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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190207207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020720
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020720
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-07
- Tag1902-07-20
- Monat1902-07
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1902
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5108 thäter der Menschheit!" — Wenn anarchistisch: Organe solche Vorschläge machen und die Propaganda der That ihnen entspricht, wie man es nur zu oft erlebt hat, dann pflegt die svcialdemvkratische Presse darüber als über anarchistischen Aberwitz den Stab zu brechen. Nun aber sehen wir die Stimmführer der socialdemvkratischen Presse mehr und mehr in den Spuren der aberwitzigen Anarchisten einherschrciten. Erst im Mai hat die social demokratische „Leipz. Volksztg." den Mordanschlag auf den Gouverneur von Wilna unter der Ueberschrift „Die mißlungene Execution" besprochen und den Mörder als einen Melden" gefeiert, dessen „strafender Hand" Gouverneur von Wahl „leider" mit heiler Haut entkommen sei. Und das svcialdemvkratische Centralvrgan in Berlin antwortete auf die Aufforderung, die „Leipz. Volksztg." zu desavouircn, mit der Erklärung: „Die gesammte Socialdemokratie theilt in diesem Halle die Gefühle der „Leipz. Volksztg."." — Halls eine derartige Verherr lichung des Meuchelmordes in Deutschland oder in der Schweiz ihre blutigen Früchte tragen sollte, wird die svcialdemvkratische Presse die Verantwortung dafür trotz aller Ableugnungen nicht von sich abwälzen können. G Berlin, 19. Juli. (Telegramm,) Von der Rord- landreife des Kaisers wird gemeldet: Molde, 19. Juli. Sowohl gestern wie heute konnte der Kaiser mit den Herren seiner Umgebung Spaziergänge unter nehmen. Die Witterung ist zwar kalt, aber der Regen hörte gestern auf. Ueber die Weiterreise ist noch nichts bekannt. An Bord ist Alles wohl. — Ein Mitarbeiter der norwegischen Zeitung „VerdenS Gang" hatte eine Unterredung mit Waldeck-Rousseau, in welcher letzterer sich auch über seine Zusammenkunft mit Kaiser Wilhelm äußerte. Waldeck-Rousseau bemerkte, man lege dieser Zusammenkunft eine zu große Bedeutung bei. .Man begeht, wie ich erfahre, die größten Uebertreibungen bei Ausnutzung dieses zufälligen Zusammentreffens. Unsere Unterhaltung war in der Hauptsache eine Plauderei, und Sie wissen, daß der Kaiser ein glänzender Causeur ist, leb haft, interessirt, voll von Ideen und Einfällen. Wir sprachen über tausend Dinge, über Norwegen, über Natur u. s. w. Politische Fragen wurden nicht berührt." Vielleicht verzeiht man nun Herrn Waldeck-Rousseau in Frankreich. — Im Reichs-VersicherungSamte ist man mit den Ar beiten für die Zusammenstellung der Rcchnungsergebnisse der Berufsgenossenschaften auf das Jahr 1901 be schäftigt. Diese Zusammenstellung wird insofern größeres Interesse erregen, als das Jahr 1901 daS achte war, für welches die Berufsgenossenschaften, gewerbliche sowohl wie lanLwirthsckaftliche, wieder beträchtliche Zuschläge zu den Reservefonds aufbringen mußten. Durch die Zu sammenstellung wird die Höbe dieser Belastung der deutschen Arbeitgeber für das letztverslossene Iabr klargestellt werden. Die Veröffentlichung der betreffenden Zahlen dürfte aller dings erst erfolgen, sobald BundeSratd und Reichstag die Arbeit des Reichs-VersicherungsamteS unterbreitet sein wird. Vor Ende des laufenden Jahres ist aber darauf kaum zu rechnen. (Hamb. Nachr.) — Der Staat hastet für Gegenstände, die in einem gerichtlichen Verfahren dem Gericht übergeben sind. So hat das Reicksgericht