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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190409031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19040903
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19040903
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-03
- Monat1904-09
- Jahr1904
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1904
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Daten und verwundeten wenig geachtet, deren Zahl doch so «schreckend groß ist: „Horwärts" ist die Parole der Inenden. Nachdem der Feind, jedes Vordringen zunächst als unmöglich erkennend, sich mit seiner gesamten Macht »ach Sedan zurückgezogen, wird die Infanterie vorläufig Zauber Gefecht" gestellt, und selbst die Geschütze schwei gen eine Zeit lang, weil Kaiser Wilhelm erwartet, der Feind werde nun die Unmöglichkeit, sich länger zu halten, . »nd das Nutzlose weiteren Blutvergießens erkennen und deshalb kapitulieren. Als man sich darin getäuscht sieht, Wird aufs neue zum Feuern kommandiert. Granaten und Echnapnells durchsausen die Luft und machen die Erde erzittern. Gut gezielt schlagen sie in die Festung ein, r«ä> nach wenigen Minuten lodern die Flammen aus meh reren Häusern der Stadt, in der entsetzliche, unbeschreib liche Verwirrung eingekehrt ist. Ta endlich wird eine Weiße Fahne sichtbar und nach sofortigem Einstellen des deutschen Artilleriefeuers reitet ein Friedensparlamen- Wr in Begleitung mehrerer Offiziere aus einem Tore auf den Stab des deutschen Oberkommandos zu. Nach län gerer Verhandlung ergibt sich der Feind. Sedan ist ge fallen. 80000 Franzosen werden entwaffnet, gefangen Vder di« Grenze geführt und unter ihnen — Napoleon. Das war es, was kein Deutscher geahnt hatte. Nm Abend des 1. Septembers. In weitem Umkreise don Sedan ruhen die deutschen Krieger, trotz ihrer Er schöpfung jubelnd über den glänzenden Sieg, in Grup pen besprechend das weltbewegende Ereignis des Tages, die Gefangennahme Napoleons und feiner Armee. In den Dörfern uncher, ja selbst auf freier Flur find Not-Lazarette aufgefchlagen, darinnen Verwundete die nötigste Pflege finden, und die Toten werden zur ewige» Nahe bestattet. König Wilhelm^ als der Siegreiche allverehrt und bewandert, als Mensch vergöttert, schreitet tiefbewegt durch die große „Wendung durch Gottes Fügung" ge senkten Hauptes Mischen Bismarck und Moltte über das Schlachtfeld. Begeistert grüßen ihn die Truppen; durch sein« Schlichtheit und seine warmherzig hervorquellenden Worte deS Dankes an alle, an jeden, entfesselt er diese Begeisterung zu stürmischem Enthusiasmus. kW begürnt zu dunkeln. Im Dämmerlicht erkennt der Hellten greis ein Leinwandzelt und geht, seinen Beglei tern ein Zeichen zum Schweigen gebend, darauf zu. Er Will die Verwundeten in diesem Feldlazarett auch be- fnchen und ihnen danken. Vor der Zeltwand hört er Ge spräch. Er bleibt stehen und horcht. „Kreuz Kruzifix, war dös a Tag! Wörst Nitz a Preuß, t tät Di busserln. Aber anno 66 söllt i nie nit ver gessen, hort mei Voater gesagt." „Lat iS ja allens Blech, Franz. Wat jewesen is, Wunen wir -wee beede nich mehr ändern, aber in diesen jauzen Krieg Ham wir Preußen und Bayern so schön Msämm en gehalten und die jroßschnauzigen Rothosen so «ff de Jack« jekloppt, dat et doch ne Schande wär, wenn »» die Deutschen sich noch