Suche löschen...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190706010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19070601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19070601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1907
- Monat1907-06
- Tag1907-06-01
- Monat1907-06
- Jahr1907
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1907
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«8 Eftir Hürestschr Hiurichluuß Sert Alexander Rotstem in seinen „Mandschurischen 4Ze^. Hinter dem! Nordtore der Stadt — schreibt er hat sich eine grvße Menschenmenge angesammelt. Aus ' Stadt kommt ein langer Zug; zu beiden Enden des iten Weges marschieren Soldaten in langen Reihen ihren roten Pelzen, die mit schwarzen Buchstaben be it sind. Tie roten Riesenfahnen sind zusammengewllt, langen Trvncheten gesenkt. Hinter den Soldaten, gleich- S an den Rändern des Weges, reiten Offiziere und Be te mit weihen, goldenen und silbernen Knöpfen auf schwarzen Mützen. Noch weiter, in den Staubwolken, von den kleinen mongolischen Pferden aufgewirbelt :den, kann man die Wpfe von Mauleseln und die ben Silhouetten menschlicher Figuren auf einer schwer- igen Arba unterschieden. In voller Stille zieht dieser ; rasch heran. Ringsum in der Menge herrscht auch yweigen. Tl»e Soldaten nähern sich der Menge und »rängen sie zurück; dann schließen sie sich zu einem Kreis zusammen, in welchen die Arba hineinfährt. Auf der Arba liegt ein Haufen menschlicher Leiber übereinander gewälzt. Tie Hände sind auf dem! Rücken zusammenge- s- Kunden, die Füße in Holzklötze gepreßt. Auf dem! Leiber- i/ aewirr sitzen di« Gefängniswärters Sobald die Arba in den Kreis hineingefahren ist, bleibt sie stehen. Tie Ge fängniswärter zerren roh die Verurteilten von dem Kar- - ren. In einigen Sekunden ist das Werk getan, und je drei Schritt voneinander liegen auf den Knien sechs' Ver- ' brecher, die Zöpfe UM die Köpfe gewunden. Auf den Ge- : sichtern kann Man nichts! lesen, außer der gewöhnlichen Ruhe und Gleichgültigkeit. Plötzlich erscheint der Henker, ein hoher, stattlicher junger Chinese, gekleidet wie alle , und gleichmütig wie alle. Er halt ein großes breites, leicht gebogenes Schwert in der Hand. Neben ihM hält ein 10- f bis 12 jähriger Knabe das Futteral des Schwertes. Sobald i die Verbrecher von der Arba herabgezogcn und in die Reihe gestellt sind, verliert der Henker keine Minute: ein § breiter Schwung des Schwertes, ein rascher, kurzer Schlag auf den gebeugten Nacken, d^r Kopf rollt in den Sand, - ein Blutstrom ergießt sich, und der kopflose Rumpf fällt f nach vorn. Ohne aus der Ruhe zu kommen, begrüßen die Zuschauer jeden Meisterhieb mit einem kurzen Gurgellaut: „cham" (gut, bravo). In einigen Augenblicken ist die Hin- f. richtung vollzogen. Nach der Hinrichtung übergab der Henker das Schwert dem Knaben, der die Scheide hielt. Bei einem der toten Köpfe verbrannte irgend jemand eine k ganze Masse weichen gelben Papiers; ein dunkler Rauch - stieg zum Himmel auf. Aus der Linie der Soldaten trat 1 ein Beamter hervor; in den Händen hielt er einen langen s Pfeil, an dessen Spitze ein Blatt Papier befestigt war., Ter ' Beamte tauchte das Papier vorsichtig in eine der Blut- , Pfützen. Tann trug er es seitwärts, dorthin, wo in einem > roten Palankin der rotgekleidetc Gehilfe des Tshi-fu