01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19021112019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902111201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902111201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-12
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Morgen-Ausgabe UM Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig. 96. Jahrgang Mittwoch den 12. November 1902. Str. 578 (lU^) 50 0. 50 O. oo. n. pk- IN.t'p.l!', 25 0. 50 0. 50 o. — o. 50 O. 25 O. 25 krO. ) — O. — X — X. »0 o. Haupt-Filiale Serlin: Köuiggrätzer Straße UV. Fernsprecher Amt VI Nr. SS SS. Haupt-Filiale Dresden: Etrehlruer Straße S. Fernsprecher Amt I Nr. I7IU, ) o. z o. 5 O. ) O. -4 < ^5 Abänderung der Geschäftsord- cS den Gedanken ablehnt, die zu wollen. Nichts wäre auch Absicht, denn die Zeiten von Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzelle 25 H. Reklamen vuter dem Redaktlonrstrlch (4gespalten) 75 vor den Faiiitlirnnach- rtchteu (-gespalten) KO L,. Dabellarischer and Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachwelsnngen und Offertroannahmr 85 (excl. Porto). Lüaktio« und Erpe-itionr Johanntbgass« 8. Fernsprecher 153 und »22. FUV»i»»»»PMot»»ir r LlstedHa-n, Buchhandlg„ Uutversltät-str.3, L. Lösche, Kathartnenstr. 14, n. Köutgspl. 7. o. !O. O. Gerade deshalb aber müssen wir wiederholen, daß die Einigung zwischen Regierung und Reichstagsmehrheit von viel größerer praktischer Bedentnng ist, als der Ver such, die Obstruktion niederzukümpfen. Denn diese Einigung würde endlich eine klare nnd einfache Situation an Stelle der gegenwärtigen Konfusion schaffen, während der Erfolg der Bekämpfung der Obstruktion bei der Menge „unverbesserlicher Schwänzer" durchaus proble matisch ist. IoUvorlagen, Obstruktion und Einigung. Die „Germania" bezweifelt, daß es angesichts der Ov- struktionsversuche der Linken gelingen werde, die Zoll vorlagen zu stände zu bringen. Sv lange man aber keine Gewißheit habe, die Obstruktion zu überwinden, so lange hätten auch alle Versuche, eine materielle Berstün- Vigung in den Zolltariffragen herbeizuführen, keinen praktischen Wert und keine Aussicht auf Erfolg. Dieser Auffassung vermögen wir uns nicht anzu schließen. Gesetzt selbst, daß es der Obstruktion gelänge, die Durchberatung der Vorlagen bis zum Schlüsse der Legislaturperiode zu verhindern, so hätte doch eine Eini gung zwischen Reichstagsmehrheit und Regierung nach manchen Richtungen hin eine große praktische Bedeutung. Zunächst -em Auslande gegenüber, denn die Negie rung könnte bei ihren Verhandlungen mit den fremden Mächten darauf Hinweisen, daß sie mit einer stattlichen Mehrheit der Volksvertretung über die Höhe der Zollsätze vollständig einverstanden und daß nur ans formellen Gründen ein entsprechendes Zollgesetz nicht zu stände ge kommen sei. So lange diese Einigimg nicht erzielt ist, kann umgekehrt das Ausland der deutschen Regierung bemerk lich machen, -aß sie gar keinen Boden unter den Küßen liabe und -aß deshalb ihre Zollvorschläge ganz willkürliche seien. Zum zweiten aber würde diese Einigung für die nächsten Wahlen von der größten Bedeutung sein, denn die Regierung könnte und würde ihren Einfluß zu Gunsten der gegenwärtigen Mehrheit aufwenden, während sie, wenn eS so bliebe, wie es jetzt ist, gleichzeitig nach rechts und nach links Stellung nehmen müßte, was nur der Zozialdemokratie zu gute kommen und sich jeder der Mehr- heitspartcien höchst unangenehm fühlbar machen würde. Eine prinzipielle Einigung zwischen der Negie rung und den Mehrheitsparteien würde aber auch der Bekämpfung der Obstruktion zu gute kommen. Die Nationalltberalen werden zwar selbst