Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021104011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902110401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902110401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-04
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
2. Maße zm LeWgerTagM N» Aazeißer K. S8I, UMU i.Navmier IM. WM-AuWe.j Drm König Heil! WMkommenrgrutz Es steht ein herrlich Weib an Leipzigs Tor, Um das sich lichte Blütenrankcn schlingen, Den Ehrenkranz hält lächelnd cs empor, Ein Opfer treuer Danlbarkeit zu bringen. Und Fahnen wehn und Glocken klingen drein. Denn frohe Kunde hat die Stadt vernommen: „DeinKönigkommt!".. .Die Liebe wartet sein, Und jauchzt ihm zu: „Willkommen hier, willkommen!" „Nimm hin den Kranz, den dir die Liebe wand, Lorbeer und Rosen seien dir beschicken, Lorbeer dem Schwert, das flihrte deine Hand! Rosen der Arbeit, die geweiht dem Frieden! O welch' ein Licht, v welch' ein holder Glanz, Wo Rosen aus dem Grün des Lorbeers scheinen! Das ist fürwahr der echte Königökranz, Zn dem sich Heldenruhm und Liebe einen. Du ziehst in Leipzigs alten Mauern ein, Wo um die Freiheit man den Tod erlitten, WaS hier nicht sollte Deutschlands Erbe sein, Hast du auf Frankreichs Fluren mit erstrittcn, Den Traum der neuen Kaiserherrlichkeit, Der in Erfüllung wunderbar gegangen, — Es grüßt in dir auch uns die große Zeit, Bon der prophetisch einst die Dichter saugen! Die Trauer deines Volkes loste sich In einem nie erlöschenden Gedenken, . . . Jetzt darf es frohen Sinns begrüßen dich, Und dir sein ganzes Herz in Liebe schenken. Das Herz, von laut'rcr Sachscntreuc voll, Dein Kronjumel jetzt, wie der deiner Ahnen! Die Treue, die uns nie entschwinden soll. Folgt dir auf deinen königlichen Bahnen." Die Liebe faltet betend ihre Hand: „O Herr und Gott! O träufle deinen Legen Auf unfern König, unser Vaterland, UndführethuaufdeincrGnadcWcgcu!" Wenn Liebe betet und wenn Treue fleht, Sich gern der Herr zu ihnen gnädig wandte, Von Himmelshöh'n cs leis hcrnicdcrwcht: „Ich bin mit ihm und mit dem Sach scn- lande!" Hermann Pilz. Kunst und Wissenschaft. Musik. Konzert der „Leipziger Singakadenne". Judith, Oratorium von August Klughardt. Leipzig, 3. November. Die „Leipziger Sing akademie" brachte, nachdem sie uns in voriger Saison mit August Klugbardts Oratorium „Die Zerstörung Jerusalem-" bekannt gemacht hatte, gestern desselben Ton- fetzer« „Judith" zur ersten diesigen Ausführung. TaS Werk ist, als eS in Dessau, wo Klughardt lange und überaus ersprießlich als Heskapellmeister gewirkt hat, vor JabreSsrist auS der Taufe gehoben wurde, auch in unserem Blatte aus führlich besprochen worden. Ich kann mich deSbalb kürzer fassen, kann mich mit wenigen besonderen und einigen all gemeinen Bemerkungen begnügen. Die Stellen, die gestern am schönsten wirkten, am meisten für dieArbeit deSTonsetzerS sprachen, sollen zuvörderst namhaft gemacht sein. Sie fanden sich gegen den Schluß d«S ersten Teils hin, im zweiten Teile dann beim Zwiegesang zwischen Judith und Holofernes, der dabei frei lich manchmal inS Süßliche gerät, sowie ferner in den beiden Jnstrumentalsätzen: „DeS Holofernes Schlummer und Tod" und „Judith- Heimkehr". Die Schlußchöre des Ganzen, so groß sie angelegt sind und so viel der Komponist damit bat geben wollen, hallen sich von Monotonie nickt immer frei und bekommen