01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.02.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040203010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904020301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904020301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-03
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DeziiliS-PretS f» der Hauptexprdltion oder deren Au-gabe- stellen abgeholt: vierteljährlich ^1 3.—, bet zweimaliger täglicher Zunellang in« tzau« .ck 3.7ü. Durch die Post bezogen für Deutich- land u. Oesterreich oirrtrliährlich 4.50, für die übrigen Länder laut Zeitung-prei-llste. Rebattton «nd Expedition: JohanniSgassr 8. Fernsprecher 153 ». 222. Stttalerpedttto«ea: Al frrd tz o h n »Buchhnndlg., Universitätsstr.S (Fernspr. Nr. 4046>, L. Lösche, Katharinen« ftraßr 14 (Fernsprecher Nr 2035 u. König-- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresde«: Marieustroßr 34 (Fernsprecher Amt 1 Nr. 1713). Haupt-Filiale verli«: EarlDuncker, Herzg l.BayrHofbuchbandlg^ Lützowslrabe 1v(Frrn>precherAmlV1 Nr.4üo3.) Morgen-Ausgabe. MpMer TllMick Anzeiger. ÄmtsVsatt -es Hönigkichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales un- des Notizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Sir. 6». Mittwoch den 3. Februar 190t. AnzeigkN-PreiS die 6gespaltene Petitzcile 25 Reklamen unter dem Redaktionsflrich (4gespalten« 75 vor den Famil»ra»ach- richtrn (Vgefvaltenj bO Tabellarischer »nd Zifferniatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lsfertrnannahm« 22 Extra-Veilaze« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung >l 60.—, m i t Poslbesörderung 70.—. Annahmeschlust für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. M orgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Erpevition zn richte». Ti» Erpedition ist wochentags uunnterbrocheu grössurl von früh 8 dis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von V. Pol; in Leipzig (Inh. 4-r. R. L W. «ttnlhardt^ 98. ZahMnq. Var wichtigste vom rage. * Es verlautet, daß außer der bisher geplanten Ver stärkung im Februar noch eine Truppenscndung von 200 M an n nach Siidwestafrika gehen soll. * Daß die Negierung von der Einführung des Scherlschen SparsvstemS nicktt bloß vorläufig, sondern endgültig abgesehen habe, wird jetzt auch von der „Köln. Ztg." versichert. * DaS englische Parlament ist gestern vom König mit einer Thronrede eröffnet worden. * Der englische Premierminister valsoarist an In. fluenza erkrankt. * In Paris hat sich ein französisch-skandi navischer Verein zur Anbahnung engerer Be ziehungen -wischen beiden Völkern gebildet. * Nach der offiziösen Pariser „Agcnce HavaS* wird die russische Antwortnote, die weitgehende Zu- gcständnisse macht, am 'Sonnabend überreicht. Der Leuge im Nrakprorerr. ?. ES herrscht bei unS in Deutschland eine merk würdige Scheu davor, als Zeuge vor Gericht auszutrcten. Man versucht alles nur Mögliche, um die Ablegung eines Zeugnisses von sich abwenden zu können, und wenn man schließlich doch unter dem Eide seine Auslage erstatten muß, so windet man sich und geht mit einer Zaghaftigkeit an die Schilderung des Vorfalles, daß ost genug der Richter den Glauben gewinnt, der Zeuge halte mit der Wahrheit hinter dem Berge. Die Aussage verliert da durch an Wert. Aber cs ist nur die Scheu, nicht zuviel zu sagen, und nichts zu sagen, waS etwa durch andere Zeugen widerlegt