01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040225017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904022501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904022501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-25
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BezugS-PretS i» der Hanptexpedition oder deren Ausgabe stellen avgeholt: vierteljährlich ^l S.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« 3.7k. Durch die Post bezogen für Deutsch ¬ land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.V0, jür di» übrigen Länder laut ZettungSpretsltst«. «edsttts» und Srpedttton. JohanniSgasse 8. Fernsprecher IK3 u. 222. Ftltalerstkdittene«: Alfred Hahn,Buchhandlg..UniversitSt«str.8 (Fernspr. Nr. 4046), L. Lösche, Katharinen- straße 14 <Fernsprechrr Nr 293ül u. Königs platz 7 (Fernsprecher Nr. 7K0Ü). Haupt-Filiale Dresse«: Marienstraste 84 (Fernsprecher Amt I Nr. 1718). Haupt-Filiale Verltn. TarlDunck e r, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., LLtzowftraßr lO(FernjprecherAmtVI Nr.46O3.) Morgen-Ausgabe. ttMMTagcblail Anzeiger. Ämtsvlalt bes königliche« Land- und -es Löniglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prets die 6gespaltene Petitzeile 2b ^f. Reklame» unt« dem Nrdaktiou«flrich (»gespalten» 7K 4. nach den Fammeauach. richten (6 gespalten) KO >4- Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühre« für Nachmessungen und Ossertenaanahme Lk -4- Ertra-Vetla,e« (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Poslbeförderung ^l SO.—, mit Postbesörderung ^tl 70.—. «„ahMefchlutz für «uzet,ea: Abend-Autgab«: vormittag» lO llhr. Morgen-Ausgabe: uachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an dir Expedition z» richt«. Die Expedition ist Wochentag» «nuntrrbroch« geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und »Verlag von G. Paiz iu Leipzig (Inh. vr. V.,R. L W. Kliukhardt). 9tr. 191. Donnerstag den 2). Februar 1904. -SM—»»SS 98. Jahrgang. Var Aicbtigrte vom Lage. * Anton v. Werner hat eine Broschüre über die Kunstdebatte im Reichstage herauögegeben. * Die Truppenabteilung, die am 30. Januar auf dem Dampfer „Adolph Woermann" nach Südwest afrika abging, ist gestern in Swakopmund eingetroffen. * Die Wahlprüfunaskommission des Reichs tags erklärt« gestern nach lebhafter Debatte gegen vier Summen die Wahl deS sozialdemokratischen Abgeordneten Buchwald, Sachsen-Altenburg, für ungültig. * Noch unbestätigt wird aus Petersburg gemeldet, bei einem neuerlichen Angriff auf Port Arthur seien vier japanische Panzerschiffe und zwei Transport schiffe gesunken. * Die japanische Kriegsanleihe ist fast viermal gezeichnet worden. kl» aeuttcher volgeretr in preurren. Die preußische Regierung hat dem Herrenhause den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gründung neuer Ansiedelungen in den Provinzen Ost preußen. West Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen, zugehen lassen. Und die „Köln. VolkSztg.", die seit Jahr und Tag die Polen in eine stets verschärfte antipreußische und staatsfeindliche Gesinnung hineintreibt, tritt nun im zwiefachen Panzer ahnungsloser Unschuld und unerschüt terlichen Rechtsbewußtseins auf den Plan, um an dein neuen „Ausnahmegesetz wider die Polen" vom Stand punkte des „Gewissens" Kritik zu üben. Schade, daß das Blatt, das sich im Alleinbesitz