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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040108024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904010802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904010802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-08
- Monat1904-01
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Es hat sich dahin aus dem Elsaß verpflanzt, wo infolge der den Franzose» gelassenen Frei heit nichts Unbekanntes mehr für sie zu finden ist. * Die Kaiserin Eugenie ließ dem deutschen Kaiser für seine Beileidsbezeigung beim Ableben der Prinzessin Mathilde ihren tiefsten Dank aussprechen. * Ein Gesetzentwurf der norwegischen Regierung sieht die Anstellung von Frauen in staatlichen Aemtern vor. * Die LageinO st asien ist unverändert. politische Tagesschau. * Leipzig, 8. Januar. Bom Zollabsertiguugsdieuste. Wiederholt ist daraus hingcwiescn worden, das; das bei der Aufstellung des neuen Zolltarifes hcrvorgetretene, höchst anerkennenswerte Bestreben, den Fortschritten der Industrie und der Warentcchntk vollauf Rechnung zu trogen, nur dann zum crwü» chtcn Ziele führen könne, wenn man den Beamten des Zollabfertigungsdienstes bessere Gelegenheit als früher gebe, ihr W isse n zu vervollkommnen. Bei diesen Hinweisen wurde das Bei spiel Bayerns uud Italiens angeführt, die in dieser Hin. sicht vielmehr täten, als be vndcrs Preußen.. Neueren nfftziösev Mel turn gen zufolge soll nun diesen wiederholten Anregungen schon in nächster Zeit Folge gegeben werden. Es springt von selbst in die Augei», daß die Sache auch ihre Wichtigkeit für die Reichskasse hat. Denn wenn die AbsertigungSarbeit im Zolldicnst mit der Sicherheit vor sich geht, die sich auf wirkliche Warcnkenntnis stützt, werden nicht nur direkte, sondern auch indirekte Verluste der Reichskasse verhütet, die durch Einwendungen der Impor teure oder der Zollaufsichtsinstanzcn veranlaßt werden. Fast ebenso selbstverständlich ist es aber auch, daß cs bei der besseren Ausbildungsgelegenhcit für die Zollabsertigungs- beamten nicht bewenden darf, und daß die Aufmerksamkeit auch den Dienstverhältnissen dieser Beamten in erhöhtem Maße zngcwendet werden mutz. In den be treffenden Beamtenkreien lmt sich im Laufe der Jahre die Annahme befestigt, datz ihnen ein geringeres Matz von Wohlwollen zuteil rverde, als sie verdienten Die besseren Kräfte des Zolldienstcs haben deshalb mehrfach in anderen Zweigen des Staatsdienstes Unterkunft gesucht. Das ist nicht zum Vorteil siir den Zolldienst gewesen. Es ist daher mehrfach der Vorschlag laut geworden, die Dienst- Verhältnisse-er Zollbeamten analog denen der Post- beamten zu gestalten. Bis zn welchem Grade dies möglich sein würde, kann natürlich erst auf Grund sorg fältigster Vergleichungen entschieden werden. Französische Jäger oder Spione. Die gestern an dieser Stelle mitgetetlte Meldung der „Nat.-Ztg." aus Baden über das auffällige Ueberhand- nehmen französischer Jagdpächter in der oberbadischcn Rheinebenc ist begreiflicherweise in den größeren Teil der deutschen Presse übcrgegangcn und hat überall Auf- sehen erregt. Noch befremdender wird es wirken, daß in einer an jene Meldung anknüpfenden Zuschrift, die dem „Hann. Eour." zugcht, die Behauptung ausgestellt wird, schon Ende der achtziger Jahre sei die Beob achtung gemacht worden, die jetzt als neu bezeichnet wird. „Meines Wissens" — so fährt -er Verfasser der Zuschrift fort — „sind schon damals entsprechende Maß- regeln angeordnet, hauptsächlich solche, die eine Ver nichtung der Jagd durch rücksichtsloses Niederknallen jeder Wildart