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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190502252
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19050225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19050225
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-02
- Tag1905-02-25
- Monat1905-02
- Jahr1905
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1905
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3« schier wund gerungert im Gebet. Wo war die Hilfe? Nun stand sie auf. „Was willst Du tun, Anna?" frug der Kranke. „Sehen, wie weit das Wasser steht, Vater." „Anna, es ist düster und das Wasser dämmst Du nicht. Meinetwegen kann es kommen, ich will am liebsten auf dem Ellernhof auch, sterben, wo ich gelebt habe." „Vater, sie müssen das Wasser sa stauen, die Leute vom Tors, sie können uns doch nicht ertrinken lassen: sie brauchen ja bloß den Tamm höher aufzuwerscn!" Sie stand schon an der Tür, die Winke in der Hand. Ter Alte sagte nichts, er war weit weg mit den Ge danken. „Und wenn überhaupt nur das Stau hält, dann ist doch keine Gefahr?" frug sie ängstlich, während die gro ßen, grauen Augen in dem Gesicht des Alten forschten. „Ja, wen» es hält?" gab er langsam zurück. Ta stieß sie die Türe auf und lief hinaus. Sie stand da im Sturm, er umtobte sie und warf sie wie ein welkes Blatt hin und her: aber sie hielt ihm stand. Ihre Augen suchten das Tunkel zu teilen. Sie meinte neben sich einen Schein zu sehen und ein unheimliches Rieseln zu hören, das näher kam. „Wasser!" Eine namenlose Angst packte sie. „Hilfe!" .schrie sie laut aus; wie ein Flüstern ver hallte es, sie meinte ihre eigene Stimme nicht mehr zu hören. Ter Schall brach sich im Sturm und Regen, noch einen halben Fuß breit weiter und das Wasser drängte in den Hof und ins Haus. Wie eine riesige, graue Fläche lag das Moor und die Wiesen. Nun meinte sie ein Licht zu unterscheiden, oben über ihr mußte es sein, auf der Beekenmühle? Ter Nebel täuscht so! Tie da oben waren sicher vor diesem grauenhaften Element. Sie hatte sie nie beneidet, aber nun sehnte sie sich hinauf; oder verlangte es sie, die Hand zu erfassen des einzigen Menschen, der sie vor der Rot des Lebens hatte schützen »vollen, und sie hatte sie fortgestvßen? Er würde nicht wiederkommen, und wenn er kam, war der Ellernhof längst unter Wasser und ihr war alles genommen, Heimat, Vater, Haus und Erbe, die Stätte ihrer Kinderspiele und Träume, — alles! Sic wollte es auch lassen, wenn es sein mußte, — aber den Alten, den sie nicht fortbringen konnte, den durfte sie doch nicht lassen, und mit ihm sterben? In ihr fieberte alles, die klopfenden Pulse und das junge Blut, das zum Herzen strömte, es verlangte nach Leben. „Hilfe!" schrie sie. Gab es denn niemanden, der Er barmen mit der folternden, wahnsinnigen Todesangst eines Menschen hat? Verschlang dieser entsetzliche Sturm auch das Gebet und Flehen zu dem Gott dort über den Wolken, dessen erbarmende Liebe die letzte Zuflucht seiner geängstigten Menschenkinder ist? „Hilfe!" schrie sie noch einmal. Schluß folgt. vermischte». Was kostet eine Frau? Seine Frau zu kaufen, ist i» vielen Teilen der Welt auch heute noch üblich. Wo diese Sitte in Uebung steht, hat sich in der Regel eine ganz bestimmte, außerordentlich verschiedene Taxe für den Preis einer Ehefrau herausgebildet. Eine