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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190606306
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19060630
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19060630
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-06
- Tag1906-06-30
- Monat1906-06
- Jahr1906
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1906
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, -- m«»» .....^^!7'WM>BSNWWWSSW --- — 102 — er leise, wie ausf einem schweren Traume erwachend, „ich glaube, ich habe lange geschlafen, jetzt bin ich wach'". Und er istt doch nur, erwachs um wieder schlafen zu gehen. Am nächsten Tage hat ihn der himmlische General abdommandiert zur ewigen Ruhe. VierzehÄes Kapitel. Seit Graf JürtzenSfAbreise sind nun schlon volle fünf Tage verflossen. Wenn er nach- Bornhagen zurückkehren wird, schläft derHauptmachr bereitslrn der Gertingenschcn Familiengruft an der Seite des Grafen Hasso. Nur wenige der Nachbarn geleiteten leine Leiche dorthin. Jetzt saß Tante Berta blaß und schimal am Fenster ihrer Mansarde und sah auf den Weg hinaus!, den Jür gen nehmen mußte, wenn er heimkam. Tas! würde unge fähr in einer viertel Stunde sein. Ta zeigte sich in der Ferne eine Staubwolke. Wie furchtbar langsam die Gäule die Biegung zum Gutshofe hin machten! Endlich! Als Graf Jürgen vor ihr stjrnd und die Reisemütze abnahm, schrie sie laut auf. ,Lürgen, um Gottes!"willen, was ist geschahen? Tu bist ja ganz grau geworden!" Er nickt, ohne ein Wort zu sprechen. Als sie die Qual in> seinen Augen Und das Zittern in seinen Bewegungen sah, sandte sie den Diener fort. Cie half ihm selbst aus/dem Mantel heraus, den er allein nicht abzusfteifen vermischte. Tann zog sie ihn IN sein hohes, kühks Arbeitszimmer. Hier saßen sie beieinander, ohne von dem Schreck lichen, das sein Haupt gestreift hatte,' zu sprechen. Tante Berta fühlt, daß deq Mann an ihrer Seite gleich ihr verloren hat, wenn nicht noch mlehr. Eine Ahnung stieg in ihr entstör, wer ihm dass angetan hatte. Und zugleich packte sie die Todesangst Ter Inhalt ihres Briefes' an Hans Heinrich ging ihr durch den Sinn mit seinem! Schlußpassus: ,Mrch diesem wirst dst wissen, was du zu IM hast." Wenn er es nun anders gedeutet hätte, als Mahnung, Platz zu Machen, wenn — großer Gott, nivc das nicht! Aus dieser Angst heraus ward ihre Stimme zuml leisen WimMern. ,HanL Heinrich, ist's um ihn?"" Und wieder nickt er' aM Antwort. „Was ist's? Sag die Wahrheit, sei barmherzig!" Ta fuhr es wie ein elektrischer Schflag durch seinen mächtigen Körper. ,/Er ist bot für uns/mehr kann ich Tir jetzt noch nicht sagend Cie ist ohnmächtig geworden. - " * ' * k —7 -7- - ' „Und da dachten Sie, Herr Graf Gertingen, geh schleunigst zum alten PachowÄki, der machst sich eine blondere Ehre daraus, Tir helfen zu können! Nicht wahr, so ungefähr kam's doch, daß Sie in dieser Angcl'egenh it den Weg zu mir fmckren?" Jürgen sieht den Mann, von dem er in dieser Stunde fordert, daß er iht. ein zweites Mal/üüsr Wasser halten solle, nicht an, als/er jetzt antwortet: ,Mein, Herr PachowAi, so kaMs nicht. Ich wußte einfach keinen mehr, außer Ihnen, zu dem! ich hätte gehen können!" „Und warunt griffen Cie da nicht zu dem Nächst? liegenden? Warum versuchten Sie