nach französischer Manier verhindern sollten. Ob auch in politischer ^militärischer) Hinsicht etwas geschehen ist, entzieht sich natürlich meiner Be- urtetlung vollständig. Daß als Jagdgäste französische Offiziere cingcladen wurden, mar bekannt, und natür lich werden diese sich den Aufenthalt auf deutschem Ge biete auch in urilitärischcr Hinsicht nutzbar gemacht haben. Ich kenne die Verhältnisse aus eigener Anschauung, denn ich war sechs Jahre im Elsaß in verschiedenen Garni sonen. Daß gerade das Ober-Elsaß von franzö- fischen Jägern — die aber zur Zeit des Paßzwanges, um diesen möglichst zu umgehen, gewöhnlich durch die Schweiz über Baden ins Elsaß kamen — so überflutet wurde, wird auf den Umstand mit zurückzuführen sein, datz im Ober-Elsaß viel Industrie betrieben wird und die Besitzer dieser Werke neben den Geschäftsbeziehungcn auch ihre Familienbeziehungen in Frankreich halben und ihre Jagdgäste deshalb dort herholcn. Ter Zweck dieses Schreibens ist nur der, darauf hinzuwcisen, datz die in dem Artikel angcdcuteten Verhältnisse also schon vor fast 20 Jahre»» im Elsaß bestanden und sich jetzt wahrschein lich weiter entwickelt nnd nach Baden hinüber aus gedehnt haben, weil es eben für die Franzosen i m Elsaß jetzt nichts Unbekanntes mehr g i b t." — Schlimm genug, -atz k5"ssst Elsaß für die Fran zosen nichts Unbekanntes mehr gibt. Soll es nun gar dahin kommen, datz unsere freundlichen Nachbarn jen seits der Vogesen sich mühelos die genane Kenntnis der Zugänge zu den strategisch wichtigen Schwarzwaldpässen und des diesen vorgelagerten Geländes bis auf die ge heimsten Waldpfade aneignen können? Der dentsch-amerikanische Rationalbnud, dessen Gründung seinerzeit vielfach nur mit spöttischem Zweifeln begrüßt wurde, hat sich in den kaum 2 Jahren seines Bestehens erfreulich entwickelt. In unserer Presse sind darüber wohl oft einzelne Notizen aufgetaucht, aber eine Vorstellung vor» dem Gesamtverlauf und heutigen Stande der Bewegung hat man bei uns doch nicht. Wir entnehme»» daher den „Mitteilungen des Allgemeinen Deutschen Schulvereins" einige Angaben, die eine solche Vorstellung geben. Den Grund zum Nationalbund legte der deutsch-amerikanische Zentralbuud von Pennsylvanien, der allein schon wett über 1000 Lokalvereine als Mitglieder zählt, die sich 1809 zu einem Staatsverban- einigten. Ten Dcutsch-Pennsylvaniern folgten die Deutsckxn anderer Staaten, sodaß am 6. Oktober 1901 schon eine Reihe von Staatszentralverbänden ihre Vertreter nach Philadelphia entsende»» konnten, »vo diese den Nationalbund gründeten. Als der Bund im September vergangene»» Jahres sein 2. Stiftungsfest in Baltimore feierte, gehörten ihm bereits 15 Zentralverbände 15 verschiedener Staaten an. Seit dem aber schlossen sich bereits wieder neue Mitglieder an. So schreibt die „Deutsche Zeitung" von New Orleans, daß sich die dortige „Deutsche Gesellschaft" nun ebenfalls als erster deutscher Verein des Staates New Orleans dem Nationalbund angeschloffen hat. Auch aus Milwaukee wird berichtet, daß ein Ausschuß des dortigen deutschen Lebrervercins und des Deutschen Pretzklulbs den Anschluß dieser beiden Körperschaften an den Nationalbund be- schloffen hat. Ferner ist in Texas jetzt eine Bewegung an geregt worden, die de»» Anschluß auch der dortiger» Deut schen zum Ziel hat. „Der Bund", so schreibt die „Deutsche Zeitung für Texas", „erstrebt genau das, was auch wir Deutschen in Texas als unsere schönster» Ziele betrachten: Erhaltung der deutschen Sprache und Pflege deutscher Sitten und Gebräuche im Schoße der Familie und in Ber- einskreisen, deutschen