in einem Urtheil vom 22. April d. I. entschieden. ES handelt sick hierbei um ein relativ ge ringfügiges Object, um eine GuISkarte, die in einem Bcweis- aufnahmetermin dem Gerichtsschreiber vom Proceßsührenden auSgehändigt war. Nach Beendigung des Protestes war die Karte nicht mehr aufzufinden. Der Gutsbesitzer verklagte den IustizfiScuS, eine andere Karle zu beschaffen oder die jenigen Kosten ihm zu erstatten, die ihm durch Beschaffung einer neuen Gutskarte entstehen. Der erstinstanzliche Richter hat diesem Antrag entsprochen; der Iustizfiscus legte jedoch merkwürdiger Weise Revision em, die vom Reichsgericht durch obiges Urtheil verworfen wurde. — Wie der Bund der Landwirthe praktisch den Mittelstandsschutz betreibt, ersieht man am besten aus nachstehenden Zeilen. Die Direktion des Bundes schreibt nämlich die Iahreslieferungen für ihre Papier-, Schreib- und Bureaumaterialien auS. Einige Posten sind ziemlich er heblich, so waren beispielsweise 80 000 Briefbogen, 2000 Aktendeckel, 200 Rollen Closetpapier und 300 000 Couverts verlangt worden; das läßt auf eifrigen Betrieb schließen. Anderes ist nur in kleinen Mengen begehrt; unter Anderem werden zwei Dutzend Linienblätter gefordert. Das Schönste bei der Ausschreibung ist aber, daß der Bund der Landwirthe reflectirende Fabriken ersucht, bemusterte Offerten einzureichen. Eine Ausschreibung für Fabriken auf zwei Dutzend Linienblätter ist wirklich hübsch. Wovon sollen dann eigentlich die Buchbinder leben, die doch auch dem vom Bunde mit so heißer Liebe umfaßten Mittel stände angehören? Aber der Bund glaubt offenbar, es sei genügend, wenn er den Mittelstand mit Worten abspeist, während er ibn als Käufer und noch viel mehr als Verkäufer nach Möglichkeit auSzuschalten sucht. * Karlsruhe, 18. Juli. Der Vorstand des national- iberalea Vereins in Offenburg hat au das Staats ministerium ein Schreiben gerichtet, in welchem mitgetheilt wird, daß bereits im Januar der national-liberale Verein in Offenburg die Parteileitung ersucht habe, der Regierung gegenüber mit Nachdruck den Wunsch zu vertreten, daß keine Niederlassungen von Männerorden in Baden gestattet würden. Es wird sodann darauf auf merksam gemacht, daß die liberalen Vereine in Neustadt, WaldShut, Kehl, St. Blasien, Schwetzingen, Baden-Baden, TauberbischofSheim, Säckingen und Konstanz sich diesem Be schlüsse angeschlossen haben und dann gesagt: „Die groß herzogliche StaatSregierung mag daraus entnehmen, daß that- sächlich weite Kreise der Bevölkerung in der Zulassung von Männerorden in Baden ein nationales Unglück erblicken und deshalb der Regierung Dank wissen werden, wenn sie der Bitte Rechnung tragen und von der ihr zustehenden Befug- niß der Zulassung von Männerorden keinen Gebrauch machen wollte." (-) München, 19. Juli. (Telegramm.) Die hiesigen Blätter melden: Der hiesige amerikanische Generalconsul vr. Werman überreichte bei einer Audienz am 15. Juli dem Prinzregenten im Auftrage des UnterstaatSsekretär» vr. Hill-New Dork ein von diesem verfaßtes Prachtwerk über die Amerikareise des Prinzen Heinrich von Preußen, wofür der Prinz-Regent bestens dankte. (-) München, 19. Juli. (Telegramm.) Der König von Italien ist heute um 1 Uhr 10 Minuten auf dem Münchner Südbahnhofe eingetroffen und reiste nach viertel stündigem Aufenthalte, während dessen der hiesige italienische Gesandte Graf de Foresta den König begrüßte, weiter. Frankreich. 