der politischen Ethik brüstet, sich nicht rechtzeitig des Wortes erinnert hat, daß, wer da Mnd säet, Sturm ernten muß. Denn schwerlich können die Inspiratoren des Blattes auch nur einen Augenblick darüber im Zweifel sein, daß sie, wo es nur anging, die Flamme geschürt, die Heißsporne ermuntert und die Agi tation begünstigt haben. Sie haben es getan in völliger Hintansetzung der deutsch - katholischen Inter essen, »ä mniorom kolonin« «iorinm. Und anstatt nun reuig an die Brust zu schlagen und das Schuldbekenntnis zu stammeln, das die deutschen Katholiken des Ostens von ihnen erwarten durften, verdammen sie mit sittenrichter sicher Entrüstung die Maßnahmen, die sie und ihres gleichen der preußischen Negierung durch ihren Mangel an nationalem Empfinden, durch ihre Desertion in das Lager des Feindes geradezu aufgezwungen haben. Ja.indasLagerdesFeindes! So abhold wir bei der Betrachtung politischer Maßnahmen jeder Rhetorik, jedem Pathos sind, wir müssen doch das starke Wort aufrecht erhalten und eS kraftvoll betonen, denn es erhellt die Situation, und wir bedürfen vollerKlar- heit über das, was ist, und das, was in Zukunft sein soll. Wir sehen, wie das Slawentum in der Ostmark in zähem, bewunderungswürdigen Ringen die deutschen Bauern verdrängt. Polnische Landbanken und Parzel- lierungsgenosscnschaften arbeiten planvoll der Tätigkeit der Ansiedelungskommission entgegen: überall dort, wo deutsche Bauerndörfer entstehen sollen, wissen sie den be nachbarten Grundbesitz an sich zu bringen, ihn zu parzel lieren und das deutsche Gebiet zu zersetzen oder zu um- zingeln. Daß diesem Treiben ein Ende gemacht werden muß, ist eine Forderung, die keine Partei darauf hin zu prüfen braucht, ob sie mit ihrem Dogma vereinbar ist oder nicht; es ist eine Forderung des gesunden Menschen verstandes und des staatlichen Selbsterhaltungstriebes. Und wir scheuen uns nicht, es auszusprechen, daß die Selbsterhaltung die erste ideale Forde rung ist, die wir an eine Nation stellen. Der Egoismus einer Nation gilt uns als berechtigt, als ethisch, und Gott verhüte, daß wir jemals so von des Gedankens Blässe an gekränkelt würden, um nicht die nationale Pflicht auS- zuüben, die da ist: unser nationales Recht zu wahren. Preußen hat Hunderte von Millionen für die Ansiede lungspolitik bewilligt und soll nun vor dem Götzen der Parität Gebete murmeln, während der Feind in Eil märschen vorrückt und täglich, stündlich Terrain gewinnt? O nein, so läppisch wird man an sich selbst und an seinen Nachkommen nicht freveln. In der neuen Gesetzesvorlage ist ein Paragraph ent halten, der die Ansiedelungs-Genehmigung von der Ent scheidung des Vorsitzenden der Ansiedelungskommission abhängig macht. Alle Ansiedelungsunternehmungen sollen in Zukunft darauf hin geprüft werden, ob ihre Aus führung mit den Zielen des staatlichen Ansiedelungs werkes verträglich ist, und wenn diese Frage verneint werden muß, so müssen eben die Ansiedelungen unter bleiben. Bisher konnte die Genehmigung versagt wer- den, wenn dir Ansiedelung den Schutz der Nutzungen be nachbarter Grundstücke zu gefährden schien oder wenn z. B. die Schulverhältnisse nicht dem „öffentlichen Inter esse" entsprechend geordnet waren. Nun, der Nachweis braucht wohl nicht gefiihrt zu werden, daß hier ein emi nentes öffentliches Interesse vorliegt; es gilt, dem