saß und aus der Ferne den Akt der Hinrichtung verfolgte. Ter Pfeil (die Bevollmächtigung zur Hinrichtung) und das blutgetränkte Papier (das Zeugnis der Hinrichtung) ver schwanden unter den Vorhängen des Palankins. Tie Sol daten kehrten in der früheren Ordnung zur Stadt zurück, nUr daß jetzt die riesigen Fahnen aufgerollt waren. Nach dem Henker machten sich auf dem Hinrichtungsplatze die Gefängnisdiener an die Arbeit. Mit kleinen Beilen wur den die Holzpflöcke an den Fiißen der Gerichteten ausein andergeschlagen. Tann ging es an die Entkleidung der Leichname. Rasch, aber aufmerksam, wurden die Bänder aufgebunden, die kupfernen Knöpfe aufgeknöpft. Nichts wurde durch eine rasch,-, eilige Bewegung zerrissen. Es begann zu dunkeln, die Zuschauer zerstreuten sich Ruhig, gleichmütig, mit ernstem Gesichtsausdruck in den Mienen kehrten die Chinesen schweigend zur Stadt zurück. Tie Gefängnisdiener setzten aber ihre Arbeit fort. Einer von ihnen hob zwei Köpfe der Hauptverbrecher, fliocht die Zöpfe auseinander und trug die Köpfe etwa 20 Schritt zur Seite, wo am Wege einige Bäume standen. Hier hängte er die Köpfe an den Zöpfen auf. Tie Leiber wurden von den Gefängnisdienern an den Beinen über die Erde geschleppt und in eine kleine Schlucht hart ami Wege geworfen. Nach dieser Tat kehrten die Tiener zu den Sachen, der Hingerichteten zurück, machten aus ihnen Pakete, luden sie sich auf die Schultern und gingen fort. Täss letzte Eigen tum der Hingerichteten war in ihren Besitz übergegangen und wird morgen in den Basar erscheinen. Aus den Ge höften der Vorstadt wurde eine große Menge der schwar zen chinesischen Schweine nach der Schlucht getrieben. Ti« Schweine gingen, um das Werk der Hinrichtung zu voll enden. Die Gewürze.. )fk( In der letzten Zeit ist es besonders der Peters burger Physiologe Pawlow gewesen, der darauf hingewiesen hat, daß die Gewürze und Salze in der Ernährung deS Menschen insofern eine maßgebende Rolle spielen, als eine Speise, die nicht schmackhaft zubereitet ist, nicht die erfor derliche Anregung auf die VerdauungSorgane auSübt, in folgedessen auch nicht die genügende Ausscheidung von Magensaft veranlaßt und nicht genügend verdaut wird. Diese Tatsache, obgleich sie schon lange genug bekannt war, kann nicht oft genug wiederholt werden, da durch sie Pie Kochkunst nicht nur berechtigt, sondern eine unbedingte Not wendigkeit wird. Ohne zu vergessen, daß zu starkes Salzen und Würzen der Speisen ein Nachteil für den Körper ist, weil dadurch die betreffenden Organe abgestumpft und zwecklos ermüdet werden, und außerdem ein Durstgefühl heroorgerufen wird, welches leicht zum Alkoholmißbrauch führen kann, soll doch jedes natürliche Nahrungsmittel durch die richtige Zubereitung in der Küche, also besonders auch durch den richtigen und in verständigen Grenzen sich hallenden Zusatz der entsprechenden Gewürze, so zubereiett werden, daß es mit Appetit und gern genosstn wird. Durch das Unterlassen dieser Forderung wird selbst das teuerste und an und für sich vollkommenste Nahrungsmittel min derwertig und verfehlt seinen Zweck. Nicht pikante und in übertriebener Weise zusammengesetzte Speisen sollen auf unseren Tisch kommen, wohl aber soll die Speise schon durch ihren Geruch anregend wirken, schon durch den Duft, den sie auSströmt, den Appetit befördern, und sie wird dann