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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.05.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030526026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903052602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903052602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-26
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3802 datz man zu einer befriedigenden Lösung der Krage ge langen werde.' indessen meinte er, es sei zu bedenken, datz auf britischer wie auf gegnerischer Leite je drei Delegierte, aber kein Schiedsrichter vorhanden sei, und datz deshalb mit einem Mißerfolge der Verhandlungen gerechnet werden müsse, falls eine Einigung in den wesentlichen Punkten nicht erzielt werd«. Immerhin werde der inner halb der Kommission erfolgende MeinumiSauStausch zur Klar-stellung der Sachlage beitragen, indem man im Zu- iammenhang« und ausführlich die Gründe kennen lernen werbe, welche die Vertreter der beiden Nationen für die Geltendmachung ihrer Forderungen in Anspruch nehmen. Danach zu urteisen, scheint also auf britisch-kanadischer Seite die Absicht zu bestehen, den Vertretern der Ber einigten Staaten gegenüber die Interesse n Vrittsch, Nordamerikas unter allen Umständen zu wahren. Auch mehrere andere aktuell« Fragen, die für die gegen- wärtige und zukünftige Wirtschaftslage Kanadas nicht ohne Bedeutung sind, berührte der kanadisch- Minister wenigstens mit einem Worte. So erklärte Mr. Sifton, wenn auch noch auf lange Zeit auSgiebig Land „u An- siedeluugSzwecken vorhanden sein werde, so lasse doch schon der gegenwärtigeStandberProduktionin Kanada die Möglichkeit zu, das englische Mutterland auf zwanzig Jahre hinaus mit Weizen und Mehl zu ver sorgen, zumal schon jetzt mehr als der sechste Teil deS in England konsumierten Weizens auS Kanada importiert werde. Die Frage der Erricht» ng eineSSchnell- bampferdiensteS zwischen England und Kanada beleuchtete Mr. Liston dahin, baß gegenwärtig ein wesentlicher Teil der zur Verschiffung gelangenden kanadischen Ausfuhrgüter ihren Weg über die Häfen der Bereinigten Staaten nehme, daß aber die kanadische Re gierung energisch und erfolgreich bestrebt sei, die Ver kehrsmittel im Innern des Landes in umfassender Weife zu entwickeln, sodaß in naher Zukunst die Notwendigkeit, einen Schnelldampferdienst für den Frachtverkehr von Kanada nach England einzurichten, sich von selbst ergeben würde. Deutsches Reich. I.. Leipzig, 26. Mai. Der Trakehner Schulprozeß kam beute vor vem 2. Strafsenate de« Reichsgerichts zur Verhandlung. Vom Landgerichte I in Berlin find am 24. Oktober v. I. wegen Beleidigung de« LandÜallmristerS von Dettingen in Trakehnen verurteilt worden der SanitLtsrat vr. Paalzow zu Berlin zu SOO Geld strafe und der Lehrer Otto Nickel zu Trakehnen wegen Beihilfe dazu zu 200 -äl Geldstrafe. Da Or. Paalzow am 5. April d. I. gestorben ist, kam nur die Revision des Angeklagten Nickel zur Verhandlung. Der Verteidiger, Rechts anwalt Sonnenfeld aus Berlin, suchte darzulegen, daß nicht 8 l85, sondern l86 hätte zur Anwendung kommen müssen, und betonte insbesondere, daß seinem Klienten der Schutz des tz 193 hätte zugebilligt werden müssen. — Der Reichs anwalt beantragte dagegen di« Verwerfung der Revision, ea es sich bei der Haupttat nicht um die Behauptung von Tatsachen, sondern nur um abfällige Urteile handle. Auf den Schutz deS H 193 habe Nickel keinen Anspruch, weil der Haupttäter, wie