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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020927022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902092702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902092702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-27
- Monat1902-09
- Jahr1902
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* Lauztp, 26. September. Die „Danziger Zeitung" schreibt: Die Besorgnisse, die das Befinden des Ober- präsidenten von Goßler schon seit langer Zeit seiner Umgebung bereitet, wachsen mit jedem Tage. Man kann sich leider der Ueberzeugung nicht mehr verschließen, daß das Leben diese-, um unsere Hrimathprovinz so besonder- ver dienten Manne- ernsthaft bedroht ist; nach dem überaus sorgenvollen Berlauf« der letzten Nacht muß man aus das Schlimmste gefaßt sein. (-) Herford, 26. September. Bei der Ankunft des Kronprinzen zur Enthüllung des Denkmal- deS großen Kurfürsten sprach die Tochter deö Oberbürger meister- Quentin ein Begrüßung-gedichl; nach der Weihe rede veS Oberbürgermeister» trank der Kronprinz ans das Wohl der Stadt Herford und zeichnete seinen Namen in da goldene Buch ein. Nach einer Rundfahrt durch die Stadt nahmen der Kronprinz, die Minister Budde und Freiherr v. Hammerstein, der Oberpräsident, cer Negierung-- Präsiden», der commandirende General des VII. Armeecorps und andere hohe Persönlichkeiten da- Frühstück im Kreisbause ein. — Dem Bildhauer Wefing, dem Schöpfer des Denk mal-, ist der Krouenordra 4. Clafse verliehen worden. * Elberfeld, 26. September. Eine eisenbahn- militärifche Conferenz der preußischen Eisenbahn- liuien-Commissioa «ad der Bevollmächtigten Deutschlands fand gestern im großen Saale der Stadthalle unter Vorsitz von Mitgliedern de- Reich-eisenbabnamtes und der Eiscn- bahnabtheüung de- Großen Generalstabes statt. Der Con- ferenz wohnten auch der Eisenbahnmiaist» Budde, der hiesige EisenbahadirectionS - Präsident und Mitglieder der Eisenbahudireetion bei. Nachmittag« wurde ein Ausflug nach Mitnastea zur Besichtigung der Kaiser Wilhelm-Brücke gemacht. A« Adend fand ein gemeinschaftliche- Essen im Speisesaale der Stadthalle von KV Gedecken statt. * Aachen, 26. September. Die Stadtverordneten versammlung beschloß im Hinblick auf die hier herrschende Fleischnoth, eine Petition an den Landwirthschafts- miuister zu richten um Einfuhr von wöchentlich 2öv leben den Schweinen au« Holland und Belgien nach dem Aachener Schlachthof zur Abhilfe de- dringendsten Bedürfnisse-. -r. Gera,27. Srptember. (Privattelegramm.) Staats minister Engelhardt wird nach fast 50 jähriger Thäligkeit im Ministerium auf sein Ansuchen am 1. October in den Ruhestand versetzt. Geheimer StaatSrath v. Hinüber, bi- 1892 königlich sächsischer RegierungSbeamter in Sayda, wurde zum Nachfolger mit dem Titel Excellenz, StaatSrath Gr äse! zum Nachfolger v. Hinüber'« und zum Geheimen StaatSrath, Landrath Ruckdeschel zum StaatSrath und dritten Mitglied« des Ministeriums ernannt. H Karlsruhe, 26. September. Dem hier gegründeten nationalliberalen Jugendverein traten sofort 250 junge Männer al« Mitglieder bei. 2 Aus Baden. Am Sonntag, 28. September, findet in Baden-Baden ein Delegirtentag der badischen nationalliberalen Partei statt. Vor Eintritt in die Tage-ordnung wird Abgeordneter Bassermann eine Ge denkrede auf Rudolf von Bennigsen halten. Zur Erörte- rung stehen: die Zulassung der Männerklöster im Groß- herzogtdum Baden, ferner die Reform deS Wahlrechts und der allgemeine Delegirtentag der nationalliberalen Partei in Eisenach. V. Stuttgart, 26. September. Die VolkSschulcom- mission der Abgeordnetenkammer hat gestern die Borberathung der Volksschulnovelle