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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040408012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904040801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904040801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-08
- Monat1904-04
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 28 Neklamrn nut« dem RedoktionSflrich («gespalten) 7b 4. wnh deu Famtlieanach- richten iS gespalten) bü Dabellarischrr und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertrnaonahm« 2ö Extra-Veil-,ea (gesalzt), nur mit der Morgra-ÄuSaabe. ohne Postbrsörderuug ^4 60.—. m t t Postdrsörderung 70.—. Annahmeschlutz für ««zeige«: Abeud-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgru-Au-gabe: nachmMag» 4 Uhr. Auzrigeu sind stet« au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen grössnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E- Bolz tu Leipzig (Inh. l)r. B., R. L W. KUnthardt). Nr. 177. Freitag den 8. April 1904. 98. Jahrgang. Var Mchtigrie vsm Lage. * Die Zweite Kammer des sächsischen Landtages nahm gestern nach langer Debatte über den Leipziger Aerztestreif in der Schlußberatung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Organisation des AerztestandeS den grundlegenden Paragraphen mit 1 gegen 4 Stimmen und darauf das ganze Gesetz gegen 3 Stimmen an. * Ein heftiger Nordweststurm hat vier Schiffern in der Wesermundung das Leben gekostet. * König Christian von Dänemark feiert heute in voller Rüstigkeit seinen 86. Geburtstag. AuS diesem Anlaß traf gestern der deutsche Kronprinz in Kopen hagen ein. * Der schwedische Reichstag nahm mit 215 gegen 148 Stimmen den Vorschlag auf Erhebung eine« Wert zolles von 15 Proz. aus elektrische Maschinen an. * Steijn. der Präsident des ehemaligen Oranjefrei- staateS, ist gestern von Cannes nach Lausanne abgereist. Er gedenkt sich nach Deutschland zu begeben und den Sommer dort zu verbringen. Sein körperlicher Zustand hat sich gebessert, erfordert aber immer noch größte Schonung. * AuS Paris wird gemeldet, daß durch einen Artikel deS fr anzösisch-engli sch en Abkommens die Handels frei beit in Aegypten und Marokko für einen Zeitraum von 30 Jahren gewährleistet werden soll. 6» vanaergrschentz. Es ist Zeit, Jubelchöre anzustimmen, Psalmen zu singen und laut allem Volke zu verkünden, daß uns großes Heil widerfahren soll. Trügt nicht alles, so sind im Vatikan zur Osterzeit die ersten Schritte getan worden, um den guten Deutschen eine rechte Herzensfreude zu be reiten und sine Auferstehung ganz eigener Art in Scene zu setzen. Schon munkelt man nicht mehr, nein, man 'pricht mit erhobener Stimme davon, daß Deutschland, das ja neuerdings des Papstes artigstes Kind ist, einen sichtbaren Beweis für das Wohlwollen des heiligen Vaters erhalten werde. Nicht allein, daß wir nach dem weisen Beschlüsse des Bundesrates die Freude haben werden, die düsteren Gestalten der Jesuiten wieder in Freiheit auf deutschem Boden begrüßen zu dürfen, wir sollen es angeblich doch noch er- leben, daß die weltliche Herrschaft des Papstes durch die Errichtung einer Nuntiatur in Berlin aufs neue ersteht. Dies ist das Geschenk, mit dem uns die Fürsorge Pius X. beglücken will. Da es in neuester Zeit üblich geworden ist, auch einen geschenkten Gaul kritischer zu betrachten, als die Sprüchwörterweisheit cs gestattet, so dürfen wir vielleicht auch die Gabe Roms etwas näher prüfen. Ter Papst war einmal ein weltlicher Herrscher, mit dem diplomatische Beziehungen aufrechterhaltcn werden mußten Seit dem Jahre 1870 ist er es nicht mehr. Zwölf Fahre hindurch bestand kein preußischer Gesandtenposten am päpstlichen Stuhle, und diese Lücke in unseren diplo- matischen Beziehungen erwies sich nicht als so schmerzlich, daß sie durchaus ausgefüllt, fast