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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190212211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19021221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19021221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig: Seiten 8921 - 8924 und 8943 - 8950 (4., 8., 9. Beilage) fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-12
- Tag1902-12-21
- Monat1902-12
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1902
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8930 Fidschitnseln und anderer Inseln in den tropischen Teilen des Stillen Ozeans. Auch hat man wohl vermutet, daß in manchen Hallen eine Verwechselung mit Bandfischen vorliege. Die Band- sische (Trachyphoriden oder Täniideu) sind eine Familie merkwürdiger und schöner Fische, welche die Meere in be deutenden Tiefen bewohnen und gelegentlich einmal, aber sehr selten an seiner Oberfläche tot, daher aktiver Bewe gung unfähig, und meist auch mehr oder weniger ver stümmelt gefunden werden. Sie gehören zu der unge heuer großen Ordnung der stachelflossigcn Knochenfische, haben aber eigentlich nähere Verwandte nicht unter ihnen und bilden ziemlich eine Gruppe für sich, sind aber, wie es scheint pantothalittisch, d. h. in allen tieferen und größeren Meeren verbreitet. Sie sind außerordentlich schmal, dabei hoch, ganz bandförmig und können bis 4 Meter lang werden. Ihre Haut ist schuppeulvs, dabei aber wunderschön silbrig glänzend. Eine Art heißt bei den englischen Fischern „Heringskönig" (UegLleous). Es lag ferner nahe genug, daß man an wirkliche Schlangen dachte, einmal an große Landschlangen, die etwa durch die gewaltigen tropischen Ströme an Afrikas West- und Südamerikas Ostküste in das Vicer könnten cingeschwemmt sein. Dieser Gedanke ist in der Tat nicht ganz ohne, denn es liegen Beobachtungen solcher Fälle vor, in denen man allerdings große, offenbar vom Amazonen strome mitgeführte Boas (Lorr niurina) noch lebend im Meere, (z. B. bei der westindischen Insel St. Vincent) ge funden hat. Die Boa ist eine Freundin des Wassers und, wie wohl die meisten Schlangen, eine geschickte Schwim merin, und es könnte wohl leicht einmal geschehen sein, daß eine in die Strömung des Golfstromes geraten und weit nordwärts bis an die norwegische Küste verschlagen worden wäre. Südamerikanische Holzstümme und feste Baumfrüchte werden bis an Spitzbergens Küste hinauf ge tragen. Außerdem können manche Boaindividuen unter Umständen doch immerhin eine Länge von 6 Metern er reichen. Denkt man sich die ganz unabsichtlich vergrößernde Phantasie des ä »ßerst überraschten Beschauers und die gleichfalls so seltsam vergrößernde Macht der Erzählung des einen an -en andern hinzu, so kann eine wirklich nur 6 Meter lange Schlange unschwer zu einer 10 oder 12 Meter langen heran wachsen. Reptilien sind sehr widerstandsfähig gegen den Einfluß des Meerwassers. Sie haben eine meist sehr feste, mit Hornschuppen, wenn nicht gar mit Knochen panzern bedeckte Haut, verstehen gut zu schwimmen und zwar an der Oberfläche des Meeres» wo sie mit großer Bequemlichkeit atmosphärische Luft atmen können. Kroko dile schwimmen in der indisch-papuanischen Inselwelt viele Kilometer weit von Insel zu Insel, und verschiedene Arten von Schildkröten sind ausschließliche Bewohnerinnen des Meeres. Selbst an Seeschildkröten hat man wohl als an die verkannten und falsch gedeuteten Vorbilder der See schlange gedacht. Anch gibt es bewiesenermaßen wahre, wirkliche Seeschlangen, sogar eine ganze 12 Gattungen und gegen 40 Arten umfassende Familie, deren Angehörigen, wie fast alle Giftschlangen, lebendig-gebührend sind un nur auf das Land begeben, um hier ihre Jungen zur Welt zu bringen, bei und mit denen sie etliche Tage auf dem Trocknen verweilen. Sie haben eine merkwürdige Ver breitung, indem sie sich nur im indischen Ozean und in den tropischen Teilen des Stillen Ozeans finden, so weit östlich bis zu den Fidschiinseln. Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß je ein Exemplar von ihnen für eine Ricscnsceschlangc gehalten worden sein sollte. Die Seeleute, die ihre Hei matsgewässer befahren, kennen sie sehr wohl, die Tiere sind viel zu meisterhafte Schwimmerinnen, als daß sie durch Meeresströmungen sollten fortgetriebcn werden können. Und endlich — last not least — eine solche Seeschlange, H y d r o p h i d e n ist der wissenschaftliche Name ihrer Fa milie, wird höchstens und in seltenen Fällen 1 Meter lang, und da ist denn doch eine Verwechselung mit einem, der Sage nach, zwischen 10 bis 60 Meter langen Ungeheuer nicht wohl möglich, auch bei einer mit doppelter Multi plikationskraft arbeitenden Phantasie. Sogar auf vorweltlichc Reptilien ist die Erklärungs sucht verfallen. Man nahm an, es könne irgend ein Jchthyo- oder ein Plesiosaurus, vielleicht selbst ihrer mehrere, sich in irgend einem Meereswinkel in die Jetztzeit hineingerettet und allen Stürmen der Zeiten getrotzt haben. Nun, wir wissen jetzt denn doch ziemlich positiv, daß derartige Saurierei am Ende der Kreide-, allerspätestens (Ichthyosaurus bei Neuseeland) in der ersten Tertiärzeit den unbeweinten Abschluß ihres Daseins fand. Verehrter Leser, das ist lange, sehr lange, wahr scheinlich Millionen von Jahren her! wie viel Millionen? das bleibe dem Gutdünken des einzelnen Menschen und -er Allwissenheit Gottes überlassen. Auch an ein anderes vorweltliches Tier hat man, und zwar mit einem etwas größeren Scheine von Recht an geknüpft. Im Jahre 1845 stellte ein Deutscher, vr. Albert Koch, in New Dor! das 114 Fuß lange Gerippe eines fossilen Geschöpfes aus, das er Il^äoarosius Listimsni (Stlliman war ein namhafter amerikanischer Natur forscher und der Herausgeber eines angesehenen Fach blattes) genannt und für eine fossile Seeschlange erklärt hatte. Noch in demselben Jahre wies Professor Wyman nach, daß die Reste nicht von einem Reptil, sondern von einem Säugetier herrührten, das schon 21 Jahre vorher von Professor Harlan gekannt, aller dings auch für ein Reptil gehalten uird Dssilosaurus (Königsechse) genannt, im Jahre 1830 aber von dem be rühmten vergleichenden Anatomen und Versteinerungs kundigen Professor Richard Owen als ein Säugetier erkannt mrb mit dem Namen Teuxlockon (auf Deutsch „Jochzahn") belegt worden war. Der biedere Herr K o ch hatte nun von den Gebeinen dieses Wesens, die sich in dem sogenannten Grünsande, einer Formation des ältesten Tertiärs, stellenweise in Nordamerika, z. B. in Alabama und Südkarolina, in großer Menge finden, zu sammengerafft, was ihm nur in den Wurf kam, besonders aber Wirbel, und diese von den verschiedensten Individuen herrührenden Rest der Größe nach etwas geordnet und zusammengefügt. Aber Ehren-Koch log tapfer darauf los und behauptete, er selbst habe die Knochen in eben der Reihenfolge gefunden, und sie entstammten sämtlich ein und demselben Individuum. Er fuhr dann mit seinem Machwerk nach Europa, um es hier auch auszustcllen und die Leute zu beschwindeln. Der ältere Carus in Dresden und der große Johannes Müller in Berlin haben sich wissenschaftlich mit dem Ungetüm be schäftigt, jener