werden könnte, denn die Strafverfol gung wegen eines Eidcedcliktes steht immer als drohendes Gespenst hinter dem Zeugen. Man muß nur im V lke hinhorchcn, wo über eine Zeugenvernehmung gesprochen wird, und man wird bestätigt finden, waS wir da eben sagten. Der Zeuge fühlt sich in seiner eignen Sicherheit bedroht. Er bezahlt schließlich lieber selbst die eiugeklagte Summe nebst allen Kosten, ehe er als Zeuge unter dem Eide aussagt. Tas ist kein Märchen. Das haben wir selbst einmal in einem Prozeße vor dem Königlick-ew Amts- gericht Leipzig erlebt. Nur nicht Zeugnis ablegen! Nur nicht schwören! Nun ist diese Zeugnis-Furcht wahrlich nicht am Platze! Heraus mit dem Wort, wenn es wahr ist! Das gilt auch hier. Offen erklären, was man von der Sache weiß, und ist die ganze Affäre vor unseren Augen bereits in Däm- mcrschein gerückt, nun so genügt eS, wegen der Länge der verstrichenen Zeit sich einen Vorbehalt zu machen, und auszusagcn, so gut man die Sache noch in der Erinnerung hat. Anders liegt cs da, wo ein Zeuge mißverstanden wird. Seine Aussage ist protokolliert. Er hat sich falsch, unzu länglich ausgcdrückt, er hat eS anders gemeint, als er es gesagt hat. Im Civilprozcß wird ihm die Aussage lang- sam und deutlich noch einmal vorgelcsen, wie sie proto kolliert worden ist. Er kann Einwendungen erheben, be richtigen, ergänzen, er kann das, selbst auf die Gefahr hin, den Richter ungeduldig zu machen, wiederholt tun, bis die Aussage so niedcrgcschrieben ist, wie er sie aufrecht er- halten will. Ganz anders im Strafprozeß. Hier, wo eS sich um Freiheit, Ehre und Vermögen des Angeklagten handelt, wo das Zeugnis zum Schuldig oder Nichtschuldig des Jnkulpaten führt, wird diese Vorsicht außer Acht ge laßen. Ter Gerlchtsschretber, oft ein im Vorbereitungs dienste befindlicher jugendlicher Referendar, der kaum die Universität verlaßen hat, nimmt nach seinem Können und Ermeßen die Aussage des Zeugen auf . . . und was man Schwarz auf Weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Was da in dem Protokoll steht, gilt. Ter Zeuge freilich, weiß gar nicht, ob ihn der Protokollant richt g verstanden hat, ob er daS, was ihm da in den Mund ge legt wird, auch wirklich gesagt hat, hat sagen wollen. Nun sagt zwar 8 273, Abs. 3 der Strafprozcßorbnung: „Kommt cs auf die Feststellung eines Vorganges in der Vauptverhandlung oder des Wortlautes einer Aussage oder einer Aeußerung an, so hat der Vorsitzende die voll ständige Niederschretbung und Verlesung anzuordnen. In dem Protokolle ist zu bemerken, daß die Verlesung ge schehen und die Genehmigung erfolgt ist, oder welche Ein wendungen erhoben sind." DaS geschieht aber eben doch nur in Ausnahmefällen. Es soll nach der Prozeßordnung gar nicht die Regel d«S Verfahrens sein. Der Gang und die Ergebnisse der Vauptverhandlung sollen im Protokoll im wcsentkichen wicdergegeben werden, und darunter fällt auch der In halt der Zeugenaussagen, den der VerichtSschrrtber der Regel nach nach seinem Gutdünken fixiert. Nun ist »war zur Beglaubigung de- Protokolls auch die nachträgliche Unterschrift de» Vorsitzenden notwendig, die aber beliebig nachgeholt werden kann und nicht sofort nach Schluß der Verhandlung erfolgen muß. Hat sich der Richter selbst Notizen über -le «»»sagen des Zeugen gcinacht oder stehen ihm diese Aussagen noch klar und fest in der Er- innerung, so kann er mit dem GerichtSfchrciber ja vc- richttgungen