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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191105065
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19110506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19110506
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1911
- Monat1911-05
- Tag1911-05-06
- Monat1911-05
- Jahr1911
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1911
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denn gar so gern da West?" Es lag eine gewisse Un ruhe in der Frage der Mutter. Vor Kathis Augen trat ihr hübsches Stübchen von Friedenau, und da wollte ihr mit einmal die altge wohnte Stube in Hennigbach so entsetzlich niedrig und dürftig erscheinen. Vor ihren Ohren schwirrten die lobenden Worte und schmeichelnden Redensarten; mit denen sie die Verwandten und Gäste des Hauses filter ten, und da geschah es, daß ihr der Mütter Worte und Fragen gar nicht paßten. Sie war anderes in den letz ten Wochen gewohnt gewesen, und hastig antwortete sie: „Ganz erschrecklich gern bin ich da gewest, und so gut hats mir gefalle, daß ich noch a Weil dableibe will." 7,Bis Du das Törfle und Tein Mntterle vergesse tust," murmelte Frau Amrum. Nun war aber auch bei Kathi wieder die weiche Seite ihres leicht beweg lichen Herzens berührt. 7,Das glaubst ja selbst nit, daß ich Dich vergesse kunnt und das Dorsel, unser liebes Häusel und . .Sie hatte 7,Hans" sagen wollen, stockte aber, und statt aller weiteren Worte küßte sie ihr Mütter chen herzhaft. Dann meinte sie vergnügt: 7,Nu wüll ich mal rasch in min Kammer 'naus hüpfe und den feine Staat runterziehe. Wannst ich mein Alltagsrock anhab, dann Helf' ich Dir schuften- und füllst sehe, da wirds wieder federn wie fünften." Und als sie von oben wieder herunterkam, da wars ganz die Kathi von ehedem, die ihrem Mütterlein die Arbeit abnahm - und der es so flink von der Hand ging? daß cs eine Lust war, ihr zuzusckauen. Fortsetzung folgt. Dn Mz Lu ZmW WM. ,«-> So manche Jungfrau hat einst bei der traurigen Ge schichte Tränen vergossen- die davon zu berichten wußte, wie ein schlichter Ring, der berühmte Reif der Königin Elisabeth, zwei liebende Herzen ins Unglück trieb und zwei Menschen ihr Leben verlieren ließ. Die Königin hatte dem Grasen Essex das Kleinod in glücklicher Stunde an den Finger gestreift und seine Rückgabe hätte das tragische Ende des Grafen Essex vermieden und auch Elisabeth länger leben lassen. Mehr als drei Jahrhunderte lang hat sich dieses von dem Schimmer der Romantik umstrahlte Kleinod als ein kostbarer Be sitz von einem englischen Geschlecht zum anderen fort- geerbt, bis jetzt die rauhe Wirklichkeit den Frieden des unglückseligen Kleinodes zerstört. Am 19. Mai wird das Schlußkapitel von dem Ringe der Königin Elisabeth enden, den Schauplatz wird der Bersteigerungssaal bei Lhristie bilden, und wer den größten Beutel hak- mag die legendenmr.wvbene Reliquie Heimtragen. Der be rühmte Reif ist aus Gold und mit schwarzen Blätter ornamenten geziert, die sich pikant von einem blau emaillierten Grunde abheben. Den eigentlichen Stein bildet eine alte Kamee- mit dem Profilporträt der be rühmten Königin. Ter Steinschneider- der das kleine Meisterwerk ausgesuhrt hat, ist nach Stil und Arbeits weise als derselbe anonyme Italiener identifiziert wor den, der das berühmte Porträt Heinrichs Vlll. geschnitten hat, das heute einen Schmuck der königlichen Samm lungen von Windsor bildet. Sir Dudley Carleton, der