erklärte es für ein Reptil, dieser für ein walartiges Säugetier. Was weiter aus der fossilen Riesen-Seeschlange geworden ist, weiß ich nicht. Ferner hat man wohl gemeint, die Seeschlange sei eine verkannte Robbe, etwa ein See-Elefant gewesen, der ja allerdings im männlichen Geschlechte eine Lcnrge von fast zehn Meter erreichen kann, aber eigentlich viel zu plump gebaut ist, um nun gerade mit einer Schlange verwechselt zu werden. Ebenso würde sich die Sache mit einem Manati verhalten oder mit einem ei n zc ln en Walfische oder Delphin, die außerdem doch auch den Seefahrern zu vertraute Er scheinungen sind, als daß sie dieselben eigentlich je ver kennen könnten. Etwas anders ist cs freilich mit einer Anzahl mit einander vereinigter Waltiere. Manche von ihnen, besonders die sogenannten Tümmler (velpsiinus cieiplris) haben die Gewohnheit, gesellig zu leben und in einer Reihe hinter einander her zu schwimmen, und zwar in einer eigentümlichen Bewegungsart, die man eben als „tummelnde" bezeichnet. Jedes Individuum der ganzen Gesellschaft hebt sich mit dem Bordcrkörper rhythmisch aus dem Wasser und versenkt sich rasch wieder in dasselbe, so daß die ganze schwimmende Reihe von etwa 20 oder 30 einzelnen verschiedenen Tieren aus einer gewissen Entfernung in der Tat als eine in Wellenbewegung begriffene Einheit erscheint.! Ich habe diese Erscheinung selbst beobachtet und kann versichern, daß die Täuschung eine sehr, sehr^ große ist. Gerade die älteste Erklärung (von 1805), darüber, was die Secschlangc eigentlich sei, weist auch schon mit aller Bestimmtheit auf diese Tatsache hin. Erste Erklärungen pflegen aber sehr häufig die naivesten, am wenigsten gekünstelten und beeinflußten, und daher die wahrscheinlichsten zu sein. Auch Ricscnexemplare von jenen Weichtieren, die man Kalmare nennt, und cs gibt ihrer von 0 Meter Körper- und 18 Meter Tentakel- oder Armlänge, hat man der Täuschung und Fälschung verdächtigt. Es ist nicht aus geschlossen, daß diese Annahme berechtigt ist, denn die Tiere schwimmen allerdings mit dem spitzen Hintcrende des Körpers voraus und, die beiden ungeheuren Arme nachschlcppend, ruckweise sehr rasch auf der Oberfläche des Wassers. An Dinge aus dem Pflanzenreiche hat man gleichfalls gedacht und, meiner Meinung nach, mit der allergrößten Berechtigung: einmal an große, gerade treibende Baum-, etwa Palmenstämme und an Bambusstengel, dann aber auch an losgerisscnc und vom Wasser fortgeschwcnnnte Meercsalgen oder -Tange. In der Nähe der Südspitzc Südamerikas wachsen Blasentangel Arten von ^laeroczstis und Xeieoo^stis), die blattlose, gerade, dünne Stengel von mehreren 100 Meter Länge haben, an deren oberem Ende eine große, mit einer Blattkroue bedeckte Blase sich be findet. Einer Seeschlangenerscheiuung wird gedacht, und sie wird sogar abgebildet, von der es mir sehr wahrschein lich ist, daß sie auf einen folchcn flottierenden Blasen tang zurückgeführt werden mutz. Der Beobachter war ein Engländer namens Bic- c a r d. Ort und Zeit der Beobachtung: der Leuchtturm von Green Point, unweit der Kapstadt in Südafrika, am 16. Februar 1857. Die Beschreibung besagt, das Ungetüm sei etwa 200 Fuß lang gewesen. Der Kopf tauchte ab und zu aus dem Wasser auf und konnte deutlich gesehen werden, Augen waren trotz der geringen Entfernung (etwa 150 Meter) und trotzdem der Beobachter mit einem guten Fcrnglase versehen war, nicht zu bemerken. Die Farbe des „Tiers" war sehr dunkel und matt, mit Ausnahme des Kopfes, der mit großen, weißen Stellen gefleckt war. Die beiden Abbildungen zeigen nnS ein