vornehmen, andernfalls bleibt es bei der Niederschrift im Protokoll, mag dieselbe noch so viel Irr- tümcr enthalten. Das kann verhängnisvoll werden, wie nachstehender Vorfall auS der Praxis zeigt. Ein Kauf, mann Sch. in K. wurde in einer Privatklagesache eines Fabrikanten H. in O. vor daS Schöffengericht zu Herren. Hut geladen. Es handelte sich um Schumhbriefe, in denen H. un- feine Familie aufs schwerste verleumdet wurden, Briefe, die an den Zeugen gerichtet waren. Auf Grund der Aussagen de» Zeugen wurde der Angeklagte zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Da- Protokoll wurde vom Amtsrichter zugestandenermaßen am Nachmittag dcS. selben Tages gegen S Uhr vollzogen. Der Verurteilte legte gegen das Urteil Berufung ein und die BcrufungSkammcr fand, daß der Zeuge die Unwahrheit auSgcsagt und be- scknvoren haben müße. Es kam also zunächst zu einem Kalscheidsprozeß. Der jetzt auf der Anklagebank befindliche Zeuge erfuhr zum ersten Male durch die An- klageschrift, was er als Zeuge auSgesagt habenfollte. Er stellte in Abrede, so gesagt zu haben, er sei mißverstanden worben oder habe sich undeutlich aus- gedrückt. Einige Zeugen, auf die er sich berufen hatte, verneinten auch, baß er sich anders anSgedrückt habe, konnten aber etwas Sicheres, namentlich den Wortlaut, nicht mehr bekunden. Nun traten aber der Amtsrichter und der GerichtSfchrciber auf. Sie beriefen sich auf daS Protokoll. Vergebens wandte der Angeklagte ein, eS walte ein Mißverständnis ob. Die Beamten beschworen, daß das Protokoll richtig sei, un- Sch. wurde zu zehn Mo naten Gefängnis verurteilt. Angesichts solcher Vorkommnisse versteht man eS, wenn gegenwärtig, da die Strasprozeßrefvrm in Fluß gekommen ist und gerade über das Hauptvcrfahren be raten wird, vielfach die Anforderung gestellt, daß auch im Strafprozeß die protokollierten Zeugenaussagen ver lesen werden, damit dem Zeugen, der in den meisten Fällen wider Willen in die Affäre verwickelt wird, wenigstens Gelegenheit gegeben ist, die Protokollierung seiner Aussage zu kontrollieren. Auch Schwarze, ein so vielseitiger Praktiker, meint, daß die Verlesung de» Protokolls insofern von gutem Erfolge sei, als spätere Einwendungen dadurch abgeschnitten werden können. (Komm. S. 43Z.) Wohl ist der Beweis zulässig, daß der Inhalt der Zeugenaussage im Protokoll falsch wieder gegeben ist, wird er aber nicht in der Regel mißlingen? Ter Protokollführer und der Vorsitzende werden in den mcristen Fällen ganz begreiflicher Weise für ihr Protokoll eintreten und damit wird daS Schicksal dcS Zeugen besiegelt sein. Man sagt nun, daß die Verlesung des Protokolls, soweit es die Zeugenaussagen betrifst, zu viel Zeit rauben würde, so daß der Gang der Ber- Handlung dadurch ein schleppender werden würde. Wir geben zu, daß dies namentlich bet Schüffengerichtssachen, deren an einem Vormittag ein Dutzend und mehr er- leüigt werden, verhängnisvoll sein würde. Aber die Gefahr ist wahrlich nicht so groß. Wer die Strafsachen protokolliert hat, weiß, daß auS der Zeugenaussage, sie mag noch so lang sein, eine Art Fletschextrakt hergestellt wird. Nur das für die Urteilsfällung Wesentliche kommt in das Protokoll, deßen Formular für die Zeugenaus sagen selbst einen verhältnismäßig nur geringen Raum Vorsicht. WaS da über die Vernehmung des Zeugen steht, ist diesem sehr schnell vorgelesen un- ebenso schnell wird er dazu seine Genehmigung aussprechen