begonnen und heute fortgesetzt. Die Commission behandelte zunächst Art. l, der die obligatorischen und die fakultativen Lehrfächer der Volksschule betrifft. Dazu sind mehrere Anträge eingegangen, die Ein schränkung des Religionsunterrichts und Ein führung der Raumlehre und GesetzeSknnde wünschen. CultuSminister vr. v. Weizsäcker versprach in Erwägung zu ziehen, ob der bisherige Lehrplan der Volksschule einer Aendrrung zu unterziehen sei; die Stellung der beiden Oberschuldehördrn sei noch nicht endgiltig entschieden. Daß den Realien eine größere Stundenzahl ein geräumt werden sollte, sei auch seine Meinung. Der Referent und Vorsitzende der Commission, Abg. Prof. vr. Hieb er, sprach sich ebenfalls zu Gunsten einer Aendcrnng aus; schon lange habe er anerkannt, daß die Zahl der NeligionSstunden in der württembergischen Volksschule zu hoch sei, diese Ansicht theile man auch in weiteren Kreisen streng kirchlicher Richtung. Die von socialdemokratischer Seite gegebene Anregung, die Ertheilung de- Religion-unterrichtS den Lehrern gänzlich ab- zunehmea und sie ausschließlich den Geistlichen zuzuweisen, fand vielseitigen Widerspruch, insbesondere sprach sich auch der Minister entschieden gegen die völlige Ueberlragung dcS Religionsunterricht- an die Geistlichen aus. D München, 26. Srptember. Der König von Ru mänien ist heute Abend nach Bukarest abgereist. Oesterreich, Ungarn. Autonomer Zolltarif. * Wien, 26. September. An den heutigen M i n l st e r- conferenzcn, welche von 10 Uhr bis 1 Uhr und von 4 Uhr bis 7 Uhr dauerten, und deren Gegenstand wiederum der autonome Zolltarif war, nahm auch der Minister dcS Auswärtigen, Graf GoluchowSki, Theil. Die Ver handlungen werden morgen fortgesetzt werden. Großbritannien. Irisches. * Londo«, 26. September. William O' Brieu, der Führer der N a t i o na l i st c n p a r t e i in Irland, hielt gestern zu Claremorris eine heftige Rede, in welcher er erklärte, es sei jetzt die Zeit gekommen, die Grundsätze der United Irish League in die Wirklichkeit zu übertragen; die Stellung der Gutsbesitzer müsse unerträglich gemacht wer den durch thatkräftige Bvycottirung und socialen Ostracismus. Orient. Schipka-Feier. * Sofia, 26. September. Das Panzerschiff „Georgi Pobädvnossetz" mit dem Großfürsten Nikolaus und anderen russischen Gästen an Bord ist gestern Nach mittag 6 Uhr in Barna eiugetroffeu und wurde von 101 Kanonenschüssen begrüßt. Der Fürst von Bul garien stattete dem Großfürsten an Bord des „Pvbä- donosseh" einen Besuch ab, den der Großfürst an Bord des bulgarischen Avisvschiffcö „Nadjcschka" erwiderte. Um 5^ Uhr schifften sich der Großfürst, der Fürst von Bul garien und die anderen russischen Gäste unter begeisterten Kundgebungen einer großen Menschenmenge auS und wurden am Quai vom Ministerpräsidenten Danew und dem Metropoliten von Barna, vom Klerus und von den Behörden begrüßt. Der Biceprä^.dent der Sobranje hielt eine Ansprache, worin er die Gäste willkommen hieß. Eine Infanterie-Compagnie mit Musik leistete die militärischen Ehrenbezeugungen und defilirte vor dem Großfürsten. Alsdann begaben sich der Großfürst und der Fürst von Bulgarien mit der Eisenbahn nach Tirnowo, wo sie heute früh cintrasen. Der Dampfer „Petersburg" mit den anderen russischen Gästen landete heute Morgen in BurgaS, wo die Gäste vom General Balabanow NamenS deS Fürsten, von den Ministern Sarafow und Radew NamenS der Regierung begrüßt und von der Bevölkerung begeistert empfangen wurden. Die Gäste fuhren mit der Eisenbahn nach Stara Lagora, von wo sic sich nach Schipka begeben. Afrika. Wirthschaftliche Lage i« Transvaal. * Johannesburg, 26. September. (Reuter's Bureau.) Eine Anzahl Arbeiter des Dorfes Main Reef