spätere Lord Dorchester, hat die rührende Geschichte die- feS Kleinods der Liebe dem! Prinzen Moritz erzählt, als er noch englischer Botschafter in Holland war. x,Aus der Höhe ihres Liebesglückes gab die Königin Elisabeth dem Grasen Essex einen Ning, auf daß er ihn hüten möge; und sie sagte dabei- daß, was immer er auch tun möge, sie würde ihm verzeihen, wenn er ihr dies güldene Pfand zurückgäbe. ES nahte die Zeit- da die Feinde und Widersacher des Grasen bei der Königin Ohr fanden nnd ihn verdächtigten. Sie aber war zornig auf den Gelieb ten- weil er ihre entschwindende Schönheit gering zu schätzen schien." (Man hätte ihr ciugcslüstert, daß der Graf die Aeußerung getan habe: -,Jhre Seele ist so mißgestaltet wie ihr Körper.") „Als er dann zum Tode verurteilt war- erwartete sie den Reif von ihm zurück- zuempfangcn, und sie wollte ihm verzeihen, Ivie sie ihm einst gelobt hatte. Der Graf wandte sich in seiner höchsten Not an die Gattin des Admirals Howard, die Gräfin von Nottingham, die er kannte. Seine Bitte war,- durch eine zuverlässige Person den Ring der Königin persönlich übergeben zu lassen. Mer der Gatte der! Gräfin, der einer der größten Feinde von Essex War machte seiner Frau, die ihm unklug die Bitte des Ge fangenen verraten hatte, die Nebergabe des Ringes un möglich. Die Königin aber setzte ihren Namenszug unter das Todesurteil, denn sie war empört über den Hochmut und den Stolz eines Mannes, der lieber sterben zu wol len schien, als ihre Gnade anznrusen. Einige Zeit spä ter erkrankte die Gattin des Admirals, und als sie von ihren Aerzten aufgcgeben ward, bat sie die Königin ans Sterbebett zu kommen, denn sie habe ihr ein wich tiges Geheimnis anzuvertrauen. Die Königin kam, die Diener mußten den Raum verlassen, und dann gab die Gräfin — zu spät — der Königin den Ring des Grafen Essex. Sie gestand, daß ihr Mann sie verhindert habe- die Bitte des Gefangenen zu erfüllen. Die Königin wurde von einer leidenschaftlichen Wut erfaßt. Sie schüttelte die sterbende Gräfin und schrie iHv zu, daß Gott ihr viel leicht verzeihen würde- sie aber, Elisabeth, niemals. Ge brochen eilte die Herrscherin dann aus dem Zimmer- Schmerz und Leid drückten sie nieder, sie wachte 14 Tage lang, nahm keine Nahrung zu sich, lag den Tag über mit weit offenen Augen voll angekleidet im Bett, und irrte in den Nächten im Gemach umher. Dann aber starb sie an Hunger und Leid- und aus Schmerz darüber, daß sie in die Hinrichtung des Geliebten eingewilligt hatte, der voll Vertrauen ihre Gnade anrief." Die Geschichte ist von manchen Historikern bekämpft und von anderen be stätigt worden. Ein zeitgenössischer Brief von London an den schottischen Hof berichtet von jenen letzten Lebenslagen Elisabeths: 7,Unsere Königin wird von der Gicht im Arme geplagt und von der Reue, den Tod des Grasen Essex zugelassen zu haben. Sie schläft nicht mehr so viel wie früher und ruht auch nicht in der Nachts Ihre Freude ist es, im Dunkel zu sitzen und dann unter bitteren Tränen Essex zu beweinen." Der Ring ging seinerzeit in den Besitz der Tochter des Grafen Essex über und vererbte sich dann im Laufe der Jahrhunderte bis auf den kürzlich verstorbenen Lord John Thynne- aus dessen Nachlaß das historische Kleinod nächstens den Weg ins Versteigerungslokal nehmen wird« Denk- rmd Liunspriiche. Jeder Tag gibt dir zu denken, Dir zu fühlen jeder Tag; Jeder hat was, was dich kränken, ElwaS, was dich freuen mag. Darum laß die Zeit nur