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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040126018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904012601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904012601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-26
- Monat1904-01
- Jahr1904
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Anzrigen-PretS die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem tzirdoltionsslrich l4gespalten) 7b vor den Familieanach- richten (v gespalten) bö Tabellarischer und Zcfferniatz entsprechend Hüber. — Gebühren siir Nachweisungen und Lssrrtrnannahm« 2L Eptta-V,Nagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, obne Posidesvrdrrung ^tl LO-. mit Poslbesürdrrung 70.—. Annahmeschluß kür Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag« li) Uhr. Morgen-Autgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet« au di« Expedition zu richten. Li, Elpedition isi wochentags nnunterbrochen geöffnet von früh 8 bis adends 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Palz in Leipzig (L)r. «ictor «linkhardt L «o^. 98. Jahrgang. Var Wichtigrie vom Lage. * DaS Note Kreuz schickt 8 transportable Kranken baracken nach Deutsch-Südwestafrika. * Der Dampfer „Darmstadt*, mit dem Marine- expeditionskorp« für Südwestafrika an Bord, pas sierte Sonnabend nachmittag« 2 Uhr 3V Min. Lluessant (an der Westspitze von Frankreich). * Der Reichstag nahm mit großer Mehrheit die von den Nationalliberalen beantragte Resolution, die An- wesenheitsgelder und freie Fahrt auf den Eisen bahnen für die Rrichstagsabgeordneten fordert, an. * Dem preußischen Abgeordnetenhause ist der Ent- Wurf eines Au-führung«gesetze« zu dem Reich-gesetzt betreffs der Bekämpfung gemeingefährlicher Krank heiten vom 30. Juni 1900 zugegangen. * Norwegische Blätter sprechen in enthusiastischen Artikeln Kaiser Wilhelm innigen Dank für die den Aalesunder Notleidenden gewährte Hülse aus. Franzö sisch« Blätter fordern, daß Frankreich nicht zurückbleibe. politischer farchingstteiben in üertmeich. Wie«, 23. Januar. Sine ber tollsten Blüten deS heurigen Katschings- humorS hat kürzlich der Narrenabend des „Gchubert- bundes" zur Entfaltung gebracht: „Die Gründung des Kaiserreiches der Sahara" durch Schackerl I. (JacqueS Lebaudy) „auf absolutistisch - konstitutionell - republi kanischer Grundlage". Artikel 4 und b der Staatsgrund gesetze dieses Narrenreiches, zu dem der bekannte Millionär die Idee liefern mußte, lauten: „Die Staats und Amtssprache wird allwöchentlich entsprechend den nationalen Postulaten abgeändert. Wer am meisten schreit, kommt am öftesten daran. Eine Armeesprache halten Wir für überflüssig." Dem Wiener Humor fehlt, wie man sieht, nicht mehr viel zum Galgenhumor. Anders kann man es wohl kaum nennen, wenn die politisierende Faschingslaune sich in einer närrischen Staatengründnna austobt, deren karikierte Züge nur zu deutlich das wirkliche Elend eine- zerrütteten Vaterlandes erkennen lassen. „Wien tanzt auf einem Vulkan", sagte man schon vor Jahren. Aber da der Vulkan nur immer fortraucht, hat man sich auch an die gelegentlichen Erd beben gewöhnt und verlacht die Propheten, die vor