traten heute in den AuSstand, indem sie sich beklagten, daß sie gegenwärtig ein Drittel Arbeit mehr hätten als früher. Der Director der Gesellschaft veröffentlichte eine Note, ln welcher es heißt, die Aendcrnng der Arbeitszeit habe darin ihren Grund, daß Weiße an gestellt seien und höhere Lohne erhielten, als die Farbigen. Er müsse daher, um dies auszugleichcn, die Arbeitszeit erhöhen. Amerika. Roosevelt; Kriegswirren; Rumänische Jndensrage; Ernennungen. * New Äork, 26. September. Tie Entzündung an der Wunde des Präsidenten Roosevelt läßt allmählich nach. Der Präsident saß heute Vormittag auf einem Ruhcsopha und erledigte die laufenden Geschäfte. — Ein Telegramm aus Colon meldet: Der englische Kreuzer „Retribution" wird wahrscheinlich heute nach Santa Marta in See gehen, um die englischen Interessen, zu schützen. — Nach einer Depesche ans Lima haben heute der bolioanische Minister des Aeußern und der peruanische Bevollmächtigte einen Vertrag unterzeichnet, welcher die zwischen beiden Staaten schwebende Grenzfragc regelt. — Die Nachricht, daß Rumänien keine Pässe an Juden mehr auöstellc, wird in Washington als un mittelbare directe Anerkennung der Richtigkeit der Dar legung des Staatssekretärs Hay angesehen. Das Auf hören der Auswanderung würde als Beseitigung der lediglich directe n Streitfrage zwischen Amerika und Rumänien betrachtet werden und Amerika müßte, obschon cs auch weiterhin ein tiefes Interesse für die Besserung der Lage der rumänischen Juden hegen möge, sich einstweilen mit dem zufrieden geben, was ge schehen sei. — Folgende Ernennungen werden amtlich be kannt gcnmcht: Tower wird zum Botschafter in Berlin ernannt, Mc. Cormick, der jetzige Botschafter in Wien, zum Botschafter in Petersburg, Ltorer, der jetzige Bot schafter in Madrid, zum Botschafter in Wien. * Charlcmagne Tower, der zukünftige Botschafter der Vereinigten Staaten am Berliner Hofe, der den jetzigen Bot schafter Andrew D. White ablösen wird, wenn dieser am 7. No vember, seinem 70. Geburtstage, sein Amt niederlegt, vertritt zur Zeit die Bereinigten Staaten am Petersburger .yofe, nach dem er vorher Gesandter in Wien gewesen war. Der neue Botschafter stammt aus einer alten und angesehenen Fa milie und wurde in Philadelphia am 17. April 1848 geboren. Nachdem er im Jahre 1872 die Universität Harvard absolvirt batte, bezog er europäische Universitäten, um hier bis 1876 Geschichte und fremde Sprachen zu studiren. 1878 bestand er in Philadelphia das Examen als Rechtsanwalt und wurde zur Praxis zugelassen. Er übte sie aber nicht lange auS; denn schon 1882 ging er nach Duluth, Minnesota, als Präsident der von dort nach den großen Eisenerzlagern führenden Eisenbahn und leitender Director der Minnesota Iran Co. 1887 kehrte ec nach Philadelphia zurück als Dirrctor und Anfsichtsrath einiger gro ßer Corporation«». Mehrere Jahre gehdrtc er dem Vcrwal- tunasrath der Universität von Pciinsylvauicn an und ist Mit glied der Akademie für Naturwissenschaften und des Instituts der Bergbau-Ingenieure. Auch schriftstellerisch war er thätig und veröffentlichte u. A. ein Werk über LafayetteS Antheil au der amerikanischen Revolution. 