eener an andern ärgern täten. „Busserln" brauchen wir uns ja nich dit Feuer sparen wir für unsre Kleene uff, aber hier — schlag' ein, Bruder, »ff ewige Freundschaft zwischen Süd und Nord." „DöS loaß i gelten. Do die Hand! Hoch Bayern »ud Preußen!" „Pst! Man nich so laut, dat wir unsre beede» Ollen t»t Zelt drin nich wecken. Mit Deinen Rittmeester steht . «t ja »ich so schlimm, aber meinem Hauptmann hat fo'n - ' WMuinuter Franzose jehörig eens ausgewischt. Ick hab übrigen- Deinen Rittmeester fallen sehn, wie er als Adjutant vorbeiflog wie der Sturmwind und — pst! stille! Ick jlvobe, ick höre int Zelt wen sprechen." Vorsichtig schleichen die beiden Freunde an das Zett heran und horchen an der entgegengesetzten Seite, an der schon seit einigen Minuten der König von Preußen mit seinen Paladinen lauschend gestanden. „Ich sehe, daß Sie wach sind, Herr Kamerad. Haben auch Sie das Gespräch unserer Burschen draußen vor dem Zelt gehört?^ „Ja, und mit großer Freude., Wollte Gott, das ganze tapfere Bayeruland schlösse sich rasch an Preußen an. Wie furchtbar, als wir beide einst vor vier Jcchren — Deutscher gegen Deutschen — zur Waffe. . ." „Still, still! Das liegt ja hinter uns. Damals gab es kein Deutschland, bald werden wir eins haben. Die Not hat uns zusammengeführt; wollen wir beide uns beschämen lassen von unseren Burschen? Hier meine Hand — ein Hoch dem einigen, deutschen, großen Vaterland." Freudestrahlend reicht der preußische Hauptmann dem bayrischen Rittmeister die Hand hinüber, aber in das dröhnende Hoch dieses Recken Mit dem zerschossenen Bein kann er nicht einstimmen. Er beginnt — in die Brust getroffen — wieder zu husten, und ein kleiner Blutfleck wird auf der weißen Bettdecke sichtbar. Einen Augenblick ist es ganz still. Da treten drei Hünengestatten, die Zeltvorhänge teilend, leise ein. Sie werden augenblicklich erkannt. Mit einem Ruck erheben sich die Verwundeten, aber der König eilt an ihre Lager und drängt sie sanft in die Kissen zurück, ihnen jede Aufregung Mild aber bestimmt untersagend. Tann um- faßt er mit beiden Händen die Rechte des vor freudiger Erregung am ganzen Körper erzitternden Bayern mit den Worten: „Für Ihre heutigen Heldentaten und für Ihr fürs Vaterland vergossenes Blut Mache ich Sie zum Rit ter des eisernen Kreuzes. Für Ihre hochherzige Ge sinnung aber, die ich soeben erlauschte, schenke ich Ihnen — mein Herz, Lassen Sie uns Freunde sein für ewige Zeiten." Auch dem preußischen Hauptmann schmückt er unter freundlicher Anerkennung eigenhändig die Brust mit dem eisernen Kreuz, dann verläßt er, baldige Genesung wünschend, die beiden Glücklichen, denen Tränen der Freude über die Wangen rollen. So hat König Wilhelm nicht nur Begeisterung für seine Daten, sondern weit mehr noch Liebe und innige Verehrung für seine Person geweckt. Draußen aber erhebt er den leuchtenden Blick zum Abendhimmel und dankt still und stumm, nur mit dem Herzen, dem Allmächtigen für diesen neuen, köstlichen Sieg, für die Verbrüderung von Nord und Süd. Heimal-fern. Wie kehrt ich einstens aus der Ferne Au dir, o Heimat, gern zurück, Ta Mir noch hell zwei lichte Sterne Erstrahlten in der Mutter Blick. Frisch glänzte mir aus ihrem Auge Ein freundlicher Willkommen grüß. Umweht von ihrem Liebeshauche Setzt' ich ins Vaterhaus den Fuß. — Nun ward mir fremd die schönste