einer Katastrophe warnen. „Allweil lusti, fesch und munter, denn der Weaner geht net unter." Gewiß brauchen weder Wien noch Oesterreich vor plötzlichen Nrnwälzungcn zu bangen. So uralte Monarchien haben ganz unglaublich zähe Lebenskräfte und können etwaigen voreilig lachenden Erben noch ganz unangenehme Ueber- raschungen bereiten. Aber ein wirkliches Leben kann man dieses mühselige Fortschlcppen des Daseins von einer Irrst zur anderen kaum mehr nennen, und mancher gute Oesterretchcr würde im Stillen ein Ende mit Vie angesebenm cagttreinmg Leipzigs eine» äer an Lert umfangreichsten unä rrichdaltigsten Organe ganz Sachsens ist nach äer amtlichen Feststellung im Kaisers. Hauptzettungsantt äas ----------- Leipriger Lagedlatt ----------- 6s ist äie einzigste Leitung Leipzigs, äie tÄgliÄtz Ltzväi Mal erscheint. Vas „Leipziger Tageblatt" bietet mit seinen ftervorragenäen Mitarbeitern unä wegen äer 2u- verlL»»1gkeit unä Schnelligkeit seiner Lerichterstattung äem Leser mekr als irgenri ein ancleres Klatt Sachsens. Cs Kat sich von jeder äurch einen vvrnebMckN LvN vor anäeren Organen ausgezeichnet. Cin wahrhaft gediegenes ?ckuitte1on, wie es kein anäeres sächsisches Statt besitzt, zeichnet äas „Leipziger Lageblatt" aus. Cin guter kornan ist in äen Sugen äes geschmackvollen Lesers äer Mabstab kür äie Güte eines Slattes. Vas „Leipziger Lageblatt" Kat kein« Opfer gescheut, »ein« Leser in äierem Punkt» völlig zufrieclenzustellen. Demnächst wirä u. a. Wilhelm Jensens k-man „Lamms Carlen" zum Kbäruck gelangen, ein ganr hrrvorrageniter vverh, äas äen Suf äes ausgezeichneten Schriftstellers von neuem glänzend rechtfertigen roirä. Das „Leipziger Lageblatt" Kat sich äen äes Roman» gesichert Das „Leipziger Lageblatt" vsirä in allernächster Leit Dmvpancllongen erfahren, äie äer Sequemlichkeit unä äem Dützen äer Lerer äienen sollen. Man abonniere äas kochangesekene „Leipziger Tageblatt". I Das Abonnement kostet für äie Monat« februar unä Marz nur A Mark. Vie kxpetMion 4er Leipriger Lageblaner «IN»,» SI»rr g»«»n 8tn»«naun, a«e Po»«- b. polz. qutttung di» EnU« «>«» o»»!-«»«» von «lei- oni.i-s-icdn.t.n k,p«a>«ton ,o«»»»n<tl. (aeW^MAaWW^sWWWAWWWWasWraWWsWtaSWMsWWsWWWW^WWWWWsWW Schrecken noch lieber sehen, als diesen Schrecken ohne Ende. Der trostlose Pessimismus, den die Neusahrsbetrach- tungen aller Blätter atmeten, hat auch durch das wie immer rosenrot gefärbte ExposS des Grafen Golu- chowski nicht verscheucht werden können. Natürlich: was nützt der Weltfrtede denen, die im schleichenden Bürgerkriege einander zu Tode würgen? Unsere doppelte Staatskrise, die dualistische österreichisch magyarische und die deutsch-tschechische AuSgleichsfrage, hat die Permanenz eines Zehrfiebers angenommen. Eine wirkliche Krise bringt dem Kranken Tod oder Genesung; wir haben nur kritische Zustände, die alle Tatkraft und alle Hoffnung lähmen. Ihre gefährlichsten Merkmale sind gegenwärtig: in Oesterreich eine reißend fort- schreitende Slawisierung unter der Herrschaft des 8 14, in Ungarn da- deutliche Wieder erwachen derObstruktion, diesmal unter kleri kaler Flagge. Gemeinsam sind beiden Hälften der Monarchie die unabsehbaren Gefahren, die durch ein Scheitern oder auch nur Stocken des Ausgleichswerkes den beiden wichtigsten LebenSbedingungen drohen: dem Abschlüsse -er Handelsverträge und der Kriegsbereitschaft unseres Heeres. WaS nützen uns die Beteuerungen, daß uns der unerschütterte Dreibund den Frieden ver bürge. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wenn cs wahr ist, daß nur stete Kriegsbereitschaft aller Friedens hüter Europas Fluren schützt, dann sind wir es, die in Prag und Pest das Friedenswerk der Diplomatie un- ausgesetzt durchkreuzen und bedrohen. Wünscht man ctiva eine solche äußere „Ablenkung"? Für die Beurteilung der Möglichkeiten, denen die Deutschen Oesterreichs entgegenschen und vorzubeugen suchen, ist nichts kennzeichnender, als der Antrag dcS Delegierten Dr. Derschatta, die Delegation möge die RechtSüberzeugung auSsprcchen, daß die Anord- nungen über die innere Organisation der Armee ein -em Monarchen ausschließlich zustchendeS persönliches Herrscherrecht sind. Die Deutschen sind sich voll bewußt, daß sie dem Monarchen mit dem Versuche, die Armee dem Markte der Parteien zu entziehen, einen Blanko- wechsel anbieten, -er nur mit slawischen Lettern aus gefüllt zu werden braucht, um vielleicht das Schicksal des Deutschtums im Heere und damit im Staate zu be siegeln. Im Vertrauen, daß Treue mit Treue gelohnt werden wird, wollen sie auch noch dieses nicht ungefährliche Opfer an Bolk-rechten auf den Altar des Vaterlandes legen. Ob es angenommen wer den wird? Die Deutschen haben ja leider nichts mehr zu verschenken, waS ihnen nicht viel billiger und einfacher genommen werden könnte, ohne An spruch auf Gegenleistung. KoerberS Regierung weiß zu gut, waS das Deutschtum noch ohne Murren zu er tragen fähig ist. Die Klagen über die fortgesetzte Ber- tschechung des Richterstandes, die Im administrativen Wege ganz geräuschlos erfolgt, mehren sich aus Deutsch böhmen in erschreckender Häufung; in Galizien hat die autonome Herrschaft der Dchlachta soeben die deutsche Sprache «l- innere Amtssprache bei den Staatsanwalt schaften mit einem Federstriche beseitigt. Und schon ver raten tschechische Blätter, baß der erste Schritt der natür lich ganz aussichtslos erneuerten beutsch-tschechischen Ber- ständigungSkonferenz die Errichtung der tschechischen Uni versität in Brünn sein werbe, mit einer deutschen Univer sität in Dingsda alS — „Aequivalent". Und während die Regierung keine andere Sorge kennt, als den deutschen Besitzstand Stück für Stück den Slawen al- „Friedens preis" auszuliefern, während die Deutschen die Hand küssen, die sie schlägt, und sich mit ihrem Leibe gegen Ungarn für die Dynastie in die Bresche stellen, von dec sie nach einem allfälligen Thronwechsel ja doch im Stich gelassen werden, haben die „patriotischen" Klerikalen keine größere Sorge, als — — gegen da- Vetorecht Oesterreichs bei der Papstwahl zu protestieren. Das Narrenrcich der Sahara ist ein Jdealstaat gegen diesen österreichischen Fasching mitten im Leben! In Ungarn hat der Mummenschanz der Parteien, die in wechselnden Rollen alle auf dasselbe Ziel: „Los- reißung Ungarns" hinarbeiten, augenblicklich wieder ernstere Formen angenommen. Die klerikale Partei, die unter Führung des Grasen Zichy und