deutschen Volke und der deutschen Art die Ost mark zu erhalten, auf die wir nicht durch „Spitzbüberei", wie polnische Dreistigkeit sagt, sondern durch ein Jahr hundert erfolgreicher kultureller Arbeit ein unveräußer liches Anrecht erworben haben. Aber schon hat sich zu der „Köln. VolkSztg." der „Vorwärts" gesellt und die „Barbarei" der preußischen Regierung „gebrandmarkt"; sonderbar nur, daß die Herren, die sonst so für die „Ex propriation der Expropriateure" schwärmen, hier das höhere Recht der Gemeinschaft schroff verneinen! Wir sind nicht willens, eine Maske zu tragen. Wer das Gesetz ein AuS- nahmegesetz nennen will, der mag es so nennen, das Wort erschreckt uns nicht. Die Polen, die nur ihre Ohnmacht zur Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Pflichten verdammt, die den ersten passenden Augenblick skrupellos benutzen würden, um ihre angeblich so drückenden Ketten zu sprengen, die eine Preßkampagne gegen uns führen, welche der deut schen Langmut ein ehrendes Zeugnis ausstellt, sie können nicht darauf rechnen, als liebe Kinder behandelt zu wer den. SieerwarteneSauchgarnicht und ver - höhnen heimlich unsere Bedenken, die ihrer Veranlagung gänzlich fremd sind. Eine Zeitschrift für die polnische Jugend erscheint unter dem Motto: „Aus mos- kowitischer, österreichischer und preußischer Knechtschaft befreie uns, o Herr!" Und Männer, die so denken und sprechen, sollen wir als gleichwertige Volks- genossen anerkennen? Wir sollen nicht fragen, wie sie denn im gegebenen Fall handeln würden, sollen Greuzprovinzen verslawen lassen, um eines Be denkens willen, das Dinge und Menschen ignoriert, um einer Rechtsabstraktion willen, die die Wirk lichkeit vergewaltigt? Die Verfassung, so ruft man uns zu, schützt jeden Staatsbürger im Besitz seiner Rechte! Aber diesen Rechten entsprechen Pflichten und diese sind mit der erzwungenen Militär- und Steuerleistung keineswegs erschöpft. Und darum erklären wir rückhalt los: Die Polen und ihre verblendeten Begünstiger haben durch eine wenn auch vorläufig erfolglose, so doch in der Tendenz landesverräterische Agi- tation einen Ausnahmezustand geschaffen, aus dem die Staatsregierung lediglich die Konsequenz zieht. Die Verantwortung für das Vorgehen der preußi schen Regierung wird hoffentlich das ganze deutsche Volk auf sich nehmen. Wir sind nicht schuld an der unheilvollen Entwickelung, oder sind es doch nur insofern, als Lau heit, Schwanken, Kleinmut die Offensivkraft des Gegners immer wieder gestärkt haben. Nun aber wollen wir die Dinge nehmen, wie sie sind, und uns nicht von den Vogelscheuchen narren lassen, die „Köln. Volksz." und „Freis. Ztg." ausstecken. Nicht allein der politische oommollson««, auch das nationale Gewissen ist auf der Seite der Regierung, und es ist höchst erfreulich, daß wenigstens auf diesem einen, so unendlich wichtigen Ge biete die unentbehrliche Initiative einsetzt, die wir vom Nachfolger Bismarcks fordern müssen. Freilich, derartige legislatorische Maßnahmen müssen von der Teilnahme der gefaulten Bevölkerung getragen werden, und es ist von höchster Bedeutung, daß auch die Katholiken Deutschlands sich endlich auf sich selbst besinnen und ablassen, sich mit dem Polentum zu identifizieren. Der katholischen Presse fällt hier eine ernste Aufgabezu, und wir würden uns freuen, wenn sie sich entschlösse, ihr