Habe, Für die mein Herz so warm stets schlug, Seit zu des Vaters frühem Grabe Man noch die beste Mutter trug. Karl EmMerich. Donk »d »«big Lg»q« L WNUrrlich, klrrst; für die RrdakMm vrnmtwortllch hnwmm Schmidt Ni Stkio. Erzähler an der Lide. Belletr. KratiSbeileg« MW „Messer Tsgedlstt". " , .'V' , ' "1 1 »'m u, > . u Hr. pa. Rief», Pen ». September KP. ...j, ' M). Die roten Schuhe. Etne PMichte au- alter Zeit von <p. von Start. Nachdruck verboten. ' r Seit meinen Kindertagen habe ich eine besondere Vor- liehe fijr unsere alte Rumpelkammer gehabt, und von dem Tage an, da ich sie als kleines Mädchen zuM ersten Male an der Hand meiner Mutter betrat, ist sie mir stets wie eine Art Aauberreich erschienen, und ich habe ost' geträumt von -en Schätzen, die dort in den grsotzen Eichenschränken und huntlackiertey Truhen begraben liegen. Und doch ist's nichts als ein bißchen verblichener Ettstntand, der dort langsam dem ewigen Gesetz all unsers irdischen Seins verfällt: dem Vergehen. Aber wie wir Menschen den Dop, da, wo er uns ein liebes Herz brach, mit Blumen überschütten, so hüb' ich jenes Welken da oben unter dem Dach unsers asten Hauses mit den jungen Träumen meiner Phantasie bekränzt, und darüber ist sie selbst, die alte Zeit, -je längst begrabene, mir lebendig geworden. Auch heute hat's mich wieder mächtig hinaufgezogen in das einsame Dachstübchen. Draußen riefelt der Regen leise hernieder, unten auf dem Marktplatz plätschert der Brunnen, und sein Jahrhunderte altes Lied tönt gedämpft zu mir herauf. Ich knree vor den geöffneten Schränken. Ein feiner, eigentümlicher Tust strpmt mir daraus ent gegen, und leise, leise erwacht die Vergangenheit. Tort liegt her Brautstaat meiner Urgroßmutter, hier das ver rostete Schwert meines Ahnherrn, weiland wohle-eln und weisen Bürgermeisters unserer guten Stadt, und jenes zierliche, elfenbeinerne Kästchen birgt meine Lieblinge; ein paar Nein« rote Saffians chühe mit hohen, gebogenen Ab sätzen und spitzen Schnäbeln. Sie sind sehr zierlich ge fertigt, und haben mich von jeher entzückt. Mein Vater schüttelt lächelnd das Haupt über meine Vorliebe für diese kleinen Schuhe, an denen doch eigentlich nichts interessant ish als ihr Alter. Keine historische Erinnerung knüpft sich daran, und unsere Familienchronik weiß nichts von ihnen zu berichten. Ich aber weiß es besser, ich kenne eure Geschichte, ihr steinen roten Schuhe, und weiß, wie viel Lieb und Leid sich an euch knüpfen. Zwar kann ich es selbst nicht genau sagen, wo ich sie eigentlich erfahren habe, die Geschichte der roten Schuhe, — vielleicht hat sie mir der Brunnen da draußen/ der trotz seines Alters noch iMmer so geschwätzig ist, erzählt, oder die roten Schühchen haben sie mir selbst verraten; — kurzum, ich weiß sie, und daß sie kein Märchen ist, kann man schon daraus sehen, daß sie nicht anfängt, wie ein Märchen notwendig beginnen muß/ nämlich mit den Worten: Es war einmal. Das, was ich erzählen will, begab sich anno dazumal. Leider kann ich die Jahreszahl nicht mehr genau angeben, denn der alte Brunnen und die alten Schühchen sind sehr eitel, und, da sie sich vortrefflich konserviert haben, pfle gen sie bei ihren Erzählungen gern ihr Wer zu verschwei gen^ Aber es ist schon recht lange her, und die roten Schiche waren damals noch ganz neu, ein Prachtstück des Welscheck' Meisters