oder Irr tümliches, Mißverstandenes rektifizieren können. Un wenn nun wirklich in Folge dieser Verlesung die Er- ledigung der Hauptverhandlung um eine kurze Spanne Zett verzögert werden sollte, wäre daS Unglück so groß? Wir meinen, daß da- Unglück viel größer ist, wenn in Folge einer protokollarischen Feststellung, die von dem Sietroffenen nicht gebilligt wurde, die er gar nicht kennt, späterhin eine Untersuchung wegen Eidesdeliktes ein- geleitet wirb. In jenem Herrnhuter Fall sind die Voll zieher des Protokolls gewiß im guten Glauben für ihr Protokoll cingetreten und nichts liegt unS ferner, al- etwa deren Aussage im Strafprozeß anzweiseln zu wollen, aber errars kumanum est, der Verurteilte meint heute noch, daß, wenn er da», wa» im Protokoll stehe, gesagt habe, er sich falsch auSgedrückt habe. Hätte man ihm vorgchalten, was man im Protokoll vevlaubbarte, so würde er haben gegen diese Beurkundung protestieren können und er wäre heute noch ein unbescholtener Staatsbürger. Wenn man im Eivilprozeß die Aussagen der Zeugen für so wichtig hält, daß sie sogar oft recht ausführlich und umständlich protokolliert und verlesen werden, warum nicht auch im Strafprozeß, wo eS sich, wie gesagt, nicht nur um Vermögensrechte, sondern auch um Freiheit un- Ehre de» Menschen handelt? Wir vermögen in der Tat einen inneren Grund für den Unterschied nicht zu finden und geben denen Recht, welche auch im Strafprozeß eine Verlesung -er proto« kavierten Aeugenaußsag« forder». Deutsches Reich. * Berlin, 2. Februar. * Tie softaibemokratischen Aerzte Berlins — unv es gibt ibrer eine ganze Anzahl — wollen den Kampf der Kassen-, Gen offen" gegen die Mediziner nicht nnlmachen. Sie erklären im „Vorwärts": Im Interesse der Aerzte ßt die freie Arztwahl eine Not wendigkeit, weil sie allein allen Aerzten dir Möglichkeit der AuS- Übung ihre- freien Berufe- und die für die ärztliche Tätiokeit nun einmal unerläßliche Unabhängigkeit nach jeder Seite gewährleistet. Daß die frei« Arztwahl durchführbar itt und idre Durchführung im Interesse der Arbeiter liegt, geht schon au- der Tatsache hervor, daß sie bei zahirrichen und nicht den bestfundierten Kassen seit vielen Jahren besteht. — Tie hier und da laut gewordene Forderung nach Bezahlung der ärztlichen Einzelleistuug nach der gesetzlichen Minvesttaxe halten auch wir bei den Krankenkassen für undurchführbar. Ebenso wenden wir un- entlchieden gegen jede Einmischung der Behörde zu Gunsten einer der strebenden Parteien, wie gegen jede zwangS- weise Aufdrängung der freien Arztwahl gegen den Willen der Versicherten. Wir erwarten die weitere Ausbreitung der freien Arztwahl, welche den kranken Arbeiter wenigstens in diesem Punkte nahezu auf dieselbe Stufe stellt wie den Privatpatienten, lediglich von ihrem erfolgreichen Wirken und der zunehmenden Einsicht der üaßeumitgliedrr." DaS nützt ibnrn aber nicht-: Sie sind und bleiben nur geduldete „Genossen", werden womöglich mit der Titulatur „Herr" belchimpjt, baden kein Koalttionsrecht und haben den Kaßenvorstanden Gehorsam zu sein bis an ihr Lebensende. Geschieht ihnen schon recht: Warum haben sie auch bei der Arbeit ru denken! Denken ist doch keine honorige Beschäf tigung für einen zielbcwußten Sozialdemokraten. * Die Organisation der Arbeitgeber. Wie der Zentral- verband deutscher Industrieller seinen 'Mitgliedern mit teilt, wird er den nicht mehr zur Anwendung gelangten Nest