problematisches Etwas, ge streckt nnd dünn wie ein Tau, das in großen Bogen auf der Oberfläche des Meeres treibt und an dem einen Ende eine große, dicke, weitzgcfleckte Anschwellung trägt,—genau so, wie ich mir etwa eine von Südamerikas Südostküste lvsgcrissene und dann nach Wochen- und monatclanger Fahrt in halbverwestcm Zustande an Afrikas Südwestküste von der Verbindilngsströmung angespülte Nereocyste vor stelle: der Stengel ist durch den Verwesungsprozeß etwas gelockert und dicker geworden, die Endblasc mit Krusten von Kolonien der Moostierchcn besetzt und das ganze schaukelt und tanzt in wunderlichen Biegungen und selt samen Krümmungen auf der Oberfläche des Meeres — ein phantastisches Spielzeug der Wellen. Ein tiefer Blick in die Natur! Hier ist ein Wunder! Glaubet nur! — Ter Holländer Ondemans, der fleißigste, eifrigste, begeistertste Untersuchcr der Sccschlange, wenn auch seiue jeder positiven, materiellen Grundlage entbehrenden Untersuchungen völlig in der Luft stehen und auf ganz unbestimmte, unbewiesene und nicht zu be weisende Vermutungen hinauslausen, nimmt an, cs bestehe ein sehr gestrecktes, langhalsiges und lang schwänziges, vierflossiges, zu der Gruppe der Robben gehöriges Seesäugcticr von gewaltiger Größe. Er bildet es sogar ab, von oben und von der Seite, gibt ihm aber keinen Namen. Nun, das wollen wir hier nach holen und es mit einem schönen, griechischen Gattungs namen, 'laumatotsiorium, „Wundervieh", und zu Ehren seines Schöpfers „Ouckemansi" nennen. Es wäre gleichwohl vermessen, die Möglichkeit des Vor handenseins eines solchen oder eines ähnlichen Wesens geradezu in Abrede stellen zu wollen. Haben wir nicht erleben müßen, daß vor wenigen Jahren im Herzen Afrikas ein höchst merkwürdiges großes Säugetier ent deckt wurde! Freilich, die feuchten Pfade des Atlantischen, Indischen und selbst des Stillen Ozcans wurden bis jetzt von gebildeten Menschen weit mehr frequentiert, als die trockenen des innersten Innern des schwarzen Erdteils. Folgende, früher bereits aufgeführte Punkte bitte ich bei Beurteilung der ganzen Sache nochmals zu bedenken: noch nie hat ein Naturforscher ober auch nur ein einigermaßen wissenschaftlich gebildeter SchiffSarzt etwas von der Seeschlange gesehen, und noch nie ist eine Leiche oder auch nur das kleinste Teilchen einer solchen einem Tierkundigen oder einem zoologischen Museum zu gekommen. Nach meiner Meinung handelt es sich in allen Fällen, in denen man lebende Seeschlangen wollte beobachtet haben, einfach um Verwechslungen und (meist unbeab- sichtige) Selbsttäuschungen, die ganz besonders hinter einander herfchwimmende Delphine und treibende Baum stämme und Tangstücke veranlaßt haben mögen. L. Vermischtes. — Paris, 19. Dezember. Die Staatsanwaltschaft in Cl-crboug hat im Auftrage des Unterstatts sekretärs für Posten und Telegraphie die Apparate der von dem Unternehmer Popp am Kap de la Hoguc er richteten Station für drahtlose Telegraphie be schlag n a h m t. Popp wird gerichtlich verfolgt werden, da die Postvcrwaltung kürzlich bekannt gegeben hat, daß auch die Korrespondenz durch Funkentelegraphie Staatsmonopol sei. ^IVL. Die Wiedererkennung von Verbrecher« am Fnßabdruck. Die Polizei muß bekanntlich sehr sorgfältig auf Mittel bedacht sein, die eine Wiedererkennung von Verbrechern unter allen Umständen sicher ermöglichen, welche Veränderungen der Betreffende auch an seinem Ge sicht oder sonst an seinem äußeren Menschen vornehmen mag. 