8um Besuche des Königs von Italien in Rußland. * Paris, 19. Juli. „TempS" bespricht den Besuch deS Königs von Italien in St. Petersburg und meint, derselbe habe daS Prestige Italiens gehoben. Die Reise bewirke, daß Italien aus einer Lage herauskomme, welche einer Bevor mundung und Vereinzelung gleich gewesen sei. Italien be kunde damit die vollkommenste Unabhängigkeit Deutsch- laud gegenüber. „TempS" glaubt, daß hinsichtlich der Balkan-Fragen befriedigende Erklärungen ausgetauscht seien und spricht die Genuzthuung darüber aus, daß Italien sich an einer Politik betheilige, die bezwecke, zwischen den Mächten besondere Annäherungen zu schaffen, die die gefährliche Seite der großen rivalisirenden Bünd nisse abschwächen würden. Frankreich begünstige diese Politik und arbeite damit für sich ebenso wie für Europa. — DaS „Journal des DöbatS" führt auS: Das Fehlen eines Gegensatzes zwischen den französischen und italienischen Interessen und ebenso die Uebereinstimmung der Interessen Italiens und Rußlands in den Fragen betreffend den Balkan sprächen für eine Annäherung Italiens an das französisch-russische Bündniß. Deshalb thäte man unrecht, zu sagen, Italien wolle nur die Empfindlichkeit Frankreichs be ruhigen. * Parts, 19. Juli. (Telegramm.) Eine Note der „Agence Havas" besagt: Gegenüber den verschiedenen in der auswärtigen Presse enthaltenen Behauptungen bezüglich ge faßter Entschlüsse Frankreichs angesichts der durch den Ocean-Trust drohenden Gefahren erfahren wir auS sicherer Quelle, daß die Regierung in Uebereinstimmung mit dem mit zahlreichen Parlamentsmitgliedern vor der Vertagung der Kammern gepflogenen Meinungsaustausch fest entschlossen ist, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden, um den französischen Handel zu schützen und die Interessen der Handelsflotte wahrzunehmen. Schweiz. * Bern, 19. Juli. Professor Vetter hat, wie der „Bund" meldet, seine Demission als Lehrer an der hiesigen Universität zurückgezogen. Großbritannien. Ter König. * London, 19. Juli. (Telegramm.) Der König hat eine gute, ruhige Nacht verbracht. Die Besserung schreitet in jeder Beziehung fort. England und Italien. * London, 18. Juli. Oberhaus. LanSdowne wendet sich in seiner Rede zu Italien und führt aus, die Be ziehungen Englands zu Italien trügen sehr herzlichen und freundlichen Charakter. Es habe zwar niemals rin Bündniß zwischen den beiden Ländern bestanden mit demselben Charakter wie das Bündniß mit Japan, es habe aber zwischen beiden Regierungen ein Meinungsaustausch stattgesunden, welcher die Thatsache ergab, daß die Ansichten in der Frage der Mittelmeerpolitik einander sehr ähnelten. Beide wünschten die Aufrechterhaltung des Status guo im Mittelmeere und wünschten, daß kein Eingriff in die Unab- Hern»/ ... Grösstes Lrstvs ttotvl ovutsodlanäs v«r«nvder O«otr»Id»tiodok krl«<1 riobstrass«. :ilA ckar dosko Ekko/ e/ack cksr äka/n/ss. MUIÄ. WM Arcü cksm äsok/AS/» Lkaacko i/se» Kre8l««er, MrnmMe 3. u. sämmtl. Zubehör in reichster Auswahl. SL»<I»>L8 und sämmttiche Kodakartikel. und L<r»nl«r«- 2 tim» stets frisch. Große Auswahl von Objektive» zu billigsten Preisen. Kostenloser Unterricht in allen photogr. Arbeiten. 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Kommel's llaewatogsn unä achte aut dis 8ahutrwarke: „Laugende Bövin". hängigkeit der Länder am Gestade deS Mittelalters geschehe, daß die englische Politik auf dieses Ziel gerichtet sein müsse und daß, sollte sich eine Gelegenheit ergeben, sich beide Länder vereint sehen müssen zur Aufrechterhaltung dieser Ziele. Dieser Meinungsaustausch über die Politik sei nicht in irgend einem Vertrage niedergelegt worden. Bo« diesem politischen Versprechen sei England niemals zurückgrtreten und England bestätige von Neuem seine Freundschaft mit Italien und den Wunsch zur Aufrechterhaltung de» statu» quo, sowie die Hoffnung, beide