derfür Crimmitschau e i n g e g a n g e n e n Ä e l d e r als Bermögcnsbcstaiid für die Zentral stelle der deutschen Arbeitgeberverbände zur Abwehr unberechtigter Angriffe der Arbeiter un- ihrer Organi? sativncn aufbcwahren. Der Zcntralverband ersucht die jenigen seiner korporativen Mitglieder, die eine geregelte Erhebung von Beiträgen anläßlich des Crimmitschauer Vorfalles in die Wege geleitet haben, damit fortzusahren; denn es werde jetzt wesentlich darauf ankvmmcn, die in Gang geratene Bewegung schnell und mit sichererHand zum Ziele zu führen. Dabei würden die korporativen Mit glieder zu erwägen haben, ob sie, tn der Aussicht, selbst einen Arbeitgeberverband bilden zu können, die Bei träge al- Vermögensstvck für diesen ansammcln wollen, oder ob sie dieselben, wenn nach ihrer Zusammensetzung und Art die Bildung eines Arbeitgeberverbandes ausge schlossen erscheint, dem VermögenSstock für die erwähnte Zentralstelle zuführen wollen. Jedenfalls ersucht der Zentralvcrband, ihm über die entsprechenden Ent schließungen baldigst Mitteilung zukommen zu laßen. * Deutsche Einwanderung in Amerika. Vom Jahre 1820 bis l!103 siirü in den Vereinigten Staaten eingewandert über 21 Millionen Menschen. Von der am 1. Juni 1000 auf 76 303 387 Menschen geschätzten Gesamt, bcvölkcrung der Vereinigten Staaten von Nordamerika waren über 10 Millionen im Auslände und etwa 25,8 Prozent dieser 10 Millionen im deutschen Reiche geboren. Nach einer Darlegung von Harry A. Fiedler im neuesten Heft der .Preußischen Jahrbücher" befan den sich unter den einwandcrnden Deulschen von jeher viele ge lernte Arbeiter, namentlich Handwerker. und wenn man die Firmenschilder in amerikanischen Städten aufmerksam liest, kann man viele dcutsckze Namen über den Türen der Bäckereien, Schlächtereien, Konditoreien und Bierbrauereien lesen. Nach dem genannten Gclvährsmann bilden die Deutschen in den Bereinigten Staaten einen höchst achtbaren, fleißigen Mittel stand. Ihre Tugenden sind Sparsamkeit und Strebsamkeit. Während sie bald nach ihrer Ankunft gcscliäfllich eng mit ihrer neuen Heimat verwachsen, zeigen sie einen Trieb, sich in ihrem sonstigen Leben für sich zu halten; teils schließen sie sich zu religiösen Organisationen zusammen, wie denn deutsche Katho liken und Lutheraner stets viel Wert auf die Pflege ihrer Mut tersprache gelegt haben, teils sind auch, gemäß der Bildungs stufe der meisten Deutsclzamerikemer, die Gesangvereine, Män nerchöre, Liederkränze usw., die Turnvereine und die Schützen vereine das Zentrum der Gesellschaft. Jedenfalls sind die Deutschen diejenige Raße, die am wenigsten zur Bildung eine- Proletariats beigetragcn hat. Sie stellen verschwindend geringe Kontingente zu der Bevölkerung der Gefängnisse und Armen häuser. Krüppel, Verbrecher, Leute, die Armcnunterstützung erhalten, sind nicht zahlreich unter ihnen. Nur in einer Hin sicht unterscheiden sie sich zu ihren Ungunstcn von den anderen Raßen: unter den Deutschen findet sich der höchste Prozentsatz an Irrsinnigen. * Kolontaler vaßnban. Der Verband deutscher Baumwollgarn-Konsumenten hat eine Eingabe an den Reichstag vorbereitet, worin dieser gemäß den Anträgen der Reichsregierung um Zustimmung zum Bau ei „er Eisenbahn nn Schutzgebiete Togo von Lome nach Palime und um Zustimmung zu einer Zin-'garankie für eine Baku in Deutlch Ostasrika vou Dar-eS-Salaam nach Mrogoro gebeten wird. Der Bo» bezweckt wohlfeileren