Schulunterricht, deutsche Kinder gärten, Turncrei in den Volksschulen, deutsch-amerika nische Geschichtsforschung, Förderung der deutschen Presse, Unterstützung der deutschen Bühne, Regelung der Einwan derung in liberalem Sinn, Kampf gegen die nativistische Auslegung der Naturalisationsgesetze, persönliche Freiheit im Gegensatz zu den heuchlerischen Prohibitionisten." Es ist zu hoffen, -aß bei der nächsten Tagung des National bundes auch die Deutschen von Texas vertreten sein wer den. Gegenüber einem so erfreulichen Wachstum des Nationalbundes sollte doch wohl der fruchtlose Zweifel verstummen und lieber der Hoffnung Raum machen, daß hier in der Tat dem nordamerikanischen Deutschtum eine Organisation auf nationaler Grundlage entstanden ist, die gar wohl treuem Wollen die Möglichkeit zu erfolgreicher Arbeit für Erhaltung des deutschen Elementes in der Union bieten könnte. Rußland und Japan. Ueber die Lage in Ostasien, die beute nicht klarer geworden ist als sie gestern war, sind folgende neue Meldungen ein gegangen : * Tokio, 7. Januar. (Reuter.) Der Minister des Auswärtigen, Baron Koinura, und der russische Gesandte, Baron v. Rosen, hatten gestern nachmittag in der russischen Gesandtschaft eine Besprechung, da Baron v. Rosen noch unwohl ist. Die Antwort Rußlands auf die japanische Note wird geheim gehalten. Heute wurde eine Sitzung abgehalten, an der der Ministerpräsident, die Minister des Auswärtigen, des Krieges und der Marine und hervorragende Persönlichkeiten teilnahmen. Morgen ist voraus sichtlich eine Sitzung der alten Staatsmänner. In bestunter richteten Kreisen herrscht der Eindruck vor, daß die Antwort Rußlands unbefriedigend sei. — An der gestrigen Börse erholten sich die Kurse etwas, gaben aber an der heutigen wieder nach. — In der Bevölkerung ist die Stimmung sehr unruhig. * Shanghai, 7. Januar. Admiral Bridge schob die heute beabsichtigte Abreise nach Hongkong wegen der unsicheren politischen Lage im äußersten Osten auf. * Washington, 7. Januar. (Reuter.) Das Staatsdepartement erklärt, die amerikanischen Interessen in Korea seien viel leicht bedeutungsvoller als die irgend einer anderen Nation. Der Entschluß, Seesoldaten eilig nach der koreanischen Hauptstadt zu senden, sei aus demWunsche bervorgegangen, nicht nur die Gesandtschaft zu schützen, sondern auch die elektrische Bahn in Tschcmulpo und die elektrischen Lichtwerkr, bei denen Amerikaner in hohem Maße interessiert seien. * Petersburg, 7. Januar. (R. H. T. B.) Laut Angaben des Generalstabes der Marine befanden sich gestern an russische» Kriegsschiffen in Port Arthur: 7 Panzerschiffe, 7 Kreuzer, 3 Kanonenboote, 3 Transportschiffe und 2 Minrnkreuzer. Am Kwantunufer kreuzen 12 Minenboote, der Kreuzer „Sabijaka" und Kanonenboot „Korejrz". In Shanghai befinden sich Kreuzer „Dschigit" und das Kanonenbot „Mandschur"; iu Niutschwang das Kanonenboot „Ssiwutsch" und in Tschrmulpo das Kanonen boot „Giljak"; unterwegs aus Port Arthur nach Tschrmulpo der Kreuzer „Bojarin". Unterwegs nach Mosampo aus Port Arthur ist der Kreuzer „RaSboinik". In Wladiwostok sind 4 Kreuzer stationiert und zwar „Rossija", „Rjurik", „Gromoboj" und „Bogatyr", das Transportschiff „Lena" ist unterwegs. Im stillen Ocean befindet sich das Panzerschiff „Oßljaüja" und 11 Minenbovte, nämlich „Bjedowyj", „Brawyj", „Besupretschnyj", „Blestjaschtschyj", „Bystryj", „Buinyj", „Bodryj" und die Nr. 212, 213, 221, 222, sowie die Kreuzer „Dmitryj", „Donskoy" und „Aurora". * Port Satt», 7. Januar. Der britische Kreuzer „Dkaua" hat Befehl erhalten, hier wettere Instruktionen abzuwarte». Da» österreichisch.ungarische