Mächte, wenn nothwendig, gemeinsam handeln zu sehen. ES haben keine Schwierigkeiten zwischen England und Italien bestanden außer in einer oder zwei Angelegenheiten, die AuSrinandrrirtznngrn erheischten, darunter dl» Frage der «rythräi- schen Grenze und zuletzt im Jahre 1899 di» tripolitanische Frag». Ueber diese Frage sei Salisbury mit der sranzösischen Regie- rung zu einer Verständigung gelangt und unzweifelhast sei die Wirkung dieser Verständigung di« gewesen, daß sie bei der italienischen Regie- roug Besorgnis erregte, daß letztere glaubte, daß England den Statu» guo an der Küste deS MittelmeereS zu stören beabsichtige. Die italienische Regierung habe aber sowohl von der englischen, wie von der sranzösischen Regierung Versickerungen über diesen Punct erhalten, die sie völlig brsriedigt hätten. Die englische Regierung sei darauf bedacht gewesen, diesen Versicherungen hinzuzusügen, daß England zwar seinen Verpflichtungen nach kommen müsse, daß es aber sein Wunsch sei, daß die Lage der Dinge im Mittrlmeer nicht gestört werden sollte. Diese Versicherungen seien bereitwillig angenommen worden. LanSdowne erwähnt dann, daß England die Unterstützung Italien- zu Theil geworden sei bei den ziemlich schwierigen Operationen an der Somali-Küste gegen den Mullah. Ein italienischer Officier habe sie englische Streitmacht begleitet und italienische Schiffe hätten eS ich angelegen sein lasten, die Einfuhr lvon Waffen zu verhindern. „Ich stimme vollständig dem bet", erklärt LanSdowne, „was Spencer bezüglich der Verständigung zwischen Italien und Frankreich gesagt bat, daß sie nämlich nicht etwas ist, das Besorgniß in England erregen könnte. ES ist so dargestellt worden, als ob wir das Bündniß mit Italien verloren hätten und alS ob Italien in Frankreich- Arme getrieben worden sei. Wir erachten eS sür ebenso völlig natürlich, daß Italien auf freund schaftlichem Fuße mit seinem mächtigen Nachbar zu stehen wünscht, als eS unser Interesse ist, daß Italien gedeihe, und wir wollen die letzten sein, die es beklagen, wenn durch ein solche- Abkommen Italien seine internationale Lage verbessert hat. Es giebt keine Macht, mit der wir herzlichere und freundschaftlichere Beziehungen zu haben wünschen und so viel ich weiß, giebt es keine Macht, mit der wir auf freundschaftlicherem Fuße stehen." Orient. * Belgrad, 19. Juli. (Telegramm.) Behufs Ge nehmigung de- AnleiheprospecteS ist die Skuptschtina zum kommenden Donnerstag einberufeu. Afrika. Preise «nd Gehälter i« Südafrika. Die Besetzung der Stellen für den Civildienst in den neuen südafrikanischen Colonien Englands bietet sehr große Schwierigkeiten. Das Colonialamt hat, ebenso wie das indische Staatsamt, einige Beamte überwiesen, aber die Hauptschwierigkeit ist die, daß die Preise in Afrika unverhältnißmäßig hoch sind im Vergleich zu den Gehäl tern. So betrügt z. B. die Hausmiethe für ein ganz ein faches Haus selten weniger als 300 Pfd. St. (6000 jähr lich. Eine Köchin verlangt einen Monatslohn von 7—10 Pfd. St. (140—200 ^tl) und ein Kaffernjunge für die rauhere Hausarbeit ist nicht unter 4—6 Pfd. St. (80—120 zu haben. Ein Pferd -urchzufüttern kostet jährlich etrtza 60 Pfd. St. (1200 ^tl). Frisches Fleisch ist kaum zu bezahlen. Selbst Zeitungen kosten 3 6. (24 Pfg.) jede Nummer. Civilbeamte, die ein Gehalt von 500— 700 Pfd. St. (10 000 bis 14 000 beziehen, sind unter diesen Umständen übel daran. Noch schlimmer steht cs mit den Officieren, die in Transvaal unter Friedensverhältnissen nur dann existiren können, wenn sie sehr große Privatmittel besitzen. Für die gewöhnlichen Soldaten ist das Leben durch den Bau von Clubhäusern und durch Einrichtung von Cantinen einiger maßen erträglich gemacht worden. —L.