dadurch etwas Ermüdendes. Uebcrbaupt war der diesige Erfolg des Werkes bei weitem nicht so staik wie daS wohl in Dessau der Fall gewesen sein muß. DaS ist nicht unbegreiflich. KlughardtS großeLerdienste um das dortige Musikleben konnten bicr als begeisternde Motive nickt in Betracht kommen. So saß man denn dem Werke merk lich kühler gegenüber, wurde sich der Schwächen desselben deutlicker bewußt. Fern sei es von mir, das Schaffen de- vor wenigen Monaten Heimgegangenen Komponisten irgendwie Herabzusetzen. Aber nicht unterdrücken kann ich die Bemerkung, daß mir das Heil des neuzeitlichen Oratoriums nimmermebr aus jenen Wegen zu liegen scheint, die Kluz- bardt in seiner „Judith" eingeschlagen hat. Und ob alles, was in dem Werke gesungen und sonstwie musikalisch hervor gebracht wird, zu Ebren der künstlerischen Wabrbeit geschehen ist, ob in de» Solopartien eine wirkliche Kiast der niusika- lffchen Eharakterzeichnung sich kundgibt, ob die Eböre frei sind von bedenklicher Stilvermisckung, scheint mir sehr die Frage. Es gibt Werke, nach deren Ankören oder Betrachten man auf die neue Kunst stolz wird. Für mich ist KlughardtS „Judith" kein solche- Werk gewesen. Herr Gustav Woblgemutb, der Leiter der Sing akademie, hatte sein Hauptaugenmerk auf HerauSarbeUung des ckorischen Teile- gerichtet, und hier waren eS wieder be sonders die in lyrischer Breite auSklingrndcn Stellen, die eine schöne Abtönung erfnbren. Da, wo der Komponist kontrapunktische Künste in Anwendung bringt, vermißte man jedoch an dem Bortrage des EdoreS mitunter die letzte Feile. So recht aus einem Gusse, vom Willen deS Dirigenten souverän beherrscht, war die Aufführung überhaupt nicht. Au- dem milwirkenden Winderstein - Orchester wäre gewiß auch noch mehr heraus,ubolen gewesen; so manches brachte dieses ja schön zur Geltung, in anderem aber, namentlich bei Begleitung der Solisten, die gleichfalls nicht immer mit dem Taktstock ia bestem Einvernehmen standen, gefiel mir die Auffassung deS Dirigenten nicht so recht. Eon den Solokrästen boten da« Beste Frl. Elsa Westendors als Judith, die diese Partie unter Klughardt« Leitung bei der Erstausführung in Dessau schon gesungen hat, sowie Herr Hans Schütz als Holofernes. Bon Frau Schrader-Röthig will ich, obwohl das nicht bekannt gegeben worden war, rücksichtsvoll annebmen, daß sie in- disponirt gewesen sei, auch Herrn Eduard Mann au« Dre-ven habe ich früher schon besser und sicherer singen hören, als diesmal. Daß unsere „Singakademie" seit Jabren schon sich auch der zeitgenössischen Chorwerke warm annimmt, ist in hohem Grade dankenswert. Aber nicht jede« neue Werk atmet einen neuen Geist. Hoffentlich gelingt e« der „Singakademie" bald einmal, ein Werk von wirklicher und dauernder Be deutung ausfindig zu macken, das die aufgcwandten Opfer und Mühen nicht vergeblich erscheinen läßt. F. Wilfferodt. Liederabend von Helene Stae-emann. Leipzig, 2. November. Fräulein Helene Stacge- manns gestriger Liederabend hatte sich, gleichwie der von der Künstlerin im Vorjahre veranstaltete, eine schönen Erfolges zn erfreuen und brachte der beliebten Sängerin viele Beweise herzlicher Sympathie. Und in der Tat verdiente das von Fräulein Ltaegcinann Ge botene solch' dankbare Aufnahme, ließ die Kvnzertgcberin doch eine lange Liederreihe in sehr trefflicher Ausführung an den Hörern vvrübcrziehcn. Mit Spohrs „Rose, wie