gerecht zu werden. In liberalen Kreisen verkennt man den Ernst der Lage nicht, verschließt sich nicht der Einsicht, daß wir uns auf den passiven Widerstand nicht mehr be schränken dürfen, aber man erschrickt vor dem Worte „Ausnahmegesetz". Es sei, so meint man, eine zweischneidige Waffe, krinoipii» obst»! Der Weg sei abschüssig und schließlich könne eine Regierung jede ihr mißliebige Partei als staatsfeindlich ächten und ver folgen. Auch wir wollen mit freiem Volk auf freiem Grunde stehen und würden jeder Brutalitätspolitik, selbst wenn sie gegen verführte, aber doch immerhin deutsche Sozialdemokraten gerichtet wäre, energisch entgegen treten. Denn wir dürfen die Hoffnung nun und nimmer aufgeben, daß diese verleiteten Kinder deutscher Eltern auf die eine oder andere Weise wieder ihrer nationalen Pflichten bewußt zu machen. Sie müssen eines Tages wieder deutsch fühlen, und der Tag soll gesegnet sein. Anders ist es mit den 'P o l e n ! Sie leben mit unS im latenten Kriegszustände, sie sind Volksfremde und wollen es bleiben. Nichts fehlt ihnen, als die Gelegenheit, um uns in die Ferse zu stechen. Und deshalb wird es Zeit, die Ferse zu panzern und dem Feinde den Stachel zu entreißen. O. Der russisch-japanische Krieg. Wenn nicht Mißtrauen, allergrößte» Mißtrauen allen aus Ostasien kommenden Posten gegenüber dringend geboten wäre, würden wir die folgende Meldung von einer japanischen Niederlage bet Arthur mit großen Lettern in die Kriegschronik einzeichuen. Sie lautet: * Petersburg, 24. Februar. (Tel.) Au« Part Arthur wirb bau heute gemeldet: Mn erneut er Angriff »er japanischen Flotte amr»e at- -eschlagen. vier japanische Panzerschiffe uu» zwei japanische Trau-portschiffe fi>» gefuuleu. Das Panzerschiff „Aetwisan" hat sich «it «uh» bebeckt. Der „Retwisan" wurde bekanntlich bei dem Ueberfall in der Nacht vom 8. zum 9. Februar schwer beschädigt und »war durch einen Schuß unter der Wasserlinie, der die Pumpenabteilung traf. Im allgemeinen haben sich die Petersburger Meldungen zuverlässiger -erwiesen, als die englischer und amerikanischer Provenienz. Man muß aber doch auf die amtliche Bestätigung wart«, zumal da die „Voss. Ztg." ebenfalls unterm 24. Februar meldet, die russische Flotte vor Port Arthur verhalte sich ganz passiv. — Da Port Arthur in der nächsten Zeit noch viel von sich reden machen wird, geben wir umstehend eine Karte mit der Ansicht der Stadt und deS Hafen«. Di« Landoperattoneie. In der Spärlichkeit der Nachrichten vom ostasiatischrn Kriegsschauplatz wird voraussichtlich vor Ende der ersten März woche kaum eine wesentliche Aenderung eintreten. Der Grund hierfür liegt naturgemäß weniger an der Depeschenzeasur beider kriegführenden Staaten, als in der Schwierigkeit der auf Landmärsche angewiesenen Truppenbewegung. Die Feuilleton. Hans Pfitzners „Nose vom Liebesgarten". Romantisch« Oper in 2 Akten, Bor- und Nachspiel. Erstaufführung am Hof- the.ter Münch««. Man schreibt uns aus München: Die Münchener Hofbühne hat neuerdings einen der interessantesten modernen Komponisten, Hans Psitzner, ihre Pforten geöffnet und dessen zweite Bühnenschöpfung „Die Rose vom Liebes- qarten" zur Aufführung gebracht, nachdem vor wenigen Wochen Mannheim vorangegangen war. Im vorigen Jahre kam hier ein großes Pfitzner-Konzert zu- stände, und man hegte den Wunsch, jene Bruchstücke, die