in Florenz, der sie gefertigt. - Hell und goldig lag die Sonne über der stolzen Arno- stadt ünd ließ die reiche Goldstickerei an den zierlichen Schuhen, die per alte Meister eben vor seinen Laden hin gestellt, noch Heller aufblitzen, als es sonst -er Fall ge wesen wäre. Tydurch nchchst wphl hie Aufmerffsmsttt des jungen, vornchmen Herrn erryjt Wochen sein, der eben mit einem Begleiter die Braße hmaufldm und jetzt bewundernd vor MeWc Ricolps Haden stphen Aich. „Ei seht doch Mqgistpr", rief er in' deutscher Sprache seinem Begleiter zu, einem Slstichen, magern Herrn »fit unförmiger Hornbrille ans der großen, gebogenen Nase. „Seht doch, Magister,! habt Ihr je solch herzig paar Schühchen gesehen! Mich dünst, das gäb ein artig Ge schenk für meine Jungfer Bryut dMim, denn da wir mm zur Heimfahrt rüsten, muß ich sorgen, nicht mit leeren Händen zu kommen.". Ter andere lächelte., „Ich meine, Junker Arneken, daß Ihr bereits zu viel erstanden habt, um da- letztere zu können, denn fürwahr, Ihr scheust der Arern über reichlich" „Aber diese Schuhe sind so sich, so zierlich und kost bar! Scht nur, wie stin die Stickerei daran auSgeflihvt ist. so etwas findet man nimustr bei uns in Deutschland, unh Schön-Jlsabe licht den Putz-" „Wie Jüngferlein," lachte der Magister. i es immerhin, Junker, eS ist wirklich ein gar zierliche», ! feines Werk." Ter Meister, ivelcher der UnstrHaltuug der Herren auf merksam gefolgt war, hatte, obgleich er ihre Sprache nicht verstand, blitzschnell erfaßt, daß die Sqche zu feinen Gunsten entschieden- Er nannte den Preis und steckte vergnügt die funkelnden Goldstücke ein, die der Fremde ihm vhwe zu handeln zahlst. Dann gingen die Herren ihrer Wege. Junker Hans Arnest» gehörst einem vornehmen, alten Patriziergeschlecht in TeMschland an. Sein Vater war gegenwärtig Ratsherr der Stqdt, in welcher die Familie seit uralter Zeit angesessen war. Als ältester Sohn des reichen Hauses war Junker Hqns einige Jahre auf Reisen geschickt, hatte mit dem Magister, seinem einstigen Lehrer, Has gepriesene Welschland besucht und auf den hohen Schulen zu Padua und Bologna länger verweilt, auch die großen Handelsstädte, mit denen sein Vater dqheim Verbindungen unterhielt, kennen gelernt/Nun dachst man in kurzem wieher heimzusthren, denn die vom Vater zur Reis« bestimmten drei Jahre waren verstrichen, und Hans Arneken dachte nicht daran, um Verlängerung der Frist zu bitten. Zwei Augen/ blau und licht, wie der Früh lingshimmel der Heimat, waren es, die ihn stärker als die Sehnsucht nach Vaterland und Elternhaus über die Alpen trieben. Frohen Herzens unternahm' Arneken die Heimfahrt, und je mehr er sich der Vaterstadt, näherte, desto freudiger ward ihm zu Mut. Ex hatte daheim seine Rückkehr noch nicht gemeLet und malst sich die fleberraschungder Seinen in den freundlichsten Farben aus. Es war schon dämmrig, alS sie in das Weichbild der Stadt kaMen. Schwerfällig schwanke die alte Reisekutsche durch das alle Stadttor, das der Wächter bereits geschlossen hatte und erst bei dem Klang von des Junkers Stimme erstaunt öffnete. „Alle Detter! Ist's denn üblich, der Junstr Arneken!" rief dm Mmm, als könne er seinen Augen nicht trauen. ,,Still, Atter," mahnte her, Ankömmling, „last! e» nicht bekannt werden, ehe ich —",
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