hätten wir gesagt, plombiert werden mußte. Fürst Bismarck faßte den Ent- schluß, einen außerordentlichen Gesandten bei der Kurie zu unterhalten, weil er so den Kulturkampf rascher zu be enden hoffte; auch der Errichtung einer Nuntiatur in Berlin stand der Fürst keineswegs ablehnend gegenüber. Wir müssen gestehen, daß wir prinzipiell der Ansicht sind, die diplomatischen Beziehungen zur Kurie sollten über haupt aufgehoben werden. Ihre Aufrechterhaltung ist unlogisch und schädlich, denn sie nährt die Fiktion, daß de» Papst ein Souverän sei, und gibt seinen Ansprüchen auf die Wiederherstellung des Kirchenstaates eine Schein berechtigung, die natürlich von ultramontaner Seite gegen das monarchische Italien, unfern Verbündeten, ausge beutet wird. Da indessen die Gesandtschaft nun einmal besteht, da unsere Regierung allen prinzipiellen Ent- scheidungen mit jener Vorsicht ausweicht, die der bessere Teil der Tapferkeit ist, da Graf Bülow von der Staats- Weisheit seines großen Vorgängers besonders die Worte „tzuikts non movere" behalten hat, so möge die Gesandt schaft wie bisher weiter bestehen. Wir machen nnc eine Bedingung dazu, nämlich die, daß man dem Gesandten nichts zu tun gebe. Das Papsttum darf in keiner Weise als politischer Faktor anerkannt werden, und es war einer der schwersten Fehler des Grafen Bülow, den Händel- süchtigen Bischof Korum nicht selbst zu koramieren, son- dern die Intervention des Papstes anzurufen. Eine Nuntiatur in Berlin zu errichten, fehlt jeder Anlaß, und der erste Satz einer verständigen Politik muß lauten: Alles Unnötige unterbleibt. Stände Fürst Bismarck noch am Steuerruder des Staatsschiffes, so würden wir den klerikalen Bestrebungen ruhigen Mutes zusehcn, denn Bismarck batte ein scharfes Auge für lichtscheue Umtriebe und verstand es, zu rechter Zeit den Kürassierstiefel auf das Schlangenhaupt der Rcichsfeindschaft zu setzen, wie und wo sie ihm auch ent- gegentreten mochte. ' Wir sind weit entfernt, an der kerndeutschen Gesinnung des Grafen v. Bülow zu zweifeln und wir erinnern uns gern an sein markiges Wort: „In nationalen Dingen verstehe ich keinen Spaß!" Aber wir sind dem Papsttum gegenüber, wie auf so manchem anderen Gebiete, in den Sandweg der Versöhnungspolitik geraten, und es wird schwer sein, sobald wieder festen Grund und Boden zu erreichen. Wenn ein Nuntius in Berlin einzieht und mit dem üb lichen episkopalen Pomp sein Hoflager aufschlägt, so wird dort eine feste Burg der ultramontanen Be- strebungen geschaffen, und um diesen taktischen Kernpunkt werden sich Feldwachen und Vorpostenlinien mit wohl- organisiertem Patrouillendicnst gruppieren. Keineswegs ist es nötig, daß die Zentrumspartei in einen Gegensatz zu dem Nuntius tritt, wie Fürst Bismarck ihn mit seiner überlegenen diplomatischen Kunst herbeizuführen ge- dachte. Sehr viel wahrscheinlicher ist es, daß der Nuntius die hohen höfischen Beziehungen, die ihm naturgemäß zu Gebote ständen, zu einer tatkräftigen Unterstützung der Zentrumsbestrebungen ausnutzen würde. Selbstver ständlich wird in Berlin oder Potsdam immer nur das getan werden, was das Wohl des deutschen Volkes zu erfordern scheint. Anders aber wird ja auch ein klerikaler Diplomat niemals verfahren. Es liegt so nahe, die Kirche als Bollwerk gegen den Umsturz zu empfehlen, die prak- tische Bedeutung der Religion für Monarchie und Obrig keit zu betonen und so persönliche Neigungen mit dec Staatsraison in Einklang zu bringen. In solchem Spiel ist ja nicht allein die katholische Geistlichkeit er fahren. Wissen wir doch aus dem berüchtigten Scheiter haufenbriefe des ehemaligen Hofpredigers Stöcker, in wie raffinierter Weise der Versuch gemacht wird, die Krone zu umgarnen und ihre Macht in den Dienst einer Eligue zu zwingen. Solche Versuche würden sich, noch seiner