nicht eine Hypothek aufzunehm!en? Ist daE nicht immer noch besser, als das Bitten bei einem Manne, dessen Millionen vielleicht nicht mal einwandsfrei erworben sind?"" Jürgen hört nicht die tiefe Bitterkeit heraus. „Sie wollen nicht, Herr PachowÄki?"' sagte er tonlos. ,Zch war bereits bei meinen nächsten Anverwandten. Zu erst bei dem, der mich abzulösen das Recht hat, wenn ich nicht mehr weiters kann/" „Warum gingen Sie danach nicht zu ihren Freunden und adligen Nachbarn?"" „Tas wissen Sie wohlUsser als ich, Herr Pachowski. Sie hätten sich ja doch erst alle Geld von Ihnen leihen müssen!" „Ta kamen Sie also gleich vor die richtige Schmiede, Herr Gras. Tas ist praktisch. Torf ich um bei dem Ver gleich zu bleiben, den Hanpner aufnehmlen und fragen zum ersten, zweiten und dritten: wieviel soll es sein, Herr Graf?"" „80 000 Mark, Herr Pachowski!" „Zu wann zahlbar?"" „25000 Mark innerhalb dreier Tage. Tie andere Summe im Laufe des Herbstes bis zp Martini."' „Und was bieten Die mir als Sicherheit?" „Tie Eichen uiü> das Torfmoor, das links an Ihre Fabrik Wßt." ,Mie hoch bewerten Sie die Eichen?"! „Mit zirka 16000 Mark."" „Sie sind 20000 Mark wert! Und das''Moor?" „Mit vielleicht 4000."" „Hm. Tie übrigen 56 000 Mark Wollen Sie auf Ihr ehrliches Gesicht hin haben? Tenn wenn ich Sie richtig verstand, stehen Ihrer Eintragung auf Bornhagen Schwierigkeiten entgegnen." ,Ha, eine neue Hypothek ist Nicht Mohr zulässig. Ausch kann Bornhagen nicht zur Zwangsversteigerung kommen." „Soso. WeNy. ich Ihnen nun diese Sum!ine nicht gebe, was geschieht d-anN Mit Ihnen?"" „Tann tritt sofort die Nachfolge des nächsten Agna ten, auf Grund einer vertragsweisen Festsetzung und für sorglichen Anordnung meiner Vorfahren, in Kraft. Ich suche mir mein Stürfch^en Boot eben wo anders. Ter von dem Hausgesetze dazu Bestimmte wird mein Nachfolger." Ter alte Pachowski hat plötzlich sein Sumpfsieber und die Schonung, die ihm der Arzt iMmer noch auferlegte, vergessen. Er sprang mit einem Satze aus? den Tüchern und UmsMägcn, die ihn in den Lehnstuhl zwangen, heraus und schsllttelte den Mann, der endlich als Bit tender zu ihm gevommen war, bei den Schüllern. „Menschenskind, jetzt mal erst Farbe bekannt. Wer hat die Schweinerei mit der Versicherungssumme nun eigent lich begangen?" „Jchs verstehe Sie nicht. Her* Pachowski. Tie Summe ist aus Vergeßlichkeit nicht von mir gezahlt! Tas ist alles." „Sv? Ich sage Ihnen, das ist nicht alles. Ich fragte gestern den alten Pvlenz, der zu mir koMmen mußte, weil ich nicht zu ihm darf, nach der Höhe der Summe, die Sie voraussichjtlich als Entschädigung kriegen wür den. Ta erzählte er mir zwischen Weinen und Husten mancherlei, was er wohl verschwiegen hätte,/wenn er noch so gesund und jung gewesen wäre wie am Anfang seiner Agentenschaft. Mich geht's/nichts an. Aber leid tun Sie mir darum doch, furchtbar leid. Tenn Sie hoben das Geld zur rechjten, Zeit bereit gehalten. Sie hätten ihn melk angeln sollen, den Bengels der Ihnen dasein geb t hat. „Tas geht dich nichts an, Pachowski/' den ken ch Sie jetzt. Und doch!, dasst ist ja nicht das ein- zige Ws er auf dem Kerbholze hat. Ta steckt mehr dalKrer. Wozu denn sonst gleich die Riesensumme von 80 l"") Mark? Machen Sie mir doch kein L sür'n U! Sa,Sie mir die Wahrheit. Wenn ich auch kein Edel mann bin, damit treibe ich doch keinen Mißbrauch — Sie wollen nichst? Schön. KomMen wir also wieder zu dem Geschäftlichen, zurück. Sie verlangen 80000 Mark und leisten dafür in der Höhe des dritten Teils Sicher heit. Tas ist mir zu wenig, Herr Graf. Bedaure Herzlich Solche Geschäfte mache ich nicht." 