1807 ernannte Präsident MacKinlep ihn zum Gesandten in Wien und versetzte ihn im Januar 1800 als Botschafter nach Petersburg. Au beiden Orten war er sehr beliebt nnd machte gesellschaftlich ein großes Haus. Die Monroe Doctrin. * Ne» York, 26. September. Aus BuenosAircs wird hierher gemeldet, daß das Blatt „P rcus a" in heftigster Weise die den Vereinigten Staaten zugeschricbene Neigung zum Imperialismus an greift und die Landung vonTruppenaufdemJsthmusvonPanamaals Illustration anführt. Das Blatt erhebt energischen Einspruch gegen dieselbe nnd sagt, die Vereinigten Staaten hätten keinerlei politische Protection in Südame rika auszuüben, welch« keine europäische oder amerikanische Einmischung in seine Angelegenheiten dulde. Argentinien solle eine Untersuchung cmstellen, um den wahren Charakter dec Ziele der Bereinigten Staaten fcstzustcllen, auf diese Weise eine diplo matische Bewegung cinlciten, eine Vcrtheidigung verbreiten und die Idee einer Möglichkeit einer Intervention vernichten. * Washington, 26. September. (Meldung des Reuter'scheu BureauS.) Bezüglich des Einspruchs desGeneralsSalazar gegen die L a n - u n g v o n amerikanischen Truppen auf Panama wird hier bemerkt, daß Amerika gemäß dem Vertrage von 1846 handelte, der eine vollständige Neutralität des JsthmnS ge- sichert habe, um die Verhinderung deö freien Durchganges zu vermeiden, und der Neugranada die Oberherrschaft ge sichert habe. Die Regierung habe noch keine amtliche Mit« theilnng des Einspruches erhalten. Colonial-Uachrichten. * Uebcr die Ergebnisse der zur Beschaffung von Wasser zwecks Hebung der Viehzucht von dem Colomal- Wirthsckaftlichen Coinite Berlin veranlaßten Bohrcolonne nach Deutsch-Süd tue st afrika berichtet der Cultur.Ingenieur bei dem kaiserlichen Gouvernement, Herr Watermcycr, daß bis Mitte August neun Bohrungen zur Ausführung gelangten. Reichlich Wasser lieferten drei 60 bis 70 Fuß tiefe Bohrungen auf der Farm Voigtland und eine 50 Fuß tiefe Bohrung auf der Farm Francois, während die übrigen Bohrungen aus den Farmen Araucnstein, Francois, Voigtland und Ondekarcmva theilS geringe Wasscrmcngen ergaben, theils wegen Ouarzadcrn, welche den in der Windhocker Gegen- vielfach verkommenden Glimmerschiefer durchsetzen, nnd mangels Wasser zur Speisung der Bohrmaschinen, im Einverständinß mit den Farmbcsitzcrn eingestellt wurden. Dritter Deutscher Handwerks- nnd Gewerbekammertag. in. ick. Leipzig, 27. September. Nack Eröffnung der Ver sammlung wurde zunächst in die Berathunq über Punct 6 der Tagesordnung, „Meistertitel und LehrlingS- anleitung", eingetrelen. Die dazu von den Handwerks kammern zu Posen bez. Harburg vorgeschlagene Resolution batte folgenden Wortlaut: 1) Die mit der Handwerker-Novelle vom 26. Juli 1807 angestrebte Besserung in der Erziehung und Ausbildung de« gewerblichen Nachwuchses wird durch die Bestimmungen deS K 129 und Art. VII Abs. 2 der R.-G.-O. nicht gewährleistet. 2) ES wird deshalb folgende Abänderung der bezüglichen Bestimmungen vorgeschlagen: a. tz 129 Abs. 1 der N.-G.-O. soll lauten: „In Handwerks betrieben steht die Befugniß zum Halten und zur An leitung von Lehrlingen nur denjenigen Personen zu, welche da- 24. Lebensjahr vollendet haben und in dem Ge werbe oder in dem Zweig« des Gewerbes, in welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, die Berechtigung zur Führung des Meistertitels haben." b. Artikel VII der N.-G.-O. soll lauten: „Die Bestimmung des tz 129 Abs. 1 in der neuen Fassung tritt erst am 1. April 1906 in Kraft. Bi- dahin steht die Befugniß zum Anteilen von Lehrlingen in Handwerksbetrieben auch denjenigen Personen zu, welche da- 24. Lebensjahr vollendet und in dem Gewerbe bez. Ge- werbzweige, in welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, mindesten- eine dreijährige, oder fall- sie am 1. April 1901 da« 17. Lebensjahr vollendet hatten, mindesten- eine zweijährige Lehrzeit zurückgelezt und die Gesellenprüfung bestanden, oder fünf Jahre hindurch per- jönlich da- Handwerk selbstständig au-geübt hoben, oder als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung thälig gewesen sind." Die vorstehende Resolution wurde von den Herren Lampe- Harburg und vr. Bantelin-Posen eingehend begründet und