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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190409031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19040903
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19040903
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-03
- Monat1904-09
- Jahr1904
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1904
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^veiß schon, weiß schon, junger Herr," blinzelte der andere, „da- soll eine Ueberrasc^rng geben! Nein, die Freiche, die die Frau Mutter haben wird! Liebe Zeit, wa» hat die sich gebangt um den Herrn Sohn! Und alle- ist auch wohl uiü> gesund zu Haus, der Junker kann ohne Sorge sein." Weiter rasselte die Kutsche^ Hans dünkte es eine Ewigkeit, bis sie auf den, Marktplatz einbog, wo das alte Rathaus noch ebenso erst dareinschaute, wie damals, als er eS verlassen. Nun hielt die Kutsche vor dem hohen, reich mit buntbemalten Schnitzereien geschmückten Eltern haus, dessen hoher Giebel auf den Marktplatz schaute. ,/Sei mir gegrüßt, du, liebes Haus!" rief der Junker und eilte der Türe zru Er fand sie noch offen und tappte über den dunkeln Hausflur einer der Stuben zu, durch deren Mrritze er Licht schimmern sah. Doch man hatte seine Tritte bereits gehört, die Türe ward geöffnet, und die Gestalt einer älter», aber immer noch schönen Frau erschien auf der Schwelle. „Wer ist da?" wollte sie fragen, aber schon fiel ihr Hans um dien Hals. „Mutter, liebe Arstu Mutter, kennt Ihr mich noch!" Im Nu war der Junker von den Geschwistern umringt, das gab ein Verwundern, ein Jubeln und Fragen, das gar kein Ende nehmen wollte! Auch der Ratsherr kam herzu, und seine ernsten Züge hellten sich auf, als sei ein Sonnen strahl darüber gefallen, als er den Sohn erblickte. „Grüß Gott, lieber Sohn," sprach er, „der Herr sei gelobt, der dich glücklich heimgeführt hat. Und stark und groß bist dü geworden," setzte er hinzu, während sein Auge über die jugendlich kräftige Gestalt des Sohnes glitt. Tie Morgensvnne des andern Tages sand Junker HanS schon zeitig auf.- Die roten Schuhe in einem dost baren Elfenbeinkästchen standen -auf dem' Tisch während sich der Junker zu einem! Gang in den Garten anschickte; ließ ES ihm doch keine Ruhe, ehe er nicht in die blauen Augen seiner Braut geblickt hatte. Noch von früher her wußte er, daß sie es liebte, während der Morgenstunden im Garten zu lustwandeln, welcher an den der Arneken un mittelbar grenzte. Hans hoffte sie auch heute dort zu finden. Doch in die Freude, sie wiederzusehen, mische sich seltsamerweise plötzlich ein wenig Bangen, denn es war ihm eingefallen, daß die, welch ihm! schon als Kind verlobt worden war, und welch er als solches verlassen hatte, nun zu einem erwachsenen Mätzchen herangereift sei, daS selber eine Meinung, einen Willen und — was die Hauptfach war — auch ein Herz besaß. Würde dies ' Herz ihm gehören? In solch Gedanken vertieft, blickte er hinaus auf die noch menschenleeren Straßen des Städtchens. Sin feiner, blauer Dunst wob noch einen geheimnisvollen Schleier um die leuchtende Schöne des Sommermorgens. Aus den Schornsteinen der hochgiebligen Dächer stiegen zarte Rauchsäulen empor; die Dauben girrten, und vor den eben erst geöffneten Türen Machen die weißen und grauen Hauskatzen Morgentoilette. Ter Junker atmete in tiefen Zügen die frisch Luft ein, es zog ihn mächtig hinaus. Klopfenden Herzens ergriff er die roten Schuhe und schritt die Treppe hinab. Der Garten der Arneken erstreckte sich hinter dem Hause bis zur Stadtmauer hinunter, an wel che an dieser