103 ,Hch kann es Ihnen nicht verdenken, Herr Pachowski. Es sollte nichts weiter, als ein letzter Versuch sein. Verzeihen Sie!" Hören Sie mich gefälligst zu Ende an. Immer die bolle Jugendkraft voran. Erft, holt man das aus dem Treck heraus und liegt hier acht Tage wie ein Wickelkind unter Wärmflaschen und Tüchern, und dann soll man verzeihen." „ES tut mir leid, Herr Pachowski, daß ich Ihnen das, was Sie an mir getan haben/Ihr Einsetzen des Lebens und Ihre Opferfreudigkeit nicht danken kann. Ich verstehe schlecht zu heucheln. Und nun lassen Sie mich gehen!" - „Bedaure, soweit sind wir noch nicht. Also mit dem Geschäft ist's nichts. Aber schenken will ich Ihnen die Summe — reinweg schenken! Ich will zu Ihnen sprechen, wie ein Mann zum andern, klipp und klar: Ich gebe Ihnen an dem Tage, wo Sie sich mit meiner Tochter ver lobe«, die erbetene Summe. Tasfmacht vielleicht den fünfzigsten Teil 'ihres! ganzen Vermögens aus. Unt.r Ihresgleichen macht man so was vielleicht nicht. Li te sehr, ich halte es so. Tas ist mein Wunsch, solange ich Cie kenne, daß die Trude mal Ihre Frau werden möchte. Tamals — weil es Mir so paßte. Heute — weil ich was wo« Ihnen halte. Sie sind doch noch Herr Ihrer Ent schlüsse, d. h. es hat «loch kein anderes Mädchen einen Anspruch! auf das!, was ich mir als Gegenleistung aus bedinge?" „Nein, ich bin frei." „Gut, dann sind wir also jetzt klar miteinander! Wollen Sie, oder wollen Die nicht?" „Ich kann Ihnen im Augenblick keine bindende Er klärung darauf geben, Herr Pachowski. Ich bitte mir ei» paar Stunden Bedenkzeit aus. Verzeih,'» Sie mir, ich kann nichst anders!" Ter Stolz des Millionärs und Parvenüs wollte sich gegen diese Bitte empören. Aber als er sich diesen Mann so rechet gründlich ansah, kam ein warmes, menschliches Gefühl in sein Herz, das zu einem Befehl wurde. „Ten darfst du nicht mehr quälen; der hat ge nug gelitten!" Sie gaben sich zum Abschied fest die Hände. Gottfried Pachjowski glaubte zu wissen, wie Graf Jürgens Antwort lauten wird. * * * Es! ist wieder Nächst, und Gräf Jürgen kann wieder chKM schlafen. Bis gegen 10 Uhr hat er an Tante Bertas - BÄr gesessen. Tie Ohnmacht ist einem! erquickenden Schlafe , gewichjen. Jetzt sitzt er in seinem Zimsmev und hält sich allein , das Gericht über sein Herz ab. Trude Pachowski soll sein Weib werden! — Warum ^eigentlich auch nicht? Er wird Ruhe haben und Geld, und Pe, die er lieb hat, brauch^ nicht zu erfahren, daß der Mann, dem ihr Herz gehört, ein Lunch ist. Cr wird ihr sagen, daß er verunglückt sei, im Neckar ertrunken, — damit ihr die Schjam/erspart bleibe, die in ihm ist Tarum wird er es tun. Nur darum? Und an die Sünde denkt er gär nichjt, die er damit begeht? Nicht an das Mädchen, das ihm ver schachert wird? Sie sind sich! nicht so sehr ftemd geworden, die Trude und er. Zwar gebrauchen sie das „hu" ans der Kinder zeit nichst mehr, aber die gemeinsam verlebten Tage haben doch ihre Zeichen hinterlassen. Er wird ihr niemals die Treue