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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190209146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020914
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020914
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig: S. 6357 - 6360 (5. Beilage) fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-14
- Monat1902-09
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.09.1902
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GezugS'PreiS k der Hauptexpedittlm oder de« tm Stadt bezirk und deu Vororten errichteten SuS- gabestelle» abgeholt: vierteljährlich 4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» ^l 5.60. Durch die Post bezogen sür Deutschland n. Oesterreich vierteljährliche«, für di« übrigen Länder laut Zeitung»pretrliste. Le-actto« «n- Erpeditiou: Jo-«nttgaffe S. Fernsprecher ISS »nd SSL. Alfred Pah«, Bnchhandlg., UntverfitSttstr.8, 8. Lösche, Katharinenstr. «. Käuig-pl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Gtrehlenerstraße 8. Fernsprecher Amt I Nr. I71L. Haupt-Filiale Serlin: KäniggrL-erstraße II«. Fernsprecher Amt VI Nr. 8393. elpWtr.TllMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes nn- Volizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen » Preis die 6gespaltene Petitzeile L5 H. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten («gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffcrnsah entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme L5 H (excl. Porto). Extra - Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 80.—, mit Postbeförderung ./L 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an tue Erpeditivn zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 96. Jahrgang. Nk 468 Sonntag den 11. September 1902. Aus -er Woche. Unseren König haben die ersten seit der Thronbe steigung über die Landesgrenze unternommenen Schritte zum deutschen Kaiser geführt. Diese äußerliche Markirung des Reichsbestandes, der übrigens bei der Ernennung deS sächsischen Kronprinzen zum CommandeurdeS l2.ArmeecorpS ein ähnlicher Act vorausgegangen war, hat wie in Sachsen so im ganzen Reiche lebhafte Genugthuunz erweckt. Der Potsdamer Aufenthalt König Georg'S ist wegen seiner und unseres Landes tiefer Trauer nicht von rauschenden Festlichkeiten begleitet, ein Umstand, der ihm jedoch nichts von der Bedeutung eines hochwillkommenen Ereignisse« nimmt. Der politische Werth diese» Besuches, wie auch das Erscheinen des Prinzen Ludwig von Bayern zu den Posener Kaisertagen, ist schon vor einiger Zeit durch ein zwar außerhalb Preußens herauSgegebenes, dennoch berlinisch - hochofficiöseS Preßorgan betont worden; die dabei abgegebene Versicherung, daß niemals im Reiche mit solcher Rücksichtnahme auf die Bundesstaaten regiert worden sei, wie jetzt, wäre aber vielleicht besser unterblieben. Sie war besonders unzeitgemäß. Man wird in Berlin doch nicht in dem Irrthume befangen sein, daß tief empfundene Begebenheiten durch Druckerhände weg gewischt werden könnten. Und weil di-S nicht möglich ist, so war da» Derweilen gerade des Prinzen Ludwig bei dem nahe der russischen Grenze repräsentativ auftretendcn Reichs oberhaupte ein besonders erfreuliches Ercigniß. Die Kaisermanöver sind vorüber und ziehen die üblich gewordenen internationalen Malicen nach sich. Gute Freunde in Frankreich und Amerika haben — vom Standpunkte der Kriegstüchtigkeit — Vieles, wenn nicht Alles schlecht ge funden. Dergleichen ist man nachgerade gewöhnt geworden. Daß die Manöver im Osten „phantastisch" auf „Theater effecte" berechnet gewesen, ist ein