Transport der Rohbaumwolle au» dem Innern der Kolonien nach der Küste, damit «nsere Baum- Wollindustrie auf dem Weltmarkt« konkurrenzfähig bleibt. Jetzt fließen jährlich rund 300 Millionen Mark für Baumwolle au- Deutschland »ach den vereinigten Staaten. L« wäre sehr z» wünschen, wenn der größte Teil -iejer Summ« unstrrr eigene» Volkswirtschaft «rhaürn bliebe. * Der Kaiser machte gestern nachmittag und heute morgen einen Spaziergang im Tiergarten. Heute vormittag empfing der Kaiser den Fürsten Pleß. hörte die Vortrag« de« Cbef-de-Militärkabinett« undde-Eh«f- -««Admiral- stab«» und »ahm nnlitLrische Meldung«» eatgrgra. — Dl« Erteilung eine- Sommernrlanb- von 8 oder 10 Tagen an dl« Arbeiter der M illlärwr rkstä tten in Soan- dau bei Gewäbriing drs vollen Lotnie« war vor einlger Zit von der Feldzeugmclsterei in Erwägung gezogen woiden Nachdem über die sinnnzieUe Wirkung dieirr Maßnahme Berechnnngen an- gest.llt waren, wurde von ibrer Durchführung bis aus wettere» Abstand genommen. Es kamen dabei rund id000 Arbeiter und 5000 Arbeiterinnen in Betracht und di« Kosten d«s Urlaub-würdr« etwa «in« Million Mark jährlich betragen. — Der „Reichsanzeiger" verößentllcht da- Gesed bett. Fest stellungen der Nachträge zum Reichs hau shalt, sowie für die Schutzgebiete, auf das Rechnungsjahr llXV. — Tie Landwirtschaftskammern haben bisher immer wieder verlangt, daß bi« Grundbesitzer von der Pflicht entbunden werden, für die Alter-- und Invalidenversicherung aus ländischer Arbeiter Beiträge zahlen zu müßen. Jetzt ist der brandeuburgüchen Landwirijä)aftskammer mitgetrilt worden, daß die preußische Regierung dir Grundbesitzer dieser Verpflichtung nicht entheben werde, da sie keine Prämie auf die Beschäftigung fremdläildijcher Arbeiter setzen wolle. — Einen größeren Artikel über den natlonalllberalen Sieg in Osnabrück schließt die „N. A. Zig." folgendermaßen: Der Sieg de- nationalliberalen Bauern Wamhosf ist gegen Ultra- montaniemus u nd Bunde-leiiung erfochten worden. In diesem Ge danken dürfen sich alle Liberalen de- Erfolgs freuen, durch den die Milgliederzahl der größten liberalen ReichstanSiraktion da« erste Halbbundert überschreitet. Wir hoffen, daß auf Osnabrück bald Frankfurt a. O. folgen möge. — Die Stadtverordneten von Kchöneberg-Verlin habe» in der letzten Sitzung den angelündigten Antrag an den Magiurat gerichtet, dieser möge sich den Pr ölest en an den Landtag grge» Emsuhrung des sog. Scherlschen Sparsystem- aoschlirßr». v. 8. k Köln, 1. Februar. Dir Mitteilung über die Amt«, niederlegung des Vorsitzenden de« rheinischen HauptoerrinS des Evangelischen Bundes, des Pfarrers U. Hackenberg entspringt wie von zuständiger Stelle berichtet wird, einer irrtüm lichen Auffassung. Der Boryand hat die schon vor längerer 'seit lundgegrbene Absicht des Abgeordneten 1). Hackenberg. vom Vorsitz zuruckzuireten, unter dankborfler Anerkennung seiner außrrordrnt- liä)«n Verdienste mit einstimmiger Wiederwahl beantwortet. H. 8. AuS Darmstadt wird un» geschrieben: Wie -ei den preußischen Finanzen, so äußern auch bet un» bte steigenden Einnahmen der Eisenbahnen ihre Wirkung auf den Stand unserer Landesfinanzen. Nach einer der Zweiten Kammer von der Regierung ge wordenen Mitteilung erführt das Staatsbudget eine weitere Besserung von 233 GO die in erster Linie da- raus zurückzuführen ist, daß die Regierung aus Grund der gegenwärtigen bedeutenden Mehreinnahmen