einwandfrei festgestellt sei, berechtigte Inter essen nicht habe wahrnehmen wollen, Nickel auch von dem inkrilninierten Artikel Paalzow- vor dessen Veröffentlichung Kenntnis gehabt habe. Das Urteil lautete jedoch aus Aus hebung deS landgerichtlicheu Erkenntnisses — und Zurück verweisung der Sache an die Vorinstanz. DaS Reichs gericht war mit dem Verteidiger der Meinung, daß in der bloßen Mitteilung einzelner Tatsachen am Paalzow keine Beibülse zu den von diesem ausgesprochenen verallgemeinern den Vorwürfen zu erblicken sei. Berlin, 25. Mai. (Die katholischen Geist lichen als Wahlagenten und Wahlagita- torendesZentrums.) Als typisch für die Art und Weise, wie das Zentrum die katholische Geistlichkeit in den politischen Dienst, vor allem in den Dienst der Wahlarbeit stellt, mag ein Rundschreiben deS ZentrumSwahlcomites des 1. badischen Wahlkreises an die katholischen Geistlichen dieses Bezirks gelten. Gs werden darin dem Geistlichen einige Duyende von Aufträgen gegeben, die er im Inter esse des Zentrums-Kandidaten auszuführen hat, ungefähr folgenden Inhalts: „Bestellen Sie sofort Vertrauens- männer, beraten Sie allwöchentlich mit diesen über die Situation, verteilen Sie die Rollen für die Agitation von Mann zu Mann und für da- Beiholen der Wähler, schreiben Sie die Wählerliste ab, errichten Sie ein Haupt- quartier, informieren Sie die Vertrauensmänner, datz Sie die Verantwortung für das Wahlergebnis über nehmen, berichten Sie über die Stimmung in Ihrer Ge meinde für unfern Kandidaten Hug, berichten Sie stets über alle Aktionen der Gegner" usw. In dem diesem Rundschreiben beigefügten Fragebogen werden die Geist lichen auch befragt, ob sie sich der Mühe unterziehen, di« W a h l z e tt e l s e l b st von Hau» zu HauS zu kragen und den Zentrumskandidatcn zu empsehlen. Dazu wird be merkt: „Biele geistliche Herren tun dies sehr verdienstlich« Werk."! — Man kann nach dieser politischen Tätigkeit, die das Zentrum seiner Geistlichkeit für die Wahlagitation zu mutet, einigermaßen beurteilen, wie viel Zeit und Sinn den katholischen Pfarrern noch für die Seelsorge übrig bleibt. Und dabet wirb vom Zentrum noch immer be hauptet, die katholische Geistlichkeit beeinflusse die Wahlen nicht! * Berit«, 25. Mai. (Der Reichskanzler und das deutsche AuSlandSschulwestn.) Graf Bülow hat wiederholt seinem Interesse für das deutsche AuSlandSsckul» wesen Ausdruck gegeben. Man erinnert sich wohl noch seines Schreibens über die Bedeutung der AuSlanbSschulen an den Vorsitzenden des Verbandes deutscher Schulen in Rumänien. Der Verband hielt dieser Tage in Bukarest sein« zweite Jahreskonferenz. Bei der Gelegenheit wurde ein Schreiben an den deutschen Reichskanzler gerichtet, in dem eS heißt: Ew. Excellenz spricht die heute hier taqende zweit, Konferenz deS Verbandes der deutschen Schalen Rumäniens ihre« lebhaften Dank au« für da« Überaus große Interesse Sw. Excellenz an der Entwickelung der deutschen AuSlandtschuleo, da« in dem an den Vorsitzenden de« verbände« gerichteten Schreiben Sw. Excellenz vom 15. Mai v. I. zum Ausdruck kommt, sowie für di« Erhöhung de« ReichSsond« zur Unterstützung deutscher Schulen im Aurlande auf 400 000 ^l, die durch jene« Interesse Ew. Excellenz vrranlatzt worden ist und unsere im vergangenen Jahre vorgetragenen darauf bezüglichen Wünsche zu einem guten Teile verwirklicht. Im An schluß au unsere heutige Tagung bitten wir um di« Erlaubnis, Ew. Excellenz di« ergebenste Bitt« zu uuterbreitrn: „Ew. Excellenz wolle