bist du reizend und mild", des Meisters vergessener Oper „Zemire und Azor" entstammend, vom Bearbeiter der Spvhrschen „Kreuzfahrer" aber, die vor wenigen Wochen über unsere Bühne gingen, in diese Oper herüber genommen und dadurch der Gegenwart wieder in Er innerung gebracht, begann Fräulein Stacgcmann ihre Vorträge. Sie griff dann zurück auf ein Stück auS I. S. Aachs Kantate „Der Streit zwischen Phöbus und Pan" und sang hierauf Haydns „Schäfcrlied", E. M. von Webers „Unbefangenheit", sowie die Mendelssohnschen Lieder „An den Mond" und „Italien". Schon diese Ge sänge wurde» in überaus gewinnender, unwillkürlich für die Sängerin einnehmender Weise vorgetragen. Schliff und Aeeuratesse deS Tons vereinten sich hier mit graziösem und doch gemütvollem Ausdruck, schufen idyllische, auf zartem Grunde gehaltene Stimmungsbilder. Fräulein Staegemann ist ein glückliches, im Einklänge mit sich selbst stehendes Talent. Ihre Stimme zwar ist nicht groß, aber sorglich geschult und gepflegt, di« Skala der Empfindungen, die sic beherrscht, ist nicht unbegrenzt, aber reich genug, um einen ganzen Abend hindurch zu fesseln, vor atlrm deshalb, weil die Sängerin im Schattieren bestens Be scheid weiß. Und einsichtsvoll erkennt sic die Schranken ihrer Begabung, gesellt sich nicht zu denen, die durchaus mehr wollen als sic können und infolgedessen oft so un harmonisch wirken. Einer edlen Natürlichkeit, einem ge sunden Idealismus huldigend, wird Fräulein Ltaege- mann nie hypcrscntiinental, sondern läßt sich von echter, wahrer Empfindung leiten, schreitet auch nie auf den Ltelzcu eines hochfahrenden Pathos, strebt nicht nach Wirklingen, die dem Wesen des Liede- zuwider sind. Sic gehört nicht zu jenen Sängerinnen, die gar zu gern den Konzcrtsaal zur Bühne machen, die den Ton der Leiden schaft nicht grell genug färben können und am liebsten auch beim Singen den Wolterschrei cinführcn möchte». Vor all diesen Verirrungen wird Fräulein Staegemann durch ihren guten Geschmack und durch das schöne Gleich gewicht ihrer künstlerischen Kräfte bewahrt. Auch gestern war an ihrem Gesänge das Allermeiste makellos, und wenn doch hier und da, menschlicher Fehlbarkcit ent sprechend, eine Kleinigkeit auszusctzen blieb, wenn sich die Schönheit des Tones auf einen Augenblick trübte oder wenn, wie daS in Schuberts „Die junge Nonne" der Fall war, etwas kräftigere Farben erwünscht sein mußten, so geriet das Nachfolgende dann gewöhnlich um so besser. Auch die Lieder, die die Sängerin den schon genannten ansügtc, „Der Nußbaum" und „Tic Hochländcrwitwe" von Schumann, LocwcS „Kleiner vauShalt", „Vergeb liches Ständchen" von Brahms, „Synnövcs Lied" und „Liebcspredigt" von Kjcrulf, Reineckes „Im Maien" und „Klein Anna Kathrein", Hugo Wolfs „Verborgenheit" und „Maiissallcnsprüchlcin", sowie „Ständchen" von Rich. Strauß, setzten Fräulein LtacgemannS Vorzüge in Helles Licht und machten cs zur Gewißheit, daß die Künstlerin nicht ohne Zugabe davonkommen würde. Nachdem dann noch mehrere französische Gesänge von der Konzertgeberin ganz prächtig vorgetragcn worden waren, wollte das Publikum durchaus noch etwas hören, welches Verlangen Fräulein Staegemann mit Weingartners „Plauder- Wäsche" liebenswürdig erfüllte. Daß die Sängerin von Herrn M a x W ü nsche sehr gnt begleitet wurde, soll nicht nnerwähnt bleiben. F. Wilfferodt. * Der Violinist Felix Grossi gibt