Krieasschiff „Kaiserin Elisabeth" ist hier eingetroffen. * Rom, 7. Januar. Wie das „Giornale d'Jtalia" cm» Neapel meldet, wird die Ausrüstung des Kreuzers „Marco Polo", welcher zur Verstärkung des Geschwaders im äußerste» Oste» ab gehen soll, beschleunigt. Auf dem „Marco Polo" wird sich Admiral Telibero, welcher das Geschwader befehligen wird, rinschiffeu. * Santiago Ve Chile» 7. Januar. Ter AdmiralttätSrat em pfiehlt der Regierung den Verkauf deS Linienschiffes „Prat", des kleinen Kreuzers „Ehacabuco", von neuuTorpedoboot zerstörern und zwei Transportschiffe». Ma» glaubt, Pie Schiffe sollen durch einen übereinstimmenden Typ ersetzt werd«. Die Regierung hat dem Kongreß eine Botschaft gesandt, i» der die Ermächtigung zum Verkaufe der Schiffe verlangt wird. * Genua, 7. Januar. Die an Japan verkaufte» beiden argentinischen Kreuzer sind heute nachmittag von argentinischen Beamten den japanischen Offizieren übergeben worden. Sie erhielte» die Namen „Kasuga" und „Nissin" und gehen wahrscheinlich morgen vormittag in See. Deutsches Reich. * Berlin, 8. Januar. * Der Kaiser traf gestern nachmittag kurz nach 8 Uhr zu Wagen und allein vor dem Mausoleum in Charlottenburg ein, wo er vom Geh. Rat Mießner erwartet wurde. Der Kaiser legte — am TobeStage der Kaiserin Augusta — einen Kran» an der Gnckt nieder und verweilte kurze Zeit im Mausoleum. — Auf die NeujahrSadresse der Stadtverordneten-Bersammluug ist vom Kaiser folgendes Antwortschreiben eingegangen: ,Jch danke den Stadtverordneten bestens für die freundliche» Glückwünsche, welche dieselben als erwählt« Vertreter der Berliner Bürgerschaft mir anläßlich des Jahreswechsels und meiner Genesung gewidmet haben. In der Adresse bi» ich gern dem Ausdruck der Freude über die Berschäueraug Fairilleton. Wrmryer L SM. Lj Roman von M. Prigge-Brook. v-rbotkn. Axm in Arm wandelten die Zwei durch die jetzt menschenleeren Pfade, Erna im überströmenden Glücks gefühl, der Mann an ihrer Seite still. Sie hatten -as Ende deS Tiergartens erreicht und kamen in die Beudler- straße. „Dort an der Brücke scheiden sich unsere Wege", sagte Erna plötzlich. „Ich möchte nicht, datz uns jeinand sieht, eS würde meine Eltern betrüben, erführen sie die Nachricht uüserer Verlobung durch andere zuerst. Nicht wahr, Hugo, du schreibst morgen und hältst um deine Erna an. Die Eltern kommen dann sofort, beide." Er fühlt, wie sein Herzschlag aussetzt in sinnloser Angst. Unwillkürlich legt er seine Hand fest auf des Mädchens Arm. „Willst du mir eine Bitte gewähren, die erste", sagt er in heiserem Ton. Verwundert sagte sie zu. „So laß unser Bündnis vorerst Geheimnis bleiben", bat er, „auf kurze Zeit. Die Gründe erfährst du in weni gen Tagen, wenn ich das, was uns im Wege steht, beseitigt habe. Sprich, Erna, willst du?" „Ich muß wohl, da ich dir die Bitte schon gewährte", versetzte sie lächelnd. „Aber ich gestehe dir, datz ich cs sehr ungern tue. Wenn uns ein Hin-erungsgrund den Weg versperrt, so wäre es deine Pflicht, mir ihn zu sagen, ich verliere d'rum doch nicht das Vertrauen zu dir. Aber wie du willst." Sie sprach traurig, und ihm tat es weh, -atz er nicht nachgeben konnte, aber er sand den Mut nicht dazu. Sanft berührten seine Lipen ihre weitze Stirn. „Hab' Dank, Liebchen, und ängstige dich nicht! Es ist nicht der Mühe wert. In drei bis vier Tagen schreiben wir zusammen den Eltern, bis dahin schweigt mein Mäd chen mir zu Liebe." „Und wann seh' ich dich morgen?" „Du gehst zur Secberg?" Auf ihre bejahende Antwort erwiderte er, daß er sie mn die fünfte Stunde dort abholen werde. Bis dahin würde er sich gedulden