Fülle merk würdigen Materials für diese Erscheinung finden wir in einem diesen Gegenstand behandelnden Werke des eng lischen Ethnologen Westermarck. Ein solcher Kauf ist nicht notwendig ein bloßes Handelsgeschäft; ein Gefühl der Liebe mag in vielen Fällen die Wahl des Bewerbers be stimmen. Es gilt jedoch überall da, »ro dieser Brauch vor- hcrrsckst, für unpassend, wenn Eltern ihre Kinder ohne Preis verheiraten. Dieses Gefühl ist besonders ausge prägt bei den Indianern in Kolumbia. Bei einzelnen kalifornischen Stämmen nehmen die Kinder einer Frau, für die kein Geld bezahlt wurde, nicht dieselbe Stelle wie die anderen Kinder ein; sogar die ganze Familie wird gering geschätzt. Ter alte hebräische Brauch, ein Mädchen dadurch zur Heirat zu erhalten, daß für den Vater ge wisse festgesetzte Dienste geleistet werden, wie dies von Jakob und Laban erzählt wird, ist nach Tr. Westermarck bei den unzivilisierten Rassen Amerikas, Asiens, Afrikas und des indischen Archipels weit verbreitet. Wenn der Gatte manchmal nicht den vollen Preis zahlen kann, lebt er als Arbeiter in der Familie seiner Frau, bis er mit seiner Arbeit den Nest der vereinbarten Summe bezahlt hat. Ter Preis der Frauen hängt von den allgemeinen Verhältnissen.des Stammes, von dem Reichtunt des Frei ers, von dem Rang und den Eigenschaften des Mädchens und von anderen Tingen ab. In Britischi-Kvlumbien und auf den Vancouver-Inseln beträgt der Wert der für die « Braut gegebenen Waren 400—800 Mark. In Nord- und Südamerika sind oft Pferde und in Afrika Rindvieh Tausckgegenstände. Kaffernbräute bringen 5—20 oder 30 Kühe. Tie Tamaras sind „ein so armes Volk, daß sie oft froh sind, eine Kuh für eine Tochter zu bekommen"; die Bondo-Neger nehmen eine Ziege; bei den Mangoni gelten zwei Bockfelle als ein schöner Preis; in Uganda „drei oder vier Ochsen, sechs Nähnadeln oder eine kleine Schachtel Zündhütchen"; bei den Samojeden oder Ost- jaken eine gewisse Anzahl Renntiere; in der Tatarei einige Pferde, Ochsen, Schafe oder mehrere Pfund Butter; bei den indischen Kisans „zwei Körbe Reis und eine Ru pie in bar"; in Timor Elefantenzähne; bei den Bewoh nern der Fidschi-Inseln „ein Walfischzahn oder eine Flinte"; auf den Karolinen „Obst, Fische und ähnliche Tinge"; auf Samoa Kanus, Schweine und ausländisches Eigentum jeder Art, das ihnen in die Hände fällt. Es ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß Heirat durch Kauf jemals allgemeiner Brauch der Menschheit war; heute gibt es verschiedene nnzivilisierte Völker, die ihre Frauen nicht kaufen. Geschenke können gegeben werden, aber der Gedanke des Kaufes wird zurückgewiesen. Tas ist der Fall bei den Ainos von Jesso, bei einem der Stämme auf Alaska, bei dcu kalifornischen Wintun, bei mehreren afri kanischen Gemeinschaften, bei den Veddahs, in großem Maße bei den Hawaiianern, auf der Kingsmill-Gruppe und anderswo. Sicherlich hat jedoch die Mehrzahl der wilden Völker nichts gegen den Kauf von Frauen einzu wenden. Oft bestehen der Frauenkauf und der Frauen- ranb, der im allgemeinen als die frühere Stufe in der Entwicklung anzusehen ist, noch gleichzeitig nebeneinan der; dann folgt in der Regel auf denj Raub der Frau der Kauf, wie allgemein Tausch auf Raub folgte. Ter jüngere Charakter der Heirat durch Kauf erhellt deutlich aus der Tatsache, daß Heirat durch Raub sehr häufig symbolisch noch dort vorkommt, wo es sich in Wirklichkeit um Heirat durch Kauf handelt. In dem Maße, wie die Frau in der Achtung des anderen Geschlechts wächst und ihr Stand an Ehre und Würde gewinnt, hört sie allmählich auf, als bloßer Tauschgegenstand angesehen zu werden. Den!