kommen, Laß verrauschen nur die Zeit, Gleichermaßen wird dir frommen Leid im Glück und Glück im Leid. Nur zwei Tugenden gibt'S: O wären sie immer vereinigt, Immer die Güte auch groß, immer die Größe auch gut. Schiller. Führe deines Lebens Lauf Allzeit Gottes eingedenk. Wie eS kommt, nimm alles auf Als ein wohlbedacht Geschenk; Geht dir's widrig, laß es gehn, Gott und Himmel bleibt dir stehn. Paul Gerhardt. Wo rohe Kräfte sinnlos walten. Da kann sich kein Gebild gestalten; Wenn sich die Völker selbst bestem, Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn. Schiller. Druck und Verlag »on Langer t Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. Erzähler an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt". M. 18. Rt-l», »r» «. Mat ,»U. Lt. Jahr,. Zwei Kirschen an einem Stengel. Roman von A. von Liliencron. Fortsetzung. 7,Wi. wulln heimwärts über Spreetvitz fahre, da künnt Ihr halt wieder was Neues sche," schlug Kathi vor. Die Tante gähnte. „Es ist ein Dors wie das anderes Außerdem ist ja bald nachtschlafende Zeit." 7,Ab erst der M ond geiht glix uf, und weiter iS vk nit," beharrte das Mädchen. -,So fahren wir über Spreewitz," stimmte der Vetter ihr bei, und so geschah's auch. Er ahnte freilich uicht, warum sie den Weg vorzog. ,)ans Ruland wohnte in Spreewitz- und Kathis Ge danken waren doch so manches Mal zurückgeflogen zu dem lieben- vertrauten Jugendgefährten. War er zur Kirmesseier in Hennigbach auch ohne sie? War er da heim geblieben oder etwa beim Peter und der Rose marie? Sie brannte darauf, es zu wissen- und hoffte, da sie nun sowohl durch die Dorfstraße von Spreewitz fahren mußten wie an der Festwiese vorbei- daß sie den Hans doch noch zu Gesichte bekommen würde. Der Mond schien hell und beleuchtete scharf den Weg- so konnte sie genau Umschau halten- als sie durch Spreewitz fuhren. .Ihre Augen sollten nicht vergebens ausgespäht haben; denn als sie in Spreewitz an einein der großen Bauerngehöfte vorbeikamen- sah sie vor diesem^ einige junge Burschen und Mädchen stehen. Sie preßte ihr Gesicht dicht an die Wagenscheibe, denn der um einen halben Kopf die andern überragte, konnte nur der Hans sein. Jetzt fuhren sie hart an der Gruppe vorbei, und jetzt wußte sie- daß sie sich nicht getäuscht hatte. Es war wirklich Hans, aber er hatte keinen Blick für den Wagen- er sah nur auf das schwarzbraune Mädchen an seiner Seite, die Rosemarie, der er die Hand schüttelte, und die ihn anlachte. „'s ist zum Ersticke heiß hier drinne," platzte Kathi heraus und ließ mit einem Nucke die Wagenscheibe herunter« ^as gab em lautes Klirren, und ein paar der jungen Burschen drehten sich um, nur der nicht- dem sie hätte zurufen mögen: „Sieh mich nur wieder freundlich an und kümmere dich nit um de andere, wir sind ja doch zwei Kirschen an oinem Stengel." Da lehnte die Kathi sich tief in die Wagenecke zurück. Sie wollte nichts, gar nichts mehr sehen, darum schloß sie die Augen und suchte den Tränen zu wehren, die sich vordrängen wollten und an ihren Wimpern hingen. Am andern Tage sollte es am Nachmittage fort gehen, vorher — so hatte die Mutter vorgeschlagen — wollten sie den Verwandten noch den Steinbruch zeigen, wo heute wieder gearbeitet wurde. So etwas hatten die Städter noch nicht gesehen, und Frau Amrum war ganz stolz, daß Hennigbach etwas besaß, was die Groß stadt nicht aufweisen konnte. Langsam wanderten sie durch den ganzen Betrieb. Die gewaltigen eisernen Kaumaschinen, in deren Riesen mäuler die großen Basaltsteine geworfen wurden, die dann unter lautem Krachen von den starken Kinnbacken zermalmt wurden, imponierten doch auch der Tante und ihrem Sohne. Sie ließen sich genau zeigen und erklärcn- wie die zerkleinerten Steine nun in eiserne Trommeln fielen, die unter fortwährendem Drehen das Material sortierten. Nun ging es hinunter in den Bruche wo die dröh nenden Hammerschläge gegen die Eisenpflöcke sausten, die in das Gestein getrieben wurden- um es zu lockern. 