ausgeklügelt, noch subtiler cingefüdelt, von Seiten der Politiker in der Soutane sicherlich einstellen, und wir bezweifeln, daß Graf Bülow der Mann dazu ist, das Schwert zu ziehen und den gordischen Knoten zu durch hauen. Leider sind alle diese Betrachtungen in gewissem Sinne gegenstandslos, und wir fürchten, daß Graf Bülow sie kurzerhand unter die von ihm erfundene Rubrik „Zeitungsgeschrei" subsumieren wird, denn die Frage, ob eine Nuntiatur in Berlin errichtet werden soll oder nicht, wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nach prin zipiellen Gesichtspunkten beantwortet werden, die unter dem neuesten Kurse so gründlich mißliebig geworden sind, sondern nach viel einfacheren Erwägungen. Graf Bülow wird sich sagen: „Im Herbst werde ich eine neue Heeres- Vorlage und eine neue Flottenvorlage einzubringen haben. Für diese beiden Vorlagen bedarf ich, wenn es recht glatt gehen soll, der Hülfe des Zentrums. Die Aufhebung des § 2 bat das Zentrum, das einen guten Magen hat, noch nicht befriedigt, und so wird es vermutlich nötig sein, wieder ein bißchen Brosamenpolitik zu treiben und in den gierig geöffneten Rachen dieser vielköpfigen Hydra einen ietten Brocken zu werfen, auf daß sie sich schläfrig zur Verdauungssiesta niederlege. So wird Graf Bülow — zwar nicht vor versammelter parlamentarischer Korona, aber gewiß im stillen Kämmerlein und vielleicht auch zu einem geheimrätlichcn Benjamin seines Herzens — sprechen, und daher nannten wir, in der Selbsterkennt nis und Selbstbescheidung, die dem Zeitungsschreiber wohl anstehen, unsere Betrachtungen von vornherein gegen- standslos. Bis jetzt freilich ist cs noch keineswegs sicher, daß die Führer des Zentrums die Errichtung einer Nun tiatur in Berlin befürworten werden. Wir glauben, daß den Herren um ihre Gottähnlichkeit bange wird, und daß sie fürchten, in der Nuntiatur für sich eine Art Dienstauf, sicht zu schaffen. Sie wissen sehr gut, daß solch ein Prälat, wie Mahadöh bei seinem Erdenwallen „die Großen be lauert, die Kleinen beachtet" und daß zum Regierungs system des Klerikalismus eine weit verzweigte und uner- müdliche Spionage gehört, in der ja die vom Geiste Loyolas Berührten nichts Verwerfliches, sondern nur eine durchaus angemessene Kontrolle erblicken. Daß Pius X. die Errichtung der Nuntiatur wünscht, darf wohl als sicher gelten, und es ist wahrscheinlich, daß das Zentrum sich über kurz oder lang der Auffassung des heiligen Vaters fügen wird. So können die Protestanten Deutschlands immerhin schon jetzt mit der Möglichkeit rechnen, daß ein Vertreter des Papstes in der Stadt, die oft um ihres Rationalismus willen gescholten wird, mit all der mystisch- romantischen Prachtentfaltung, die den Gläubigen die Macht der Kirche versinnbildlicht, residieren wird, Viel leicht ist der Benediktinerabt Krug, den der Kaiser jüngst durch eine Einladung ausgezeichnet hat. für diesen Posten ousersehen. Da liegt es nahe, den Grafen Bülow an das Sprüchwort zu erinnern: Der Krug geht so lange zu Wasser, bis er bricht. Der Witz ist schlecht, aber gewiß nicht schlechter, als die Kirchenpolitik, die heute gemacht wird, und da es nicht möglich ist, sie zu ändern, bleibt uns nichts anderes übrig, als uns humoristisch über sie zu trösten. Auch hierin folgen wir gegebenen Beispielen. Es ist ja Mode geworden, sich mit einem Witz gegen das Zeitungsgeschrei zu wehren und auch für das öffentliche Leben den studentischen Grundsatz zu Ehren zu bringen. „Ungeheure Heiterkeit ist meines Lebens Regel." O. ver rurrtrch-japanirckie Weg. Die japanisch« Mabtlmachnng. Es steht nunmehr außer jedem Zweifel, daß Japan bis zur Stunde nur den kleineren Teil seine« Heere» mobil gemacht hat, und zwar im ganzen sechs Divisionen von den vorhandenen dreizehn aktiven Divisionen. ES sind mobil: l. Armee: General Kuroki Gardedivlsion, 2. Division, 12. Division. 