den Vorständen der deutschen Schulen im Au«laode die schwere Sorg« der Beschaffung tüchtiger Lehrkräfte erleichtern durch dir Einrichtung eine« „Melde amte« für deutsch« Hchuleo'tm AoSlaud". Diese« Amt, dessen Verwaltung vielleicht dem Referenten de« Au«wärtig»u Amte« für Schulsachen zu übertragen wäre, hätte etnerseit« di« Meldungen derjenigen Lehrkräfte aller Bauderstaaten, di« ihrem Baterlaude an Au«land«schulen dienen wollen, zu sammeln und zu prüfen, sowie audersett« de« Schulvorständen, die darum bitten, geeignete Lehrkräfte vorzuschlagea, derea Beurlaubung bezw. Entlassung bet ihren Behörden zu vermUtelu und für di« spätere Wiederaustelluog im heimischen Schuldienst« di« erforderlichen Schritte einzulriten." Inzwischen ist freilich bereit« in zweifacher Weise für ein solche« Meldeamt gesorgt. Offiziell versorgt da« preußische Kultusministerium die deutschen AuSlanvsschulen, die sich melden, mit Lehrkräften, privatim tut da- die Lehrervermitt- lung-stell« des Deutschen AuSlands-SchulvereinS (Berlin, Land- grasenstraß« 7), dir ebenfalls in den Stand gesetzt ist, über die Tüchtigkeit jedes Bewerbers zuverlässige Auskunft zu geben, und bereit« über 400 Bewerbungen entgegengenomnien hat. Beide Systeme, das osfizielle wie das private, haben ihre Vorteile. Doch zeigt sich bereits jetzt die Notwendigkeit, da- Vermittlung-Wesen nicht zu sehr zu dezentralisieren. — Wie verlautet, hat der Kaiser den Reichskanzler Grasen v. Bülow auf der Romfahrt zum Domherrn von Brandenburg ernannt. Di« Einführung de- Kanzler- in diese Würde soll in dem End« Dezember abzuhaltenden Domkapitel statlsinderr. Dem Grafen Caprivi war bekannt lich gleichfalls eine solche Sinekure verliehen worveu. — Den „Berliner Neuesten Nachrichten" wird au- Metz noch ein bisher nicht bekannt gewordener Passus au» der Rede des Kaisers au da« Offizirrkorp« de« 16. Armeekorp- über daö Scheiden des Grafen Haeseler mitgeteilt. Danach hat der Kaiser zum Schluß seiner An sprache gesagt, er habe kaum einen Manu kennen gelernt, der so wie Graf Haeseler durch und durch Soldat und nur Soldat war, einen Man« von so hoher und vornehmer Gesinnung, der manchem in der freigebigsten Weift feine Hülfe geliehen habe. — Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, welche zur Zeit noch in Frank furt a. M. weilen, begaben sich gestern von dort nach Schloß Friedrichshof bei Cronberg, dem ehemaligen Witwensitz der verewigten Kaiserin Friedrich, wo sie dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich Carl von Hessen einen Besuch abstatteten. Von hier aus beabsichtigen der Erbprinz und die Erbprinzesstu nach Darmstadt zu reisen, um dem Großherzog Ernst Ludwig von Hessen ihre Aufwartung zu machet». — Dir Ehe deS Grafen Pückler in Kletn-Tschirue wurde auf Antrag der Frau de« Grasen nach 8 1566 de« Bürger lichen Geletzbuchr« vom Landgericht geschieden. -- Einem Beschluss« de- preußischen Staatsministeriums entsprechend, sind die Ressortminister ersucht worden, durch geeignete Anordnungen dafür Sorg« zu tragen, daß bei den bevorstehenden Reich-tag«wahlen den Beamten ihre« Ressorts die Ausübung de- Wahlrechts an den Tagen der Haupt», Stich- und Nachwahlen möglichst erleichtert werd«. — Nack einem Telegramm aus Sbangbai sind am 24. Mai an Bord des Lloybvampfers „Zielen" acht Zög linge der Militärschule in Nanking unter der Führung de« Instrukteur- Tettenborn nach Deutschland abgegangen, wo sie ihre militärische Ausbildung erhalten sollen. (Köln. Ztg.) — Kaplan