hierbei auch die Forderung gestellt, daß alle staatlichen und couununalen Arbeiten nur an Personen vergeben werden, die zur Fübrung des Meistertitels berechtigt sind. In der Debatte ergriff u. A. Herr ReichStazSabgeordneter Euler-BenSberg da» Wort und ermahnte, daß die For derungen, weiche in der Resolution enthalten seien, auch scbon von ihm bei der Berathung deS Handwerkergesetzes gestellt wurden. Die Neichsregierung erklärte sie aber für unannehm bar und wollte sonst das ganz« Gesetz scheitern lassen. Um dasselbe, da- unzweifelhaft den Handwerkern viel Gutes brachte, durchzubringen, habe damals die Mehrheit des Reichstage- die Anträge abgelehnt. Inzwischen habe sich aber die Stellung der Reichsregierung in manchen Puncten geändert, und eS sei zu erwarten, daß sie sich neueren An trägen in Vieser Richtung freundlicher gegenüber stellen werde. Deshalb möge man Vie vorgeschlagene Resolution heute zum Beschluß erheben. ES erfolgte hierauf die einstimmige Annahme der Resolution. Ueber den nächsten Punct der Tagesordnung, „Mittel zur Förderung deö Handwerks", referirten die Herren I)r. H am p ke-Hamburg und Sekretär Kort bauS-Osna brück. Dieselben griffen in ihren Darlegungen auf den vom Abg. Trimborn im preußischen Abgeordnetenhause gestellten Antrag zurück. Die Annahme desselben, welche en bloe ersolgte, habe gezeigt, daß die Stimmung eine den Hant- werkerbeslrebungen günstige sei: das müsse benutzt werben. Da nun die Wünsche der Handwerker noch keine Berück sichtigung gefunden haben, so sei rS notbwendig, denselben hier Ausdruck zu geben, und wurde folgende Resolution zur Annabme vorgeschlagen: „Der 3. Deutsche Handwerks- und Gewerbekammertag zu Leipzig ist der Ansicht, daß durch das neue Handwerker- organisationsgesetz vom 26. Juli 1897 allein eine wirthschaft liche Hebung dcS Handwerks in genügender Weise nicht erreicht werden kann. Der 3. Deutsche Handwerks« und Gewerbekammertag begrüßt daher die im preußischen Ab geordnetenhause aus Anregung der Herren Trimborn und Genossen am 4. Juni 1902 en dloe angenommene Resolution mit Freude und hofft, daß die preußische Regierung recht bald mit genügenden Mitteln die geplante Action zur Förde rung deS Handwerks ins Werk setzen möge. Da aber nicht nur das preußische Handwerk, sondern das gesammte deutsche Handwerk sich in einer wirtbschaftlicken Nolhlage befindet, so richtet der 3. Deutsche Handwerks- und Gewerbekammertag an alle deutschen Bundesregierungen das dringende Ersuchen, Mittel — so weit es noch nicht geschehen ist — in aus reichendem Maße zur wirthschastlichen Hebung deS Handwerks, insbesondere zur Errichtung von Meistercursen, zur weiteren Ausbildung von Handwerksmeistern, zur Veranstaltung von Ausstellungen mustergiltiger Maschinen und Werkzeuge, zur Errichtung gewerblicher AuSkunslöstellen, zur Anregung unv Bildung von Credit-, Rohstoff-, Werk- und Magaziu- Genossenschaften u. s. w., zur Verfügung zu stellen." Zu diesem Puncte waren außerdem verschiedene Anträge gestellt, so von der Handwerkskammer zu Cassel, die um Ausdehnung des gewerblichen Fortbildungs schulwesens aus die kleineren Städte und da- Land er suchte, ferner von der Kammer zu Wiesbaden, welche wünschte, daß im preußischen Ministerium für Handel unv Gewerbe eine besondere Abtheilung für da» Hand werk gebildet werde, der einige erfahrene und intelligente Handwerksmeister als Beirath beigeordnet werden, sowie von der Handwerkskammer zu Saarbrücken, die darum ersuchte, daß in den Etats der einzelnen Bundes staaten künftig ausreichende Mittel zu Beihilfen für die von den Handwerks- und Gewerbekammern zu ver- anstaltenden Meistercurse bereit gestellt werden. Zu letzterem Anträge wurde von