die Obstruktion nie mitmachen, aber sie haben sv lange ke»n besonderes Inter esse an einer Bekämpfung der Obstruktion, als sie nahezu allein auf dem Boden der Regierungsvorlagen stehen und nicht die mindeste Gewähr dafür haben, daß gesetzgeberische Maßnahmen nnd die dadurch herbeizuführende Besiegung -er Obstruktion den praktischen Erfolg haben werden, die Zollvorlagen durchzubringen. Und man wird zugeben müssen, daß, wenn dieser Erfolg ausbleibt, es wirklich liöchst überflüssig ist, einschneidende Aenderungen an der Geschäftsordnung Vorzunehmen. Allerdings sind die Nationalliberalen bereit, für den Antrag Aichbichler über die Abänderung der Form der namentlichen Abstimmung einzutretcn, be sonders wenn es gelingt, ihn sv nmzugestalten, das; an -teile der vorgeschlagenen Zettelabgabc im Sitzungssaale eine Zettelabgave unter Ausführung deö .Hammel sprunges" gesetzt wird. In diesem Falle handelt es sich nur noch nm eine Aenberung der Form der Geschäfts ordnung, nicht um eine Aenderung dem Wesen nach; die namentliche, streng zu kontrollierende und auch schleunigst nach ihrem Erfolge festzustellenbe Abstimmung bleibt be uchen und nur die Zeit, die der Vorgang beansprucht, wird nicht unwesentlich abgekürzt. Dem Parlamentaris mus wird dadurch keinerlei Abbruch getan. Anders läge die Sache freilich, wenn der weitgehende Vorschlag der „Deutschen Tageszeitung" acceptiert würde, daß -er siegel nach namentliche Abstimmungen nur dann sollen itattfinden dürfen, wenn die Mehrheit sie verlangt. Damit würden Wesen und Zweck der namentlichen Ab- limmungen stark verändert werden. Denn die nament liche Abstimmung wird in der überwiegenden Zahl der Fülle gerade von der jeweiligen Minderheit verlangt, um die Abgeordneten, die einen nach Ansicht der Minder heit schädlichen Entschluß fasten wollen, gewissermaßen vor der Oeffentlichkeit festzunageln. Im übrigen ist anzuerkennen, daß auch das agrarische Hauptorgan Vorsicht bei mmg empfiehlt und -aß Minderheit strangulieren törichter, als eine solche 1883/94, in denen die Linke die Mehrheit gegen die Agrarier bilden half, können wiedcrkommen. Und sicher lich erinnern sich die Konservativen, daß sie in vollem siechte nnd durchaus loyal zu sein glaubten, als sie von allen geschäftsordnungsmäßigen Mitteln Gebrauch machen zu wollen erklärten, um das Zustandekommen beS Bürger lichen Gesetzbuches zu verhindern, wenn nicht dieWtlb - schadenfrage in ihrem Sinne geregelt würde. Ge rade deshalb steht denn auch das erwähnte Blatt dem prak tischen Erfolge vorsichtiger, künftige Minderheiten nicht ohnmächtig machender Aenderungen der Geschäftsordnung stbr skeptisch gegenüber. Wir teilen diesen Skeptizismus vollkommen. Wenn die Linke die Zollvorlagen in dieser Zession nicht zu stände kommen lasten will, so werben diele bet der Lauheit und Zerfahrenheit der Rechten nicht >u stände kommen, selbst wenn die Form der namentlichen Abstimmungen geändert wird. Der Mittel, Obstruktion »u üben, bleiben immer noch genug übrig. so. 0L >o. > o. >o. > o. ! O. »O. >0. > 0. — O. — o. oo. -o. SV. 0 o. oo. - o. f. ox. -o. oo. oo. 5 0. -o. - o. - o. ox. oo. oo. Zwei neue „Fälle" Tas öffentliche Interesse hat zwei neue Brennpunkte: den schon kurz erwähnten Fall Tra mp k e- B r a u u- schweig und den einer Altonaer Fran R., deren Namen wir mit Rücksicht auf die zur Sprache gelangenden Tinge nicht nennen mögen. Schön sind sie alle beide nicht, und wem an der bloßen Sensation nichts liegt, dem sind sie sogar zuwider; aber der Kern der Sachen ist beide Male zu ernst, als daß man auf ausführliche Berichterstattung verzichten könnte. Die „Braunschweigische Landeszeitung" veröffentlicht