Dasbach hat nunmehr drei katholische und drei evangelisch« Univrrsitätsprofefforen al» Mitglieder de« Schiedsgerichts in seinem Streike mit dem Grafen HoenSbroech ernannt — Der „Hamb. Korresp" erklärt: Bon den vier großen Propheten, deren Standbilder das neue Portal des Meyer Dom«« zieren, trägt Daniel die GesichtSzüge Kaiser Wilhelm« II. ES war in der Presse behauptet worden, daß der Bildhauer vou diesem seinem Einfall dem Kaiser vor der Aus führung Mitteilung gemacht und daß der Kaiser au-drücklich seine Zustimmung erteilt habe. Das ist, wie wir hören, falsch. Ter Kaiser hat von der Idee deS Künstler- keine Kenntnis gehabt, er hat bei der eingehenden Besichtigung der Statuen nach her Ent- hüllung de- Portal« von der Besonderheit der Gesicht-züge Daniel« nichts gemerkt und ist von der Tatsache völlig überrascht worden. — Der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Freiherr Mar schall von Bieberstein, ist mit seiner Familie aus seiner badischen Besitzung Neuer-Hausen bei Freiburg eingetroffen, wo er den ihm au» Gesundheitsrücksichten bewilligten Urlaub zu ver- bringen gedeukt. — Der Armrebischos Or. Johanne- Atzmann ist in Ahrweiler an Lungeuentzündung sehr schwer erkrankt. — Hier angrkommen ist Fürst zu Hohenlohe-Langen- bürg, der Statthalter von Elsaß-Lothringen, aus Straßburg kommend und hat im Hotel Bristol Wohnung genommen. Heute morgen ist er sodann nach Stettin abgereist. — Staat«minister v. Koeller ist au« Straßburg hier eingrtroffen. — Der hiesig« badische Ge- sandte vor» Iagemann hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit wird er vou dem badischen stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat, Ministerialdirekter Scherer vertreten. — Der hiesige portugiesische Gesandte Vicomte d« Pin- della hat sich nach Lissabon begeben. Während seiner Abwesenheit wirkt der Üegatton-rat Baron von Sendal al- interimistischer Geschäftsträger. * Ja Münster ist bekanntlich Frhr. v. Hertling vom Zentrum al- ReichStagSkandidat aufgestellt worden, weil ihn die Bayern nicht mehr haben wollten: er war ihnen zu vor nehm. Jetzt muß der Professor also in Münster kandidieren und fleißig Wahlreden halten. Bei einer solchen Gelegenheit erklärte er neulich über die Heere«- und Marine forderungen: „Nachdem wir nun einmal in den Weltwettbewerb durch die moderne Entwicklung hineingezogea worden sind, können wir nicht umhin, eine ansehnliche Macht dahinter zu stellen. England würde den Weltmarkt nicht erobert haben, wenn es nickt zugleich über dir stärkste Flotte geböte. Deshalb dürfen wir nicht ohne weiteres sagen: Wir haben keine so mächtige Flotte, kein so starkes Heer nötig. Die Forderungen für Marine und Heer beruhen auf keiner Laune deS Herrschers, sondern es handelt sich dabei um unsere Existenzfrage." Bezeichnend ist auch folgender Satz: „Eine kleine Minorität kann sich wohl den Luxu« gestatten, immer nein zu sagen, denn da kommt diese Abstimmung nur in den stenographischen Bericht und ist weiter ohne Bedeutung. Eine große maßgebende Partei aber, dir berufen ist, den Aus schlag zu geben, kann sich einen solchen Luxus nicht gestatten; denn bei ihr wäre das kein Luxus mehr, sondern rin Spiel mit dem BolkSwohl. Da» Zentrum wird e« sich also versagen müssen, au» PopularitätShascherei neia zu sagen." Nach diesen Worten begreift man, daß Freiherr v. Hert- ling im bayerischen Zentrum sich ganz unmöglich gemacht hat. — Ferner teilte Professor v. Hertling eine Aeußerung de« Kaiser- über