Herrn Figge-Köln, der be merkte, daß sich in Köln die Meistercurse sehr gut bewährt hätten, der Zusatzantrag gestellt: „und den Handwerks- unv Gewerbekammern auf die Errichtung und Leitung der Meister« curse mehr Einfluß zu sichern." AuS der Debatte ist hervorzuheben, daß HerrBrögger- Hannover bemerkte, so schön die Trimborn'schrn Anträge seien und so viel GutcS sie enthielten, sie doch nicht die erhoffte Hilfe für die Handwerker bringen würden. Dieselben leiden — Redner führte hierfür Beispiele an — hauptsächlich unter der Concurrenz der Conlumvereine. Gegen diese müßte man sich wenden. Er würde dafür sein, daß nur den Hand werkern die Gründung von GenossenschaftSver- bänden gestattet würde. (Bewegung.) E- müßte ein Weg gefunden werden, um den Handwerkern zu helfen. Manne» gekommen und die Angen haben sich jäh ge schloffen. Die Jula, die neben dem Bett des Bruders gelnict, hat erschreckt nach dem alten Mann gesehen, ist dann empor- gescyoflen und hat einen Stuhl erfaßt. Den schieb: sic dem Hochgstettner hin und der Franz läßt ihn darauf nieder. Die Sephi aber ist bei den Worten des Franz auf diesen und seinen Vater zugeschoffen. „Ah Du, mach' nur d' Augen auf und schan her auf mein Elend, was Dn da siechst — hör' nur zu, wie mir g'wesen ist, daß D' es gut weißt, was D' gethan hast — Du — Du Dieb! Ah, grab' wohl thut'S mir, daß i Einem so kommen derf, i, die i so lange Jahr' veracht't dag'standcn bin und hab' mir net Helsen können, weil i nichts g'wußt hab', daß so vicl mein g'hört! — Jesus, so viel g'hört mir, seit vielen Jahren schon, und mein einziger Bub' ist halb's verhungert und elendig 'worden! — Ah Du, grab' packen könnt' i Dich und schütteln, bis D' keine Seel' nimmer im Leib hast! Pfui Teufel, so eine Geel' zu haben, und hast Dich anschanen lassen al» 'n braven Hochgstettner? Hast 'praßt mir Deiner Ehr' und Rechtschaffenheit vor die Lent' und hast derweilen . draußen in der Welt Eine bettelarm Herumlaufen lassen, der D' was schuldig bist! Hast Dich schiech versündigt, net einmal, na, dreifach — an mir und meine Kinder!" DaS secundenlange Schütter« gleitet wieder durch den Leib Vinzenz'. Er bezwingt eS schwer, schaut die Schwester mit erloschenem Blick an, und dann bringt er mühsam, schwerfällig Worte über die Lippcu: „Seph' — t hab'S net g'wußt — wie schlecht als 'S Dir geht — Hab'S net denkt! — I hab' g'meint. Tu wärst nimmer auf der Welt -- weil t nichts vernommen hab' von Dir — weil nichts hören hast lasten!" Sin Lachen voll Zorn entringt sich den Lippen deS WetbeS. „Hören lasten? Ja, heimgehen nnd sagen: Da schaut'S, wie dumm i g'wesen bin, mit dem herg'lanfenen Müllervurschen davon zu laufen — gegen Snern Willen den zn nehmen! Ein Lump ist er, ein versoffner, ein fauler, und i muß Euch für mich nnd meine Kinder nm Unterstand bitten! — So zn reden, na, das ist mir net lieraus'gangcn au- der Brust! Daß der Stiefvater g'storben ist, da» hab' i ja net g'wußt; vielleicht mär' ich da ehenter kommen und hätt' Dich bitt' um ein' Unter stand, und —" der bittere, zornige Klang der Stimme steigert sich zu einem lauten, scharf höhnischen — „und nachher hätt'st mich vielleicht sortg'jagt wie einen Hund — weil t nicht» g'wußt hätt' von dem Testament! Jetzt magst ja sagen, Du hätt'st mich mit ofs'ne Arm' ausg'nommrn, aber ob 1 Dir'» glaub', da kannst warten braus!? Der Vinzenz hebt die Hand mit schwacher Geberde. „Und g'wiß nnd wahr hätt' i Dich g'nommcn — glaub'- oder glaub'« net! I hab' ja z'sncht um Dich, aber g funden hab' i Dich net." Einen Augenblick bleibt sic wortlos, dann schüttelt sic -cn Kopf. „So, g'sncht hätt'st mich? Aber wie? Ein bißt nachg fragt halt, und nachher war's gar! Hält st