2. Armee: General Oku l. Division, 3. Division, 4. Division. Die ganze 1. Armee ist bis auf den letzten Mann seit dem 25. März in Korea. Ihre Front erstreckt sich über die lange Linie von Kasan—Pakoheng in der Um gegend von Dongping mit Andschu als Basis. Der Vormarsch wird wahrscheinlich auf drei gut gehaltenen Straßen erfolgen, von denen zwei nahe am Aaluflusse zusammenlaufen. Die Trans porte von Munition und Lebensmitteln bieten große Schwierig keiten, obgleich Tausende von Kulis zur Verfügung stehen. Dce japanischen Pioniere schlugen Brücken über den Pakoschang und den Schanschungfluß, von denen man annimmt, daß sie bi» zum Eintritt der Frühjahrsflut halten werden. Der Vor marsch der Artillerie erfolgt außerordentlich langsam. Die Geschütze bleiben, obgleich jedes mit sechs Pferden bespannt ist, oft auf den Landstraßen stecken, die nach Ansicht amerika nischer Beurteiler nicht einmal besondere Schwierigkeiten bieten. Die Kavallerie- und Artilleriepferde würden, soweit man bisher beurteilen kann, den aktiven Dienst im Felde kaum ein halbes Jahr aushalten. Die 2. Armee ist in Ujina und Osaka zur See verladen, zur Zeit unterwegs angeblich nach der Liautung-Küste. Es stehen noch aus Friedensfuß immobil in ihren bis herigen Garnisonen in Japan die 5., 6., 7., 8., 9., 10., 11. Division. Aus diesen sollen noch eine dritte und vierte Armee gebildet werden. Die eine dieser beiden Armeen soll noch der 2. Armee demnächst nachgefübrt werden, die vierte, bis zur letzten Stunde im Lande zurückgehalten, die Haupt reserve bilden, die man erst im gegebenen Moment zum ent scheidenden Schlage loSlafsen und mit der man wo möglich den Russen in den Rücken dringen will, wenn sie die Operation gegen die drei anderen japanischen Armeeu aus genommen haben. Vor Port Arth«». Der Sonderberichterstatter der „Time-" drahtet, daß sein Dampfer am 6. April von dem russischen Kriegsschiff „Bajan" 35 Meilen von Port Arthur entfernt an ge halt en wurde. Daraus laste sich folgern, daß es den Japanern entweder nicht gelungen sei, die Einfahrt nach Feuilleton. Kunst. Leipziger Arinftverein. Curt Rüger — Fritz Wucherer — Richard Heinmann — Ludwig Dettmann — Charles Palmis — Emil Rosenstaud. JnCurtRüger- München haben wir es mit einem Künstler von einem ausgesucht seinen koloristischen Ge schmack zu tun. Was leider so vielen Malern fehlt, was sür den Maler so wichtig ist, als für den Musiker die Harmonie oder für den Dichter die Stimmung, das feine Befühl für die Farbe, fiir große, ernste, ruhige und vor nehme Akkorde, dies Gefühl besitzt Rüger in hohem Grade. Von hier aus bekommen seine Arbeiten Seele, von hier aus erhält die Fläche ihre Gliederung, die Linie ihre Bedeutung. Das Gelbbraun der Samttaille auf dem Tamenporträt „Der Pagode" ist zu dem Orange und dein Rotgelb des Hintergrundes zu einem Klange von hervor ragender Schönbeit und Einheit des Kolorits zusammen gestimmt; desgleichen das Schwarz, das tiefe Rotbraun, das tiefe Blau und das Seegrün auf dem großen „Weib lichen Bildnis". Indessen geht Rüger zu sehr seinem Ge fühle nach und übersieht in dem Durst nach Farbenschön heit die innere Vertiefung der darzustellenden Menschen. Fällt es nicht angenehm auf, daß er in dem „Mädchen- köpf" den schönen Klang von Schwarz und Tiefblau wiederholt, denn unter vier Bildern macht sich die Wieder holung eines Motivs nicht gut, und manchmal ist er auch etwas unnatürlich. Elegant, aber geziert erscheint die Stellung der linken Hand bei dem großen „Weiblichen Bildnis", und geziert erscheint es uns auch, daß er das schönste seiner Porträts einem überflüssigen Beiwerk zu Liebe „Der Pagode" nennt. — „Dolorosa" ist ein hübscher Akt, in dem der Maler uns einen von allen Seiten vom Lichte umflossenen Mädchenkörpcr zeigt. . In Fritz