man da zu hören bekam, in ihrem Zusammenhänge, am geeigneten Lrte, im Theater zu genießen. Psitzner hat anch mit einem Kammerniusikwerkc hier berechtigte« Auf sehen gemacht, und in diesem Werke sich mit solchem Er- folge als absoluter Musiker dokumentiert, baß man es nachgerade nicht begreifen will, wie er seine „Rose vom Liebesgarten" schreiben konnte. Es handelt sich hier nicht etwa um ein musikalisches Drama im Sinne Wagners, auch nicht um eine Operndichtung überhaupt, sondern um eine sinfonische Dichtung ausgesprochen lyrischen Choral- ters. Das Ganze ist ein endloses Stimmungsbild, mit fabelhaftem Raffinement gearbeitet, aber nur reine Der- standcsarbeit, und cS werden kaum ein paar Scenen zu finden sein, denen man nachrühmen könnte, daß sic wirk lich empfunden seien. Daß Psitzner in seinem fabelhaften Können mit einer klanglichen Farbenpalette arbeitet, dis alles bisher Tagewesene in den Schatten stellt, ist insofern nicht als Vorzug zu betrachten, als der Komponist niemals — auch nicht für kurze Zeit — zu schlichteren Ausdrucks formen und maßvolleren Mitteln greift, sondern immer auf gigantischer Höhe bleibt. S« entsteht nirgends ein Ruhepunkt, keine Gegensätze oder Kontraste, und wenn der Hörer auch eine Zeitlang solchen gigantischen Klanamassen Bewunderung und Staunen entgeaenbrinacn kann, so tritt doch die Ab spannung um so schneller und nachhaltiger «in, um in völlige Teilnahmslosigkeit überzugehen. Einige Stellen sind in dem Werke von hinreißender Klangwirkung, aber d«r Hörer wird dir Lchönheiten nicht bewußt, da sich di« Effekte qigenseitin erdrücken. Psitzner» Musik ist ja -weifettor etwas fabelvast Reue», aber der ruhige Vir« urteiler muß sich doch die Frage vorlegen, ob dieses un erhört Neue auch ein Fortschritt ist! Ich glaube weniger, daß Psitzner kein Dramatiker ist, sondern daß er keiner sein wollte, denn sonst hätte er dieses Textbuch unmöglich komponieren können; vielmehr glaube ich, den Stand- punkt vertreten zu können, daß er nur eine Unterlage, ja vielleicht nur eine Anregung zu einem gewaltigen Stirn- munasgemälde haben wollte. In den vier Stunden, die das Werk in Anspruch nimmt, geschieht so viel wie nichts dabei geht Psitzner m der Absicht alles musikalisch zu illustrieren und zn schildern, so wert, daß die Musik das gesungene Wort weit eher entbehren könnte, als die Deko- ration und Sccnerie, die über klangliche Kuriosa erst auf klären muß. Ter beste Beweis dafür war der Heiter keitserfolg eines Aktvorspiels der erst nachließ, als man bei der folgenden Scenene erkannte, daß das Tropfen des Wassers in der Höhle des Nachtwunderers geschildert wer den sollte. Pfitzners Werk, dessen Schwierigkeiten enorm zu nennen sind, bedeutet entschieden eine Verirrung über Wagner hinaus in dem Streben, der Bühnenkomposition neue Wege zu öffnen. Die Bühne fordert mit unabweik- licher Macht das dramatisch frisch pulsierende Leben, was aber Psitzner geschaffen hat, ist das gerade Gegenteil. Die „Rose vom Liebesgarten" ist eine Opernsinfonie, die des Textes ohne allzngroßer Einbuße ganz entraten könnte, zumal man bei den gewaltigen orchestralen Mitteln von den Sängern unmöglich auch nur da» Allernotwendigste verstehen kann. Der Dichter des Textbuche« Jame» Grün hat den Komponisten, in seiner Absicht, ein gewaltig angelegtes Sliinmun.zsb'id zu