müssen. Unweit der Brücke blieb sie stehen. „Gute Nacht für heute, Hugo." Er zog sie an sich, unbekümmert um etwaige Passanten. „Gute Nacht, du mein Glück, mein Lieb, mein Alles." Ein heitzer Kutz brannte auf ihren Lippen, und bräutliches Glück im Herzen, eilte sie ihrer Wohnung zu, während er, die Hölle in sich, zurückblieb. Am nahen Kirchturm schlug die Uhr. Er zählte acht Schläge. So früh noch, dann war es für ihn Zeit, zu seiner Frau zu gehen, denn wollte er ein ehrlicher Mann bleiben dem geliebten Mädchen gegenüber, dann mutzte er sie heute noch sprechen. Im Sturmschritt eilte er nach Hause. Unterwegs kamen ihm seltsame Gedanken. Ohne -atz er gewollt, war er plötzlich des Mädchens Bräutigam: wer ihm das heute früh gesagt hätte ?! Wie war es nur ge kommen? Soviel er seine Gedanken auch zu ordnen suchte, er konnte sich nicht darauf besinnen, die Leidenschaft hatte ihn übermannt. Und das war gut so. Denn hätte er länger in diesem Zwiespalt gelebt, hin und her gezerrt zwisckfcn Liebe und Pflicht, er wäre zum Schurken an beiden geworden, an Elisabeth und an Erna. Der süße Name kam ihm laut von den Lippen. Er sprach ihn lang sam mehrmals vor sich hin: „Süße Erna!" Er hat die Haustür erreicht und schreitet mechanisch die Treppe hinan, die zu seiner Wohnung führt, dem öffnen den Mädchen wirst er wortlos Paletot und Hut zu und geht, ohne zu fragen, langsam bis an die Zimmertür seiner Frau. Sie ist allein. Mit einem hastigen „Guten Abend!" tritt Wemeyer ein und nimmt unweit von ihr Platz. Sie hat seinen Gruß flüchtig erwidert und sich ihrem Buch wieder zugewandt, in dem sie gelesen. Der Holzhändler mustert verstohlen das blaffe, abgehärmte Gesicht der ehe mals glücklichen Frau, ein heftiger Schmerz durchbebt da bei sein Herz. Daß er es sein mutz, der den furchtbaren Schlag führen wird gegen die Ahnu-ngslose, das will ihm gar nicht in -en Sinn. Es bedarf seiner ganzen großen Liebe zu Erna, datz er beginnt. Aber cS mutz sein, er ist cs ihr schuldig. Ein paar Fragen, die er tut, um nur etwas zu sagen, werden ebenso erwidert. Elisabeth will jedoch nicht un freundlich sein und fragt nach einen» Blick auf die Uhr: „Bleibst du heuje abend hier? Es ist nur, -atz ich der Köchin Ordre gebe." Sie ist im Begriff, aufzustehen, da hält,seine heiser klingende Stimme sie zurück. „Nein, bleib, Elisabeth, ich habe mit dir zu reden." Sie weiß mit einem Mal, nun steht es vor ihr, das Schicksal, das sie kommen sah, vor -cm ihr bangte, und das -och abzuwendcn nicht in ihrer Macht stehen wird. Und er bringt cs ihr, seine Stimme verrät ihn. Sie Hingt ton- los, wie der Schall einer zerschlagenen Glocke, an ihrem Ohr, als er jetzt endlich zu reden beginnt: „Elisabeth, glaube mir, ich bin totunglückltch, daß ich es sein muß, der dir sagen soll, was sich nicht mehr ver schweigen läßt. Denn schwiege ich länger, so würde ich zum Schuldigen an einem Wesen, das mir über alles teuer geworden ist! Um dieses Wesens willen, das ich liebe aus aller Kraft, mit meinem ganzen Herzen, stehe ich vor dir und bitte dich, bitte dich, so heiß ich bitten kann: Gib mich frei, Elisabeth, ich kann nicht länger dein Gatte sein." Sie sah ihn an mit Augen, die der Schmerz verstetnt hatte. „Ich verstehe dich nicht, Hugo", sagte sie tonlos. Es ist dunkel im Zimmer, sic hat die Lampe mit plötz licher Bewegung weit von sich abgerückt, so kann sie auch sein Gesicht nicht sehen, das er ihr abwendet. Um so be gieriger nimmt ihr Ohr seine Worte auf. Er spricht von Erna, die er lieben mutz, seinem eigenen Willen zum Trotz. Wie eine Krankheit hat die Liebe ihn erfaßt, ist in sein