unter der Ueberschrift: „Was einem passieren kann, wenn man versehentlich einen Gerichtstermin ver säumt" folgende Zuschrift des Inhabers des Braun schweigischen Grnndbesitzverkehröinstituts Karl Trample: Ich bin von dem Zahlmeister Rttzau in Celle wegen brieflicher Beleidigung verklagt worden. Am 17. Sep tember, morgens 8^2 Uhr, sollte Termin beim Aintögerichte Celle itattfinden, den ich versäumte, da ich den Termin auf meinem Abreißkalender irrtümlicherweise falsch no tiert hatte. Als ich dieses bemerkte, war es bereits 9 Uhr nnd ich konnte daher zum Termine nicht mehr erscheinen, setzte aber das Amtsgericht Celle unter AngabcdeSGrundes telegraphisch davon i n K en n t ni s, da mir ein anderes Mittel nicht zur Ver fügung stand. Am 30. September, morgens V28 Uhr, wurde ich, ohne daß mir ein Haftbefehl zugestellt worden wäre, verhaftet, um nach Celle transportiert zu werden. Ich legte telegraphisch dagegen Beschwerde beim Amts gerichte Celle ein, unter der Begründung, daß ich Familienvater, Bürger und Grundbesitzer, sowie auch kautionsfühtg sei, erhielt aber trotz bezahlter Rückantwort keine Nachricht. Ich wurde nun, ohne etwas ge nossen zn haben, um 12 Uhr 28 Minuten — sv lange hatte ich mich auf der hiesigen Pvlizeidtrektion aufhaltcn müssen — der sogenannten Gendarmeriekorrespvndenz übergeben und in einem Coup« mit Ver brechern nnd zerlumpt aussehen - en Menschen befördert. Nachdem der Zug sich in Be wegung gesetzt hatte, fragte mich -er den Transport be gleitende Gendarm, vielleicht durch mein Aeußeres dazu bewogen, warum ich mich nicht auf eigene Kosten, unter Begleitung eines Beamten in Civil, da dieses gestattet sei, transportieren ließe. Leider war es jetzt zu spät, und ich bedauere sehr, daß die mich verhaftende Behörde mir solches nicht mitgeteilt hat. Ist das nicht ihre Pflicht? Anstatt nach Celle, wurde ich zu meinem Entsetzen nach Hannover transportiert. Hier angekommen, wurde ich mit etwa 50 Personen in einen TranSportwagcn gepackt, der wohl unter normalen Verhältnissen nur für die Hälfte Raum hat, und in das Polizeigefängnis abgeliefert. Dort ging eS wüst her. Ein Unterbeamter riß mir, ohne mich vorher zn fragen, den Rock auf, nahm mir zugleich meinen Hut vom Kopf und warf in ihn die in meinen Taschen ge fundenen Sachen hinein; diesen Hut mit den Utensilien stellte er dann ans einen recht schmutzigen Tisch. Den auf dem Flur im Kreise Herumslehenden wurde dann Essen in wenig appetitlich anSsehenden Schüsseln gereicht; ich habe selbstverständlich darauf verzichtet, da für einen gebildeten Menschen schon allein der Anblick ekelerregend war. Bald darauf teilte ich mit einer zerlumpt aus sehenden, w c g e n Ei n b rn ch s - i e b st a h l S fest genommenen Person den mir angewie senen Rau m. Hier herrschte ein Duft, ver mich fast übel machte. Als Quelle -eS Gestankes fand ich dann einen in der Ecke stehenden, seit langem nicht ge leerten Abort. Mein wiederholtes Klopfen — Klingelzug usw. ist nicht vorhanden — fand kein Gehör. Gegen abend, ungefähr um V26 Uhr, kamen noch drei, wie ich hörte, zu mehreren Jahren verur teilte, mich anwi-ern-e Personen hinein. Zugleich wurden fünf Strohsäckc, die den Raum vollständig ausfüllten, als Nachtlager hcreingebracht. Zu dieser Zeit wurde dann auch der erwähnte Abort auf meinen Hinweis geleert. Was nun durch den Abort entfernt war, ent strömte dem Nachtlager. Ich verbrachte die Nacht sitzend auf einer Bank. Früh am Morgen, 5 Uhr, sollte ich mit einem Transport nach Celle gebracht werden. Wie jeder civilisierte Mensch, so hatte auch ich das Bedürfnis, mich zu waschen, fand aber hierzu keine Utensilien. Endlich machte mich einer