der prcußt'ch-hcjsifchcn Eiyen-bahngcmeinfchast eine Brutt» ciiinalune für Hessen im Etatsjahr von 1004 in der Höhe von 12 Millionen Mark einstellen kann. (Im lausenden Etat war der Anteil Hessens auf 10 100(XX) veranschlagt.) Für 1!X)4 sah das vorliegende Budget einen Betrag von 11000 060 vor, der jetzt in den Nachträgen zum Budget um weitere 400 000 erhöht werden kann. * In Grüuwinkel Baden siegten bei der GemeinderatS- wahl die Sozialdemokraten mit 130 gegen 100 Stimmen ber Nationalliberalen und des Zentrums. ES wurden sechs Sozial demokraten in den Gemeinderat gewählt. Grünwinkel hat einen sozialdemokratischen Bürgermeister, einen sozialdemokratischen Ge- meinderat und eine jozialdemokr-Uhche Zweidrittelmehrheit im Burgerausschuß. Oesterreich - Ungarn. Vom Thronfolger. A»ti-„Lo- von «»»"-Bewegung. * Wien, l. Februar. Aus Pest verlautet nach den „Hamb. Nackr.", eS sei nicht unwahrscheinlich, daß ber Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand m nicht all,u ferner Zeit zu den SlaatSgeichäflcn helangezogen und im Hinblick hierauf eine seiner derzeitigen militärochen Stellung analoge Funktion vom Monarchen zugeteilt erhallen wiid. Ferner verlautet, es sei nicht ausgeichlossen, daß der Thronfolger daS Protektorat deS katholischen Schnlvereines niedertegea werde. (Siehe die folgende Meldung. D. Red.). >V. Wie«, 2. Februar. (Privattelegramm.) Erz herzog Franz Ferdinand, der Vorsitzende des katho lischen SchulvereinS, soll einer Deputation dieses Verein- die Bitte abgeschlagen haben, deßen Zwecke mehr als bisher ru fördern. Diese Nachricht muß im Hinblick aus die bekannt« Gesinnung des österreichischen Thronfolgers mit aller Vorsicht ausgenommen worden. * Wien, 2. Februar. (Telegramm.) Ueber den Fort gang der von kirchlicher Seite in Böhmen gegen die LoS von Nom-Bewegung unternommene Aktion meldet die „Kons. Korresp.": „Dem St. Bonifaziusvrrein sind binnen Monatsfrist mehr al- 180 000 Mitglieder bei getreten, die beiden Nationen und allen Berufs- und Gesell schaftskreisen angeboren. Die Bereinsorgane „S t.BomsaziuSbl.* und „Svaiy Vottsch", die in einer Auslage von 400 000 Exem plaren erschienen waren, mußten noch in je loo 000 Exemplaren nachgebruckt werden. Ein neuer, zur Massenverbreitung bestimm ter Aufruf wird eben auSgegeben, worin zum Beitritt in den Bonisaziusverein geworben wird, der sich als katholische Liga auSgeslalten will, als Bund der Katholiken gegen den Ansturm des reichsdeutschen Protestantismus. Armeesprache. Wien, 2. Februar. (Privattelegramm.) E« wird berichtet, daß auf Befehl de« Reich>ckriegsminister« in Lem berg, Krakau, Jarno und Jaroschlaw polnisch« Unter- richtSkurse für Offiziere emgesührt werden. Die kiese Nachricht ergibt, greift di« Agitation für die national« Kommankosprache von Ungarn aus auch aus andere Natio- aalitäte» der Monarchie über. Frankreich. KuUmckamstf; «afreundnng mit rkaudtnavien; GtreNerzeff«. * Part«, 2. Februar. (Telegramm.) In dem heutigen Ministerrate im ElysSc kündigt« der Ministerpräsikent EombeS an, beim StaatSrat Klag« wegen Mißbrauche« der Amtsgewalt argen diejemgen Ka rd ina le zu erbeben, die in Form eines Briese« an den Präsidenten der Republik Protest erhoben baden gegen dir Maßnahmen ker Regierung uns di« Beschlüße d<« Parlament- anläßlich de- Gesetzentwürfe« bitr. da» V«rb»t da« koa-r«ganßusch«a Uuternch»^ D«
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