heute abend Uhr im Kaufhaussaale ein Konzert, in welchem die Sopranistin Frl. A nnaHartung mitwirkt. Die Be gleitungen übernimmt Herr Willy Eickemcycr. * Benno Stolzenberg, Köniql. Professor und Großberzoglich Badischer Kammersänger, friert am 7. Nov-mber den Erinnerungstag seiner fünfzigjährigen künstlerischen Berufstätigkeit als Sänger und Tonbildner. Wie vielen unserer Leser bekannt sein wird, war der Jubilar Mitglied unseres Stadüheaters unter HaaseS Direktion. * Theodor Bertram, der seit mehreren Jahren zu den be- deutend hervorragenden Stützen der Bayreuther Aufführungen gebärt und gegenwärtig einer der ersten Repräsentanten de« Waqnerschen „Wotan" ist, gehört seit dem l. November dem Per sonal der Berliner Königl. Hoioper an, wo er neben Ernst Krau-, Frau Sckumann-Heink, Fräul. Destinn :c. seine künstlerische Tätig- keit entialtet. Montag, den 10. November, wird Bertram zum ersten Male in Leipzig in einem Orchester-Konzert auftreten. Im „Neuen Abonneineni-Konzert" wird er unter Bern Hard Staven- Hagens Leitung die große Lysiart-Arie au- Weber'- „Euryanthr" und WotanS Abschied anS Wagner- „Walküre" vortrogen. O. Zeitz, 2. November. Der Konzertverein veranstaltete am Resormaiivnsfest seine vierte Aufführung, die hinter den bisheriger Darbietungen deS Vereins nickt unerheblich zurückbüeb. Der in strumentale Teil ließ zwar nichts zu wünschen übrig, dagegen er- fahren die Solisten des Abends durch die „Z. N. N." »ine nicht gerade rühmliche Besprechung. So schreiben sie über dst Sängerin: „An Steve der ansanq« sn Aussicht genommenen Frau Dr. KrauS - OSborne trat al» Sängerin Frau Margarete Astmann au- Leipzig auf. Die Dame erwarb fick durch Vorträge schöner Lieder von Schubert, Rubinstein und Beethoven Achtung. Ihre stimmliche Begabung erfreu > ch Rein- beit de» Tone« in Tiefe und Mittelloge. wie durch frischen Wohl- klang in der Höhe. Zur vollen künstlerischen Brrwertung ihrer Mittel ist sie freilich noch nickt durchgedrungen. Bei pathetischen Stellen geriet sie öfters in Unruhe, wobei die Tongebung nicht edel genug berauskam. Besonder» müßt» sich die Sängerin befleißigen, der empfindsamen Ausdruck-weise mehr Sorgfalt zvzuwenden, dann wird eS ihr auch nicht schwer fallen, sich in da- Herz der Hörer hinein zu singen und es zu erwärmen. So aber ließ ne gestern die vermischtes. --Berlin, 3. November. (Telegramm.) Da« Polizei präsidium setzt eine Belohnung von 300 auf die Er greifung des Schreibers Thiele aus, welcher in der Nacht zum Montag seine Braut, die Arbeiterin Bueß nn Tiergarten durch Revolverscküsse lebenSgesähllich verletzt hat, Thiele hält sich verborgen oder ist geflüchtet. --- London, 3. November. (Telegramm.) Nack Mel dungen auS Gravesend ist der britische Dampfer „Regulus" mit dem spanischen Dampfer „Enero" auf der Höhe von Dungeneß am Freitag Abend zusammengestoßen. „Enero" sank. 22 Mann der Besatzung sind erlrun ken, zwei sind gerettet. „Enero", welcher eine Ladung Erz an Bord hatte, war von Hueloa nach Antwerpen bestimm!. — In einer nachgelassenen Arbeit über Epilepsie von Adolf K nßmaul, die in der „Deutschen Revue" ver öffentlicht wird, findet sich eine Abweisung der Behaup tung, daß viele der größten Männer der Welt geschichte an Epilepsie gelitten hätten. Als mertivür- digsre Beispiele werden immer Julius Eäsar, Napoleon I., der Apostel Paulus und Mohammed genannt. Eesare