brechen. Er wird sie hochhalten und ehren. Wenn sie damit zufrieden sein WM, ist's gut. Betragen kann er sie nicht. Einmal hat er gebogen — damlals, als er de« Werber für den, der verloren gegangen ist machte. Tie Strafe war hart genug. Und doch will er wieder die Wahrheit verschleiern, indem er Marianne sagen wird, daß jener gestorben sei. Tas ist doch keine Lüge, das ist Barmherzigkeit. Ter alte Name muß auf der Höhe blei ben und Marianne geschont werden. Sie darf sich nicht beschmutzt fühlen, weil sie in den Armen des Elenden gelegen hat. Er, den, niemand Tank wissen wird, bringt ein Opfer. Und wenn Trude Pachowski ihn nach seiner Erklärung abweist? Sie wird es nichjt tun. Ter Wille ihres Vaters hat andere gezwungen, als/ein Weib. Es war eigenartig, daß Graf Jürgen in dieser Nacht dicht an die Pflichten dachte, die er seiner Scholle gegenüber hatte. Rur an die ande ren dachjte er, die geschädigt"und betrogen blieben, w.nn er das Airsinnen des alten Pachowski zurückwies. Ter alte Witzleben, von dessen Schädigung ihm der krasse Fuchs mit verächtlichem Ausspeien erzählt hatte, die kleinen Leute und der Wucherer, die standen hinter den erwähnten Ge danken und rangen die Hände. Sie alle würden unbe friedigt ohne sein Opfer bleiben und die Schmach der Gertingens in die Welt hinaussch^eien. Schritt für Schritt hatte er während seiner Anwesenheit in Heidelberg den Sumpf durchwatet mit unendlicher Mühe und unendlichem Grauen. Jetzt mußte er ihn auch von der Erde tilgen. Svnst blieb er an seinen Händen hafte». Am nächsten Morgen besorgte der Bornhagener Reib knecht einen Brief nach Alten Stuhmen mit folgendem Inhalte: „Ich nehme Ihr Anerbieten an und erkläre mich zu der geforderten Gegenleistjung bereit. Ich bitte Sie nur noch mir vor der Veröffentlichung Gelegenheit zu geben, mit Ihrer Tochter allein zu sprechen. Ich habe ihr manches zu sagen, was keine Zeugen verträgt. Tarf ich zu diesem Zwecke nachmittags gegen 5 Uhr bei Ihnen vvrsprechen?" Pachjowski hatte durch den Reitknecht zurück sagen lassen, daß er den Herrn Grasen nachmittags zu der an gegebenen Zeit erwarte. Tie stickige Lust in den Zimmern erscheint Jürgen un erträglich. Er m!uß ins Freie hinaus, die Wicke über die Felder schicken, die sein sind und bleiben werden. Langsam ging er über den Hof. Vor dem Weizenschlagje stand er still. Turch die Stumpfh.it seines! Innern ging es wie ein Schrei. . Noch zwei Stunden, und er würde vor Trude Pachowski stehen. Die würden miteinander reden wie gute Freunde und später miteinander wandern, als seien di« letzten zwölf Jahre ausgelöscht und sie selbst große Sinder mit kleinen, bescheidenen Wünschen. „Gu'n Tag ok, Herr Gros. Tit schickt Ehr us Frölein, uh nu bruk ik ne nchyc upp't Schloß," sagte in diesem Augenblick eine geheimnisvolle Stimme an seiner Seite. Alsj er den Kops hob, sah er Fiken, die kleine Hühnermutter aus Alten Stuhmtzn, deren Gruß ihm auf seinen Ritten über Feld oft genüg aus der Mitte ihrer gackernden Schütz linge heraus zuteil geworden war, neben sich stehen. Ver gnügt reichte sie ihm einen großen weißen Umschlag ent gegen, auf dem seine Apressse zu lesen war. . Noch ehe er eine Frage an sie zu richten vermochte, war sic schon wieder! verschwunden. ,
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