Urtheil, das sich der be treffende „Sachverständige" vielleicht schon auf dem Wege nach Frankfurt a. O. „notirt" hat. So nüchtern wie unter Wilhelm I. und gar unter Friedrich II., der die großen Manöver eingesührt hat, geht es freilich nicht mehr zu, auch daS Quantum der Ordensverleihung, die solchen militärischen FriedenSthaten folgen, war früher unvergleich lich geringer. Diese Veränderungen sind aber doch Wohl nicht ausschließlich auf persönliche Neigung zurückzusühren, man muß in ihnen auch Begleiterscheinungen einer langen Friedenszeit erblicken, die, so unschätzbar sie für Welk, Land und Volk ist, sür ein Heer — an und für sich betrachtet — doch auch ihre minder günstigen Seiten hat. Die Periode des inneren Friedens, die karg be messen und eigentlich nur ein kurzer, nicht überall respectirter Waffenstillstand war, ist zu Ende. Die Zolltarif- Commission tritt noch in dieser Woche, wenn auch nur durch Delegirte, in Thätigkeit, mit Beginn der nächsten beginnt die Zeit, in der eü heißen wird: Mundspitzen hilft nicht, es muß gepfiffen sein. Tie extremen Agrarier haben sich für diese Thätigkeit anscheinend recht schlecht vorbereitet und merkwürdiger Weife war cs unser, doch nicht gerade ausschließlich von der Landwirth- wirthschast lebendes Sachsen, wo das Kampfgeschrci in seiner wildesten, an die Anfänge der agrarischen Agitation ge mahnenden Tonart erklang. Ueber dieses Ullimaluiu an die Monarchie hat sich bereits Alles ausgesprochen, was zur Be- urtheilung berufen und nicht berufen war, auch die berufenste Stelle: die Leitung des konservativen LanvcSvereins im Königreich Sachsen. Sie hat das „Vaterland" genöthigt, sich für alleinschuldig an dem Ultimatum zu bekennen. Dafür hat die „Kreuzzeitung", bange vor der Rache deS Berliner Äündlerblattes, seine scharfe Verurtheilunz deS Ultimatums zurückgenommen oder doch sehr erheblich ein geschränkt. Das hat aber den preußischen Landwirth- fchaftSminister nicht abgehalten, feinem Unglauben, daß die Bauern revoltircn würden, wenn den Herren VOrr. Hahn und Oertel ihr vorgeblicher Wille nickt geschähe, in Düffeldorf sehr deutlichen Ausdruck zu geben. Der Minister verzweifelt auch nicht an dem schließlichen Zusammengehen von Landwirthschast und Industrie: „Wir (diese beiden großen Erwerbsstände) wollen uns nie von einander trennen." Der Centralverband deutscher Industrieller hat mit der Form seiner jüngsten Kundgebung diese Zuversicht vielleicht nicht gestärkt, in der Sache ,st ihm ;cdoch kaum etwas Wesentliches entgegen zu halten. Er beschwert sich, vielfach nicht mit Unrecht, über Herab setzung von Industriezöllen durch die ReichStagScommissionen, und angesichts dieser Anklagen verräth die „Deutsche TgSztg.", die da meint, wenn man ihr gefolgt wäre und die Eisen zollsätze recht kräftig gemindert hätte, würde der Central verband mürbe geworden sein, eine sehr eigenartige Logik. Die Industrie würde sich in jenem Falle vielleicht die Mühe weiteren Verhandelns überhaupt erspart haben und jedenfalls hätte die Politik oder Taktik deS Bundes der Landwirthe die Regierungen nicht mürbe gemacht. Auf die kommt eS aber auch ein wenig an, zumal sie drei Wege haben, um sich mit einem Fehlschlage der Action im Reichstage abzufinden: Verlängerung der Handels verträge, Nichtkünvigung der Handelsverträge und Rück griff auf den bestehenden, durch die Verträge im Wesentlichen snSpendirten Tarif, der für die Land- wirthschaft ganz erheblich ungünstiger ist als die jetzigen Regierungsvorschläge und namentlich Mindestzölle für Ge treide nicht kennt. Der Kampf wird verschärft durch die Fleischvertheue- rung. Ihre Existenz