Seite der Stadt fast unmittelbar die Wel len eines großen Sees schlugen, nur von ihr getrennt durch einen schmalen Streifen Wiesenlandes. Hans Arnekens Wick flog hinüber zuM Nachbargarten, VW im Glanz des Frühlichtes und Taues fast märchen haft anzuschauen ein Meer von weißen Lilien wogte. Sv wunderbar groß und schön waren diese Mumen, wie Hans sie bisher niemals gesehen, und mitten auf diesem Lilien- feüh sch wie daraus hervorgewachsen, stand ein Mädchen. Fast sah eS au», als sei auch sie eine Alle, so ganz harmonisch stimmte ihre Erscheinung zu ihrer Umgebung. Aus einem langen, weißen Gewand hob sich das blumen- hast zarte Antlitz heäwr, uMtahmt von lichtblonden Haaren. „Jlsabe!" Einen Augenblick richteten sich die blauen Augen des Mädchens fragend nach der Hecke des Nachbargartens, von wo der Ruf gekommen. Dann ging ein freudiges Leuch ten über ihre Züge. „Hans, lieber Hans, seid Ihr heimgekehrt, seid Ihr es wirklich!" Sie rief es einfach und herzlich, und während sie, ihm beide Hände entgegenstreckend, den Fuß pfad hinabeilte, der mitten durch das Lilienfeld führte, noch immer rechts und links von den ernsten, weißen Blumen umgeben, da schien es dem Junker, als stiege eines jener Heiligenbilder, die die großen Meister in Italien auf goldenem Grunde malen, .zu ihm herab. Er faßte ihre Hände, die sie ihm über den Garten zaun reichte, und sah ihr voll in die Augen. „Grüß Gott, Jlsabe, seid Ihr noch die Meine?" Er fragte es fast bang, ihre Stimme vorhin hatte so sehr ruhig geklungen trotz aller Innigkeit. Sie senkte den Kopf und wurde ein wenig rot. „JmMer die Eure," sprach sie leise aber fest; da war er zufrieden. Bon seinen Reisen sollte er ihr erzählen, bat sie, und er tat's gerne. Er sprach von dem Land des ewigen Frühlings mit seinen Marmorpalästen und seinen Eypres- senhainen, von her ewigen Roma und der stolzen See königin der Städte, die sie „die Prächtige'" nennen. Und dann zog er das Elfenbeinkästchen hervor und legte es in ihre Hände. „Auf daß Ihr sehet, Jungfer Liebste, daß ich Euer gedacht." Sie machte große Augen und geriet schier außer sich vor Entzücken, als sie die roten Schütze er blickte, und ihn freute es, daß das kleine Heiligengesicht auch lächeln konnte beim' Anblick des Putzes. „Wie schön, wie einzig schön!" rief sie wieder und wieder, „wie fein diese Stickerei, wie zart das Leder! Ich werde sie an unserM Hochzeitstage tragen." Dabei sah sie ihm so strahlend glücklich an, daß es ihm warm zuM Herzen drang. Er beugte sich über den Zaun und küßte sie auf die Stirn. Jur Hause der Arneken betrieb man fleißig die Hoch zeitsvorbereitungen, denn in vier Wochen sollte der älteste Sohn des Hauses seine junge Braut heimführen. Hans war ein strahlender Bräutigam und konnte den Eltern gegenüber nicht genug des Rühmens tun, wenn er auf l seine Braut zu sprechet! kam, > „Mir ist ein Stein vom Herzen genommen, seit ich sehe, daß die beiden so glücklich sind"", äußerte der Rats herr einst zu seiner Gattin, „Ich fürchtete immer noch, die Kinder würden den Plan der Eltern zu Nichte machen. Ich danke Gott, daß er meines seligen Freundes: Jlsabes Vaters, Wunsch erfüllt hat und mir vergönnet, die Hände der beiden ineinander zu legen." Jlsabe war nicht minder glücklich wenn es auch nicht in ihrer stillen Art lag, es viel zu äußern. Für sie be deutete ihre Hochzeit nickst nur die Bereinigung mit dem Manne, den sie liebte, sondern auch den Eintritt in einen Familienkreis, wie sie ihn an Herzlichkeit bisher schmerz lich vermißt hatte. Die früh verstorbene Mutter hatte sie kaum gekannt, den Vater konnte sie sich so lange sie denken konnte, nur als einen schwer kranken, durch körperliche und seelische Schmerzen gebrochenen Mann vorstellen. Sterbend hatte er das einzige Kind mit dem Sohne seines Freundes Arneken verlobt, und er tat wohl daran, der Tochter eine Heimstätte in dem herzenswarmen Familienkreise zu sichern. Jlsabe lernte das erst recht er- keimen, als sie nach dem Tode des Vaters in daS HauS ihres OheimS, des einzigen nähern Verwandten, den sie besaß, einzog, Um hier bis zu ihrer Verheiratung zu bleiben. Zwar ließ der reiche Bürgermeister Brandes es ihr an nichts fehlen, aber er, sowie seine Frau waren zu kalte Naturen, um dem jungen Mädchen geben zu können, wonach ihr Herz verlangte. ES war das Fest St, Peter und Pauls. Wie all jährlich pflegte die Stadt diesenDag festlich zu begehen, nicht nur wie billig mit Glockenklang und Messe, sondern auch mit einem großen Fest auf dem Rathaus, zum ruhm vollen Angedenken des großen Sieges wieder die feind liche Nachbarstadt, so durch viel Tapferkeit und große Kühnheit die Bürger vor schier 3 Jahrenzehnten errungen. Es war ein Freudentag für die ganze Stadt, und auch Jlsabe war es stets als ein solcher erschienen, in diesem Jahre aber war das noch ganz besonders der Fall. Nichts als eitel Lust würde der Tag ihr bringen, da sie an der Seite ihres Verlobten das Fest besuchen tvürde. Sie hatte die roten Schuhe eigentlich erst am Hochzeitstage anziehen wollen, aber es war doch so verlockend, sief schon heute zu tragen, und Hans freute sich so, sie mit seinem Geschenk geschmückt zu sehen. Ein buntes, festliches Bild war es, das der alte Rathaussaal heute umschloß, Tie ernsten, lvürdigen Gestalten der Ratsherren mit den schweren, goldenen Ketten um den Hals, die schimmernde Pracht an den Gewändern der Frauen, die lustigen Weisen der Spiel leute und der Anblick des geschmückten, von zahllosen Fackeln erleuchteten Saales übten auf Jlsabe eine schier überwältigende Wirkung, und, während sie sich der Lust des Tanzes hingab, veifchwantm vor ihrem Auge das ganze glänzende Getriebe um sie her zu einem weichen Nebel, aus dem sie nichts mehr erkennen konnte wie die treuen Augen des Junkers, der sie im Arm hielt. Aber sei es, daß sie sich diesem traumhaften Zustande zu sehr hingab, sei es, daß die heftige Bewegung des Danzes die Schuld daran trug, kurz, einer der roten Schuhe begann sich zu lockern und glitt von ihrem Fuße herab zu Boden. Gewiß wäre er von den Füßen der Tanzenden übel zugerichtet worden, hätte nicht ein junger Ritter, welcher schon geraume Zeit nachlässig an der Wand lehnte und in das bunte Treiben starrte, ihn bemerkt und aufgehoben. Prüfend hielt er das zierliche Ting in Händen, dann flog sein Blick aufmerksam im Saale umher und blieb an Jlsabe hängen, deren anderer Schuh, durch seine leuchtende Farbe weithin sichtbar, unter dem Saume ihres weißen Gewandes hervorschaute. Sie hatte mit Tanzen aufgehört und blickte sich angstvoll nach dem Verlorenen um. Aber da kaum auch schon der junge Ritter quer durch den Saal auf sie zu, neigte sich artig, vor ihr und sprach: „Herrin, ich war so glücklich. Euer» Schuh zu finden, erlaubt, daß ich ihn Euch anziche!" Und ehe sie noch ein Wort erwidern konnte, kniete er vor iHv nieder und streifte den Schuh auf ihren Fuß. Dabei schaute er Jlsabe aus seinen dunkeln Augen mit einem Blick an, der ihr durch und durch ging. Sie war sehr rot geworden, während er ihr den Ritterdienst leistete, und flüsterte ein kurzes: ,Lch danke Euch Herr!" Er aber entgegnete lächelnd: „Wollt Ihr mir wirklich für eine so kleine Mühe danken, so gewährt mir einen Tanz, Herrin!"" ! Sie nickte leicht und legte ihre Hand in die seine. Tann flogen sie beide dahin — dahin, lange Zeit, schier ohne Ende. Als der Fremde endlich Halt machte, stand der Bürgermeister hinter seiner Nichte. Sie hatte nicht bemerkt, daß der anscheinend so in sich gekehrte Mann der kleinen Szene mit grober Aufmerksamkeit gefolgt war. Jetzt winkte er die Nichte beiseite« „Wer ist der Fremde, Herr Oheim?" fragte fist, al» sie mit ihm allein war. „Tu kennst ihn nicht? Magst aber schon viel von ihm! gehört haben ; der Graf Henning von Itzehoe tstS", und, als sie sichtlich erschrak, setzte er, den Blick wendend, so daß er dem ihren nicht begegnen konnte, hastig Hinz«: „Weiß wohl, Tu denkst an die alte Fehde mit dem Eimsen, der die Stadt seit mancher Zeit obgelegen, doch wisse, der Graf ist Heuer gekommen, den jüngst geschlossenen Friede« durch seine Teilnahme an unserm Fest zu besiegeln. Ich habe ihm zu morgen ein Bankett in unserm Hause gerüsttt, doch hat er meine Einladung ausgeschlagen, meinend, er müsse bei Tagesanbruch wieder von hinnen. Doch liegt mir viel daran, solch edeln und starken Freund in meinem Hause zu sehen, und bin darum gekommen. Dir zu sagen. Tu möchtest ihm meine Bitte noch einmal vortragen. Schönen Frauen schlägt man so leicht nichts ab." Fortsetzung folgt. Der schönste Sieg. Eine Episode vom 1. September 1870 von P«ü Seoeg Thckm Nachdruck verdate». Ter rasende Adjutantengalopp lieber totenbesäte Gefilde dahin, Tas Schmerzgewimmer, das Fluchen grob Verwirrt auch dem Härtesten endlich den Ein«. Kanonendurchbonnertes Brausen, Tas Knattern zahlloser Gewehre Und schwerterrasselndes Sausen Ter wild sich umarmenden Heere. Tas ist die Schlacht. Da» „leider notwendige Uebel", wie Moltke den Krieg einmal bezeichnet hat, und in das „leider"" wird seufzend jedermann vo« -erzen einstimmen, ganz gewiß jeder, der selber einmal aktiv an einer Schlackst sich beteiligen mußte. Am 1. September 1870. Tie deutschen Armeen haben Sedan eingeschlossen wie mit einem eisernen Mag. In Eilmärschen, unter allerhöchsten Anstrengungen sÜd sie von allen Seiten herangerückt. Nur wenige hlcken eine Ahnung davon gehabt, wohin sie von ihren Feldherren geführt wurden, und von diesen selber hat wohl keiner es geahnt, was das kleine Sttmn in sich barg. Daß der größte und beste Dell der ganzen französischen Armee in und um Sedan stand, hatten die große« Heerführer erkundet, und der an GeisteSstärke unübertroffene Schlachtendenker ,Pater Moltke" hatte seine» „Man" fertig. ! , Schon am frühen Morgen beginnt bet drückender Schwüle der Anmarsch Immer enger wird der KreiS^ den die deutschen TLuppen um da- Städtchen gezogen haben, immer näher rückt man dem Feinde auf d«r Leib, dem bei dieser Wahrnehmung trotz seiner Stärke u»- heimlich zu Mute Wirch-! Aber er ist nicht nur stark an Zahl, er hat auch Kourage. Einfach einschließen mch'er drücken läßt er sich keineswegs. DaS bMrtsen die donnernden Grütze, die er jetzt aus ehernen Schlünde« herüberjchickt. Auf den Höhen in SedanS Umgebung ist deutsche Artillerie aufgefahren, und sie erwidert mit vollem Verständnis für die Höflichkeit der Franzosen den Morgengrutz: lieber die Köpfe der geschlossene« In fanterie-Kolonnen hinweg sendet sie ihre beschösse in» feindliche Lager, aus welchem gleichfalls unter dem Schutze der Artillerie Linientruppen hervorbreche», «M den unheimlichen „Ring"" zu sprengen. So entwickelt sich die Schlacht, Ein heißer Dag, ein blutige» Mngex. Hüben und drüben hah man — das Zieh in» Auge — de^
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