- und Sinusprüche. Zum Lick t empor mit klarem Blick, Ein Vorwärts stets, nie ein Zurück, Ein frohes Hoffen, kühnes Streben, Ein schnelles Handeln auch daneben, Tann hat das Dasein Zweck und Ziel, Wer Großes will, erreicht auch viel. Druck und Verlag von Langer t Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich Hermann Schmidt, Riesa. Erzähler an der Elbe. velletr. Gratisvetlage r«« „Riesaer La-edlett". Rr. 8. Riesa, den 2L. Aetruar 1905. S8. Der Ellernhos. Preisgekrönte Erzählung von HanS v. Echtlttz. Fortsetzung. Tie Augen des Deekcnmüllers waren immer größer geworden, nun traten sie rot aus den Höhlen und die Faust ballte sich gegen den Ellernbauer. „Tu Hund!" stieß er heiser hervor, „ich will Dich kläffen lehren, — ich will Dich still machen!" Er wollte auf den Andern los und hätte ihn auch zu Boden geschlagen, aber Anna warf sich dazwischen. „Onkel", schrie sie, „daß Du ihn nicht anrührst, den Alten, er ist ein kranker Manu!" Tie schwarzen Flechten waren ihr auf die Schultern gefallen, und die grauen Augen flammten zornig zu dem Beekenmüller auf. Sie fürchtete ihn nicht, der da so hü nenhaft mit geballter Faust vor ihr stand und sie init einem Stoß niederschlagen konnte. „Onkel Fritz!" stieß sie erregt hervor, „der Richter mag Dich freigesprochen haben, unser Herrgott spricht kei nen frei, der —" Die zitternden, blassen Lippen sprachen das Wort nicht aus, aber der Beekenmüller zuckte zusammen. Sein eigenes Gewissen schrie ihn an, das ließ sich nicht mit Geld den Mund stopfen, wie die andern Zeugen, es würde ihn verklagen Zeit seines. Lebens, ihn graute vor diesem Leben. Da auf dem weißen Gesicht des Mädchens stand es geschrieben, was er war. „Meineidiger!" „Nimm Dich in acht, oder ich vergeß, daß Du mein Schwesterkind bist —" mit diesen Worten stieß er das Mädchen unsanft beiseite. „Vater", da stand sein Sohn, sein eigenes Fleisch und Blut und bäumte sich auf gegen seine Rohheit, „ich mein. Du hast dem Ellernbauern genug genommen, laß ihm sein Einziges, sein Letztes! Laß uns gehen!" Ter Alte sah zu dem Jungen hinüber, der sich schützend vor den Ellernbauern und seine Tochter gestellt hatte, als wolle er sie, wenn's drauf ankäme, mit seinem Leben decken. „Ha, Du willst wohl niit Deinem Onkel gehn und — Deiner Braut?" höhnte dec MWer. Tas Mädchen schrie laut auf bei seinen Worten, als habe er ihm weh getan, und faßte nach der Hand ihres Vaters. Als sie sah, daß er dem Müller anttvorten wollte, zerrte sie ihn in den Schlitten. Dann nahm sie die Peitsche und schlug auf die Pferde ein, daß sie in hohen Sätzen in den Schnee hineingingen, — einen Augenblick noch, dann war der Schlitten mit den Beiden in dem dichten Schnee gestöber verschwunden. , Ter Beekenmüller stand noch immer drohend vor dem « Jungen. , „Bist Tu wirklich noch da, Fritz?" frug er endlich höhnend, aber der ließ sich nicht höhnen, der war von seiner Natur, ebenso eiscnköpfig, so starr. Früher hatte er damit geprahlt, jetzt fürchtete er ihn. Wenn er ihm zu viel bot, zeigte der ihm die Zähne und ging auf und da von. Er hatte ihn nötiger