in den meisten Fällen auch als leicht verdaulich empfun- t den werden. Heule noch wie vor Jahrhunderten, gelten als Prototyp der Gewürze Pfeffer und Salz; die Neuzeit hat aber neben den natürlichen auch künstliche Gewürz mittel unS gegeben, wie den Fleischextrakt und die Maggi würze, welche letzteren beiden den Vorzug der Milde haben sowie den ferneren, daß sie gleichzeitig das Aroma und den Geschmack mehrerer einfacher Gewürzmittel in sich vereinen. Diese Eigenart macht beide Präparate zu einer sehr wert- vollen Bereicherung der Küche, während die verschiedenen scharfen, englischen Saucen, die hier ebenfalls genannt werden könnten, nicht zu empfehlen sind. Auf jeden Fall sollten aber unsere Mädchen, gleichgültig welchen Kreisen sie angehören, rechtzeitig die Bedeutung der Gewürze kennen lernen, da sie damit zugleich das richtige Verständnis für die Kochkunst erhalten, ohne welche keine Hausfrau ihrer Stellung gerecht werden kann. Indessen nicht nur die Frau, sondern auch die Aerzte müssen im Kochen bewandert sein, da eS für den Kranken noch wichtiger als für jeden Ge sunden ist, daß ihm eine schmackhafte Kost geboten wird, und nicht allein die Forderung des Arztes nach einer be stimmten Speise genügt, sondern der Arzt auch unter Um ständen in der Lage sein muß, anzugeben, wie diese Speise hergestellt wird. vr. N. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. CrMler an der Me. Belletr. Grattslieilag« z«m „Riesaer Tageblatt". «r. 22. Mes«, 1. Zimi 1907. Im Rofenmond. Mählig will der Flieder sterben! Und die Nachtigall verstummt, Tvch die Rosen rot sich färben Und das Volk der Menen sunünt. Und die Tage wachsen, dehnen Ihre Tauer ungewohnt, Und dein Herz erfüllt ein Sehnen Wonnesüß im Rosenmond. ' Will der Lenz nun wieder scheiden? Ist der SomMer schon genaht? Sonne glitzert um die Weiden, Und es blüht die grüne Saat. Und auf lichtumsprühtem Steine Still die Sommergöttin thvsnt. Und ein Sang rauscht durch hie Haine Steht die Welt im Rosenmond, Kirschen glühen rot im Garten, Beeren winken gelb und braun. Rings ein Reifen und Erwarten . Und ein Fink pfeift keck vom! Zaun! Menschenfleiß und Menschenmühen Ward von neuem reich belohnt: Tenn nach all dem! reichen Blühen' Kam das Reifen... Rvsenmond! Auch dein Herz will nicht Mehr schweigen) Auch dein Mut pulst wild uyd warm. Und du führst zuM Blütenreigen Teine Liebste fort am Arm! Und ihr schaut den Glanz her Ferne, Ter vor euren Blicken thront. Und ihr schaut die Blütensterne Reich, wie nie, im Rosenmond! Nachdr. verb. Elimar Kernau. Mecklenburgische Treue. Von A. Burg. — Fortsetzung. „Mutter", — Heinrich schaute zu Boden — „ich bringe keine gute Künde. Zwei Tage war ich in Lübeck, als ein Brief kam vom Hochmeister-Stellvertreter Ritter Wirich von Homburg. Sie haben dort wohl Ver handlungen versucht mit dem Sultan, sie sind alle ge scheitert; er schreibt, das Löscgeld sei uns zurückzugeben, da leiper keine .Hoffnung sei, zu diesen Zeiten Herrn Heinrich von Mecklenburg aus der Gewalt der Türken zu befreien". Es war ganz still geworden in deM kleinen Kreise, lautlos sank Anastasia in die Arme der Klosterschwester. Aber irur einen Augenblick, Heinrichs Schwert hatte leise geklirrt, und dieser Ton riß die Fürstin zurück in die Wirklichkeit. „Gott ist harncherzig, Mutter", sagte die klare Stimme der jungen Nonne. „Er wird uns den Vater wieder geben — das hoffe ich fest". „Ja", sagte Anastasia, „wir müssen hoffen. Ach- Heinrich, wenn wir nicht mehr hoffen, was sollte aus Mecklenburg, was sollte ans Wismar werden? Würde es gelingen, den Trotz und die Ueberhebung der Städter zu brechen, würden wir noch gegen unsere, uns umlauernden Feinde, würden wir gegen die immer mächtiger werdenden Raubritter mächtig sein? Mein Heinrich übergab mir sein Land, sagt mir's, wenn Schmerz und Kleinmut mich übermannen wollen, sagt mir's, daß ich recht und in, seinem Sinne regiere". Sre stand auf und stützte sich fest auf ihren Sohn. „Berufe zu morgen Strahlendorff und Oertzen, Hein rich, wir wollen neu beraten, was zu tun ist." Im Gemache Heinrichs, des fernen Fürsten, saß Anastasia mit ihren Söhnen und den Rittern zur Be ratung. Strahlendorff hatte Kunde gebracht aus Schwerin, wo er beim Grafen von Schwerin gewesen. Kaiser Ru dolf von Habsburg hatte einen Reichstag zu Erfurt aus geschrieben, dorthin sollten Heinrich und Johann, die Jungherren von Mecklenburg, ziehen, um den Ritterschlag zu erhalten. Ihre anderen mecklenburgischen Vettern, die Jnnaherren Werle-ParckftM und Werle-Rostock sowie Graf Helmold von Schwerin tvvllten sich anschließen. „Ja," sagte Anastasia, „zieht. Meine Söhne zum Kaiser — noch seid Ihr Jünglinge, boMmt als Mänper und Ritter wieder. Und wer sich von edlen Jünglingen des Landes anschließen will, der r»ll willkommen sein auf der Burg zu Wismar!" V. Ein düsterer Trauerzug bewegte sich durch den Kloster garten zu Tvberan. Vorauf schritt die Schar der Mönche mit dem Pater Guardian an der Spitze, dann folgte die fürstliche Tienerschaft aus der Wismarer Burg, sie machte Platz für zwölf junge Ritter vornehmer wendischer und niederländischer Geschlechter, die einen Altersgenossen, den Jungherrn Johann von Mecklenburg, zu Grabe trugen. Ter Sitte jener Zeit gemäß, ruhte die fürstliche Leiche in einer Hvlztruhe, die das mecklenburgische Wappen zierte. Bedeckt war der Sarg mit der bunten Fahne der mecklen burgischen Fürsten, und Schild und Schwert des Ver storbenen ruhten darauf, sowie seine Handschuhe und sein Helm. Tem Sarge folgte gesenkten Hailptes das edle, schwarze Pferd, das der Jüngling so gern geritten, Martin Blehers Sohn Hartwig, der Knappe des Jung herrn Heinrich, führte cs am Zügel. Aufrecht, die Hand am Schwert, die blitzenden, blauen Augen von Tränen umflort, folgte Heinrich ganz allein deM Sarge des geliebten Bruders. Hinter ihm schritten sein Oheim Johann von Gadebusch, seine Vettern aus Rostock und Parchim, Strahlendvrff und Oertzen und die übrigen Ritter und Edlen des Landes, denen sich der hohe Rat der Stadt Wismar, die Geistlichkeit und die Gewerke «»schlossen. In einer Sänfte yattc man'Fürstin Anastasia, die es sich nicht nehmen lassen wollte, den jüngsten Sohn zur letzten Ruhestätte zu geleiten, zur Abtei der Cisterzienser getragen. Ta kniete sie nun, die stolze, so tief gebeugte Frau im- fürstlichen Chorstuhl und hörte wie im Traum die Gebete und Respvnsorien, welche die Leiche ihres ge liebten jüngsten Sohnes in die Fürstengruft geleiteten. Vor ihrem Ohr war noch immer das Rauschen und Brausen der Meereswogen, die den Nachen Johanns ver schlungen hatten — ihn und fünf jnnge Cdelleute, die mit
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder