« zu fühlen. „Meine Best«, Liebste, habe ich nicht neulich meine Noten hier g« lassen?" „Nicht, daß ich wüßte, wenigstens habe ich kein« gesehen, doch ich will einmal da» Mädchen fragen", Minna griff nach der Klingel. „Nein, lassen Sie nur, «S hat auch Zeit waS ich sagen wollte, ich störe doch nicht? .... Herr Friedrich schläft wohl «in bischen", fügte sie lauernd hinzu. „Nein, mein Vater ist gar nicht da, er kann daher nicht schlafen. Wünschen Sie etwas von ihm? . . . „Ach, nein doch .... Mein Neffe sagte mir, daß «r ihn heut« Mittag in der Karserstraß« aber, lieber Gott, das geht mich ja gar nichts an . . . ." Was? in der Kaiserstraßt grsehtk» hätte." „Ist das schlimm und auffallend? . . . ." „Nein", Fräukin Heger wurde verlegrn. „Nun?" forschte Minna weiter. „Ach, es ist ja nicht» ... der dumm« Junge hat da etwa» Erzählt . .. ? Der dumm« Jung« hatte im Frühling Minna «inen Heiraths- antrag gemacht, sie freut« sich, daß ft« ihn hatte so gründlich ab blitzen lassen. „Aber, Fräulein Heger, kommen Sie doch zur Sache . . . sie inkeressirt mich." Sie faßte wieder Muth. „Man hat Herrn Friedrich mit einer sehr schönen Dame in der Kaiserstraße spazieren gehen sehen." „Nun?" „Ja, nun?" „Was ist dabei, weshalb spricht man varüber, kann mein Vater nicht mit einer Dame n» d«r Kafferstrahe gehen?" Das Fräulein war sichtlich betroffen. Man munkelte allerlei von einer Wieder-verheirathung Friedrichs. Clara Heger nahm eine hoheitsvoll« Haltung an, wie sie einer verschmähten Liebe würdig ist. „Das sei ferne von mir, liebes Fräulein, daß ich mir erlaube, darüber zu fpnchen. Ich kam nur zufällig darauf. Also, meine Noten sind nicht da; vielleicht habe ich sie wo anders liegen lassen." „Das wird wohl so sein", meinte Minna sehr kühl. ES ent stand rin« Pause, während 'welcher Mnna gelangweilt zum Fenster hinaussah. „Dann will ich nur gehen. Leben Sie wohl, besks Fräulein." „Adieu!" Minna blieb allein. Eine tiefe Bekümmerniß beschlich sie. Zu einer Aussprach« mußte es heute kommen. Merkel's Brief hatte ihr Muth gemacht, und -der Besuch des Fräulein Heger ihn ge- sväritt. Wenn jetzt schon, am ersten Tage, die Leute über die Person sprachen, was sollte dann später vveöden. Merkel täuschte sich gewiß nicht, und es war nur schlimm, daß der einzige Mann, den sie vielleicht zu Hilfe hätte ziehen können, auf Seite ihres Vaters war. Der .Polizeirath benahm sich geradezu scheu gegen sie, er behandelte sie mit Aufmerksamkeit, aber auch mit einer kühlen Höflichkeit, von der Minna fühlte, daß sie künstlich war. Nur einige Mal« waren sie zusammengrkommen, und dann nur flüchtig, und während dieser Zusammenkünfte hatte es ihr geschienen, als ob er mit Gewalt an sich halten müßte, nicht lebhaft zu werden, weil er sich sonst etwas vergeben könnt«. Und das war ihr nicht gleichgiltig. Vr. Krüger gefiel ihr, gefiel ihr besser als Merkel, und wenn sie sich zu Letzterem mehr hingezogen fühlte, so ge schah dies, weil sie ihn besser kannte, weil sie mit ihm viel g«- sprochen und seinen edlen Charakter kennen gelernt hatte. Wi« gut war es von ihm gewesen, daß er sie sofort von Margot'S Treiben benachrichtigt«, und doch wi« so sehr kühl war dieser Brief, nicht eine freundschaftlich« Wendung darin, viel weniger war von Liebe die Rede. Und sie braucht« so sehr die LiA>e. Ihr Herz war zum Springen voll von Sehnsucht nach Liebe, und je kühler sie sich nach außen gab, desto glühender brannte eS im Innern. Seit st« nicht mehr in Haus und Hof hantirte, war sie eine Andere geworden, und die Langeweile gab ihr manchen Ge danken ein, der früher durch die häusliche oder Gartenarbeit gar nicht aufgetaucht war. Damit entschuldigt« si« auch die Leiden schaft ihres BaterS. Da klingelte es. Das mußt« ihr Vater sein. Er war es. Ein wenig aufgeregt vom Wein, noch mehr von der Entscheidung, die fallen sollt«, kam er herein. Er stellt« seinen Stock in L« Ecke und legte den Hui auf den Tisch. „Gut«n Lag." „Guten Tag, Vater, willst Du nicht lieber, wie sonst, Deinen Hut draußen ablegen?" „So, habe ich ihn mit hereingebracht? Nun, laß ihn liegen." „Du warst heute nicht zu Mittag da, -hast Du auswärts ge gessen?" „Ja." „Was war «denn Besonderes los?" „Ich werde jetzt öfter auswärts essen . . . „So, warum denn?" „Nun .... nun .... damit Du «S weißt, Margot ist da." „Margot? .... die