Wucherer- Cronberg lernen wir einen tüchtigen Landschafter kennen, dem es wie Thoma und Hans von Dolkmann auf die Wiedergabe des poetischen Gehaltes der Landschaft ankommt. Besonders dem letz teren ähnelt er. Die Art, wie er räumlich in die Tiefe geht, wie er Luft und Dünste malt, das dominierende matte Grün in seiner Farbe, das alles gemahnt immer wieder an Volkmanns seelenvolle Naturträumerei. Die „Gewitterstimmung" ist hierfür besonders markant. Und wie da dis Luft schwer ist von Dünsten und Niederschlägen, so ist sie klar und durchsichtig in dem „windigen Tage" mit seinen mächtigen Wolkenballen, wie sie der Sturm zusammengeblasen hat. Ueberhaupt ist die kleine Kol lektion von fünf Gemälden sehr geschickt gewählt. Be trachten wir außer den genannten Bildern noch die „Korn felder" und die „Herbstlandschaft", so haben wir den Be weis dafür, daß Wucherer Herr gewisser elementarer land- schaftlicher Grundstimmungen ist. Ein starkes Naturgefühl besitzt auch RichardHein- mann- Dresden, der mit einer Anzahl trefflicher Bunt- stift- und Oelblätter im Eingangssaale vertreten ist. Er liebt große stille Einsamkeiten, wie „Am Waldrande", „Ostragehege", Elbwiesen" usw., der Friede, wie er über die Natur gebreitet ist, regt die lyrischen Seiten seines Wesens an. Heinmann ist ein feiner Luftmaler und mit Licht und Luft weiß er überzeugende per spektivische Täuschungen hcrvorzubringen. Wie er der Mann der Stimmung ist, so zeigt sich Ludwig D c t t m a n n - Königsberg in einer Anzahl neuer Buntstiftzeichnungen als Charakteristik^. Dre „Fischerfrau" ist von einer Schärfe des Ausdrucks, von einer Einfachheit und Größe der Linie, wie sic ihres- gleichen suchen. Der Königsberger Professor ist einer der ersten gewesen, die sich an Uhde und Liebermann an- schlossen, als Realismus und Pleinarismus den Kampf mit der alten akademischen Schönmalerei und mit der Lehre von Licht und Schatten aufnahmen, wie sie damals in Geltung war. Unter Frcilicht stehen alle malerischen Eindrücke bei ihm, seine impressionistischen Naturaus- schnitte in erster Linie. Tie „Mädchen am Föhr", sein „Wirtschaftsgarten", der „Feldweg mit Birken", „Sep tember", „Herbst" sind Darstellungen, aus denen die Frische der Natur herauszuwehen scheint, bald in sommer- lichem Sonnenschein, bald in der Feuchte eines Regen- tage« oder in der Melancholie des Herbstes. Die Größe der Landschaft aber und der ihr eigentümliche Stirn- mungsgehalt bilden den Hauptinhalt seiner Impressionen. I Die Stimmung dominiert auch in der schönen stillen Dar-1 stellung des „Seeufers". Hier gewinnt Charles« P a l m i s - München Beziehungen zu dem Königsberger Meister. Palmiö ist ganz und gar Landschafter. Tie Gegenden an der Donau, der Wörnitz und an der Spree haben ihn besonders angeregt. Die Schönheiten der Ge- birgsgcgenden wie der Ebene hat er uns in gleicher Voll- kommenheit gegeben. Die bleiche „Mondnacht" scheint der Reihe der fränkischen Landschaften anzugehören. Sie hat etwas gespenstiges in dem dämmerigen matten grünlichen Lichte, das über den alten Häusern liegt. Die Stunde, wo die Geister unigehen und die Toten sich anmeldcn, ist hier fest- gehalten. Von der Wörnitz mag die farbenfrische Fluß landschaft stammen. Von Emil Rosenstaud- Berlin sind eine Anzahl charaktervoller Porträts (Aqua- rekle) und einige Radierungen zu erwähnen, von denen das Mädchen vor dem Spiegel als die gelungenste ve- zeichnet werden muß. vr. I^uckvi« sssobsr. «»ethe über Zimmer-kinrichtnngen. Aus d,„Gesprächen mit Eckermann, 17. Januar 1827: Von der altdeutschen Zeit kam das Gespräch auf die gotische. Es war von einem Bücher schränke die Rede, der einen gotischen Eharalter habe, sodann kam man aui den neuesten Gesckmiack, ganze Zimmer in alt deutscher und gotischer Art einzurichten, und in einer solchen Umgebung