Lvmbrvso hat diesen noch eine ganze Reihe klangvoller Namen, wie Karl V., Peter der Große, Petrarca, Händel, Tickens, Dostojewsky u. a. hinzugefügt, ja er erklärt sogar die Epilepsie, die bisher für eine besonders wirksame Ur sache der Verblödung galt, für eine Hauptgrundlage der Genialität. Wenn ihm schon eine vorübergehende Trübung des Bewußtseins, namentlich in Begleitung von Krämpfen, ohne weiteres genügt, um den Befallenen zum Epileptiker zu stempeln, so wird, meint Kußmaul, die wissenschaftliche Pathologie strengere Anforderungen an die Diagnose ter Epilepsie stellen müssen. Die Epilepsie eines Peters des Großen läßt sich allerdings nicht bestreiten, aber die geniale Anlage des Reformators Rußlands ging der Epi lepsie voraus. Trotz seiner glänzenden Begabung wurde er epileptisch, da er, ausgewachsen in der rohesten Barbarei und gewohnt, seine Laune zügellos zu befriedigen, sein Nervensystem durch furchtbare Trinkgelage und Aus schweifungen zerrüttete. Die dürftigen und unsicheren Aufzeichnungen, die über die angeblichen epileptischen An fälle Julius Cäsars, Napoleons I., Paulus' und Moham meds erhalten sind, reichen dagegen nach Kußmauls Meinung nicht aus, um ihre Natur festzustellen. Bei Mo hammed scheint cs sich um ekstatische, nicht um epileptische Ncrvcnzustände gehandelt zu haben; er diktierte aus seinen Anfällen heraus die Suren des Korans, was mit der Natur epileptischer Anfälle unvereinbar ist. Bei den drei andern wird nur von vereinzelten Anfällen berichtet, die als epileptische gedeutet werden könnten; aber eS fehlt die Periodizität der Anfälle, die zu dem Begriffe dieser Kranl- heit gehört; nur wenn sie sich ohne äußeren Anlaß wieder holen, haben sie Anspruch auf diese Bedeniung. Das Hanptbeispiel für Lombroso ist Napoleon I., der nach ihm mit allen Merkmalen erblicher Entartung und des «vrlep tiscben Verbrechers behaftet gewesen sein soll. Kußmaul mein», daß sich seine Fehler, sein Schlafbedürfnis auch aus seiner unregelmäßigen Lebensweise, dem Durchwachen ganzer Nächte bei strenger geistiger Arbeit, dem hastigen Verschlingen der Nahrung mit nachfolgender Verdannngs- üörnng, der Erschöpfung durch die riesigen ihm gestellten Ausgaben genügend erklären lassen. Im Herbst 1803 soll Napoleon vor seinem Abgang zur Armee nach Deutsch land einen epi'cptischcn Anfall erlitten haben, über den zwei sehr verschieden lautende Berichte vorliegen. Noch der Erzählung Talteyrands ereignete sich der Vorfall in Straßburg. Napoleon hatte mit ihm gespeist, war von der Tafel allein zur Kaiserin gegangen und kam nach einigen Minuten zurück. Er nahm Tallcnrand beim Arm und führte ihn in sein Schlafzimmer. Remusat folgte, nm noch einige Befehle zn erbitten. Kaum waren sie drinnen, so fiel der Kaiser zur Erde. Er sand nur noch Zeit, zu sagen, man solle die Tür zumachen, stöhnte, geiferte und drohte zu ersticken. Tallcnrand riß ihm die Halsbinde ab, über goß ihn mit Kölnischem Wasser. R/musat gab ihm Wasicr zu trinken. Er hatte verschiedene Konvulsionen, die nach einer Viertelstunde aushörten. In einen Lehnstuhl ge hoben, fing er an, zn sprechen, ordnete seine Kleider» em pfahl den beiden Zeugen Geheimhaltung und war eine halbe Stunde später auf dem Wege nach Karlsruhe. Dies« Schilderung, schreibt Kußmaul dazu, entspricht dem Bilde eines epileptischen Aiffalls eher und weicht davon nur darin ab, daß Napoleon, wie cs scheint, im Anfall Wasser zu irinken vermochte und so rasch sich davon erholte. Epilcpsieartig war er jedenfalls; da er aber der einzige glaubwürdig berichtete geblieben ist, von dem die zahl reichen Schriftsteller, die in des Kaisers nächster Umgebung weilten und wirkten, zu erzählen wußten, io gilt bicr das Sprichwort: Eine Schwalbe macht keinen Sommer. ---- Belgrad, 2. November. D'S Blatt „Siampa" ver« öffentlickt die anderweitig nicht bestätigte Meldung, in der KreiSkasse von Pirot sei ein Fehlbetrag von 150000 Francs entdeckt worden, welcher einem früheren Kassierer und Kontrolleur zur Last falle. Das Schillerfest. Wieder uaht der 10. November, der Gedenktag des großen Dichter«, den seit mehr als KO Jabren unser Leipziger Schillerverein alljährlich zu feiern pflegt. Der Verein hat jetzt au- seinen Statuten alle« Veraltete auSgemerzt, seinen Bestrebungen feste Grundlinien gezogen, den Kreis seines Wirken- erweitert und hofft mit Recht, auf dieser neuen Grundlage zahlreiche neue Mitglieder zu erwerben. In der f Tat mehrt sich die Zahl der Beitretenden von Tag ,n Tag. Nach wie vor bleckt da« Schillerst st im 10. November der Mittelpunkt für sein Wirken und eie rege Beteiligung deö Leipziger Publikums an diesem Fest wird wohl durch die in Aussicht stehenden Darbietungen in diesem Jabre noch eine gesteigerte sein. Die Bekränzung des SckillerbauskS io Goklis am Vormittag, das Schul- und Volksfest, der Umzug mit Musik, das Lied an die Freude, daS von so vielen jugendlichen Stimmen gefangen, und — da« ist eine Huldigung für den Dichter, die in ihrer schlichten Einfackdeit etwas Rührende« bat. Die Abendfeier findet im großen Festsaal de« neuen Zentraltheaters statt, die Festrede hat diesmal Prof. vr. Wychgra m in Berlin übernommen, der als Direktor unserer köderen Sckule für Mävcken den Leipzigern noch in bester Erinnerung ist. AlS Vrrfafler einer größeren weitverbreiteten Schillerbio- Herzen kalt, obwohl ihr Beifall ia reichem Maße und in freigebiger Weif» gewendet wurde, lieber den GeigewpiKer Barma» aus Ruß land wird bemerkt, daß er trotz redlicher Mühe nicht den nötigen Erfolg geiunden habe. Er bot nicht immer die volle Tonreinheit, beionder- in dem Flageolett. Sein Sviel verriet zudem noch zu sehr di« Schul». Maa vermißte packende Enipsindungsgabe und Klarheit der Durchführung. Vinge«au,eue Rcudeiteu für Pianosorte aus dem Ver- lag von Bosworth L Co.. Leipzig, Paris, London. Reinecke, C-, op. LL8. Pastellbilder. 7 Nummern einzeln. HorvLth, Ä., op. 34. Drei moderne Klavierstücke. Einzeln. Gale, G. R-, Trois Zlvrcsaur. Barcarole, Nachtstück, Scherzo. Einzeln. Germers Neue Akademische Ausgabe von Kjeruls: Idylle, Humoreske, Caprice, Berceuse, Jmpiomptu, Aibumblatt, FrüylingSwrben. Scherzino, Intermezzo Springtanz Frühimgslied, Fantasie; von Mendelssohn: Lancto eapriecioso, Cavrice, Fan- taste und Scherzo op. 16, Lieder ohne Worte Nr. N. Alle-einzeln. Wittenbecher, O., 8u>t« iiuliovvs. 