anderer Magnaten stehende „Vvkkspartei", glaubt ihre Zeit schon gekommen, den alternden Liberalismus in der Führung deS nationalchauvintstischcn Banners abzulöscn. Und wieder treibt der Jesuitenzögling Graf Apponyi, jener ge riebene Politiker, der anscheinend ganz charakterlos zwischen -en Parteien hin- und hcrpendelt, sein be rüchtigtes Doppelspiel. In dem Augenblicke, da die Ob struktion als gänzlich zwecklos zusammenzubrcchcn droht, da ja von Oesterreich erpreßt wurde, was zu erpressen war, bittet und beschwürt Apponyi die Obstrukttonisten, ihren Widerstand einzustellen und ihre Kräfte für den baldigen großen Schlag gegen Oesterreich aufzusparen. Der Schlaue erreicht, was er will: die Obstruktion lebt wieder aus, neu entfacht von gefährlicheren Leuten als Ugron, der ja demnächst ins Kriminal wird wandern müssen. Getragen vom ungarischen Katholizismus und der ganzen Macht Noms, ist ihr Ziel aber jetzt nicht mehr das Scharfmachcn der Regierung gegen Oesterreich, sondern das Ministerium selbst, der Kalviner Tisza und der Liberalismus. Jetzt nrag Graf TiSza eS wagen, das Parlament aufzulösen und im Lx lex-Zustande die Neu- Feuilleton. Orientalische Schwanke. Von Roda Roda.*) Nachdruck verboten. I. Die Meffela. Hur Zeit de« Khalifen Harun-al-Raschid lebte — so schreiben die gelehrten Bücher — zu Bagdad ein junger Mann namens Muhammed ibni Jdri«, bin AbbaS, bin Osman, bin Schaft aus dem Geschlechte der Abd-el-Menaf, den man später kurzweg Jmam'i Schaft nannte. Dieser Jmam'i Schaft war ein Hörer de« berühmten Mufti Mu«lim und hatte von seinem greisen Meister gelernt, die Wissen schaft Uber alles Gut der Erde zu stellen. Eine- Tage« wollte Jmam'i Schaft baden, doch der Bade wärter verwehrte ihm den Eintritt in daS Wasser, wenn er nicht zuvor einen Larin bezahle. Jmam'i Schaft suchte in allen Falten de« Gürtel«, da er aber ein sehr fleißiger Schüler war, fand er nicht einmal einen Dinar-bisti, geschweige denn einen Larin vor. — Allein er geriet darum nicht in Verlegenheit. „Weißt du wa«", sagte er dem Dadewärter, „ich gebe dir statt de« Larin« eine Meffela — Deutung des Glauben- — die mehr wert ist, al« eine Kamerllast von Edelsteinen." Damit zog er ein Beintäfelchen mit der Meffela bervor. Der Badewärter sab den seltsamen Gast zuerst starr an, dann begann er vor Vergnügen auf einem Bein zu tanzen und gröhite so laut, daß alle Leute au« dem Wasser herbei- liefen und ihn fragten, wa« eS gebe, damit auch sie mitlachen konnten. Jmam'i Schaft erzählte mit ernster Miene von seinem Vorschlag und bald tanzten alle Zuhörer, jeder au^ einem Bein, nm ihn herum und beulten und krümmten sich vor Lachen: „Für eine Meffela will er baden! Für eine Deutung dr« Glauben« will er baden!" *) Dies« Nachdichtung orientalischer Stoss« au« der Feder Roda Roda« dürft« aerad« in dies«« Tagen besonder« interessieren, nachdem de« Autor« Schauspiel „Lana Petrowitsch" am Sonn- tag Abend im ..Leipziger Schauspielhaus«" eineu bemerkenswerten Erfolg «rzielt hat. Jmam'i Schaft, der ihre Heiterkeit nicht begriff, kehrte mißmutig heim und sagte seinem Meister: „Mufti, du lehrst uns immer, eine Meffela sei wertvoller als die Schätze Pcr- sienS — und heute wollte mich