konfessionelle Streitigkeiten mit. Danach soll der Kaiser zu Herrn v. Hertling in einem Gespräche gesagt haben: „Wir können un« dock nicht wie unsere Altvordern wegen religiöser Fragen die Köpfe ein- schlagen, wir müssen friedlich mit einander leben." * Göttingen, 25. Mai. Der Geheime Regierungsrat Diete rich«, sriurr Zeit Finanzministrr im ehemaligen Königreiche Hannover, ist hier gestorben. * Weimar, 25. Mai. Der Groß Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar und feine junge Gemahlin baden, wie schon gemeldet, seit einigen Tagen, von Schloß Hein rich au in Schlesien kommend, in Wien Aufenthalt ge nommen. Bei ihrer Ankunft daselbst, die im strengsten Inkognito erfolgte, hatten sich nur der deutsche Botschafter Graf Wedel und di« übrigen Herren der deutschen Botschaft aus dem Westbahnhofe zur Begrüßung eingefunden. Der Großherzog und die Großherzogin werden demnächst wieder nach Schloß Heinrichau zurückkehren und Eude dieser Woche zu einem kurzen Besuche auf der großhrrzoglichen Besitzung Racot im Kreise Kosten eiutreffen, von wo auS am ersten Pfingstfeiertage die Abreise nach Weimar er folgen wird. * Köln, 25. Mai. Der Erzbischof von Köln erhielt durch den KardinalstaatSsekretär Rampolla da« Billett übersandt, in welchem die „schon von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser dem Herrn Erzbischof übermachte Mitteilung auf Befehl de« h. Vater« er neuert wird", daß nämlich der Papst in dem nächsten, Milte Juni statlfiubenden Konsistorium den Erz bischof von Köln zum Kardinal der römischen Kirche erheben wolle. Der Erzbischof wird zugleich auf gefordert, demnächst die Romrclfe anzulreten, um persönlich dem Konsistorium beizuwohncn und den KarbinalShur zu empfangen. Die Abreiie nach Rpm wird vorauSstckllick schon am Montag, den 8. Juni, stattfinden.— Sämtliche Weber der Bedburger Wollindustrie haben die Kündigung eingereichl, weil die Direktion sich weigerte, den von den Webern geforderten Lohnlaris einzujübre». Darausbin hat die Direktion nunmehr die übrigen Arbeiter der Spinnerei und Linoleumfabrik entlassen. — AuS Neustadt a. d. H, 25. Mai, wird den „Münch. N. N." gemeldet: Eine imposante Protestversammlung gegen dir Wiederzulafsung der Jesuiten hatten heule die evangelischen Männer der Pfalz veranstaltet. In Gegen wart von über viertausend Personen hielt Professor Böhtlingk eine Rede. Eine Resolution an den Bundes rat und daö preußische StaalSminislerium fand begeisterte Zustimmung. D Karlsruhe, 25. Mai. Der Groß Herzog und die Großherzogin empfingen heule mittag den deutschen Bot schafter in Madrid v. Radowitz und Gemahlin- Später wurden General-Feldmarschall Graf Waldersee und Ge mahlin empfangen, die auch an der großberzoglichen Früh- stückstafel teilnahmen und nach derselben nach Baden-Baden zurückreisten. Spanien. Prinz Heinrich von Preußen * Madrid, 25. Mai. Prinz Heinrich von Preußen stattete beute in Begleitung des Admirals Camara den Insantinnen Isabella und Eulalia Besuche ab und begab sich sodann auf die deutsche Botschaft. Abends fand im Schlosse eia Festmahl statt, an dem sämtliche Mitglieder der königlichen Familie, die Minister und andere hervorragende Persönlich keiten teilnahmen. Nachmittags hatte der Piinz das Waffen museum, sowie daö Kunstmuseum besichtigt, eine Sitzung deS Senat« besucht und dann mit dem König zusammen dem Wettrennen deigewobnt. Morgen wird Prinz Heinrich die militärischen Anstalten besuchen. Großbritannien. * London, 26. Mai. Der deutsche