4 Nummern: Ücmäolierkr, Osuronetta, Dolce tur mente, DuiavtoU». Einzeln. - Briefkasten der Redaktion. (Musikalischer Teil.) n. t. hier. Ju Ihrer Anfrage beklagen Sie den Mangel guter Kinderlieber mit Ktaoieibegleitung. Es mangelt aber keines wegs an solchen. Abgeiehen von den feinsinnigen, zu hohem An sehen gelangten Kinderliedern von Taubert und Reinecke, hat Guido Nakonz bei E. W. Fritzsch in Leipzig drei Bände Kinderlieber veröffentlicht, die mit einer leichten Klavirrbegleiiung versehen, Lank ihrer frischen Unmittelbarkeit und klaren Verständ lichkeit, das Gemüt Ihrer Kleinen sicherlich anjprechen würben und die überhaupt, wie auch im Hinblick aus die nahende Weihnachts zeit, der besten Empfehlung würdiz und graphie gehört er zu de» Schillergelehrten vom Fach, wenn man diesen Ausdruck, der meisten« ia der Goethe-Gelehrsamkeit gekraucht wird, auf unseren Dichter air- wcnben will. Pros. Wyckgram wird über Caroline von Lenge feld sprechen und da« Bild der liebenswürdigen Gattin deS Dichter«, einer Vertreterin edler Weiblichkeit, vor uns ent rollen. In dem Programm des Abends wird ferner eine Deklamation ver Frau vr. Albertine Zehme die allge meine Aufmerksamkeit auf fick ziehen. Wie oft hat Frau Zebme, seitdem sie sich in« Privatleben zurückgezogen, ihr IcköneS Talent wohltätigen Zwecken zur Verfügung gestellt; wir brauchen bloß an ihre Darstellung der heiligen Elnabetk in den Henzenschen Dramen zu erinnern und an ihre Mit wirkung bei den Theatervorstellungen der Leipziger Presse. Am Schillerabend wird sie mehrere Gedichte von Friedrick 11 Nietzsche vortragen, darunter das Gedicht „An den Mistral" und ven schönsten Teil der DionysoS-Ditbyrambe. Die Gesang vorträge bat unser ausgezeichneter Tenor, Herr Urlu«, und Frl. Schreckcr vom Dresdner Hostdeater übernommen, dir vor kurrem rn unserem Gewandhaus eine so glänzende Aus nahme gefunden hat. Herr Volkner von unserem Slabt- theaier, der geliebte Darsteller de- „Hamlet" und „Tasso", und Frl. Margarethe Frey vom Leipziger Schauspiel haus, die sich als gewandte und geistreiche Darstellerin bewährt hat, werden Gevichie vortragen, deren nähere Angabe das Programm enthalten wird. Der vollzählige Blüthnersche Sängerchor wirv die Cborgesänge vortragen. DaS auf die Vorträge folgende Festmabl, daS in einem kleineren Saale deS Zenlrallheaters statlfinden wird, Hal auch diesmal den Zweck, für unser künstlerisches und geistiges Leben einen kleinen Mittelpunkt zu sckaffen durch sinnvolle Toaste und anregende Geselligkeit. Der Sckillerverein hat gewiß ein Recht, sich auch zum Träger solcher Bestrebungen zu machen und er hofft diesmal dafür aus eine recht zahl reiche Beteiligung rechnen zu können. Wissenschaft. Wittenberger Universitätsjubiläum. Halle a. T., 2. November. Die Festrede zur Vier« Hundertjahrfeier der Universität Witten berg-Halle hielt der Rektor der Hallcschcn Hochschule, Professor Or. Haupt. Er wurde der universellen Bedeutung Luthers und der übrigen Reformatoren in hervorragendem Matze gerecht, indem er u. a. ausführtc: „Nicht etwa blök die theologische Fakultät, die gesamt« Wissen schaft verdankt Luther und Mclanchthou unendlich viel, ^ie haben den ganzen Verrieb des akademischen Studiums umgc- wandclt. Das Mittelalter har Ilrlciie überliefert: das, was andere geurteilt, war Gegenstand des Studiums; Luther lehrte selbst urteilen. Für ihn war in der Wissenschaft die Hauptsache das Zurückgchen auf die Quellen selbst, und MelancMhon hac dann das Gold, daö Luther geschürft, in gangbare Stücke umgcmünzt. Alle Wissenschaft, bis 11, d i e ncucste Zeir hinein, i st im letzten Grunde eine Konsequenz der Tätigkeit jener beiden Männe r. Und wenn die heurige N aturwis - scnschafr in ihren Ausgängen vielmehr in das Studier zimmer eines Kopcrmkus