ein Badewärter nicht für eine Meffela baden lassen!" Der weise Mufti Muslim ibni Halida zog von seinem Finger einen Ring, den ihm der Khaltf selber geschenkt hatte, übergab ibn dem Schüler und sprach: „Geh' ,n den Barar, wo die Schuhmacher arbeiten, und biete ihnen diesen Ring zum Kaufe an." Jmam'i Schaft, der wieder nicht verstand, gina gehorsam zu den Schuhmachern und hielt den Ring de« Khalifen feil. Die Schuster sahen flüchtig von ihrem Tagewerke auf, schüttel ten die Köpfe oder trugen lächerlich kleine Preise an. „WaS ich dir für den Ring zahlen will?" sagte Einer. „Drei Dinar-bisti zum höchsten und werde auch da« bald bereuen". „Tu'S nicht", riet dem Ersten ein Zweiter, „e« ist Glaö und Messing. Zwei Dinar-bisti sind schon zuviel!" „Wa« fällt euch ein", sprach ein Dritter, „für zwei Dinar-bisti bekommt man ein ganzes GlaSfenster und eine armdicke Messingstange. — Gebt ihm nicht«, und jagt ihn mit seinem Ring zum Teufel!" Jmam'i Schaft wunderte sich über dir Verblendung der Schuster und ging nach Hause, um seinem Meister Alle« getreulich zu berichten. Ehe er noch recht fertig war, trat ein reicher Kaufherr ein, der sich wie verzweifelt geberdete. „Oh, GotteSgelebrier," rief der Kaufherr den Mufti an, „ich habe vor einem Jahre gelobt, einen Widder mit neun Svannen großen Hörnern zu opfern, wenn mir Allah einen Sohn bescherte. Vor wenigen Stunden erhielt ich die Nachricht, dafl meine Frau eine« Sohne« genesen sei, und lief nun den Markt ab, um einen solchen Widder zu finden. Vergeblich! Ich sand keinen, dessen Hörner mehr al- eine Spanne mäßen. Gieb mir eine Meffela, o Herr, damit ich durch deine Deutung de- Glauben« dem Zorne Allah« entgehe und mein Kind behalte!" Der Mufti strich gedankenvoll seinen weißen Bart. „Du bist in einer peinlichen Lage, Kaufmann: wenn du aber tausend Larin zahlst, wird dich Jmam'i Schaft, dieser mein Schüler, durch eine Meffela daraus befreien." Al« der Kaufherr vernahm, daß doch noch eine Hülse möglich sei, atmet« er erleichtert auf, zog seinen Beutel und leerte ibn zu Jmam'i Schafts Füßen. Darauf erhielt er von dem jungen Gelebtteu die Meffela: Die Hörner de« Widder« seit» mit der Spann, de- ueugeborrura Sohnes z» messe». Der Mufti nickte zustimmend. Al» der Kaufherr totfroh gegangen war, sprach der Mufti zu Jmam'i Schaft: „Er kennst du nun den Wert der Dinge? Sie gelten nichts bei Denen, die ihrer nicht bedürfen — der Goldring nicht- bei den Schustern, die Wissenschaft nichts bei den Badewärtern. Alle- hat seinen Markt!" — II Mißglückt. Omer den Sejid, der fromme Derwisch, kehrte auf seiner Wanderschaft bei Hassan-aga Mahrun ein und wurde zum Besten bewirtet. AlS eine Woche vergangen war, sprach Hassan-aga« Weib ru ihrem Manne: „O Herr, sieh' zu, daß du den Derwisch lo« werdest — denn wisse, er ißt un« arm." „Ich kann nicht, Weib!" rief Hassan-aga schmerzlich. „Es wäre eine Sünde, dem frommen Pilger die Tür »u weisen." Al« wieder eine Woche vergangen war, sprach Hassan-aga« Weib abermals zu ihrem Manne: „O Herr, sieh' zu, daß du den Derwisch los werdest; denn wisse, wir haben nicht« Eßbare« mehr im Hause." Nun mutzte Hassan wohl oder Übel folgen. Mit demütiger Miene trat er vor Omer