Botschafter Graf Wvlff-Metiernick 'st beute abend zurückgekehrt. Orient. Aalkanunruhen. * Konstantinopel, 25. Mai. Nach den Angaben der Pforte hat am Freitag zu Smerdec, im Kreise Castoria des Vilajets Monastir, ein gröberer Kamps mit einer bulgarischen Bande stattgefunüen, die vernichtet wurde. LMerr. Revolution; Kriegsentschädigung; Mandschureisragc. * Peking, 25. Mai. Das chinesische Auswärtige Amt hat die Nachricht erhalten, dab der A u s st a n d i n B ii n - nan nicht ernst sei; die Behörden seien vollkommen im stände, die Bewegung zu unterdrücken. Auf der französi schen Gesandtschaft wird diese Auffassung geteilt. — Der englische Vorschlag, demzufolge die chinesische Entschädi gungszahlung während eines bestimmten Zeitraumes auf der Silberbasis erfolgen soll, hat nicht die Billi gung der anderen darüber befragten Negierungen ge funden. — Der Vizekönig von Wu - tschang, T s ch a n g - t sch i - t u n g, hat sich einige Tage in Peking aufgehalten, wo er sich mit der Kaiserin - Mutter über die Frage der Entschädigungszahlung und die Mandschureifrage besprach. Korea und die fremden Mächte. * Aokohama, 25. Mai. Nach einem Telegramm auS Söul hat die koreanische Regierung die Behörden in Wiju angewiesen, diejenigen Koreaner verhaften zu lassen, die bei dem Verkauf von Grundstücken und Gebäuden an Russen oder Chinesen beteiligt seien. Amerika. Streikfolge«. * New Bork, 25. Mat. Die Zahl der infolge der Aus stände und Aussperrungen in New Bork und Umgebung beschäftigungslosen Arbeiter wird auf 200 000 geschätzt. deutlich hörte Marianne daraus den leisen Aufschrei be leidigter Liebe. „Und glauben Sie, daß die Vorsehung, die so wunder bare Wege geht, Remmingen ganz umsonst in unsere Nähe führte, völlig zwecklos die Vergangenheit heraus berief ?" „Sie und er sollten sich finden, Marianne. Ist das nicht Zweck genug? Die Macht der Persönlichkeit übt einen wundersamen Zauber auf den Menschen, wischt so Vieles fort in einem Augenblick, was Jahre aufgebaut. Wäre Berning so plötzlich gestern mit thm vor mich hin getreten, hätte ich sein Gesicht gesehen, seine Stimme ge hört, vielleicht wäre alles anders, ganz anders gekommen. Mein Herz allein hätte gesprochen, mein Verstand wäre nicht zu kalter Ueberlegung gekommen. Aber Sie seben, das Schicksal hat es nicht gewollt, »lnd alles mutz bleiben, wie eS war! Sie haben ja gehört, wie fremd die Heimat ihm geworden ist, daß er nicht zu bewegen ist, zu kommen. Wir sind getrennt, und wir werden es auch bleiben!" Damit stand sie auf und ging tief inö Dnnkel des Zimmers hinein, damit Marianne die verräterische Träne nicht sehen sollte, die sich zwischen den langen Wimpern hinburchstahl. Aber schweigend blickte die Freundin ihr nach, und ein feines Lächeln glitt leise um ihren Mund. Sie hatte einen Plan gefaßt, den sie ausführen wollte, so schnell als möglich, und den sie nur noch mit Rem mingen besprechen wollte. Daß dieser morgen so früh als nur irgend schicklich kommen würde, davon war sie fest überzeugt. * * * Auf der marmornen Terrasse, die in den dämmerigen Garten hinausführte, saß Reinhardt der Fürstin Rognt gegenüber. Seit vier Tagen war das Porträt fertig. Sie hatten nun mehr Zett als bisher, mit einander zu plaudern. Man konnte es weder dem Künstler, noch dem Menschen verdenken, wenn er diesem holdseligen Ge- schöple gegenüber nicht» weniger al« empfindungslos blieb. Er hätte von Stein fein müssen, wenn nicht endlich in seinem Innersten eine Klamm« emporgelodert