'Dazu reicht begreiflicherweise die Photographie allein nicht aus. Von Paris ist dann durch die Arbeiten von Bertillon das anthropomctrische Verfahren aus gegangen, das gewisse Körperteile einer so genauen Messung unterwirft, daß danach eine Wiedererkennung möglich wird. In England benutzt man als Ergänzung das sogenannte Galtonsche Verfahren, das auf die Ab drücke der Fingerspitzen und der Handflächen Wert legt. Auch diese Methode besitzt große Vorzüge und hat darum bereits eine erhebliche Verbreitung gefunden. Jetzt wird darauf hingewiesen, daß auch Abdrücke der Fußsohle so ausdrucksvoll sind, daß sie ausgezeichnete Dienste zur Wiedererkennung bieten trotz des Einflusses des Schuh werkes und des Ganges. Ihre Untersuchung hat sogar noch einen ganz besondere Vorteil, der nicht gering zu ver anschlagen ist. Der Abdruck des Fußes läßt nämlich, wie namentlich die Orthopäden wissen, Schlüsse auf die Art des Ganges der betreffenden Person zu. Nun ist es eine ganz geläufige Erfahrung, daß der Mensch am Gange schon auf große Entfernungen unfehlbar zu erkennen ist. Der Satz gilt ja nicht ganz allgemein, aber niemand wird daran zweifeln, daß eine Angabe über den Gang sehr dazu bei tragen muß, einen gesuchten Verbrecher ausfindig zu machen. Jedenfalls ist eine darauf bezügliche Angabe weit wichtiger, als eine solche über die Form der Nase oder der Ohren. Es bleibt nur noch zu untersuchen, mit welcher Genauigkeit die Art des Ganges aus den Einzelheiten im Abdruck der Fußsohle erkannt werden kann. Fallen die Erhebungen darüber günstig ans, so müßte dies Mittel zur Wiedererkennung von Verbrechen unter allen Um ständen durch die Polizei verwertet werden. --- Mailand, 15. Dezember. Der italienische Postminister Galimberli hat die Idee angeregt, zwischen Italien und der argentinischen Republik, wo angesichts der ungeheuer großen Einwanderung von Italienern daS Bedürfnis einer billigen telegraphischen Kommunikation besteht, durch die Er findung Marconis eine funkentelegraphische Ver bindung berzustellen. Der Plan ist in seinen Grundzügen schon ausgearbeitet, der Kostenvoranschlag mit 900 000 Lire angenommen. Man wartet nur noch die Rückkehr Marconis, der jetzt mit wichtigen Experimenten an Bord des Kriegs schiffes „Carlo Alberto" beschäftigt ist, ab, um die Details der Einrichtung festzulegen. (Boss. Ztg.) --- Venedig, 15. Dezember. Am Lido wurde heute eine herrenlose Barke an den Strand getrieben, an deren Segelmast eine männliche Leiche angebunden war. Es wird angenommen, daß das Fahrzeug mit dem Sonntag abends von Triest ausgelaufenen Boote identisch sei, dessen Insassen seitber vermißt werden. L. 0. Ueber die Londoner Theater zn Shakespeares Zeit veröffentlicht Jusserand in der „Revue de Paris" einen interessanten Artikel, dem wir folgende Einzel heiten entnehmen: In Paris wurde das erste ständige Theater im Jahre 1548 erbaut. London sah erst im Jahre 1576 sein erstes Theater erstehen, aber cs ließ Paris trotzdem bald weit hinter sich; denn während man in der französischen Hauptstadt erst im Jahre 1629 ein zweites Theater fand, zählte London damals bereits 17 ständige Bühnen. Die englischen Schauspieler hatten lange gegen die drakonischen Gesetze Heinrichs VIII. und der Königin Elisabeth zn kämpfen, die u. a. anordneteu, daß „Raufbolde, Vagabunden, Schauspieler" aufgegriffen und „auf die Galeeren geschickt" werden sollten, oder daß man alle Straßensänger, Bärenführer, Quacksalber und Schauspieler mit heißem Eisen brennen und durch die Straßen peitschen möge, „nackt vom Gürtel bis zum Kopfe, und bis das Blut fließt", es sei denn, daß sie „irgend einem Baron des Königreiches gehören". Es durften sich