-rLmi.l 18V. plüosI'U.klalllllo-psdi'IIl.' l,slorlll.7ui'llsr8lr»88» 4. Imlkr LtorllersrLut. und draußen klapperte Marie mit dem Geschirr oder führte endlose Verhandlungen an der offenen Corridor- thür oder mahnte zum Essen, wenn er gerade einen klaren Gedanken hatte, oder war spurlos verschwunden, wenn die Corridorglocke stürmisch läutete und geöffnet werden mußte. So gingen die ersten Tage hin nach Alice's Abreise. Ein Tag kam wie der andere und fand immer wieder Doctor Adolf in derselben innerlichen nnd äußerlichen Ruhe losigkeit vor dem Manuskripte sitzen, und alle Gedanken waren wie weggcwischt. Des Nachts kein Schlaf, Mittags und Abends unberührte Mahlzeiten — kurz, es war nicht mehr zum Aushalten für den Armen. Da nahm endlich ein Gedanke, den er schon tagelang gehegt und wieder verworfen hatte, feste Gestalt an, und mit letzter Energie wurde zur Ausführung geschritten. Männer kamen nnd steckten die Spttzen-Stores von den Fenstern des Herren zimmers, legten Lustrcwcibchen und Vasen und Drape rien in die leere Iunggesellenkiste, trugen den geschnitzten Schreibtisch, den Bücherschrank und den Divan auf den Boden und wiesen dafür dem alten, niedergesesscncn Ledersopha, dem simplen Schreibtisch, dem Feldbett und dem Pfcifcnständer dieselben Plätze an, die sie im ver lassenen Junggcsellenheim eingenommen hatten. „Nur für vier Wochen", sagte sich Adolf, in dessen gutem Herzen sich so etwas wie ein Gewissen zu regen begann, „nur für vier Wochen, bis der erste Theil der Arbeit fertig ist." Mit einem Wohlbehagen sondersgleichen brannte er die erste Pfeife an, blickte liebevoll auf die alten Möbel, legte seine Bücher zurecht und fing an, zu arbeiten — so lange, bis Marie hereinkam, zum Essen mahnte und mit grenzen loser Geringschätzung die Möbel musterte, fammt dem Herrn Doctor und seiner Pfeife. Da sprach Doctor Adolf Kleinod noch einmal an diesem Tage ein sehr wich tiges Wort, und Marie schnürte bis auf Weiteres ihr Bündel und trat, mit Reisegeld und Unterhaltskostcn aus gerüstet, die Reise nach ihrem Heimathdorfe an. Nun hatte Adolf Ruhe, die Ruhe, nach der er sich ge sehnt hatte. Eine alte Frau im Hause kam des Morgens und schüttelte seine Lagerstatt auf und schüttelte jedesmal den Kopf, wenn sie kam oder ging und an der Corridor- thür den schön geschriebenen und mit vier Reißnägeln befestigten Zettel las: „vr. Kleinod bis zum 1. August verreist". Das Mittagessen wurde, ganz wie es Adolf paßte, im Gasthaus genommen, und zum Abendessen kaufte er sich selbst auf seinem Abendspazicrgange einen Tag wie den anderen sein Lieblingsgericht, Viertel ge räucherten Speck, den er daheim mit Brod verzehrte. Nicht etwa am gedeckten Tisch — Himmel, was würbe Alice sagen, wenn sie ihn so sähe und seine plebejischen Gewohnheiten —, nein, so gleich am Schreibtisch mit Teller und Messer, zwischen jeder geschriebenen Zeile ein Bissen abgeschnitten und in den Mund gesteckt, ganz wie früher. Und wenn dann das halbe Viertel Räucherspeck alle war, dann war er satt, das wußte er auch noch von früher. Und so war es denn kein Wunder, daß in der ge wohnten Umgebung bald die alte Ruhe und die alte Ar beitskraft über Adolf kamen; seine Briefe an Alice, die erst einen verstörten und traurigen Eindruck machten — den Alice natürlich dem Trennungsweh zuschrieb — gewannen einen immer fröhlicheren und freien Ton. Am Schluffe stand jedesmal gewissenhaft die Versicherung, wie sehr er sich nach seinem Frauchen sehne und wie er sich freue, sie bald wiederzusehen. Aber im Ganzen machte es docss den