Herz gedrungen, bis nichts mehr Raum darin hat, nicht sie, nickt Rudolf, nicht sein Hab und Gut, einzig und allein das Mä-ck^n! Als sie keine Silbe antwortet, schweigt er, nun schon mutloser. Er hat sich den Kampf leichter gedacht. Müh sam rafft sie sich auf, ihm zu sagen: „Sprich rveiter und laß mich alles wissen." Er seufzt. „Daß ich dir die Qual ersparen könnte, Elisabeth! Aber cs kann, es darf nicht sein! Ich Uetz mich htnreitzcn, dein unschuldigen Mädchen meine Liebe zu gestehen, sie bat sic erwidert, und nun kann ich nicht mehr zurück als ehrlicher Mann. Das mutzt du einsehen." „Mutz ich das?" fragte sie schneidend. „Wäre es nicht eher an ihr, mein älteres Recht zu respektieren? Ueber das sclmmlose Geschöpf —" „Elisabeth!" Seine Stimme hallte. „Schelte mich, sie aber laß aus dem Spiel. Ich habe gelitten un- gekämpft, doch vergebens, die Liebe ist stärker, ich lasse sie nicht, seit ich erfahren, wie sehr sie mich liebt." Hätten sich Erde und Himmel aufgetan, -en zu ver schlingen, der diese frevlen Worte sprach, Elisabeth hätte nicht fassungsloser sein können. Die Augen unnatürlich geöffnet, sah sie entsetzt auf ihren Mann, -er ihr so hart, so erbarmungslos weh tat, sah ihn an, wie einen Wahn witzigen, dessen Tun man nicht mehr versteht. ES ängstigte ihn mehr als alles, Latz sic sich ihm plötzlich zuwendet und mit einer Stimme, die milde klingt, ihn fragte, als habe sie das Vorhcrgegangene nicht gehört: ,-Was sagtest -u, mein armer Mann?" Er antwortete nicht) er »nutzte ihr zürnen. Warum nur machte sie ihm seine Aufgabe so schwer? Sieht sie denn gar nicht ein, -atz er nicht anders konnte? „Ich sage, daß du mich freigcben sollst, weil ich eine andere liÄe", er widerte er schroff. Da fuhr sie auf, als werde ihr jetzt erst di« Tragweite seiner Worte klar. „Un- das wagst du mir ins Gesicht zu sagen, mir, deiner dir vor Gott angetranten Frau, der Mutter deines Sohnes? Und du denkst, daß ich dich lassen soll? Wer bin ich denn, daß du eS wagst, mir daS an zusinnen? Habe ich dir in den sechsundzwanzig Jahren unserer Ehe einmal Grund gegeben, mich gering zu achten? Habe ich dir nicht in jeder Hinsicht zur Liebe ge lebt? Wir teilten alles miteinander, Unglück un- Glück, die guten wie die bösen Tage, und nie war mir etwas zu viel für dich. Mein Leben, Leib und Seele, alles gehörte dir vom ersten Tage -er Ehe an bis auf -en heutigen, glaubst du, datz man fo etwas vergitzt? Ich bin längst ein- geworden mit dir, und das soll nun mit einem Male anders werden, nur weil du dir einbikdest, «in junges hübsches Geschöpf passe besser zu dir als -ein« arE alte Krau, die mit dir zusammen alt geworden ift in Treue und Redlichkeit? Ach, bilde dir das nur nicht ein, mein lieber Mann, auch du kannst nicht vergesftn, so wenig wie ich. ES mag ja sein, -aß -u dir letzt so etwas ein geredet hast, du bist nun einmal eine impulsive Ratur und lmst ein Mädchen gesehen, da- -ein« Sinne erregte. Ich will dir auch gern glauben, -atz sie all« Tugenden besitzt und ein in jeder Hinsicht hervorragende» G«schöpf ift. Deshalb hast -u aber noch lange kein Recht, mich unglück lich zu macken, mich, -er du kein andere» Unrecht nach, sagen kannst, als datz ich dich nur zu sehr geliebt habe. In -er feinen Welt, der du gern angehörtest, mag eS ja Vorkommen, -aß Mann und Frau auseinaüdcrgehen, so? bald es den» einen oder dein anderen nicht mvhr patzt, bei uns ist eS Gottlob noch anders! Dein Leid um da» Mädchen wird vergehen, was aber nicht vergeht, ist metue Treue, die bleibt dir selbst gegen dein«» Will««."
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