der Anwesenden auf ein in der Ecke stehendes Bierfaß (25 Liter) aufmerksam, das gewiß als Waschgcrät dienen sollte. Zur Bequemlichkeit stellte ich dieses Gefäß auf die Bank, um dann Toilette zu machen. Das darin befindliche Wasser war total faul. Als sch dieses dem Aufseher mittetlte, erhielt ich zur Ant- wort, wenn mir das nicht paffe, möchte ich mir frisches holen. Es sollte aber noch besser kommen. Kurz vor Ab- gang beS Transportes wurden wir zu zweien ausgestellt und ich mit einem nach Celle ins Zuchthaus kommenden Menschen mtttels K ctte znsammengefesselt. Als ich hiergegen Widerspruch erhob und darauf hinwies, ich sei nur wegen Terminversünmnis in Haft genommen, er- widerte der Beamte: „Freundchen, das macht nichts, wir bilden ja geschlossene Gesell- schaf t!" So mußte ich mich denn wohl oder übel darein finden, und die Fesseln wurden mir erst im Eisenbahnwagen gelüst. In Selle angekommenl mußte ich mich vor einem noch jugendlichen Beamten aus ziehen und mich sogar -eS Hemde», der Schuhe und -trümpfe entledigen, wie er sagte, um festzustellen, ob ich nicht hautkrank sei. SlS ich mich wieder angekleidet hatte, ,— o — 0. .75 o o. — X. — o. — I!. 75 O. — O. 50 0. 75 O. — O. — o. 50 0. 75 0. — 0. O. O. o. o. rnilvlc Llsrk: O. o. 0. »0. 0. »0. X. X. ?ror«nt - O. -L - O. - 0. SO. KOO. X. 2v X. 25 0. bat ich, sofort einem Richter vorgeführt zu werden, da ich bereits von Braunschweig aus telegraphisch gegen den Haftbefehl Beschwerde eingereicht habe. Dieses wurde je doch zurückgemiesen, mit dem Bemerken, die Richter seien jetzt zum Schöffengericht zusammengetreten. Ungeduldig bat ich nun nm Schreibmaterial und reichte ein Gesuch schriftlich ein, daS ich nachmittags urschriftlich zurück er- hielt, mit dem Hinznfügen, daß das Amtsgericht unzu ständig sei und die Akten mit der Beschwerde per Eilboten zum Strafsenat Lüneburg gesandt seien; dieses war am 1. Oktober. Noch am selben Tage telegraphierte ich — auf Anraten des HerrnAmtSgerichtSrates Nöldecke—außerdem mit etwa SO Worten, indem ich Kaution anbot, nach Lüne burg und bat nm Freilassung, erhielt aber, trotz bezahlter Rückantwort, keinen Bescheid. Erst am 4. Oktober, nachdem ich noch mehrere Depeschen nach Lüneburg ge sandt hatte, wurde mir seitens -es Amtsgerichts Celle mit geteilt, daß meine Beschwerde zurückgewiesen sei. Diese Nachricht wurde von Lüneburg mittels Depesche auf vor- hergegangene telegraphische Anfrage des Amtsgerichts gegeben. Die fraglichen Akten mit der schriftlichen Ver fügung trafen aber erst beim Amtsgericht Celle am 7., nachmittags um 4A, Uhr, also sieben Tage nach Einreichung meiner Beschwerde, von Lüne burg ein. Inzwischen, am 5., nahm ich mir den Dr. jur. Naumann in Celle als Rechtsbeistand; dieser tat nun für mich die weiteren Schritte und veranlaßte, daß am 8. eine Schüffengerichtositzung in meiner Sache anberaumt wurde. In diesem Termine beantragte mein Verteidiger, da zwischen mir und dem Beleidigungskläger Rttzau ein mit dieser Beleidigungsklage eng verbundener Forderungs prozeß in Höhe von rund 40 000 beim hiesigen Gericht schwebt, die Beleidigungsklage sv lange auSzusetzen, bis der erwähnte Prozeß beendigt sei, nnd bat außerdem um meine sofortige Freilassung. Ersteres wurde genehmigt, letzteres jedoch verworfen. — Nach dieser Theorie Hütte ich eventuell noch jahrelang in Haft verbleiben müssen —! Mein Verteidiger rief nunmehr die höchste Instanz, das Lberlandesgericht Celle, in meiner Sache um Aufhebung des Haftbefehls an, das dann am nächsten Tage, alsv am 9., mittags 12V2 Uhr, meine sofortige Freilassung ver- fügte. So war eS denn möglich, daß ich wegenTcr- minversäumnis — obwohl ich das einzige, mir in diesem Falle zur Verfügung stehende Entschuldigungs mittel — die Depesche — angewendet hatte —, welche in Celle eirttraf, als das Schöffengericht noch tagte, 10 Tage in Haft behalten wurde." Den Altonaer Fall haben wir bereits in Nr. 373 iAbendblatt vvm 10. d. M.) unter -er Rubrik „Gerichts verhandlungen" mitgeteilt. Unglaublich ist er ebenso, wie der Fall Trampke; trotzdem ist noch keiner von ihnen dementiert worden. Polizei und Justiz in Pre;rßen scheinen da alsv Gelegenheit zu haben, einige Splitter ans ihren Augen zu ziehen. Die Gelegenheit dazu soll ihnen im preußischen Landtage gegeben werden. Bezugs.Preis h, -er Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk nnd den Vorort« errichtet« Aus gabestellen abgeholt! vierteljährlich LHü, — zweimaliger täglicher Zustellung in« Haut ^l K-KO. Durch di« Post bezog« für Deutschland ». Oesterreich airrteljährlich >tl S, für die übrig« Länder laut Zeitung-Preisliste. ?o o-o. /0 t>rO. ro o. MO. » O. X) o. >0 0. iOO. NO. jOO. — o. .0 o. - X. iOO. >vo. OO.txvIl.p.l/I.U! 00/ o Lr.v.87101.N SO. Deutsches Reich. Berlin, 11. November. (DaSüeutscheStaats- recht nnd das braunschweigische Welfen- t u m.) Wie sehr die welfifchen Agitatvren in Braun schweig bestrebt sind, unter dem Volke über die Natur des Deutschen Reiches falsche staatsrechtliche Anschauungen her vorzurufen, damit der welfifchen Agitation auf diesem Wege gewisse Erleichterungen verschafft werden, lehrt auf das klarste -er hetzerische „Altbraunschweigische Volks kalender für das Jahr 1908". In dem genannten Mach werke findet sich u. a. eine Regententafel, in welcher das Deutsche Reich als „Ltaatenbund" bezeichnet wird. Unter einem Staatenbunde versteht man dasjenigeBundes- verhültnis, in welchem die Bundesgewalt eine Herrschaft nur über die einzelnen Staaten ausübt. Ein solches Bun- deSverhältnis besteht im Deutschen Reiche nicht; denn das Deutsche Reich ist eben kein Ltaatenbund, sondern ein Bundes st aat. Der Unterschied zwischen Ltaatenbund und Bundesstaat liegt, wie Georg Meyer in seinem „Lehr buch des deutschen Ltaatsrrchtes" zutreffend ausführt, gerade in der Art, wie der Bund seine Herrschaftsrechte ausübt. Die staatsrechtlichen Begriffe haben sich im An schluß an die Verfassung orr Bereinigten Staaten von Amerika auf der einen, an die Verfassung Deutschlands und -er Schweiz vor dem Jahre 1848 auf -er anderen Sette gebildet. Jene repräsentierte den Bundesstaat, diese den Staatenbund, und die nationalen Bestrebungen in Deutschland und der Schweiz gingen darauf hinaus, die Staatsreform dieser Länder nach dem amerikanischen Muster umzugestalten, sie aus einem Staatenbunbe in einen Bundesstaat siberzu- führen. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden lag aber darin, daß die Schweizer Eidgenoffenschaft und der Deutsche Bund über Staaten, die Union dagegen direkt über die einzelnen Staatsangehörigen herrschte. In diesem Verhältnis ist daher das Kriterium für die Ver- schiedenheit von Ltaatenbund und Bundesstaat zu suchen. Die Bundesgewalt im Bundesstaate besitzt eine unmittel bare Herrschaft über die einzelnen Staatsangehörigen. Die Bundesgewalt im Bundesstaate hat daher nicht nur auf dem Gebiete der auswärtigen Verwaltung Befugnisse, sondern auch solche, die auf dem Gebiete der Gesetz gebung der inneren Verwaltung und der Rechtspflege liegen; ihre verbindliche Kraft erhalten die Bundesgesetze im Bundesstaate durch Publikation von bundeSwegen. Angesicht» dieser staatsrechtlichen Ge- bankengänge darf niemand darüber im Zweifel fein, daß da» Deutsche Reich kein Staatenbund ist. Wenn die wel- fischen Agitatoren in Braunschweig trotzdem