öffent- tichc Bekanntmachungen thnn lassen, i wär' schon zum Vorschein kommen; aber Tn bi« ja setber froh g'wesen, daß Dn mich net gleich g'fundcn hast, und hast Dich leicht 'tröst't. Thn's doch net beschönigen, was Tn than hast; mir machst es riet anders, i sicch's mit Augen, die klar schauen. Schau, vor ein paar Wochen hab' i noch glaubt, Tu könnt'st ein gilt's Herz haben und ein warm's Gmüth, nnd hab' mich ansg'macht, heimlich, bin dem Maun davon und bin daher, hab' Dich bitte» wollen nm Deine Hilf', weil i mir nimmer hab' Helsen können; bloö wegen dem Buben, dein armen, hab' ich's thnn wollen, weil i gar nichts, gar nichts für ihn hab' anwendcn können, was ihm gut g'wesen wär'; aber der Lump hat's auSg'fvrscht, wo i hin bin, und ist mir nach, und da hab' i mich nachher g'schäint, zu Dir zu gehen — weil den Mann kennen g'lcrnt hätt'st, wie der ist. Und heut', grad heut' hab' i g'meint, i überwind die Schänd', so vor Dir z r stehen, wegen meinem Buben dort; da aber hab' i die G'schrist in d' Händ' kriegt — und jetzt — jetzt kann ich'ö nimmer glauben, daß Tu für uns was 'than hätt'st — und jetzt, jetzt frcut'S mich, daß i Dir net 'kommen bin! Da hätt' t vielleicht doch einen Brocken von Deiner Gnad' ansg'hobcn, und hätt'st mir nachher sagen können, Tn hätt'st 'was 'than für mich!" „Muatter! Muattcr!" fleht Eines leise von -er Thür her; dort lehnt die Jula, mit rieselnden Thränen in den Augen, mit krampfhaft ineinander geschloffenen Händen. Aber die Mutter wirft nur einen kurzen Blick hin zu ihr; sie läßt sich nicht irre machen, nnr grollender noch fährt sic fort: „Wenn cs auSlöschen könnt'st, waS die zwei Kinder anSg'standcn haben in ihrer Armuth, danken tbät' t Dir mit aufg'hobene' Händ'; aber wenn eS noch so be reust, was Du 'than hast, nimmst unS ja nimmer 'was weg von dem Elend, waS wir verbracht habe». Und wenn drei Mal zahlen thät'st, waS D' mir schuldig bist, so macht'» wohl den dort nimmer g'snnd und kräftig — und — ja, und mein Dirndl dort, die hat ihr Lebtag' ein- am bessern g'spürt uach'm Hunger —: Verachtung! Weißt, wie weh al- die thut? Na, Du weißt'- net! I schon, denn t Hab'S g'svürt an mir selber. Wild und ungut macht s' Stnem. diel Grab' .'» Herr hat'» mir «m'dreht, rvenn i g'sehcn bad', wie d' Jula behandelt worden ist von die Leut' in ihrem Hochmuth — weil s' ein arm's Hadern- sammlcr-Dirndl ist! Wie ein Ekel ist's den Leuten oft g'wesen, mein lieb's, sauberes Dirndl, und hat nichts da für können, nichts! Nctta i, daß i Einen g'nommcn hab', den i für brav ang'schaut hab' in meiner Verliebtheit, der 'S aber net g'wesen ist — und Du, weit mir mein Geld g'stvhlen hast, mit dem wir nno vrdcnt'.'.ch g haust hätten. Ja, i bin blind g'wesen in meiner VcrUebthci», Du aber hast mit einem harten Herzen jo gehandelt; Dich trifft der größer' Vonvnrf dabei, Dn bist schlecht —" Wieder unterbricht die Stimme Jula's, ha»b erstickt, die Rede der Mutter. „Mnatter, mcinetswegen quäl' ihn net, -en alten Mann da! I vergiß «ll's gern — und verzeih' ihm All s — weil i —" „Richtig, weil Dich in seinem Buben «erschaut ha?.! Es fällt mir schon ein jetzt, daß D' mir's erst ctng'standcn hast, das, und g'jammcrt nnd bitt' hast für dem da seinen Vatern. Weil dumm bist! Meinst denn, der Bursch' da, der Hütt' Dich g'nommcn. Dich? Wär' er net längst schon 'kommen und hätt' Dir g'sagt: „jetzt hab' i g'red't mit meinem Vater, er vcrlanbt's" — oder „er verlanbt's net" — wär' er net längst so 'kommen, wenn cr's ernst g'meint hätt'?! Gern mag er Dich schon haben, ja, bist lieb und sauber g'nug dazu, und sein Schatzl hätt'st schon werden dürfen, aber in Ehren halt net! Du net» 's Hadcrn- sammlcr-Dirndl — na, in Ehren halt net! Du