Person aus Baden-Baden?" „Die Person ... das verbitte ich mir. Ich muß Dir jetzt be stimmt erklären, daß ich mich entschlossen habe, sie zu Heimchen." „Du scherzest, Vater." „Ich scherz« durchaus nicht!" „Aber Vater, ich will Dich gewiß nicht hindern, «wenn Du Dich verheirathen willst, ich kann es auch gar nicht, aber «bedenke doch, dieses Mädchen mit der Vergangenheit . . . ." „Mnna", brauste der Alte auf, „schon einmal «habe ich Dir gegenüber mein« Braut vertheidigt. Ich verbiet« Dir «in für alle Mal, von ihr in einem solchen «despectirlichen Tone zu sprechen. Das Mädchen ist höchst anständig, und damit basta." „Vater, laß uns in Ruhe reden. Du weißt, wa» mir Merkel gesagt hat." „Haha, Merkel. Dein schwindsüchtiger Referendar. Er hat sie verleumdet, durch und durch verleumdet. Du wirst Loch zu gestehen, «daß der Polizeirath auch ein Auge hat, und der hat alle dies« Bedenken für Luftzebilde erklärt." „Doctor Krüger ... der Polizeirath . . . sollte all« diese Bedenken für selbsterfunden erklärt haben. Nimmermehr . . . daS kann nicht sein." „Ganz gewiß", und Friedrich pocht« lachend aus die Zeugnisse, „«» ist Alles Larifari, das Merkel geschnackt hat. UebrigrnS, es ist abgemacht, daß wir in vier Wochen Heimchen." „Der Polizeirath sollte Dir zu dieser Heiraih zugeredet haben . . . . »ch kann es nicht glauben. Ich muß ihn darum auf all« Fäll« fragen." Ihre Gedanken nahmen plötzlich «ine andere Wendung. Die Heirath ihres Dakr» kam erst in zweiter Lknre, für sie war es «in Räthsel, «weshalb Krüger dem Vater zugeredet haben sollte. Eine Finte Friedrich'» konnte es nicht sein, denn sie konnte sich ja sofort vom Gegentheil überzeugen. Dies« Haltung Kruger'- nahm alle ihre Sinne in Anspruch. Sie fuhr daher in emem fast sanften Ton« fort: „Lieber Dat«r. Bitte, laß mich heute uni der Sache in Ruhe. Ich will nichts mehr gegen di« ganze Sach« sagen, wenn Du mir versprichst, daß Du nichts übereilst! Warum in vier Wochen. Wart« doch acht Wochen. Sieb' mal, ich muß mich doch auch erst nach einer Unterkunft für mich umsehen." „Was, was? Wo willst Du denn hin?" „Eine erwachsene Tochter, die bald so alt ist, wie ihre Mutter, Würde doch etwas das junge Glück stören." Friedrich überhörte den ironischen Ton, und nach einigem Zögern antwortete er, froh, über alle Klippen hinweg zu sein: „Es ist mir zwar nicht recht, daß die Hochzeit so lange hinausgeschoben wird, allein, Du hast Recht. Ich dachte freilich, Du könntest bei uns bleiben, oder besser, ich könnte Margot gleich hierher nehmen." „Hierher nehmen? ...." „Wenn wir getraut sind .... aber vielleicht ist es besser, Du behältst die Wohnung und wir suchen uns «ine andere." „Oder umgekehrt; Du behältst sie und ich suche mir etwas." „Wie Du meinst. Ich muß Margot einmal mit hierher bringen, damit sie sich di« Wohnung ansieht." „Dann hast Du wohl die Güt« und sagst eS mir vorher." „Wenn Du es durchaus verlangst . . ." Damit war die Unterhaltung zu Ende und Friedrich ging in sein Zimmer, um zu schlafen. Er war den Champagner am Mittag nicht gewöhnt. Minna setzt« sich sofort hin und schrieb an Merkel einige Zeilen, ihr doch irgendwie bestimmte Angaben über das Vor leben Margot'S zu verschaffen, ihr Vater sei fester als je ent schlossen, sic zu seinem Weibe zu machen. Auch sonst suchte sie nach Hilfstruppen. Mehr als sonst kam ihr jetzt zum Be wußtsein, wie vereinsamt sie doch war, und manchmal weinte si« darüber heiße Thränen. In Oelz hatte sie schließlich auch keinen Umgang gehabt; aber sie ging doch einmal zu den Nach barn, zu ihrem Onkel Horn und erzählte sich etwas mit ihm. Jetzt, da ihr Vater sich fast gar nicht mehr sehen ließ, überlegte sie, ob si« nicht einmal Horn aufsuchen solle, indessen sie verwarf den Plan sofort. Zwar war Horn der letzte, auf den ihr Vater hören würde, und wenn sie «S recht bedachte, begrgnete sie da draußen doch nur der größten Verständnißlosigkrit. Man würde ihre Beweggründe einzig und allein in dem durch die Heirath geschmälerten Vermögen suchen, für da» Mißverhältniß zwischen der socialen Stellung der beiden Verlobten hatten die auf dem Dorfe kein Derständniß, höchstens dafür, daß Margot arm war. Schließlich waren sie wohl auch noch schadenfroh. Nein, zu Horn» ging sie nicht. (Fortsetzung folgk.)
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