wäre, die allmählich sein ganzes leidenschaftliches Naturell in heißem Brand entzündete. Maddalena lag in einem sptyenbcsctzten Gewände -urückgelehnt in die weichen Seidcnkiflcn des antiken ArmftuhleS, und da verwöhnteste Malcrauge hätte sich keinen herrlicheren Vorwurf denke»» können. DaS reiche, fast blauschwarze Haar, in dem eine dunkle Rose glühte, umrahmte da» sinnlich-süße Gesicht mit dem südlichen Teint, den vollen, letchtgeschwungenen Lippen und der feinen Nase ver jungen Römerin. Die großen Augen mit dem leuchten den Perlmutterglanz schienen jeden Augenblick in ihrem Au-bruck zu wechseln, und die geschmeidige Lebhaftigkeit ibre» Wesen- warb dennoch durch die wahrhaft klassische Vornehmheit der Bewegungen harmonisch gemildert und streng in den Rahmen deS tadellos Schönen gebannt. Wie wunderbar sie zu lächeln verstand, während sie plauderte — und doch hatte diese- Lächeln etwa- Eigen artiges, etwa- so ganz Andere-, al» da- Lächeln deutscher Frauen. „Sie müssen sich endlich einmal losmachen" sagte sie, „von all dem, was Ihnen lähmend im Blute steckt, liebster Berning, ich möchte eS da- „schwerblütig Germanische" nennen! Das Wort darf Sie nicht beleidigen, aber es ist tatsächlich etwas Typische-, da- wie Blei an fast allen hängt, die über die Alpen zu un- herüberkommen. Wir lebe», hier anders, von Kindheit an, al» Ihr, »vir sind alle mit ganz anderen, ich möchte sagen, sonnigeren Anschau ungen groß geworden und empfinden naturgemäß letmter, impulsiver, genußfreudiger. Wir sezieren nicht so ängstlich unsere Empfindungen. E- kommt mir vor, wie wenn man ängstlich erst von jeder frisch gebrochenen Frucht mit einem Tuch da- Schönste herunterwischt — weil man sich vor Bazillen fürchtet. Früchte und Rosen mutz man brechen und genießen mit der ganzen unbe sonnenen Leichtlebigkeit, die dem Südländer eigen ist. Da» gehört vor allen Dingen dazu, wenn man als Künstler Großes erreichen will!" ,Hch versteh« Sie sehr wohl, Fürstin", gab Retnhgrdt zurück, „un- all das bav« ich mir tausendmal selbst ge- sagt. Aber dieses Schwerfällige, wie Sie eS nennen, daö steckt uns nun einmal tief und unausrottbar im Blute, und wenn es sich wirklich verflüchtigt, so geht es nur sehr langsam. Gewiß lebt der Südländer leichter al» wir, weiß zehnmal besser mit einem wahrhaft be neidenswerten Egoismus den Gehalt jeder Stunde aus zukosten — dafür aber empfinden wir um so tiefer!" „Ist da- wirklich ein so großer Vorzugs Sie sehen mich erstaunt an, aber ich mein« es wirklich so. Ich finde, um mich richtig auszudrücken, daß da» gerade da» Zweck lose, da» Schlimme bet der Sach« ist. Diese» tiefe Em pfinden zwingt Such, alle» von der schweren und tragischen Seite zu nehmest, alle» Bitten doppelt zu fühlen, anstatt es mit raschem Entschluß bei Seite zu werfen und auS dem Schatten in die Sonne -u flüchten. Ihr vernünftelt Euch in alles Dunkle förmlich hinein, anstatt Euch das Licht zu suchen, wie und wo eS eben scheint. Von der Kunst zum Beispiel verlange ich ein heiteres Genießen, ein frohes Erheben, und wie soll ein Mensch durch seine Werke andere zu dieser Hellen Fröh lichkeit mit fortretßcn, wenn eS in ihm selber dunkel und trübe ist? DaS Leben ist doch wahrhaftig gerade monoton und grau genug. Man muß nicht noch mehr Schatten hineinktinsteln, als es ohnehin schon gibt. Leicht muß der Künstler denken, sogar «in wenig leichtsinnig, muß alles Lähmende von sich abschütteln können, wenn er seinen Beruf erfüllen will, andere zu begeistern. Sonst wirb er einseitig und langweilig. Das kann ich Ihnen gar nicht oft genug predigen!" „Sie haben ja im Prinzip unbestreitbar recht, aber es gibt doch nun einmal solche Naturen, die sich nur schwer Lazu aufraffen können, diese große Lebensweisheit zu adoptieren, die göttlich-leichtsinnige Theorie zur Praxis zu verwirklichen!" „Dann sollen diese Leute keine Künstler, sondern Eremiten werden!" lachte Maddalena, „denn sie haben keinen Zweck! Ich kann mir nicht helfen, liebster Freund, aber es ist nun mal meine Meinung!" Reinhardt sah sie an und lächelt«. „Ich möchte nicht", sagte er, „daß Sie auch mich eines Tages zu dieser Kate gorie zählten. Ich bin im Grunde eine heiter veranlagte Natur, ich liebe das Leben, und nichts liegt mir ferner, als jene fade Blasiertheit, mit der so viele meiner Berufs genossen kokettieren, lediglich um sich beim Publikum inter- essant zu machen, um sich mit dem Nimbus des Welt schmerzes zu umgeben. Aber e» gibt eben in jedem Men schenleben ein Etwa», worüber mancher nicht hinauS- kommt!" „Das müssen Sie aber, gerade Sie, denn Sie habest, wie wenige, die Berechtigung, groß und berühmt zu wer den. Ich denke, ich habe Ihr Vertrauen verdient. Also seien Sie lieb, beichten Sie einmal, und ich will versuchen, Ihnen darüber hinweg zu helfen!" Reinhardt sah sie an, wie sie vor ihm saß, die ver körperte Lebensfreude mit dem siegbewußten Lächeln um die vollen Lippen und mit den forschenden Augen, die in seiner Seele lesen wollten. Nnb dabei war ibm ganz seltsam »u Mute. Nicht »m alle Schätze der Welt hätte er ihr die Geschichte seiner Liebe er zählen können, ängstlicher al» se drängte er da» Geheim nis zurück in sein Innerste». „Vielleicht rverden Sie alles furchtbar alltäglich und be deutungslos finden", begann er, „aber für mich ist es eben die Quelle eines beständigen Wehs. Ich habe — eine Schwester verloren, an der ich mit innigster Zuneigung hing, und diese leere Stelle in meiner Brust mahnt mich immer und ewig an etwas, das unersetzlich für mich ist." „Das ist wohl sehr traurig — aber unabänderlich, und Sie müssen sich bemühen, mit diesem Schmerz ein für alle mal fertig zu werden, sonst wird ein Dämon daraus, der Ihr Leben zerfrißt. Totes und Vergangenes hat nun einmal kein Recht mehr an daS, was noch lebt. Das eine gehört dem Lichte an und das andere der Verwesung!" „Sehr weise pnd vor allem sehr praktisch ist ja diese Ansicht — unleugbar. Aber sagen Sie, offen und ehrlich, Maddalena, würden Sie, wenn Sie etwas Ihnen unend lich Teures verlöten, so leicht barübel hinwegtändeln können?!" „Das kommt ganz darauf an, was Sie „leicht" nennen. Jedenfalls würde ich mich vom Augenblick des Verlustes an bemühen, mit allen Mitteln, mit all meiner moralischen Kraft gegen die Gewalt des Schmerzes und gegen die Macht der Erinnerung anzukämpfen. Gram »nacht vor der Zeit alt und häßlich und gräbt frühzeitig Runen inS Gesicht. Damit ist dem Verlorenen nicht gedient und dem Zurückbleibenden erst recht nicht!" „So nehmen wir einmal ein anderes schweres Leid, einen anderen herben Verlust, als den der Tod dem Her zen schlägt!" „Tin anderes Leid, dnrch das man so schwer sich nieder beugen lassen könnte, gibt cs überhaupt nicht, wenigstens nicht für mich!" „Auch nicht — eine unglückliche Liebe? —" Dabei sah Reinhardt die Fürstin groß an, voll senkten sich seine Blicke in die ihren, als hinge alles von ihrem AuSspruche ab. lJi.rtsei'ung folgt)
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