einer veralteten Zeit zu wohnen. „In einem Hause", sagte Goethe, „wo so viele Zimmer sind, daß man einige der selben leer stehen läßt und im ganzen Jahre vielleicht nur drei- odcr viermal hincinkommt, mag eine solche Liebhaberei hin» gehen und man mag auch ein gotisches Zimmer haben, sowie ich cs ganz hübsch finde, daß Madame Panckouckc in Paris ein chineiisches hat. Allein, sein Wohnzimmer mit fremder und veralteter Umgebung auszustaffieren, kann ich gar nicht loben. Es ist immer eine Art Maskerade, die aut die Länge in keiner Hinsicht wohltun kann, vielmehr ans den Menschen, der sich da» mst befaßt, einen nachteiligen Einfluß haben muh. Tenn so etwa» steht im Widerspruche mit den, lebendigen Tage, in welchen wir gesetzt sind, und wie e» aus einer leeren, hohlen GesinuungS- und TenkungSwcise hervorgeht, so wird es uns darin bestärken. ES mag wohl einer <»" einem lustigen Winter, avend als Türke zur Maskerade geh» allein waö würden wir von einem Mensctien kalten, der ein ganzes Jahr sich in einer solchen MaSle zeigen wollte? Wir würden von ihm denken, daß er entweder schon verrückt sei, oder daß er doch die größte Anlage habe, es sehr bald zu werden." 0 L. Mn Gambetta-Tcnkmal. Herr Loubet erschien dieser Tage im Atelier Dalon in PariS, um das für Bordeaux be stimmte Gambetta-Denkmal in Augenschein zu nehmen. Da« Denk mal soll auf demselben Platze errichtet werden, aus dem einst das Denkmal Napoleons lll. stand, das am 4. September 1870 in die Garonne geworfen wurde. Gambetta steht aufrecht da, mik ge kreuzten Armen, den Kopf etwa« nach hinten geneigt, in der Haltung eines Volksredners. Am Sockel sieht man zwei Gruppen: rechts ein Kind, das seine Mutter beschützt, links die Göttin der Weisheit als Stütze der Republik. Wissenschaft. 7*. Der Lchlaktan; im Urteil der Aerzte. Seitdem sich der ärztliche Verein in München mit dem Wesen deS Schlaf tanzes und mit seiner Vertreterin besaht hat, ist von Violen berufenen und unberufenen Seiten darüber geschrieben wor den. Die Erscheinung an sich — die Ehrlichkeit ihrer Ent stehung vorausgesetzt — ist gewiß von Hohem Interesse, sollte aber, wie von vornherein betont werden muß, nicht zum Gegen stand von Schaustellungen in breiter Oeffentliämeit gemacht werden. Das neueste Heft der „Münchener Medizinischen Wochenschrift" bringt zwei Auslastungen von Aerzten über die Vorstellungen des Scylaftanzcs, die gelesen zu werden ver dienen. Der erstere Beitrag stammt von vr. Loewenfeld, der sich über seine Versuche auSsvricht, das wirkliche ^Vorhanden sein eines hypnotischen Zustandes während des LchlaftanzeS festzustellen. ES mag der Hinweis genügen, daß dieser Arzt ourch einwandfreie Experimente zu dem Schluß gelangt ist, eine Hnpnose liege tatsächlich dabei vor, obgleich zugegeben wird, daß die Feststellung der Hypnose Schwierigkeiten bietet, die ge wöhnlich übersehen werden. Dr. Loeweirfeld gilt als ein hervorragender Sackwerständiger auf dem fraglichen Gcbi-rc und stat selbst ein Werk über Hypnotismus verfaßt. Wichtiger für die Beurteilung in der Ocsfentlichkeit ist unseres Erachtens der zweit« Aufsatz von vr. Grünwald, der sich mit energischen Worten dagegen wendet, daß solche Vorführungen überhauvt zugelasfen werden. Er läßt dabei die Erörterung, ob wirkliche Hnvnose oder Simulation vorliege, ganz au« dem Spiel oder setzt vielmehr erstere voraus. Gerade unter dieser Bedingung aber mühte das Schauspiel etwas Widerwärtiges haben, den» der hypnotische Zustand ist zu vergleichen mit einer vorüber gehenden und künstlich erzeugten Geisteskrankheit. Die Parallele ist um so mehr zutreffend, als bekanntlich für die Erlciduna der Hypnose auch eine gewisse Veranlagung nötig ist. ES wird gesagt, die Vorführungen des SchiastanzeS seien von einer
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