7,Das sieht ja beinah aus, als ob das ausgemauert wäre," meinte Julius, und zeigte auf die Basaltpfeiler, deren eckige Säulen- hart aneinander gedrängt, de« Eindruck machten, als ob da ein altes Gemäuer stände. Kathi gab zerstreut eine zustimmende Antwort- ihre Augen suchten auf dem Absätze der Wand die bekannte hohe Gestalt, aber sie erblickte sie nirgends, und da erfüllte sie mit Unruhe. Um vier Uhr kam die Glas kutsche, um sie mit den Verwandten zur Bahn zu bringen- und daß sie auf vierzehn Tage nach Friedenau fuhr, mußte sie ihm doch notwendig sagen. Es war ja ihre erste Reise, ihre erste Eisenbahnfahrt, und da erschien ihr als etwas so Hochwichtiges, daß sie der Sache in freudiger Spannung, aber auch mit heimlichem Herzklopfen cntgegensah. Jetzt, wo sie schon ihre Hab seligkeiten in die alte Ledertasche der Mutter zusammen gepackt hatte und die Reise nun gleich zur wirklichen Tatsache wurde, die sich für sie in den nächsten Stun den abspielen sollte- beschäftigte sie alles, was sich da rauf bezog, so ausschließlich, daß auch die kleinen eifer süchtigen Regungen- die Rosemarie wach gerufen hatte, von ihr vergessen waren. Dem Bruchmeister machte es ein besonderes Ver gnügen, den Herrschaften aus der Stadt alle Einzelheiten der Brucharbeit zu erläutern- und dies benutzte Lathi- um auf ihre eigene Hand Entdeckungsreisen anzustcllen. Ihr praktischer Verstand führte sie den richtigen Weg. Dem HanS wird der Eisenpflock stumpf geworden oder die Hacke abgebrochen sein- ich will ihn in der Bruch schmiede suchen- dachte sie und schlüpfte dahin. Richtig, dort stand er, und sie traf eS gut, denn eben hatte er mit dem Schmied an seinem HaudwerkS- zeuge gearbeitet. Augenblicklich war für ihn nicht? weiter zu tu», und er wartete nur, daß seine Sachen fertig würden. „Tu, Hans, hüt fahr ich mit de Verwandte nach Friedenau, daS is ganz dicht bi Berlin!" Kathi war von hinten an ihn herangekommen und hatte ihn am Aermel gezupft. 7,Geh doch, red kein närrisches Zeug," wehrte er sie ab« Sie aber veharrte- „die reine Wahrheit is, und hüt noch kutschiere ich ab- von Horka aus mit di Isen- bahn." Ihre Augen leuchteten dabei vor Vergnügen. Immer noch zweifelnd sah er sie an. r,Du — das Mädel vom Dorfe nach de Großstadt? Ta kenn Dich ja nimmer aus!" „Die Tante und der Vetter werden mir'S schon beibringe- was ich da z§r tun und zu lasse hab," schwatzte sie, eifrig bemüht, ihn „rumzureden", denn es lag ihr daran, daß er ihr beistimmte und sich mit ihr freute. Doch er blieb nachdenklich, fast verdrossen- wie e- ihr scheinen wollte. „Ja, beibringe werde sie Dir schon alles mögliche, was Du da tun und lasse sollst," meinte er nach einer kleinen Pause, „aber ob's gerad was is- was mir an Dir gefalle tät, das glaub ich nimmer." Ihre Augen röteten sich. „Wenn'S andere Leut gefalle tut- warum braucht's denn just Dir zuwider sein?" Er hörte nicht auf ihren Einwurf- sondern fuhr.
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