schaffen, nach besten Kräften unter- stützt. Die Anregung zu dem frei erfundenen Stoffe hat da« bekannte Bild von Hans Thoma», der „Hüter desLiebeSaartenS" gegeben; die Schicksale dieses Hüters bilden den Stoff der Over. Symbolistische und mystische Absichten hineinzugckeimnissen liegt wohl sehr nahe, dürste aber kaum von den Autoren gewollt sein. Das Vorspiel zeigt das Frühlingsfest im Liebesgarten, der Hüter des Wintertore« legt sein Schwert nieder, und die Sternenjungfrau segnet die Welt und bestellt einen neuen Hüter, einen jungen Edeling namens Siegnot, reicht ibn, eine rote Rose und mit ihr Unbesiegbarkeit und Macht über das Böse. Im ersten Akt empfängt Siegnot Kunde von Minneleide, der Elfenkönigin am Quellen- stein; in der Monddämmerung erscheint sie selbst mit ihren Gespielinnen zu frohem Lanz«. Siegnot, von ihrer Liebe ersaht, gibt ihr die Nase und will Ne »um Licht« de» Rosengarten» ein führen. Roer den Zauder, der sie an das Waldesdunkel fesselt, vermag er nicht zu bannen, Minneleide weicht zurück und das Tor des Liebesgartens schließt sich krachend vor ihnen. Da kommt Nachtwunderer, der Herrscher der Berge, überfällt Sieg not, der niit der Rose auch seine Unbesiegbarkeit preis gegeben, und entführt Minneleide. Siegnot sucht Minne leide im zweiten Akte aus dem Reiche des Nachtwunderers zu befreien, sein Gebet zur Sternenjungfrau wird erhört, die Säulen und Gewölbe bersten und begraben Nacht wunderer und seine Scharen in den Trümmern, auch Siegnot stirbt. Im Nachspiel geleitet Minneleide die Leiche ihres Helden zum Liebesgarten. Der Wächter des Wintertores wehrt den Eingang, Minneleide sinkt leblos nieder, — da geschieht ein Wunder: die Mauern des Gar tens verschwinden, die Sternenjungfrau steigt hernieder und erweckt Siegnot und Minneleide zu einem Leben seligster Liebe und namenlosen Glückes. Den enormen sceniscben Anforderungen deS Werkes wurde unsere Hofbühne in bewundernswerter Weise ge recht, Maler Buschbeck, Maschineriedirektor Klein und Theatermaler Frahm hatten Bilder von hinreißen- der Schönheit geschaffen, Regisseur Wirk bot ein Meisterstück scenischen Arrangements. Die unerhörten musikalischen Schwierigkeiten bewältigte Hofkapcllmeister Röhr mit dem trefflichen Hoforchester und das Sänger personal erfüllte mit rührender Selbstlosigkeit seine un- dankbaren schwierigen Aufgaben. Unser neuentdeckter Tenor Herr Reiber, der vor einem Jahre noch Volks sänger war, machte Sensation, er sang großartig und hielt prächtig au», mit dem Spiel geht'S hoffentlich auch bald vorwärt». Eine Gestalt von entzückender Poesie schuf Fräulein Koboth mit der Minneleide. Theater. L»r Vtzetxmrer ThelttrrfrRge. Wi« un« unser weimorer Korrespondint schreibt, batte sich in d«n letzten Tag«« in Weimar eine Strömung zugunsten di« Tbeatervrojekte« Dumont-van d« Beide Bahn gebrochen, hauptsächlich, nachdem in der Eemeinde- verwaltung, wi« e« schien au« sehr persönlichen Gründen, Stim- mung für da« Mustrrtbeater der Dumont gemacht worden war. Diese letzt« Bezeichnung ist schon seit geraumer Zeit in Ausnahme gekommen, nachdem der ursprünglich iogar von Herrn van de Veld« anaNvandt« Titel „Nationaltheater" al« unhaltbar geradr für den zu r«allst«rrnden Plan falle« a«lass«n worden war. Dir Angelegenheit IN dem Großherzog von Sachsen, d«r bt- kanntlick um Schenkung «ine« Sauplatze« a»a«aa,g,« worden, zur Enischiidunq »nftrbressot armes«,. Obwohl scho» am 6. Februar die Maßnahme« »e« Grohherzog« bekannt ^gebe« Rwrde» sollten, ist »S heul« »och Richt« tu dü lö«ss»ÄWM gtSrtzLg«, »a» tzeftzr spräche, daß der Großherzog dem Plane van de Beide« in durchaus sympathischer Weise gegenüberstehe. Und das war von den Gründern des „Deutschen Muslertheatcrs" doch erwartet worden. Fest steht jedenfalls folgendes: der Großherzog hat die Schenkung eines Bauplatzes in der Nähe des Parkes an der Belvcderer Allee abgelehnt. Welche Gründe hierfür maßgebend gewesen sind, läßt sich mit einiger Sicherheit gegewärtig noch nicht behaupten. Aus der Tatsache, daß die Partei van d« Veldes sich über die Beschlußfassung deS Großhrrzogs in beharrliches Schweigen hüllt, ist zu entnehmen, daß sie darüber nicht sonderlich erbaut ist. Es ist ihr sür das Theater an der „Altenburg" rin Terrain zur Verfügung gestellt worden, d. h. an einem hoch gelegenen Platz in der Nähe des Schiller-Goethr-Archiv«, der insofern für den Schauspielhausneubau ungünstig ist, al« er wedrr Siadtbahnverbindung hat noch haben wird. Diese Bahnverbindung war nach der Belvederrr Aller hin vorhanden. Au- dem gegenwärtigen Stand der Theaterfrage läßt sich mit Sicherheit nur da« eine herleitrn: ein Definitrvum über den Bau selbst ist noch nicht gegeben, und «S wäre verfrüht, wenn man behaupten wollte, Weimar erhalte da-„Deutsche Mustertheater" auf alle Falle. Die Sache ist um so fraglicher, als sich in letzter Zett im Reiche sehr ernst zu nehmende Stimmen dagegen erhoben haben, die man in Weimar unmöglich unberücksichtigt lassen kann. Uebrigens sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß da- wegen seiner Ausstellungen bekannte Grobherzogliche Museum für Kunst und Kunstgewerbe in absehbarer Zeit aus den Gebäuden am KarlSplay verlegt werde« und dafür ebenfalls ein Neubau an der „Altenburg" aufgeführt werden soll. VoG Altenburger HpfttzeRter. Wie uns von fach männischer Seite mitgeteilt wird, sind die Veränderungen, welche da« Altenburger Hoftheater demnächst in baulicher Hin sicht erfahren soll, so einschneidender Art, daß der Umbau gegen 200 000 Markkosten dürfte. Herzog Ernst hat diese hohen Mittel in bereitwilligster Weise zur Verfügung gestellt. — Ist das nicht etwa« hoch gegriffen? - Dtrettsr M. Rtchor»« in Halle, der in weiteste» Kreisen besonnte Leiter de« dortigen Stadttheaters, friert am 27. Februar da« Fest feiner Lvjährigen Vühnentätta kett. Richard« leitet seit 7 Jahr«» dir städtische Bübne zu Halle. 6. L »in verfrachte« »falsches Theater. Au« Tleve- land (Ohio) wird berichtet: Die unter so glanzenden Hoff, nungen begonnene Saison des deutschen Theater« hat eine jähe Unterbrechung erlitten, die einen vollständige« Krach bedeuten würde, wenn nicht der Deutsche Ttzatervrrei« die nötigen Schritte getan hätte, um das Unternehmen über Wasser zu halten. Dem bi-bcrigen Direktor Nolte war e« «. langen, eine Anzahl reicher Deutscher für em eioene« TLeai« zu interessieren: man bildete eine Aktiengesellschaft, und der Bau ist seiner Vollendung nahe, so daß die Eröffnung mit Be stimmtheit in einigen Docken zu erwarten ist. Direktor Nolte beging nun den großen Fehler ein zu große« Perjrmal zu engagieren; für mehr al« zwölf Personen haft, «x -vöb
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