als der ihn. Einem'.jungen Burschen mit sehnigen Armen steht die Welt offen! Und für wen hatte er denn gearbeitet? Diesmal mußte er nachgeben, das sah er an dem düster«, drohenden-Gesicht des Jungen. Wie schwer es ihm wurde, eS half nichts. „Komm, Fritz, laß die Dummheiten", sagte er ein lenkend, „sollen wir uns hier einschneien lassen? Der Schnee weht uns die Spur zu, ich freu' mich auf den Abend." Ter Junge antwortete nicht, der Trotz zuckle noch in seinem hübschen Gesicht, als er sich umsah, sich des »egeS zu versichern, halb unschlüssig, ob er folgen sollte. Dann rückte er die Mütze tiefer ins Gesicht und ging langsam, aber mit großen Schritten dem Alten nach zur Ueeken- mühl. 4. Am andern Tag lag der Schnee fußhoch, Berg und Tal verschneit, alles weiß. Die Bäume und Sträuchxr beugten sich tief unter ihrer Last zu Erde. Die Sonne hatte den ganzen Tag blendend auf der weißen Decke ge legen, aber die scharfe Märzluft nahm ihr die Wärme und Kraft, nun sank sie rot, verglühend hinter die Berge. Rur der Schein lag noch rosig auf der weiten Fläche. Tie großen, grauen Augen des Mädchens da an dem Zaun des Ellernhofes waren ihrem Scheine gefolgt! Wie schön die Welt war, die Landschaft, der Ellernhos! Auf einmal fühlte sie's, wie sie an der Scholle klebte. Jortmüssen, dies alles lassen müssen, nw sie jeden Busch und Strauch, steden Baum über sich kannte! Tort hatte sie herum gespielt, unter den alten Linden vor der Dür, über andern Menschen würden sie rauschen und blühen, wenn der Sommer kam ; alles wie immer, nur sie würde es nicht mehr sehen! Ten Steig da übers Moorland, sie meinte ihn im Schnee noch zu entdecken, wie oft war sie heimlich da entlang ge schlichen, um sich den Schulweg A kürzen. Tort über der Niederung in der Ferne ragte der Kirchturm, sie sah die Kugel aufleuchten in der Abendsonne, da unter ihrem Schatten, da schlief die Mutter und die andern auch di« sie gekannt hatte. Tie Tränen kamen ihr in die Augen- Das alles lassen müssen — der Mund preßte sich schmerz lich zusammen in dem ersten, wirklichen Schmerz ihres jungen Lebens; der faßte an. Sie lehnte sich an die Erle. Leise stäubte der Schnee auf ihr dunkles Haar, auf hie Schultern, um die sie ein Tuch gezogen hatte; sie merkte es nicht. ' „Anna", wisperte es neben ihr, „Anna", sie sah nicht gleich aus, und als sie aufblickte, mit den Augen voll« Tränen, sah sie in das halb verlegene, gutmütige Gesicht des jungen BeekenmüllerS. „Anna", wiederholte er, „ich mußte hier vorbei und als ich Dich stehen sah, da bin ich leise herangeschlichen. Ich hab' Dir was zu sagen!" Sie sah an ihm vorbei, um sticht in sein hübsche», ehrliches Gesicht zu sehen und antwortete nicht. „Anna", fing er wieder an, „ich kann doch nichts da für, daß der Alte Euch was zu leid getan Hat, Du brauchst mir doch nicht bös zu sein?"« Er suchte nach ihrer Harch, aber sie zog sie zurück. - „Laß mich zufrieden, Fritz!" „Anna", bat er wieder, so weich er konnte, sie wollte es nur nicht hören, — nun schluchtzte sie laut auf. 2 „Nein, dafür kannst Du nichts, aber Du watst sp stumm wie ein Hurst), der sich dort einem Tritt fürchtch, Fritz! Ich hätte nickst geglaubt, daß Du es mit anhör«! kannst, daß Tein Vater sich hoch mch heilig verschworst« hat. Tas ist auch nicht viel besser als meineidig sein!"
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