daS Deutsche Reich für einen Ttaatenbund auSgeben, so steht hiermit im inneren Zusammenhänge ihr Bestreben, fürbientcht - preußischen ReichSangehürigen die Pflicht -er Untertanentreue gegenüber dem Kaiser-» leugnen. Auch der „Altbraunschwclgischc Volkskalender" stellt dies im Gegensätze zu einem viel erörterten Berichte der Iustizkonnnission de» braunschwei- gischen Landtage» in Abrede. Wie aber für die nicht- prvchischer» ReichSangehSrigen selbstverständlich die Pflicht des Gehorsams gegenüber den Reichsgesetzen, den Reichs gerichten nnd den Reichsverwaltungsorganen besteht, so besteht für sie auch die Trenpflicht gegenüber der Ver körperung der Bnndesgcwalt, gegenüber dem .uaiier. Als Verletzung der Trenpflicht erscheint Staatsreäns lehrern, wie Laband, H. Schulze, oMreis, Seydel, Haenel, v. Stengel, Zorn u. a., namentlich die Begehung von Hoch verrat nnd Landesverrat. Schon um sich in Bezug hieraus keinen Mißdeutungen auszusetzen, sollten die wclfischeu Agitatoren das Bestehen der Pflicht zur Untcrtanentreue anch für die nichtpreußischen Reichsangehörigen nicht ab- zuleugncn versuchen. HI Berlin, II. November. (Bescheidenheit ist eine Zier.) DaS „Hamburger Fremdenblatt" nnd die „Frei sinnige Zeitung" beschweren sich darüber, daß sich die Nationalliberalen der Provinz Schleswig-Holstein „an die reaktionären Kräfte anlehnen". Beweis: die National liberalen nehmen sich heraus, in Schleswig, „dem biSber frei sinnigen Wahlkreise", einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Zunächst könnte davon, daß die Nationalliberale» sich an die reaktionären Kräfte „anlehnen", tock wobl nur dann die Rede sein, wenn sic die antisemitische Kandidatur des Grasen Reventlow unterstützten. Wenn sie aber eine eigene Kandidatin aufstellen, so erwarten sie doch höchstens, daß andere sich an sie anleünen. Zum zweiten gibt die Geschickte des Wahl- kreiseS Schleswig den Nationalliberalen ein gutes Recht zu einer eigenen Kandidatur. Der Wahlkreis war von 1871 bis 1874 von dem bei keiner Fraktion befindlichen, aber den Nationalliberalen sicherlich näher als den Freisinnigen stehenden Grafen v. Baudissin vertreten; in der nächstfolgenden Legis laturperiode batte ein Nationalliberaler das Mandat inne. Von 1877 ab war der Wahlkreis allerdings immer fort schrittlich bezw. freisinnig vertreten, aber die Mittelparteien krackten immer starke Siimmenziffern auf, besonders 1884, 1887, 1890 und 1898. Bei den letzten allgemeinen Wahlen batte der mittelparteiliche Bewerber in der Hanpiwabl sogar 500 Stimmen mehr erhalten als der freisinnige Kandidat, und der letztere verdankte seinen Sieg in derStichwabl nur dem Umstande, daß die Sozialdemokraten Mann für Mann für ibn einlraten. Unter diesen Umständen haben die Mittel- parteieu ganz gewiß keinen Anlaß, ohne weiteres vom Schau platze zu verschwinden und Antisemiten, Freisinnige und Sozialdemokraten deu Kampf unter sich auöfecktrn zu lassen. Es ist zuzugeben, daß bei einigen Ersatzwahlen der letzten Zeit die Freisinnigen die Nationalliberalen von vornherein unterstützt haben, wie in Celle und Forchheim, aber in diesen Fällen bätte ein freisinniger Kandidat nicht die leiseste Aus sicht gehabt, auch nur in die Stichwahl zu gelangen. Soweit etwa bei den nächsten Wahlen ein Zusammengehen von Nationalliberalen und Freisinnigen — wie es z. B. in Bayern geplant ist — stattsinden soll, wird doch immer nur in solchen Fällen eine von beiden Parteien von vornherein auf eine eigene Kandidatur verzichten, wo diese Kandidatur aussichtslos und die andere liberale Partei nachweislich wesentlich stärker ist. Auf aussichtsreiche Kandidaturen zu verzichten, wird man nie