also nur die Schauspieler sicher fühlen, die unter dem Schutze eines vornehmen Herrn standen. James Burbage, dem London sein erstes Theater zu ver danken hatte, hielt es unter solchen Umständen für klug, sich von der City so weit als möglich entfernt zu halten. Er lockte das Publikum in Menge nach dem Norden der Stadt, wo die städtische Gerichtsbarkeit eine Grenze hatte. Dem „Theater" — so lautete der Name der Bühne ein fach — folgte bald in demselben Stadtteile das Fortuna- Theater, und dann erstanden nach einander das Newington Bulls-Theater, die Rose, der Schwan, die Hoffnung usw. Drei dieser Bühnen gehörten Philipp Henslome, dem Schwiegervater des Schauspielers Alleyn. Henslowe war ein Original: Geschäftsmann, Bankier -er Schauspieler, Leihhausbesitzer, Trödler, Händler mit alten Sachen und mit Manuskripten, Holzhändler, Loh gerber und Färber, Besitzer von Theatern, Zinshäusern, Hotels und Freudenhäusern, machte er in einer etwa- wilden Orthographie auf einer großen Liste, welche die Perle der in Dulwich ausbewahrten Dokumente ist, Notizen über seine Gewinnste, seine Darlehen und seine Geschäfte. Es ist wie eine Generalbeichte: mau sieht ihn gewinngierig seinen Schauspielern 63 Pfund für Kostüme anrechnen, die nur 40 wert sind; er läßt sich aber anderseits durch die Bitten seiner ewig ausgehungerten Dramenlieferanten rühren und gibt ihnen Vorschüsse. Ein ganz ungebildeter Mann, schreibt er „Titus and Ondronicus" für Titus Androntcus, „PonescioneS Pillet" für Pontius Pilatus und „Cresse Daye" für Cressida. Bon der Literatur hat er keine Ahnung und zeigt daher die Stücke, bevor er sie beleiht, seinem Schwiegersöhne Meyn, oder einem anderen Literaturkenner unter seinen Freunden, so daß sich eine Art Lesecomits herausbildete, das ihn bet der Auswahl der Stücke unterstützte. Wie das geschah, ersieht man aus folgendem Briefe: „Herr Henslowe, ich hörte die Vorlesung von 5 Blättern eines Stückes über die Eroberung Indiens und zweifle nicht, -aß es ein sehr gutes Stück werden wird. Deshalb bitte ich Sie, den Verfassern 40 Schillings Vorschuß zu geben; Sie können dafür den Anfang des Manuskriptes behalten; sie versprechen, daß Sie vor Ostern den Rest bekommen sollen. Samuel Rowley." Henslowe schien nach diesem Bericht die Sache für gut zu halten, denn er gab die 40 Schilling her.« Ueber die Organisation der englischen Theater im 16. und 17. Jahrhundert macht Jusserand wertvolle Mitteilungen. Der Eintritt kostete gewöhnlich 1 Penny für das Parterre, 2 oder höchstens 3 Pence für die Galerie. Das Theater war unter freiem Himmel, so daß das Parterre alle Unbilden der Witte rung ertragen mußte. Bühne und Galerien waren zuerst mit Stroh, dann mit Ziegeln gedeckt. Großartige Deko rationen, wie in unseren Tagen, kannte man nicht: ein Baum stellte einen Wald dar, ein Glockenturm genügte, um eine Kirche zu markieren. Shakespeare wandte sich gelegentlich der Aufführung von „Heinrich V." an das Publikum mit den Worten: „Wir wenden uns an Eure Einbildungskraft . . . denkt Euch jeden Mann, den wir Euch zeigen werden, vertausendfacht; wenn wir von Pferden sprechen, stellt sie Euch in Eurer Phantasie vor; Eure Gedanken sollen uns helfen, in einer Stunde die Ereignisse von mehreren Jahren zu verwirklichen." Man brauchte nur auf einen Turm eine Zahl zu schreiben, um sich etnzubilden, daß 20 000 Mann den Zugang zu diesem Turn, verteidigten, und auf das gemalte Tor einer Stadt einen Namen, um an das Vorhandensein dieser Stadt zu glauben. Im Kostüm aber lieble der englische Schauspieler Luxus und Pracht. So