ben Sejid, der im Garten auf dem Rasen saß und über den Wandel der Stern« nachsann. „Ehrwürdiger Vater", sprach Hassan, „tausend Dank, daß du mein arme« Hau« mit deiner beglückenden Gegen wart gesegnet hast. Allein Allahs Wille scheint eS zu sein, daß ich die Auszeichnung jetzt Anderen gönnen muß — unser letzter Hammel, unsere letzte Dattel sind verzehrt." Der Gotte-manu nickte ernst und antwortete: „Sei e« denn! Wecke mich morgen mit dem frühesten, daß ich auf meiner heiligen Wallfahrt weiter ziehe." Am Morgen, al« die Sterne verblaßten, berührte Hassan- aga Omer ben Sejid« Schulter: „Erwache, GotteSmann, zur Wanderung, der Hahn hat schon gekrädt!" „Wie — du hast noch einen Hahn?" sprach der Derwisch und — wandte sich auf die andere Seite, um weiter zu schlaft» IN. Ter Schm«!,taps. Hussein ibn Ragib-aga, der Waldbllter von Kara-scheber, saß mit ernsten Mienen vor seiner Hütt«, rauckt« sein« Pfeife und sonnte den weißen Bart. Da nabte ihm mit demütigen Geöerde» der «lend« Gjaur Dimitar Limopoulos »ad sprach: „O, Effendi-aga, genehmige in deiner Weisheit eine Bitte: Ich hab« keinen Span Holz im Hause und der Winter nabt Laß' mich in deinem Walde ein paar Scheite roden — Gott erhalte dich uns viele hundert Jahre!" Hussein ibn Ragib-aga dachte lange, lange nach und sagte dann: „du siebst, Gjaur — ich habe keine Zeit!" Dimitar Timopoulo« schlich hinweg mit Kummer im Herren. Zu Hause klagte er dem Nachbarn sein Leid. Der Nachbar, ein erfahrener Mann und fest im Glauben, lachte dazu. „Wie magst du fröhlich sein, wenn du deinen Nächsten in solcher Not siebst?" fragte Dimitar TimopouloS gereizt. „Wie sollte ich nicht", erwiderte der Nachbar, „da du so unverständig bist, vor Hussein ibn Ragib-aga ohne Bakschisch zu erscheinen!" Dimitar nahm sich die Worte zu Gemüt« und schlief eine Nacht darüber. Am Morgen brachte seine Frau ein schöne« Lämmchen herbei, damit e« Dimitar zum Waldhüter trage. Allein der elende Gjaur fand daS Geschenk zu kostbar und meinte, ein Schmalztopf täte e« auch. Alsbald begann er da« Gefäß, einen Schuh hoch, eine Spanne weit, zu füllen. Doch schon tat eS ihm wehe, so viel schöne- Fett opfern ^u müssen, und er ging hin, stampfte nassen Lehm in deS Topfes Höhlung und strich darauf nur obenauf eine Schicht deS Schmalzes. Mit dem Geschenk unter dem Rocke kam er wieder zu Hussein ibn Ragib-aga. Mit hundert Bücklinben bat er um die Erlaubnis zur Holzung. Einer der Bücklinge war tief genug, um den Aga die Gabe erblicken zu lassen — der Aga winkte — der Schreiber schrieb den Schein und Dimitar TunopouloS trollte sich seiner Wege. Kaum war er aber aus der Ture, als der greise Würden träger von der gespendeten Speise zu kosten gedachte und so der Falschheit de« Elenden gewahr wurde. . , „Man hol, mir den Gjaur zurück ...!" befahl empört der Aga. Der Schreiber lief spornstreichs hinter dem Betrüger her und schrie ihm nach: „He — du! Dimitar Timopoulo«! Der Aga ruft dick, — dein Erlaubnisschein ist nicht ganz richtig!" „Macht nicht-', antwortete gemütlich der Schurke, .da« Schmalz ist« ja auch nicht!" und verschwand mit flinken Schritten um die Ecke nach dem Walde zu.
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