Eindruck, als ob es ihm recht wohl ginge, was im Grunde genommen immer ein kleiner Fehler bei jungen, zum ersten Male getrennten Ehemännern bedeuten soll. Das fühlte auch Alice sehr bald heraus und wunderte sich um so mehr, als sie sich ein bischen zu langweilen begann. Doch sicher hatte sich der geliebte Adolf nur so verstellt, um ihr das Herz nicht noch schwerer zu machen. Die beste Freundin, Resy, war abgereist, alle Tage dieselbe Musik, Cur- promenade, Table d'höte mit der geschraubten Unter haltung, und Nachmittags das Kaffeetrinken in der Con- -itorei, mit abermals Concert und Unterhaltung. Obst und Kuchen waren ohnedies vom Badearzte verboten, und Abends 9 Uhr mußte Alles zu Bett gegangen sein. Wie schön waren gerade die Abendstunden daheim gewesen! Hinter der rothen Gardine am Sophatisch oder auf dem Ofenbänkchen, oder jetzt im Sommer auf dem kleinen Balcon, wo gerade nur sie Beide stehen konnten! Nun saß ihr armer Adolf ganz allein in der schönen Wohnung, war vielleicht traurig und krank nach ihr, und sie stand allein am Fenster und sehnte sich. Es war doch eigentlich eine Thorhcit, daß sie vorangercist war. Es wäre doch viel schöner jetzt daheim, trotz ihrer 3000 Zinsen und der Verpflichtung, die sie dadurch gewissermaßen zum Reisen hatte! So setzte sie sich denn hin und schrieb mit zärtlichen Worten die Bitte, Adolf möchte sie doch nicht länger allein lassen, seine Arbeit zuklappen und zu seiner Alice kommen. Dann suchte sie sich aus der Tiefe des Reisekorbes ein paar Bücher heraus, die ihr Adolf für die größte Langeweile mitgegeben hatte. Zum Unglück ergriff sic gerade das eine, das die ewig alte und ewig neue Wahrheit von gebrochener Treue und verrathener Liebe behandelte. DaS Thema war so spannend behandelt, daß Alice, die sonst nicht gerade eine große Lesefrcundin war, ohne Unterbrechung bis zu Ende laS, und nach der aufregenden Lectürc eine unruhige Nacht verbrachte. Am Morgen wartete sie mit klopfendem Herzen auf den Briefträger, obwohl es gar nicht möglich war, daß sie schon Antwort haben konnte. Und endlich, am anderen Morgen hielt sic den erwarteten Brief in den Händen. Sie riß ihn auf, überflog den Inhalt, und da mußte sie denn lesen, von ihrem geliebten Adolf mit eigener Hand geschrieben, daß er sie bäte, sich noch mindestens acht Tage zu gedulden, es ginge ihm sehr gut, er wäre aus gezeichnet versorgt und seine Arbeit machte ihm so un endlich viel Freude, daß er jetzt unmöglich abbrechen könne; er hoffe aber, in spätestens acht Tagen mit dem ersten Thetle fertig zu sein. Das war doch unerhört. Mit eigenen Augen mußte sie lesen, daß es ihrem Adolf aus gezeichnet ginge, während sie in der Langeweile des Bade städtchens saß und die Minuten zählte, um ihrem Geliebten wieder um den Hals zu fallen. Und das langweilige Manuscript zog er ihr vor. Oder sollte er vielleicht? . . . Die Reminiscenzen von dem die letzte Nacht gelesenen Buche stiegen in ihrem Herzen auf. Auch ein jung ver- heiratheter Mann, der mit der unausgelöschten Liebe zu einem Mädchen die Ehe mit einer Anderen schlicht und den Verkehr mit der Ersteren fortsetzt, als müßte es so sein. Nein — sie wies den häßlichen Verdacht von sich, ihr Adolf, ihr guter, braver, lieber Adolf, wie würde er so etwas thun können, er war ja die Treue selbst. Und doch — die ganze Nacht stand ihr wie ein Gespenst der Held des Buches vor der Seele — auch ausgerüstet mit allen nur denkbaren guten Romaneigenschaften — und dennoch treulos. Das war nicht länger zu ertragen. Gewißheit mußte sie haben um jeden Preis. Wieder nach langer Trennung — im Ganzen waren es kaum drei Wochen — in die treuen, klemmerbewaffneten Augen ihres Adolf blicken und daraus die unverbrüchliche Treue lesen. Sehr früh erhob sich Alice, packte die schönen Kleider sehr flüchtig ein, sagte der erstaunten Wtrthin, die jeden Badegast zu mindestens vier Wochen Aufenthalt für ver pflichtet hielt, daß sie genöthigt sei, sofort nach Hause zu reisen, und bestieg den Frühzug, der der Heimath zueilte. Müde, abgeängstigt und im Innern ganz außer sich vor Erregung, kam sie am Nachmittag in der Heimathstadt an, nahm gleich einen Wagen, den sie — thöricht genug — an der Straßenecke verlieb, und mit hochklopsendem Herzen ihrer Wohnung zueilte. Tin leichter Ausruf des Er staunens, der Entrüstung — und was weiß ich nicht noch alles für Empfindungen — entfuhr ihr, alS sie die lako nischen Worte an der Corridorthür laS: vr. Kleinod, bis znm 1. August verreist. „Unglaublich", stotterte sie, der letzte Brief an sie trug doch den Stempel dieser Stadt — beherzt schloß sie die Thür auf, auf dem Eorridor drang ihr bereit- ein ganz leichter Pfeisenqualm entgegen. Mit dem letzten Rest von Muth reißt sie endlich die Thür zum Herrenzimmer auf. Da sitzt ihr Adolf — kaum zum Wieder erkennen, mit angehendem Vollbart, d. h. unglaublichen Bartstoppeln, in einen vorweltlichen Hausrock gehüllt, mit Hausschuhen angethan, auf welchen je ein wundervoll gestickter Hirschkopf prangt; eine lange Pfeife lehnt am Schreibtisch, und neben dem Fleißigen steht der Teller mit Brod, und das Stück Speck liegt unausgewickelt daneben. Aber natürlich konnte das Alice nicht Alles auf einmal erkennen, dazu war die Minute zu kurz, bevor Adolf sich von ihrem unerwarteten Anblick, und sie sich von seinem unerwarteten Anblick erholt hatte, dazu war auch der Qualm zu dicht, der die Stube bis zur Decke erfüllte. Gott, ihre schöne, stilvolle Herrenzimmer-Einrichtung, wo war die geblieben, was war aus ihr geworden? Thränen der Entrüstung, der ausgestandenen Augst, der Wiedersehensfreude rieselten der kleinen Krau die Wangen herab; doch als Adolf sic trocknen wollte, da wehrte sie schon wieder mit schelmischem Lächeln und gut gespielter Entrüstung das stopplige Antlitz ab. Erst nachdem der übereifrige Gelehrte von einem er folgreichen Ausgang zum Barbier zurückgekehrt, die Spuren seines Abendessens vertilgt, die unglaub lichen Hausschuhe und den Schlafrock beseitigt, und nun in kleidsamem Sommeranzuge im schattigen Restaurantgarten seiner Alice bei üppiger Abend mahlzeit gegenübersaß, konnte sie ruhig und un gehindert in die unverändert treuen Augen ihres Adolf blicken. Beide hatten sich so viel zu erzählen, daß Keiner den Anderen ausreden ließ. Adolf bekannte mit seinem lieben Lächeln, daß er nur noch wenige Stunden Zeit bis zur Vollendung seiner Arbeit gebraucht hätte, und so manche Nachtstunde geopfert, um desto früher und über- laschender bei seiner Alice eintreffen zu können; daß er auch bereits den Tapezierer bestellt habe, um in seiner Abwesenheit Alles wieder, wie früher, herzurichten — und was dergleichen Zugeständnisse eines guten Ehe- mannes alles sind. Alice beichtete ihre ausgestandene Langeweile, ihre aufregende Lectüre, den häßlichen Ver dacht, der dadurch in ihre Seele gekommen, ihre überhastete Abreise — Alles, Alles. Zur Versöhnung, der gar kein Streit vorangegangen war, wurde noch eine Flasche Sect getrunken, und der Nachhauseweg der beiden Glücklichen war ein so vollendet schöner, daß sie wohl nicht allein von den Göttern, sondern auch von allen anderen Menschen beneidet wurden, die das junge Paar so selig und so dicht aneinandergeschmiegt Heimgehen sahen.
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