beutelst Dein'Kopf dazu? Bist g'scheitcr wie ich? Kennst d'Leut' besser wie ich? Frag' ihn, wenn eS wissen willst, ob s wahr ist, ob i Recht hab'!" „Na, i frag' ihn net", erklingt jetzt Jula's Stimme weich und bewegt, und ihre Augen glänzen. „Magst ja Du d' Leut' besser kennen — i kenn' mein' Buben besser! I brauch' ihn net zu fragen. Weiß sein Vater noch nichts von der Sach', so hat er gute Gründ' dazu und —" das Dirndl kommt nicht weiter, die Mutter unterbricht sie. „Freilich, gute Gründ'! Den einzigen halt, daß er der rechte Sohn von seinem braven Vater ist. Der Eine ein Lnmp, ein diebischer, und der And're auch! Stiehlt der Tine Geld, so kann der Ander' d' Ehr' stehlen —!" Tin Aufschrei wie au» wundem Herzen unterbricht die Frau. „Schmäh' mir mein' Buben net, Muatter!" schreit die Jula in heißem Mitleid und fliegt auf den Franz zu. Und der hat sich ihr schon längst zugewandt, be'ße Zärt lichkeit tm Antlitz, und fängt sie nu« auf mit beihcn Armen und preßt sie an feine vrust, al» wolle er sie nimmer lassen. Und leise flüstert er zu ihr nieder: „Gchatzl, mein lieb'» -- für da» Hank i Dir, Latz D' glaubst an mich — an meine Lieb', an meine Treu ! Schau, all' Zwet g'hörcn Dir, da hast schon Recht — da irrst Dich nimmer!" Sie steht erst, die Sephi, und starrt nach den Zweien — bis sie plötzlich herzusährt und die Tochter am Arm packt. „Las; s' los, Dn! Ihr Zwet g'hört'S nimmer zusammen!" schreit sic den Burschen an. Der sicht sie traurig, schier trostlos an. „Ja, d' Sünd' von meinem Vatern, die trennt uns — mich und mein lieb's Dirndl! Da gicbt'ö kein' Widerstand. .Könnt' es auch d' Jula vergessen durch meine Lieb', was s' durch « einen Vatern anög'standen hat — Du nimmer! Da siech i, Dn nimmer! Du könnt'st kein gut's Worte! rede» mit mir, weil Du alleweil den Sohn von melncm Vatern in mir sehen thät'st, net den braven Mann von Deinem Dirndl! 's ist nur das Eine, daß der Jula ihr Leben grad' so ein frcndlvs'S werden wird, wie s meine! Und i mein' schier, das ist meinem Vater seine größte Sünd' dabei, daß er zwei junge Menschen um'ö Glück in ihrem Leben 'bracht hat. Aber —" und der Franz sicht von der alten Krau auf die Jula, streckt ihr beide Hände hin und fährt mit weicher, bittender Stimme fort: „Aber Jula, gelt, i irr' mich net in Dir —: Dn verzeihst meinem Vater, wie ich ihm verzeih' ?! Er hat's ja net g'wußt, daß er uns 's Glück nimmt mit seiner Sünd'. Und nachher, Jula — nachher, sckiau, was anch Deine Muatter redet —, er ist net so schlecht, wie sic meint! I weiß'S für g'wiß, er ist net so schlecht!" Uebcr Jula's Wangen rinnen heiße Thränen; sic drückt dem Franz seine Hände und nickt ihm zu, um sich gleich darauf seinem Vater zuzuwcnden und nach dessen Händen zu fasten. „Dein Sohn hat Recht, Hochgstettner, Du kannst net so arg schlecht seln, wie d' Muatter meint! Sonst hätt'st keinen Buben, der so brav und gut ist, wie der! Und da kann t Dir net feind sein, wenn auch mein Glück in Händen g'üaltcn hast und hast'S zerbrochen. I wünsch' Dir nicht- Schlecht's, alter Mann! V'hüt' Dich Gott!" Leise schluchzend geht das Dirndl ans der Stube. Vinzenz' Augen aber folgen Jula mit verdunkeltem Blick bis zur Thüre, dann erhebt er sich mühsam von seinem Stuhl. Als ihm der Franz unter die Arme greifen will, nm ihm zu helfen, hascht er nach einer Hand desselben und brückt sie ein wenig. „'S ist mir 'S Aergste, daß grab' die im Herzen hast und sie Dich!" sagt er gebrochenen Tone-. Und dann hastet c- heiß, verlangend über seine Lippen: ..Heim mvcht' s, heim — zu meiner Franzi, meinem Wetb! Geh, geh, Franz, komm'!" Die Eephl spricht kein Wort mehr. Da die v-ibrrl
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