arm er auch sein mochte, prächtige Kostüme mußte er haben: der Schau spieler Gabriel Spencer (den Johnson später im Duell tötete) borgt sich 10 Schillings, um sich einen Helmbusch zu kaufen; der Schauspieler Borne verpfändet bei Hens lowe einen Mantel, um sich einen Hut mit Stickereien schmückenlassenzukönnen. DasRosentheater.dasHenslowe gehörte, hatte einen eigenen „oosiumier", der neben dem Theater wohnte, weil er immer bei der Hand sein mußte. Selbst wenn es sich nur um „bürgerliche Dramen" han delte, knickerte man nicht bei den Kostümen, und Henslowe gab einmal 9 Pfund für Taffet zu zwei Roben aus; 9 Pfund stellten das Durchschnittseinkommen eines Schau spielers während dreißig Wochen dar! Obwohl der eng lische Schauspieler gesellschaftlich auf einer niederen Stufe stand, verdiente er doch viel Geld, wenn er einer Truppe als mit—teilender „soeistsirs" angehörte. Shakespeare verdiente als Schauspieler viel. Als Dichter dagegen hatte er nur ein sehr geringes Einkommen, und wenn er trotzdem schrieb, geschah es hauptsächlich darum, weil der selbst dichtende Schauspieler bei seinen Kollegen in besonderer Achtung stand. Die Menge ging gern ins Theater und suchte nachher die Kneipen auf. Darin hat sich also auch heute noch nichts geändert! In den Kneipen sang man, man deklamierte Verse, man machte Musik. Die Dichter, die von jeher wackere Kneipenbesucher waren, hielten mit lauter Stimme tolle Reden, die den biederen Bürger mit Entsetzen erfüllten. Zu den eifrigsten Kneipenfreunden gehörte damals „ein jünger Mann mit kastanienbraunem Haar, mit tiefen, sanften Augen". Er hatte trotz seiner Jugend schon eine ganz anständige Glatze, aber er lachte darüber. Er nahm überhaupt alles im Leben von der lustigen Seite. „Man hörte ihn mit Vergnügen an, wenn er sprach", schreibt Jusserand, „ob wohl man nicht genau wußte, wer er eigentlich war; aber seine Freunde behaupteten, daß er schon bekannt werden und daß man eines Tages von William Shakespeare sprechen würde!" — Es gibt in Caracas etwa kiök Deutsche, die da einen schönen Klub mit Kegelbahn und deutschem Bier haben, welches Bier von einem Deutschen in Puerto Cabello, dem zweiten Hafen von Venezuela, gebraut wird. ^Die Deutschen sind in Venezuela lange nicht so zahlreich wie die Spanier, Franzosen, Engländer und Italiener, spielen aber im Außenhandel der Republik eine bedeutende Rolle. Die meisten von ihnen sind also Kaufleute, und außerdem gibt es einige Handwerker unter ihnen. Im Innern aber, in dem nur zu Maultier er reichbaren Dorfe Tovar, sitzt eine deutsche Ackerbau kolonie, die vor einigen vierzig Jahren aus Baden ein gewandert ist. Diese Leute haben da, wie ihre württem- bergschen Landsleute in Palästina, ein durchaus deutsches Dorf geschaffen, worin die Leiterwagen und Pflüge, die Heugabeln und Dreschflegel, die Hosen, Hüte und Röcke genau so aussehen wie in Neumühl oder in Owingen. Diese braven Ansiedler kümmern sich nie um die alle sechs Monate ausbrechenden Revolutionen, und glücklicher weise kümmert sich auch die venezolanische Politik nie mals um sie, also daß sie von den Umwälzungen selten oder nie berührt werden und vermutlich auch von den gegenwärtigen Ereignissen nicht zu leiden haben. UebrigenS könnte man mit einigen Scheine von Recht die These vertreten, daß Venezuela eigentlich eine deutsche Kolonie sei, denn die ersten europäischen Ansiedler waren Deutsche, geschickt von dem Augsburger Handelshause der Welser, das hier schon im Jahre 4525 eine Niederlassung gründete. 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