als zum Lehrstuhl Luthers hinzuführen scheu», so ist daS im letzten Grunde irrig: auch die moderne Naturwissenschaft ist c i n e F o l g e d « s W c r k e S d cs W i t- tcnbcrgcr Mönches, der frei machte von der llcber- licfcrung und den Weg zu den Quellen als den einzig richtigen wicS. Was wir Freiheit der Wissenschaft nennen, ist die Frucht des ur Wittenberg Hcvflcgten und gehegten Bau mes. Das Recht der persönlichen UcbcLzcn- gung gegenüber der Tradition hat Luther gelehrt, ja er hat die persönliche Ucbcrzcugung als unabweisbare Pflicht hiugc- stellt. Aber wir verdanken Luther auch die enge Verknüpfung der deutschen Universitäten mir dem deutschen Volks tum — daß das deutsche Volk so innigen Anteil an dem Leben seiner Universitäten nimmt, ist auf ihn zurückzuführen. Die Liebe und Verehrung, welch« das Volk Luther zollt, verleiht dem ganzen Stande der Hochschullehrer, dem Luther angehörtc. Glanz, adelt ihn gleichsam, macht ihn volkstümlich." — Kul - tuSminiftcr Or. 2 tudl hob in seiner Ansprache hervor, Halle sei die Erbin geworden der großen, weltgeschichtlichen Tradition von Wittenberg und sic habe das kostbare Erbe ge hütet, sie habe wcilergeführt, was Wittenberg und Halle, jede für fick, vordem getrennt, erstrebt haben. Er fei gewiß, daß die Hallcschc Friedrichs-Universität auch bis in alle Zukunft ein würdiger Nachfolger Wittenbergs sein werde. — Ein an den Kai, er abgesandtes Telegramm hatte folgenden Wortlaut: „Ew. Majestät wollen iieöuhcn, den ehrfurchtsvollen Tank unserer Universität für alle und besonders die heute ihr er wiesene Huld und zugleich das Gelöbnis entgegenzunehmen, daß wir mit verdoppeltem Eifer trachten wollen, unsere Jugend zum Dien» des Vaterlandes und zur Treue gegen Ew. Majestät zu erziehen." ^Hieraus ist folgende Antwort an den Rektor cingeaangcn: „Seine Nkrjestät der Kaiser und König haben daö Gelöbnis der Treue anläßlich der gestrigen Feier der dortigen Universität gern entgegenzunehmen geruht und lasten für diese Kundgebung mit dem Wunsche vielmals daitken, daß die Universität auch fernerhin stets von ihrer edlen Ausgabe, eine Pflanzstätte deutscher Wissenschaft und deutscher Gesinnung, sowie der Liebe zum Vaterlands und seinem angestammten Herrscherhause zu sein, erfüllt bleiben möge. Auf Allerhöchsten Befehl: Der Geheime KabürettSrar v. Lucanu s." Bildende Künste. L. Anläßlich der Anweienbeit Lr. Majestät Königs Georg in Leipzig hat die hiesige altrenommierte Kunstbandlunq Pietro del Vecchio eineFest-NuSslellung veranstaltet welche in den jetzt höchst geschmackvoll dekorürten Räumen eine Reibe auserlesener Kunstwerk« vereinigt zeigt. Indem wir uns Vorbehalten, auf die einzelnen Lar- bielungen in einem besonderen Bericht näder emzugehen, sei beute daraus bingewiesen.daß u.a.A ntonKlamro t h- Leipzig eine Anzahl ausgereich. neterBildnisseauSslellt, unter denen sich Las neueste „Bildnis Sr.Maj stät Les KöuigS Georg", sowie die Porträts des Herrn Oberbürgermeister Dr. Tröndlin und seiner Frau Gemablin befinden. Ferner enidält die interessante Ausstellung außer Eiinelwerken hervorragender moderner Künstler noch eine Sonderausstellung des feinsinnigen Landschafter« Dr. MüUer-Kurzwelly.Berlin. kSMllU M k« tü iüM M WM LIU! KU Z arrangiert unä LU8ammsngs8tsllt von VSl Lu88tvllung tür Kun8t aller Lrt unä 2vit.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder