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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.10.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061002020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906100202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906100202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-10
- Tag1906-10-02
- Monat1906-10
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Beilage- aebübr 4 Mk. p. Tausend exkl. Postgebühr. Geschäftsanzrigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Anzeigen-Annadme: AugustiiSplal; 8, bei sämtlichen Filialen u. allenAnnoncen- Expeditionen des In- und Auslandes. ür das Erscheinen an bestimmten Tagen u. llätzen wird keine Garantie übernommen. Haupt-Filiale Berlin: CarlDu n cke r,Herzgl.Bayr.Hosbuchhandlg., Lützowstraße 10 «Telephon VI, Nr. 46031 Filial-Expedition: Dresden,Marienstr.34. As 499. (Abend Ausgabe). Dienstag 2. Oktober 1906. Ivo. Jahrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schluß der Redaktion eingegangenen Depeschen stehen auf der 3. Seite des .Hauptblattes.) Bo» Romiuten nach Uadinen. Wie aus Nominlen verlautet, wird daS Kaiserpaar am Donnerstag in Kabinen eintrcffen. Kaisermanöver 1lM7. Die nächstjährigen Kaisermanöver, an denen daS 13, 14. und 15. Armeekorps teilnehmen sollen, finden bei Zabern im Elsaß statt. fiommandowcchsrl im 8. Armeekorps. Hum kommandierenden General des 8. Armeekorps an Stelle des Generals von Deines ist Generalleut nant von Plötz bestimmt. Er kommandierte bisher die 15. Division in Köln. Sin Dementi. Die von der Berliner Presse verbreitete Sensations- Meldung über Massen-Ausweisungen von russisch-Iilauifchen Arbeitern im rheinisch-westfälischen Industrie-Bezirk werden, wie unS eia cä-Privatielegramm aus Duisburg meldet, von een Regierungspräsidenten in Arnsberg und Münster als Unwahrheiten bezeichnet. Es handele sich um die im Htibst jedes Jahres üblichen Ausweisungen der Saisonarbeiter. BiSconti Benosta -ß. Visconti Benosta, der ehemalige Carbonaro, spätere Cavouritt, der die auswärtige Politik Italiens unter zahl reichen Ministerien dec Consorteria (der Rechten) durchaus in sranzosenfreundlichem Geiste geleitet hat, zuletzt auf der AlzeciraS-Konferenz, ist 77 Jahre alt gestern gestorben, als zweiter der Konserenzmänner nach dem Herzog von Almo- rooar. Sein persönlicher Charakter und seine diplomatischen Talente waren in Italien hochgeschätzt. Er war geborener Mailänder, also ursprünglich österreichischer Untertan. Tie englisch-russischen Verhandlungen. Die „Polit. Corresp." meldet aus Petersburg: Die freundschastlichen Verhandlungen, welche feit einiger Zeit zwischen dem russischen und dem englischen Kabinett zum Zweck der Erzielung einer Verständigung über Einzelfragen der Orientpolitik geführt werden, nehmen einen normalen Verlauf. Es sind aber dem Zaren keinerlei Projekte eines englisch-russischen Uebereinkommens überreicht worden. Also von einem Abschluß der Verhandlungen ist noch gar keine Rete, und die „angeregte" Stimmung der gestrigen Berliner Börse war verfrüht. Schweizerische Handelspolitik. Wie aus zuverlässiger Quelle in Bern verlautet, haben sich neuerdings die Aussichten auf eine Verständigung über den Handelsvertrag verschlimmert. Der Aufruhr im Äaren-Palast. Infolge eines Berichtes des Palastkommandanteu Dadjulin, worin dieser die Hofbeamlen als unzuverlässig bezeichnete, ordnete Großfürst Ntkolaj an, daß sämtliche Hofbedien steten entlassen werden und die Leibgarde zu kassieren sei. Opposition der Petersburger Communalen. Der Stadthauptmann von Petersburg forderte das Stadt amt auf, dafür Sorge zu tragen, baß die Arbeitslosen keine Meetings abhalten, doch erklärte sich vaS Stadtamt als nicht verpflichtet hierzu. Tie Bereinsfrciheit unter dem Galgen. Die den Kongreß ber Kadettenpartei überwachenden russischen Beamten haben den Befehl, bei revolutionären Beschlüssen sofort sämtliche Teilnehmer zu verhaften. Ter Fall Wrede-Glase. Ein Privattelegramm aus Rostock meldet uns: Gegen ben Diener der Fürstin Wreve, Glase, wurde vom Land gericht Güstrow Anklage wegen Meineides erhoben. politisches. * Hof und Gesellschaft. Der Kaiser trifft am 14. d. M. vormit!ags auf Schloß Meerholz ein zur Teilnahme an ber Hochzeit des Prinzen Albert zu Schleswig-Holstein mit der Gräfin Ortrud zu Isenburg-Büdingen. Am Abend desselben Tages erfolgt von dort die Weiterreise nach Villa Hügel bei Essen a. R., wo am 15. d. M. die Hochzeit des GesandlschaftsaiAachees von Halbach mit Fräulein Berta Krupp stattfinbet. Bon Hügel begibt sich ver Monarch noch au demselben Tage nach Bonn, wo die Ankunft am 15. d. M. abends erfolgt. Am 16. vormittags 1 l Uhr wohnt der Kaiser der Enthüllung deü dortigen Kaifer Wilhelm-Denkmals bei und lehrt nach Beendigung des feier lichen Aktes sofort nach Berlin zurück. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, baß der Monarch bei dieser Gelegenheit dem Reichskanzler Fürsten von Bülow in Homburg v. d. H. einen kurzen Besuch abstattet. — Fürst Bülow hat anläßlich der jüngst erfolgten Einweihung eines neuen Hauses der Franckeschen Stiftungen in Halle dem Pädagogium in Erinnerung seiner dort erhaltenen Erziehung ein Glückwunsch telegramm gesandt. * Zur Einberufung des Reichstags. In politischen Kreisen nimmt man an, daß der Reichstag vom Präsidenten zum 13. November (dem Tage, bis zu dem er vertagt worden ist) einberufen werden wird. Zunächst wird der Reichstag die vom Frühjahr und Sommer noch unerledigten Entwürfe (Hülfskassengesetz, Urheberrecht an Photographien, Maß-, Gewichisorbnung, Tierhalterschutz, Automobilhaftpflichl rc.) aufarbeiten und dies möglichst bis zum Eintritt in die Weihnachtsferien zu erreichen suchen. Die Vorlegung des Etats wird auch noch vor Weihnachten erfolgen. Ferner sind vor dem Beginn der Weihnachtsferien noch ein neu vor zulegender deutsch-englischer und deutsch-spanischer Handels vertrag unter Fach zu bringen, da beide Handelsprovstorien (bis zum 3I./12. 06 verlängert) am Jahresschluß ablaufen. Ob dem Reichstage vor Weihnachten neue Vorlagen der Regierung schon zugehen werden, ist noch unbestimmt und wird sich erst entscheiden, wenn der Bundesrat seine Sitzungen ausgenommen haben wird. * Der Streit um Sen Iesuitengeneral. Es ist köstlich zu sehen, wie unsere Vettern jenseits des Kanals sich nun auch glücklich darüber aufregen, daß der neue Iesuitengeneral ein Deutscher ist. Angesichts der „Gerüchte", daß anläßlich ber Wahl des Generals ein „geheimes Abkommen" zwischen Kaiser Wilhelm II. und dem Papst getroffen worden fei, verlangt man allen Ernstes, der Papst solle dieses Ge rücht dementieren! — Inzwischen hat zur Beruhigung unserer Freunde jenseits der Vogesen der „Eclair" ge funden, der Iesuitengeneral Wernz sei gar kein Deutscher, sondern nur durch einen reinen Zufall in Deutschland geboren, in Wirklichkeit aber bulgarischen Ur sprungs. Als bester Beweis hierfür gilt nach dem genannten Blatt die Tatsache, daß der Name des neuen Jesuiten generals nicht Wernz, sondern Wrnz lautet. Ueberdies weile Pater Wrnz schon seit 27 Jahren ur Rom. — Na also! * Der Gewährsmann ErzbergerS. Die „Kölnische Volks zeitung" bestätigt, daß ihr Brüsseler Mitarbeiter gleichzeitig die deutsche Abteilung des kongostaatlichen Presfebureaus leitet. Sie erklärt aber ausdrücklich, daß sie diesem ihrem Mit arbeiter keinen Auftrag gegeben habe, mit dem Abg. Erz berger sich in Verbindung zu setzen. Wie ein Brüsseler Mitarbeiter ver „Voss. Ztg." seinem Blatte mitteilt, hat ihn der Generalsekretär der inneren Angelegenheiten des Kongo staates, Kommandant de Euvelier, in dessen Kompetenz auch Preßaugelegenheiten fallen, ermächtigt, die dem Abg. Erz berger zugekommen: Nachricht, daß die Kongo-Regierung zwei Berliner Blätter subventioniere, als völlig unwahr zu be zeichnen. (-) Wic's gemacht wird. Die „Leipziger Volksztg." plaudert folgendes aus der Schule: Der Wirt eines Tanz lokales weigerte sich, dem Wunsche der Arbeiter nachzugeben und in der „Volkszeitung" zu inserieren. An emem der letzten Sonntage stellten nun abends punkt 9 Uhr sämtliche Anwesende das Tanzen ein. Dies Mittel hatte in kürzester Zeit den gewünschten Erfolg. Nach dem dem verdutzt herbeigeeilten Wirt der Grund des „Streiks" bekannt geworben war, gab er das Versprechen ab, daß er in der „Volksztg." inserieren werbe. Dann wurde fröhlich weiter getanzt. — Die „Volksztg." nennt das Intermezzo „eine lustige Geschichte!" Sie hat sonder bare Ansichten über das was „lustig" ist. O- * DaS Befinden des Sultans. Der türkische Botschafter in Paris dementiert alle beunruhigenden Gerüchte über den Gesundheitszustand des Sultans. Französische Phantastereien. „Libre Parole" bringt einen Artikel Dumonts „Großdeulschland", worin ber Verfasser die Befürchtung äußert, daß für den Fall des Ablebens des Sultans Komplikationen entstehen könnten. Er weist daraufhin, daß, wenn der deutsche Kaiser in seiner üblichen energischen Weise eingreifen würde, ein Konflikt entstehen müsse. Rußland habe mit seiner inneren Krisis zu tun, und so bliebe nur England übrig einzuschreiten. Da dieses aber nicht genügend Landtruppen besitze, so müsse es sich zur Unterstützung an Frankreich wenden. Unter diesen Umständen würbe der Konflikt tatsächlich in den Vogesen zum AuStrag kommen. * Ter französische Kirchenstreit. „Osservatore romano" veröffentlicht einen scharfen Artikel gegen dieReveClsmenceauS uuv dementiert energisch, daß der Papst irgendwie vom Kaiser Wilbelm abhängig sei. Nächsten Sonnabend findet in Rambouillet ein Ministerrat statt, bei dem wichtige Fragen zum Abschluß kommen sollen, gewiß kirchenpolitische. * Oesterreichs Antwort an Serbien In der, wie ge- meldet, der serbischen Regierung übergebenen Antwortnote Oesterreick-Ungarns wird zunächst dem Wunsche nach einer baldigen Regelung der Handelsbeziehungen zwischen Oester reich-Ungarn und Serbien Ausdruck gegeben. Zum Beweise der Ausrichtigkeit dieses Wunsches wird hervorgehoben, daß Oesterreich-Ungarn in den bisherigen Verhandlungen der serbischen Regierung das größte Entgegenkommen bezeigt habe. Dieselbe Bereitwilligkeit bestehe von Seiten Oesterreich - Ungarns auch noch gegenwärtig. Indessen gehe aus der letzten serbischen Note hervor, daß der Standpunkt der serbischen Negierung in keiner Hinsicht von dem früheren abweiche. In der Frage der Lieferungen habe die serbische Regierung nicht nur der Auffassung Oesterreichs sich nicht genähert, sondern sich in ihrer Note solcher Ausdrücke bedient, die nicht einmal eine balbwegs befriedigende Bürgschaft bieten. Die von der serbischen Regierung gemachten Angebote über die Berücksichtigung der österreich-ungarischen Industrie bei gleichen Be dingungen für Staatsbestellungen im Betrage von 26 Millionen Dinar, ausgenommen Geschütz- und sonstige Bestellungen von Kriegsmaterial, beweisen, daß die serbische Regierung auch das aufgestellte Prinzip nicht akzep tiert habe, nach dem Serbien bei gleichen Bedingungen und gleicher Quantität seinen Bedarf bei der österreichisch-unga rischen Industrie zu decken hätte. Vielmehr werde in der serbischen Note erklärt, daß die serbische Regierung selbst in dem einzigen konkreten Falle (der Arnlleriebefchaffung) auch nach dem Abschluß des Handelsvertrages freie Hand zu be halten wünsche. Zum Schluß wird in der Antwortnote be dauert, daß es unmöglich sei, die serbischen Anträge anzu nehmen. Gleichzeitig wirb die serbische Regierung aus gefordert, vor einer endgiltigen Entscheidung noch einmal die Forderungen Oesterreich-Ungarns in Erwägung zu ziehen. * Militärische Ansichten pes englischen Kriegsministers. Haldane erklärte bei der Verteilung der Schießpreife an die Freiwilliben in Eastlington und Haddiugtonshire, die Marine genüge nicht für Großbritannien« Berteldistung, da sie einen Schlag nicht zurückzugeben vermöge. Die notige Ausdehnungs kraft für die Armee könne auf der Grundlage des bezahlten Dienstes nicht gewonnen werden, ohne das Volk zu Grunde zu richten. Deswegen lenke die Regierung ihre Blicke auf die Freiwilligen. Er empfehle denjenigen, welche an dem Werte der Freiwilligen zur Unterstützung und Erweiterung der Armee zweifeln, das Studium deS amerikanischen Bürger krieges. — Freiwillige sind bester als gar keine Soldaten; obS aber ohne allgemeine Wehrpflicht gehen wird? * Spanische Republikaner. Die Republikaner Barce lonas veranstalteten gestern ein großes Bankett, bei den, der republikanische Abgeordnete Leroux eine sehr radikale Rede hielt und vorschlug, Frankreich einen Gruß der spanischen Republikaner zu senden in Anerkennung ihrer glänzenden demokratischen Politik. * Prozeh gegen spanische Attentäter. Au« Madrid wird gemeldet: Der Staatsanwalt hat die Anklage gegen die Feuilleton. mies sinck Telle nur eines unencklichen Lsnren, Vesten Körper clie IVelt unck liessen 8eele cile Ooltheit. Pope. ' IViste, ckasi ein IVeiser dlicht sich, ckap er ckem Ounren lebt. W!elsn0. Viel hier lehren ckie Trümmer, ckoch eln8, rvss nirgenckx gelehrt vvirck, Zelten im Teben unck nie spricht man in Schulen cksvon: 6nnr sein! Wenn cku ex einmal tvursi, so mögen vnrburen Trümmern unck bröckeln an ckir, ckelne Lesinlt — sie besieht. ttevle. Sport-Illustrationen. Von Hermann Eß wein sMünchens. Was unser Sportslcben mit einem bestimmten Zunft zweige zu tun habe, kann nicht gut erörtert werden, wenn man nicht zunächst einen Blick auf das Verhältnis wirft, welches zwischen dem Sport und der >dunst selbst bestehl, wenn man sich nicht die Frage beantwortet, warum der Sport nicht zur Lichtung, nicht zur Musik oder zu Schau spielkunst ähnliche Beziehungen habe, wie zur Bildnerci. Der Grund ist kein anderer als der, daß alle die ge nannten Künste übertragener, geistigerer Natur sind. Es sind seelische Künste, Künste der Sensibilität, und oon der gymnastisch-agvnalen Welt scheidet sic eine weite Kluft. Führt überhaupt eine Brücke über diese Nluft hinüber, sie könnte nur vom Schaffen eines irritablen Künstlers gezimmert werden, eines Malers, der möglichst unmittelbar die Reflexe der Wirklichkeit wiedergibt. Es verschlägt dabei nicht, daß eine Fülle geistiger, seelischer, sensitiver Malerei heute be steht. Sie ist kein Einwand gegen das, was ich sagen will. Kann doch die bildende Kunst gar nie so rein geistig, so ausschließlich seelisch, sensitiv, so uugymnastisch werden, wie es alle anderen Künste ihrem Wesen nach von vornherein sind. , Auch was in der Musik gymnastisches Element ist,, die Kehlkopf- und Fingerübungen der Virtuosen, die mit diesen Körperteilen wirken, darf mir nicht entgcgcngehalten wer den. Hier, — und auch vor allem natürlich beim Schau- ipic.cr, — ist sas gymnastische Element sekundär, lediglich her reproduzierenden Kunst. Tie innere Musik cinc? Ilrtumen, der zugleich musikalisch-schöpierischer Künst- nur Virtuose im Sinne rein äußerlicher Routine, in oom Gymnastischen stets unabhängig. Die Ton welt, die aus dem tiefsten Borne des gestaltlosen Empfindens hervorquillt, bedarf seiner so wenig, wie die körperlose Ideen welt des Dichters, des Denkers. — Nicht so die Malerei! Beethoven konnte taub werden und Musiker bleiben, Ramel aber hätte den Gebrauch seiner Hände oder gar sein Augen licht nicht verlieren können, ohne aufhören zu müssen, Maler zu sein. — Eines der augenfälligsten Kennzeichen nun, das gerade die moderne bildende Kunst von der früheren unterscheidet, ist eben das neuerliche starke Hervortreten ihres gymnastischen Elementes. Ich greise damit keineswegs aus dem Vielerlei der unter- scheidenden Merkmale zwischen unserer neuen Kunstweise und derjenigen früherer Epochen willkürlich ein beliebiges heraus. Ich spiele auf ein Element an, das in der ganzen früheren bildenden Kunst nur sporadisch, nur auf Neben gebieten, abseits von den Hauptaufgaben der damaligen Könner auftrat, bis es endlich in unserer Malerei sieghaft durchbrach! Ueberall, wo wir heute von impressionistischer Malweise sprechen, herrscht dieses Element, das mit nichts so ausreichend charakterisiert ist, als mit dem Worte „gym nastisch." Hierauf mit ein paar Sätzen hinzuwcisen, des Näheren das zu tun, inwiefern die moderne Malwcise, nicht etwa ihren Gegenständen nach, sondern an und für sich, ganz eigentümlich sportiver, gymnastischer Natur ist, das muß unfere Aufgabe sein, ehe wir weiter gehen können. Wenn der Künstler früherer Zeiten die harmonische Aus gewogenheit der Massen, wenn er Komposition, ruhende Schönheit als Gesamteindrücke, als Charakter seines Werkes anstrebte, so sucht nun umgekeyrt der moderne Impressionist leidenschaftlich nach dem spontan erfaßten, charakteristischen Eindruck der einzelnen Dinge, den sie ihn dann am deut lichsten offenbaren, wenn sie sich im Zustande der Be wegung und in lebhafter Beleuchtung befinden. — Ein impressivnistisches Gemälde ohne diese seine beiden Hauptmerkmale hört ja sofort aus, impressionistisch zu sein. Es wird zum Gobelin, zum Relief und verlangt darum flächcnhafte Behandlung, statt plastisch-mosellierender Flecken technik, cs verlangt Stilisierung. Charakteristische Bewegun gen "und Beleuchtungen sind nun aber Faktoren, die der .Künstler malen muß. die er unmöglich abmalen kann, denn diese Phänomene, die ihn so mächtig innerlich bewegen, erlebt er jedesmal nur für einen Moment, der genau so kurz ist wie der, den der Sportsmann beim Endspurt nicht versäumen darf. Liese Plstinomene halten ihm nicht still, daß cr sic gemächlich aus dem offenen Buche der Natur ab- schreibe» könnte. Sein Auge bedars langjähriger Nebung, um sie gleichsam im Fluge zu erhaschen, und seine Hand be dars zu ihrer exakten Wiedergabe eines ganz eigentlichen Training, einer ganz anderen Uebung und