von einer Partei verlangen dürfen, weil dies politischem Selbstmorde gleichkommen würde. Berlin, 11. November. („?ntor pvaoavi.") Der bayerische Zentrumsabgeordnete Söldner fordert die Bauern seines Heimatlandes ans, bei den nächsten Reichstagswahlen für das Zentrum einzutreteu. Er er klärt bei dieser Gelegenheit: „Freilich darf Schreiber dieses Artikels selbst an die Brust klopfen und ein „?ntrr peoeavr" sprechen, weil er auch vor etlichen Jahren dafür cingetreten ist, daß die bayerischen Zentrums- Mitglieder im Reichstage eine eigene Partei bilden sollen; allein, von dieser Anschaunng ist er gründlich geheilt morde n." Als Grund für diese Umkehr gibt Herr Söldner an, daß er angesichts der drohenden Anzeichen eines neuen Kultur kampfes eine geschlossene große katholische Partei für unbedingt notwendig halte. Die Hetzerei gegen den Kaiser und gegen Preußen scheint nicht den gewünschten vollen Erfolg gehabt zu haben, nnd so muß auch das bayerische Zentrum, wie die uvrddeutschen Gesinnungsgeuosscn es schon seit geraumer Zeit tun, das Gespenst des drohenden Kulturkampfes heraufbeschwören, um die Getreuen zu sammen zu halten. Der wirkliche Grund der angeblichen Umkehr des Herrn Söldner und seiner Freunde liegt gan z wo anders. Nicht das bayerische Zentrum hat „?ster pseeavi" gesagt, sondern die norddeutschen Zentrumsmil glieder haben es getan, indem sie sich zu der agrarischen Tendenz des bayerischen Zentrums bekehrt haben, und auch in politischen Fragen, wie beispielsweise bei partilu laristischen Hetzereien, den bayerischen Geiinnnngsgenosien wacker sekundieren. Unter diesen Umständen ist allerdings die Begründung einer eigenen bayerischen Zentrnmo- fraktion überflüssig. 8. Berlin, 11. November. (Privattelegramm.) Der Grotzfürft-ThronsOlger v«n Russland trifft heute aus seiner Reise von Kopenhagen nach Petersburg um 7 Ubr abentS im strengsten Inkognito in Berlin ein. Der Thron folger wird nach einem intimen Diner in der russischen Bot schaft um 11 Uhr abends seine Reise nach Petersburg sril- setzen. (Nat.-Ztg.) — Als am 7. November während der Rebe beS Abg. Stadthagen die reckte Seite des Reichstags selbstver» ständlick vollkommen leer war, machte sich der sozialdemo kratische Abg. Baudert das Vergnügen, sich auf die reckte Seite deS Hause« zu setzen, damit seine Zwnckenrufe: „Sehr r'ch'ig!" „Sebr wahrl" und seine Beifallsbezeigungen im Stenogramm als von der rech t«n Sei te deö Hauses aus- gegangen bezeichnet würben. — Und da reden die „Genossen" von der Würde der Eiwählten de» Volke»! G Kiel, 10. November. Die Annahme, daß der Aus gang des jetzt in erster Instanz für die Stadt Kiel ent- chiedcnen Rechtsstreites um das Eigentum des Kieler Häsens für die Frage, wie das Bedürfnis zur Verbesserung der Vandel»hafenverdältniffe von Kiel zn befriedigen sein werde, von wesentlicher Bedeutung ist, trifft nicht zu; denn die Benutzung der strittigen Bucht für Zweck« eine» HandelB-aseni ist nach den Rücksichten, Aunahmeschlvß für Anzeigern Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgea-AnSgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an dl» Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abends 7 Uhr- Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesvrdcrung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. LOO. o. — o. — o. 50 0. X oi.v.-S.p — o brO. 50 0. — O. 75 tu — O. — O. ü>üo, - MipMerIagMü Anzeiger. Amtsblatt -es Aöniglichen Land- und -es Königliche« Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates im- -es Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. 4iOO. ,50 0. HO O. ,75 X.
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