ist nicht wegzuleugnen und ihre Wir kung auf die Stimmung wird sich nicht ändern, auch wenn der Minister v. PodbielSki hier vollkommen im Rechte sein sollte mit der Behauptung, daß eine Rinder- und Schafenoth überhaupt nicht bestehe und der Schweinemangel sich bald als eine vorübergehende Er scheinung Herausstellen werde. ES ist aber einleuchtend, daß die Schweinezüchter wegen des Futtcrreichthums lieber weiter mästen als verkaufen, und es ist begreiflich, daß sie, wie Herr von PodbiclSkt betonte, in diesem Ver halten bestärkt werden durch die Versicherungen eines Theiles der Presse, daß eine „ungeheuere" Fleisch- nolh bestehe. Wenn man ihm sagt, daß seine Waare umner knapper werde und darum theurer werden müsse, fühlt sich auch der freisinnige Producent und Händler nicht zum LoSschlagen seiner Vvrräthe animirt. Durch die Fest stellung dieser Thatsache und durch die Zurückweisung grober Uebertreibungcn wird aber die Fleischverthcuerung nicht an der Welt geschafft und ihre Wirkung aus weite Kreise noch weniger. Dieser Wirkung hätte Herr v. PodbielSki wahrscheinlich kräftiger entgegengewirkt, wenn er sich auf Betrachtungen über die Gründe und den Umfang des SchwcinemangelS gar nicht eingelaffen, sondern sich aus die Versicherung beschränkt hätte, er selbst und die übrigen berufenen Stellen würden sich auf daS Ernstliche bemühen, der nicht hiuwegzuleugnenveu Calamilät abzuh elfen. Deutsches Reich. G Berlin, 12. September. lR c g c l u n g herbei Lauten auftretendcn Forderungen.) Einen Beitrag zu der jetzt wieder anläßlich des Iuristenlagcs in den Vordergrund getretenen Frage der Regelung der bei Bauten austrcrenden Forderungen liefert eine Entscheidung des Rcichs-Versichcrungsamtes. Ein vermögensloser Bau unternehmer in einer größeren Provinzialstadt hatte von einem Gcschäftsmanne zum Ankauf einer Baustelle und zur Ausführung des Baues ein größeres Darlehen gegen Be stellung einer Hypothek an der Baustelle erhalten, hatte sich aber in dem Vertrage nickt nur Bedingungen unter werfen müsse», die alle Verfügungen über die Baustelle, die Baugcldcr und die Art und Zeit des Baues von der Zustimmung des Darlchnsgcbcrs abhängig mach-en, son dern mußte dem Darlehnsgcber außer einem Zinssätze von 0 Proccnt weiteren Bermögcns- vorthcil von mehr als 10 Proccnt unter ver ¬ schiedenen Formen, insbesondere durch eine Provision und durch einen Preisanfschlag auf die Ziegel, die der Tar- lchnsgcbcr lieferte, gewähren. Der Gewinn, bcn der Darlehnsgcber sich auf diese Weise sicherte, war ein erheb licher Thcil des Gewinnes, der aus dem Bau überhaupt, unter den günstigsten Verhältnissen, erwartet werden tonnte. Der Bauunternehmer aber empfing zur Be streitung seines Lebensunterhaltes wöchentlich IN aus den Bangeldern, also etwa den Lohn eines Poliers. Das Grundstück wurde nach Vollendung des Banes zur Zwangsversteigerung gebracht, wobei die Hypothek des Darlehnsgcbcrs voll zur Hebung kam, während ver- , schiedcnc Bauglüubiger mit ihren Forderungen ansficlen. > Tas Rcichs-Bcrsichcrungsamt hat nun entschieden, daß der Darlehnsgcber als Bauherr im Sinne des 8 des Bau-Nnfattversicherirngögesetzes zu gelten und somit die Prämie für die Bauarbciten, die der Bauunternehmer schuldig geblieben war, zu zahlen habe, weil der Vertrag des Darlehnsgcbers mit dem vermögenslosen Bauunter nehmer ein Banspceulativnsgcschüst gewesen sei- In der Begründung wird ausgeführt: Der Banspeeulant war hier allerdings nicht der Banstellcnhändler, wie cs in den Groß städten sonst meist der Fall ist. Denn der Preis, zu dem die Baustelle verkauft wurde, war ein angemessener, wie auch die Berufsgcnvsscnschaft anerkannt hat. Der Bau- spcculant war vielmehr der Baugcldgcber. Ein Bau- geldcrdarlchcn ist zwar an sich, so weit cs zum üblichen Zinsfuß und bei mäßiger Provision gegeben wird, ein ge wöhnliches kaufmännisches Kreditgeschäft, und das Reichs- Versichcrungsamt nimmt daher auch nicht an, daß schon die Hcrgabe eines einfachen Baugeldcrdarlchns eine andere Stellung gicbt, als sie jeder Darlehnsgcber hat, der das gewerbliche Unternehmen eines Anderen durch Kredit gewährung unterstützt. Der Umstand, daß den Baugelder- verträgcn in der Regel ein fester Bauplan zu Grunde ge legt wird, der ohne Genehmigung des Darlehnsgcbcrs nicht abgcändcrt werden darf, macht den Baugeldgebcr noch nicht zum Bauherrn, so lange der Einfluß, den er da durch auf die Art der Bebauung gewinnt, nur dem Zwecke dien!, das gegebene Darlehen zu sichern. Die wirthickaft- liche Stellung des Baugcldgebers zu dem Unternehmen wird aber eine andere, wenn er, wie cs hier der Fall war, die Baugelder in der Absicht gicbt, sich dcn Gewinn aus der Bebauung des Grundstückes oder doch einen erheblichen Theil oieses Gewinnes zu verschaffen. In solchem Falle treibt der Baugeldgebcr Bauspeculativnen und wird da durch zum Bauherrn im Sinne des 8 -0 des Ban-Unfall- vcrsichcrungsgcsctzeS. Berlin, 13. September. lSocialdcmvkratie und Freisinn.) Auf dcn vom „Vorwärts" den Freisinnigen gemachten Vorschlag, sic möchten mit den Loeialdemokratcn sür diejenigen 47 preußischen Land- tagswahlkreisc, in denen durch gemeinsames Vorgehen die bisherigen conscrvativcn, frciconscrvativcn und nationallibcralen Mandatsinhabcr verdrängt werden könnten, ein Wahlbündnis) abschließen, liegt eine bündige Antwort von freisinniger Seite noch nicht vor. Einige freisinnige Blätter drücken sich sichtlich um eine klare Be antwortung herum und lassen nur undeutlich durchblicken, daß der Vorschlag indiscutabcl sei. Diese Blätter würden nicht nur ehrlicher, sondern auch im eigensten Interesse der Freisinnigen politisch klüger handeln, wenn sie dem Vorschläge des „Vorwärts" ein rundes „Nein!" ent gegensetzten. Sic müssen sich ja doch sagen, daß, selbst wenn die Parteileitungen der beiden freisinnigen Parteien nicht abgeneigt wären, ans ein solches Wahlbündnis? ein- zugehcn, derartige Abmachungen an dem Widerstande der freisinnigen Urwähler und Wahlmänncr scheitern müßten. Schon bei den doch geheim stattsindcndcn Reichstags wahlen läßt sich nur ein geringer Thcil der freisinnigen Wählerschaft dazu bestimmen, in der Stichwahl für einen Lveialdcinvkraten und gegen einen Bewerber einer anderen bürgerlichen Partei zu stimmen. Bei den öffentlichen Landtagswahlcn aber würde zweifellos nur ein ganz verschwindender Brncktbeil freisinniger Ur wähler bcziv. Wahlmänncr für die Sveialdcmokratie stimmen. Ein Abkommen aber, von dem von vornherein feststcht, daß cs nicht innogehaltcn werden kann, schließt man besser nicht ab, denn die Erbitterung der Socialdcmo- kratcn über dcn Bruch des Abkommens würde mit Reckt außerordentlich sein und dcn Freisinnigen theurer zn stehen kommen, als der Gewinn einiger Mandate wcrth wäre. Dazu kommt, daß die Svcialdcmokratcn, wvser» sic sich überhaupt in ncnnenswcrthem Umfange an den Landtagswahlcn bctheiligcn — was uns noch nicht so absolut sicher erscheinen nult —, ohnehin für freisinnige Kandidaten stimmen würden, um unter allen Umständen eine cvnscrvativc Mehrheit unmöglich zu machen. * Berlin, 13. September. lVcrt Heilung der M uttcrsprache in d e n Rcichslandc n.) Auf Gruud der Volkszählung von 1900 werden jetzt zum ersten Male amtliche Zäblungscrgcbnisse über die Vcrthcilung der Muttersprache in den Reichslandcn bekannt gegeben. Bis her waren sür die Ermittelung der Sprachverbältnisse die Wahrnehmungen der Behörden der verschiedenen Vcr- waltungszwcige schätzungsweise nach den Zählungen der ortsanwcscndcn Bevölkerung zn dem Zwecke verwcrthet worden, das Sprachgebiet festzustellen, innerhalb dessen der Gebrauch der französischen Sprache als Amtssprache bis auf Weiteres gestartet blieb. Für die Verwaltung ist diele - Gebiet auf Grund des Gesetzes vom 31. März 1872 durch die Verordnungen vom 5. Decembcr 1877 und vom 20. Fe bruar 1880 festgcstellt worden. Die „Straßb. Corr." stellt nun die beiden bisher bei der Ermittelung von Sprachvcr- hältnissen in anderen Ländern, wie in Belgien, in der Schweiz n. s. w., üblichen Methoden — die schätzungsweise Ermittelung des Sprachgebietes und die Individual zählung — in Vergleich und prüft die Richtigkeit der Schätzung durch die Zählung. Nach der Individual zählung vom 1. Tecember 1000 ist im ganzen Lande für 108173 Personen beider Geschlechter und aller Altersstufen als Muttersprache die frauzösische angegeben worden: diese Ziffer umfaßt auch die außerhalb des französischen Sprachgebietes im Lande zerstreuten Personen, welche die französische Sprache als ihre Muttersprache angegeben Naben. Wenn im geschlossenen deutschen Sprachgebiet des Elsaß hier und dort unbedeutende Minderheiten zur fran zösischen Muttersprache sich bekannt haben, so ist dies sür die Verwaltung ebenso bedeutungslos, wie — in gleichen? Maße — das Vorkommen deutscher Minderheiten im ge schlossenen französischen Sprachgebiete. Für die Ermittc lung des französischen geschlossenen Sprach gebietes genügt eine Vergleichung der Schätzung von 1805 mit der Zählung von IWO. Die genannte Korre spondenz beschränkt daher die Betrachtung auf die Sprach verhältnisse in den 311 Gemeinden des Landes, welchen im amtlichen Verkehr der Gebrauch der französischen Sprache noch gestattet ist. Von ihnen gehören 22 dem Unterelsaß an, 3 Gemeinden dem Oberelsatz, die übrigen 280 Gemein dcn dem Bezirk Lothringen. Wenn man nun zunächst das französische Sprachgebiet im Bezirk Lothringen betrachtet, so sind dort 05 620 Personen mit französischer Muttersprache gezählt worden; in demselben Gebiete sind aber 46 907 mit deutscher Muttersprache gezählt worden, während im französischen Sprachgebiete des Unterelsaß den 12 321 Per sonen mit französischer Muttersprache nnr 1605 mit deutscher Muttersprache gcgenüberstehcn, und die entsprechenden Zahlen des Oberelsaß 3213 und 154 sind. Durch diese Zahlen wird die auch anderweitig gemachte Erfahrung be stätigt, daß sich die deutsche Einwanderung, ins besondere in den letzten zehn Jahren, weit mehr nach Lothringen gewendet hat, als nach dem Elsaß. Dabei muß man allerdings bedenken, daß im französischen Sprach gebiete des Elsaß nur Dörfer in Betracht kommen, welche in mehr oder weniger entlegenen GcbirgSthälcrn liegen, im französischen Sprachgebiete von Lothringen dagegen die Stadt Metz und das neu erschlossene große Industrie gebiet. Von der Eivilbcvölkcrung der Stadt M c tz haben 31600 die deutsche und nnr 12 835 die französische Sprache als Muttersprache angegeben. Mit dirscn überraschenden Ergebnissen stehen in voller Uebercinstimmnng die in der Stadt Metz seit 16 Jahren gesammelten. Erfahrungen. Die Wahrnehmung einer starken deutschen Einwanderung nach Lothringen ist aber nicht nur auf die Stadt Metz bcschräiill. Von den Gemeinden, welche vom Gebrauche der deutschen Geschästssprachc entbunden sind, haben mehrere setzt eine deutsche Mehrheit anfzuwciscn, während diese Orte noch bis vor kurzer Zeit dem rein französischen Sprachgebiete zngcrcchnct wurden; in anderen sind stattliche deutsche Minderheiten herangewachsen. In dcn übrigen vom Ge brauche der deutschen Geschästssprachc noch dispcnsirten Gemeinden des Bezirks Lothringen sind kleinere deutsche Minderheiten ermittelt worden; nnr zwei kleine entlegene Gemeinden des Kantons Vern» haben ausschließlich die französische Muttersprache. Von den 311 Gemeinden des französischen Sprachgebiets haben im Unterelsaß 7 von 22, im Oberelsaß l von 3, in Lothringen 128 von 286 mehr als 10 Proccnt Einwohner, deren Muttersprache die deutsche ist. Demnach hat das früher als rein französisch aner kannte Sprachgebiet, besonders in Lothringen, an Umfang bedeutend sich verringert. Wenn man aber nicht die Zahl der Gemeinden, sondern deren Flächeninhalt und Bevölke rung in Rechnung stellt, so kommt man zu dem Ergebnisse, daß mehr als drei Viertel dieses Gebietes j e tz t s p r a ch lick ge m ischt sind. Diese Zahlen sind im Wesentlichen als die Folgen der deutschen Einwanderung ausznsasscn. Das mag zum Theil ein schwankendes Er gebnis; sein; cs sindcn aber in diesen Ziffern auch die Wirtnngen des Heeresdienstes, der Schule und des Ver kehrs ihren Ausdruck, und dies ist ein dauerndes Ergebnis;. Feuilleton. — — Die Streichhölzer. Nachdruck «erdolkn. Wir staunen in unserer Zeit vielfach über den Auf schwung der Vcrkchrsvcrhältnissc, über die Rjesenarbcit der Maschinen und über die gewaltige Wirkung der modernen Geschütze. In decken Fällen werden die be- wundernswerthen Leistungen mit Hohlcylindern voll bracht. In einem Hohleyltndcr schiebt der Dampf dcn Kolben hin und her, und so verrichtet die Dampfmaschine die große Arbeit. Die Kylinderlcistungen an Locvmo- tiven und auf großen Dampfern fordern unser» Respect heraus. Die „Santa Maria" des Kolumbus brauchte 1402 60 Tage zu ihrer Reise, während der Dampfer „Kaiser Wilhelm" in rund 6 Tage» den Atlantischen Lccan durchfurcht. Welch siegreiche Ucbcrwindung von Zeit und Raum! Wie gewaltig und furchtbar zugleich ist weiter die Wirkung jener mehr kriegerischen kylinder, der Rohre an unseren Gewehren und kkschützen. Muß man nicht staunen, wenn man hört, wie ein Geschoß von 5 Ccnt- nern aus dem Rohr einer Kanone 18 Kilometer weit ge schleudert wird? Wie unbedeutend und unfähig muß uns dagegen der kylinder vorkommen, der im gesellschaftlichen Leben bei Festlichkeiten eine s - große Rolle spielt, ky- linder ab vor den Cylindern der Dampfmaschinen und Kanonen! . v . ... . — . _ Nur; gicbt's noch kleine massive Kylinder — wenigstens hatte die älteste Form diese Gestalt —, die gleich segens voll und gleich furchtbar wirken können, kleine Instru mente, die wir gar nicht mehr entbehren können, es sind dies die Streichhölzer. Unser Großvater hat bis in sein Manncsaltcr hinein die kleinen Dinger nicht ge kannt und ohne sie anskommcn müssen, sind sic ja erst eine Erfindung der dreißiger Jahre des 10. Jahrhunderts. Die Rcibzündhölzchcn haben eine lange Kette von Vor läufern. Eine große Reihe gelungener, oder auch vcrun- glückter Versuche mußte angcstellt werden, ehe man dahin kam, durch einen Strich des Streichhölzchens die er wünschte Flamme zu sofortiger Benutzung zu erhalten. Da Wärme und Licht so nothwcndig gebraucht wurden, lag cS nahe, daß man fleißig darüber nachdackte, wie man schnell und mit möglichster Bequemlichkeit leicht ent zündbare Körper entflammen konnte. In der frühesten Zeit wurde das Feuer allgemein durch heftiges Ancin- andcrreibcn von glatten Holzflächen erzeugt cdcr mit Hilfe des Feuerbohrers gewonnen. Diese Methode herrscht wohl anch noch jetzt bei den uncivilisirtcn Völkern. So zünden die Brahmanen mit solchem ReibungSfcuer ihre Opfcrfcuer an. Im Mittelalter, im 13. und 14. Jahr hundert, wurde die Erzeugung von Feuer durch Feuerstein und Stahl allgemein üblich. Das Stein- oder Pinkfcuerzcug hatte noch bis vor mehreren Jahrzehnten am häuslichen Herde seinen Platz. Tic Nürnberger Haushälterin, ein Buch aus dem Jahre 1703, berichtet ausführlich auch über diese Feuerzeuge. In jedem Hause sollen zwei oder drei solche Feuerzeuge sein, die Herrschaft soll auch eins iu der Kammer habe», um iu der Nacht Lickt machen zu können. Neben Feuerstein und Stahl enthielt das Feuerzeug noch Zunder. Es gab Zundstricke aus Werg und Znndflccke aus leinenen Lumpen, die man im Feuer ankvhlen ließ und die, wenn sic feucht geworden waren, erneuert werden mußten. .Auch Schwamm sing die Funken auf und vertrat de» Zunder. Mit Hilfe von Schwcfclfädcn wurde dann die entfachte Gluth an dcn Be stimmungsort, an eine Kerze oder in dcn Ofen gebracht. Jetzt ist der Fenerschwamm mit seinem brenzlichen Duft aus -er Kunst des Fcuermachens verschwunden. Nur oben auf den Gerüsten der Maurer ist er noch hier und da als heiliges Symbol des Fleißes anzutrcffcn. Die Pinkfcucrzeugc waren übrigens nicht blos am häuslichen Herde anzutrcffen, sondern bildeten auch ein wichtiges Jnvcntarsiück im Ränzcl des Handwcrksbursche:'. Daß später außer der allgemein gebräuchlichen Küchenzünd- büchsc noch andere chemische Feuerzeuge anftaucktcn, sei nur nebenher erwähnt, eins der bekanntesten war das Tnnkfcuerzcug. Bei aller Knust, Feuer zu machen, spielte von jeher der Schwefel eine wichtige Rolle, entweder als Schwcfclfädcn oder auch als Lchwcfclholz, aber ohne PhoSpbor. Diese allgemeine Verwendung des Schwefels mag mit daraus zurückzusühren sein, daß man lange Zeit geglaubt hat, jeder brennbare Körper müsse Schwefel enthalten. All die erwähnten Feuerzeuge wurden ver drängt durch die Rcibzündhölzchcn, und zwar zunächst durch die Schwefel. Phosphorhölzchen. Wich- tigc Entdeckungen und Erfindungen sind oft non ver schiedenen Personell zu gleicher Zeit ausgesührt worden. So theileu fick in die Ausstellung des Satzes von der Er haltung der Energie ein Arzt und ein Brauer. Auch an der Erfindung der Streichhölzer sind mehrere Nationen bctheiligt gewesen. Wie schon erwähnt, waren Schwefel hölzer zum Ucbertragcn von Feuer von einem Orte zum andern längst gebräuchlich. Da kam ein Ocstcrrcichcr im Jahre 1831 auf den Gebauten, an die Spitze deS Schwefel holzes gelben Phosphor anznbringen, welcher den Schwefel entzünden sollte. Die Ausführung dieses Ge dankens war die Fabrikation der Zündhölzer. Die Fabriken sür Rcibzündhölzchcn finden wir oft in waldreichen Gegenden, wo die Holzdrähte leicht zu ge winnen sind aus Fichte, Tanne und anderen Bäumen. Der wichtigste Thcil des ganzen Streichholzes ist das Köpfchen mit der Zündmasse. Bei den ersten Streich hölzern bestand die Zündmasse ans chlvrsaurcm Kali, dem bekannten Gurgelialz, nnd aus gelbem Phosphor. Wegen der Gefährlichkeit nnd leichten Entzündliarkcit ober — auch ans Transporten — ging man bald zu anderen Mischungen über. Bei der Acrcitnng des Zündstosses wird zunächst Leim oder Dextrin mit Wasser zn einem dünnen Syrnp aufgelöst, bis aus 50 Grad erwärmt und dann nach und nach gelber Phosphor cingcrührt, bis dieser vollständig vcrthcilt ist. Zu dieser Masse setzt inan hieraus die übrigen vorher sein zerriebenen Zusätze unter sorgfältigem Umrührcn. Der Phosphor ist etwa zu > >„ an der ganzen Zündmasse bctheiligt. Die übrigen Stosse
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