Rhythmisierung, als wenn es nur gälte, einen ruhenden Gegenstand — denken wir etwa an das zurechtgestellte Modell — in irgend einer schematischen, unlcbendigcn Beleuchtung Zug um Zug zu kopieren. Was also der moderne Impressionist betreibt, ist in gewissem Sinne eine Sport: Augensport, Handsport, — eine überaus verfeinerte, vergeistigte Gymnastik, eine Tätig keit, die oon seinen Nerven Rhythmus verlangt. ES ist dies im Prinzip genau dieselbe Nyythmisicrung, welche jeder Sportzweig den für ihn in Betracht kommenden Muskel gruppen zumutet, und jeder, der Radfahren gelernt hat, weiß, was ich meine, wenn er sich daran erinnert, wie spröde sich sein Organismus zunächst gegen die neuartige motorische Au'gabc verhielt, bis dann auf einmal mit offenbarungs artiger Plötzlichkeit ein unterbewußter Sinn für die Balance da war. Nicht anders ist es auch beim Schlittschuylaufen oder bei der Aufgabe, ein Pferd zu lenken, einen hundert- pferdigcn Rennwagen zu führen, Auch die Art, wie sein Lenker etwa in einer plötzlich auf- tauchenden Kurve die Geschwindigkeit zu regulieren, wie cr zu steuern, seinen Schwerpunkt zu verlegen r>at, um ohne Aufenthalt ober Unfall herumzukommen ist — pbysioloaischer Impressionismus im wörtlichsten Sinne: entscheidende Entschlüsse müssen in Bruchteilen oon Sekunden gefaßt und ausgcsührt, willkürliche, komplizierte Bewegungen ganz be stimmter Muskelgruppen müssen „mechanisch", ganz wie un willkürliche Reflexbewegungen ausgeführt werden, mit einer unbewußten, nachtwandlerischen Sicherheit, die ganz genau dieselbe ist, wie diejenige des Malers, der drei, vier Flecke keck neben- und untereinander setzt und damit eine bestimmt bewegte und beleuchtete Gestalt, einen in bestimmter Weise vom Wind gebeugten Baum usw. schafft. — Aus dieser inneren psychologischen Verwandtschaft nun zwischen Sport und moderner bildender Kunst scheint mir die Sportillustra tion hauptsächlich hervorgegangcn zu sein. Freilich hat der neuartige Reiz des Gegenständlichen zu ihr beigetragen, aber das Gegenständliche gerade dieser Gebiete konnte oben nur oon Künstlern bewältigt werden, die in erster Linie Rhytamusmaler, impressionistische Temperamente und gleichsam nur nebenbei Milicuschilderer waren. Wieviel gymnastische Verve gleichwohl schon in einfachen Darstellungen von Typen aus sportlichem Milieu stecken kann, bezeugen uns die brillanten Arbeiten von Heile mann in den „Lustigen Blättern", bezeugt manches Blatt von Bruno Paul und Eduard T h ö n y, der auch nicht aus irgend welchen kühlen, dogmatischen Chronistenabsichten, sondern aus innerer Temperamcntsverwandtschast mit der militärisch-sportlichen Welt dazu kam, ihr die Stoffe zu seinen besten Leistungen zu entnehmen. Viel eigentlichere Sportillustration liegt aber dann vor, wenn der Künstler auf sportliche Stoffgebiete eine Schaffens- Methode anwenset, die wohl in ihren Mitteln impressio nistisch ist, im ganzen »edoch auf Spezielleres abzielt, als auf rythmisch temperamentvoll gegebene Milicuausschnitte. Diese Art Sport-Illustration will mebr die Essenz iyrer Milieus, denn sie sucht mit Vorliebe die Stoffe des Sportlebens cun, wo sich dessen Rhythmik in irgend einem atcmraubcnden Mo- mente sportiver Sensation gipfelt. Starts, Ueber- l-olungcn, Finishs auf dem grünen Rasen, auf dem Zement, auf der westrumit-gesprengtcn Landstraße sind da will kommene Probleme einer gleichsam dramatisch-pointierenden Illustration, die mit ihrer psychologischen Zeitcharakteristik der bildenden Kunst ein ganz neues Gebiet erschlossen hat. Wird doch durch sic der Volksseele, welcher Priester, Philo sophen, Künstler jahrhundertelang vom Werte der Selbster kenntnis ziemlich fruchtlos predigten, heute dort, wo sie ,S am wenigsten vermutet, ein scharfer Spiegel vorgehalten. — bei ihren Circenses. — Und, — ausgesucht der vielen Lobens, gebiete, welche die moderne Illustrationskunst beherrscht, nicht nur dort. — Ist der Spiegel auch zuweilen ein Zerr spiegel, der allen Linien einen gewissen karikaturistischen Zug gibt, — so wird der Zweck dadurch nur bester erfüllt. — Auch die Soort-Jllustration ist eben, — wie alle echt mo derne Geistcsbetätigung, durchaus positivistisch, unideolo gisch. Sie verschönert nicht, sie will nicht „verherrlichen", und gerade die etwas herbe, karikaturistische Note, wie sie ihr vor allem Feininger, dieser unvergleichliche Meister des Bizarren zu geben weiß, verleiht ihr einen hohen Wert als zeitkritisches Dokument, macht sie zu einer Fundgrube für den Kulturpsychologen der Zukunft. Bei einem anderen erstklassigen, wenn auch minder frucht baren Meister, bei Ernst Neumann, gewinnt sie dann wieder einen lapidar-pathetischen, dichterisch-heroischen Zug. Dieser Künstler, der als Illustrator bei weitem nicht so be kannt ist, wie als Graphiker und Plakatmaler, hat u. a. ein Automobil-Finish und die Ueberholung eines Eilzuges durch einen Automobil-Rennwagen geschaffen, zwei Blatter, deren Fleckenoerteilung einem raffiniert-sicherem Geschmack, einem unheimlichen Instinkte für das sensationell-sportliche Element offendarungsgleich entsprungen ist. Meiner Chronistenpflicht gegenüber der modernen Sport- Illustration gerecht zu werden, verweise ich noch auf den phantasievollen Schab erschul, besten an Jules Berne gemahnende Grotesken Glanzpunkte des illustrierten Sport witzblattes: „Das Schmauferl" bilden, wo auch der sehr be gabte Ernst Halbritter schon manches gezeigt hat, was eine gesunde Fortentwickelung dieses starken jungen Talentes verbürgt. — Die Illustration, diese interessante Kunst, die uns in den modernen Blättern, die sie pflegen, allwöchentlich geboten wird, ohne daß wir uns — aogelenkt von den witzigen lite rarischen Beigaben — immer recht Zeit nehmen, ihre künst lerischen Werte eingehend zu studieren, diese Kunst, die in Rücksicht auf die verschiedenen Vcrviel'ältigungsvcrsahrcn, auf die sie angewiesen ist, ganz neue AusdrucksmiUel er sinnen mußte, — inhaltsvollere, charakteriWchere, als die der Dclmalerei, — sie ist aus den Bedürfnissen des modernen Lebens erwachsen und sic redet von nichts anderem, als nur oon ihm. — Die Kunst keiner früheren Zeit hat sich so direkt, so aue- schließlich und jo kritisch mit dem ..tag ihrer Evochc besaßt, ja, es war bis auf die Gegenwart durchaus eine Aus- nähme, — ich erinnere an Hogartb, — wenn ein bilden der Künstler l»em literarischen, kulturps»chologischcn Hange nachgab und zum Gesellschckstskritikcr wurde. — Ein Manu wie Hogarth konnte dabei der Zeit nach, in welcher er lebte, kein rein malerischer Moralist im Sinne der heutigen sein. Er war in vielen seiner Schöp-ungen weit mehr Moral prediger, mehr Schilderer als Darsteller. Im Geaen- satze zu seiner Art entspringt die bildnerische Lebcnskritik der Modernen rein aus dem künstlerischen Temperamente. Sie ist das Werk von Leuten, die mit unserer langen Aera jung sind, die wie in einer Art von Fieber zu ihren mannig fachen Neuerschnnunaen Stellung zu nehmen suchen. DaS moderne Leben mit seinen Eilzügen, seinen Svortt, seinen
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