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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.04.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050404026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905040402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905040402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-04
- Tag1905-04-04
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BezuflS-PreiS in der Hauptexpedition oder deren Ausgabe- stellen adprdott: viertestädrlich 3.—. bei zweimaliger täglicher Zuiieilung inS Hau« ./t 3.75. Turck dir Poll bezogen für Teulsch- wnd u. Lesierrrich rierlelläbrli>1> 4.50, jur die übrigen Länder laut Zeilunasvreieliste. Liese Kummer lostet aul allen Badnbbien und III I bei den ^eitungS-Perkäulern ! * Rrvottion uud Expeditton: 153 Fernsprecher 2L2 Jobannisgasle 8- Haupt-Filiale Tresden Mnrirnjlraße 34 . (Fernsprecher Amt l Nr. 1713). Haupt-Filiale Vertin: LarlDuncker, Herzg>.Baur«i)osbuchdandlg, Lüpvivstraße 10 (Fernsprecher Amt VI Nr 46031. Abend-Ausgabe. Mipügcr TagMaü j Handelszeitung. Änttsölatt des Hönigl. Land- und des Hönigt. Ämlsgerichtes Leipzig, des Aales und des Aolizeianttes der Ltadt Leipzig. Anzetsten-PrktS die bgcspaltene Pctitzcile 25 Familien- und Stellen-Attzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, itzeschäslsan,zeigen unter Text oder an beionderer Stelle nach Taris. Tie 4 gespaltene Neklamezrile 75-4. Annahme,chlutz für An;rtge». Abend-Ausgabe: vormittag? 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen «nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geössnrt von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol; in Leipzig lInh. I>r. V..N. LW. Klintkardtl. Herausgeber: vr. Victor Illinkhardt. Nr. 172. Dienstag den 4. April 1905. 98. Jahrgang. Var Wcbtigue vom rage. ' Der Kaiser trifst am Donnerstag in Neapel mit Kania Viktor Emanuel von Italien zu- stimmen. der vom Minister des Aeuszern Tittoni be- aleitet sein tvird. » * In Wien haben aestern die ausgespcrrten Tisckileraehülfen aeaen die Polizei demonstriert. CS. Ausland.) * Die Position Tclcassös ist erschüttert, die A n- arisse aeaen ihn niedren sich. iS. Ausland.) ' Aus Warschau werden zwei neue Attentate auf Polizisten gemeldet. (S. die Krisis in Ruß land.) Der Live» heiligt ckar Mittel. Die „K. Ztg." bringt jetzt den Wortlaut der Urteils gründe, dir zur Verwerfung der Berufung im Prozeß Hoensbroech-DaSbach geführt haben. Die Begründung macht da- Urteil zwar verständlicher, weist aber auch klar nach, daß Herr Dasbach e« nur einem günstigen Zufall verdankt, daß er sein Geld diesmal noch behalten darf. Denn wenn auch der vielbesprochene Grundsatz „Der Zweck heiligt das Mittel" nicht wörtlich in jesuitischen Schriften zu finden ist, so ist doch durch das Urteil sestgesteltt, daß von Jesuiten einzelne an sich verwerfliche Handlungen unler bestimmten Voraussetzungen als erlaubt hingestellk werden. Ist also im juristischen Sinne der von Dasbach geforderte Nachweis nicht erbracht unk mußie deshalb der Klageanspruch HoenSbroechs abgewiesen werden, so ist doch bewiesen, daß der Grundsatz „Der Zweck heiligt das Nüttel" dem Sinne nach mehr als einmal von jesuitischer Seite ausgestellt worden ist. Daß er noch beute wacker be folgt wird — intra wnro; er extra — ist allbekannte Tat sache. An« der Begründung feien folgende Stellen wörtlich mitgeteilt: Wenn nach den bisherigen Ausführungen ein Fall des z 657 BGB. vorliegt, so kragt eS sich nun, welchen Nachweis der Kläger zu führen hatte, um aus die vom Beklagten ausgesetzte Belohnung Anspruch erheben zu können, und ob er diesen Nachweis geführt hat. Die in der Rixdorfer Versammlung vom Beklagten augekündigte AuSIobuna hatte den Inhalt, daß der Beklagte demjenigen 2000 Gulden zahle, der eine Stelle aus Jesuitenschriften nachzuwcisen vermöge, worin die Jesuiten den Grundsatz lehrten: „Ter Zweck heiligt die Mittel". In seiner Tiklärung vom 16. April 1903 erläutert der Beklagte dies dahin, daß der Grundsatz „Der Zweck heiligt die Mittel" in dem Sinne verstanden werden solle, in welchem er dem Jesuitenorden angedichlet werde, nämlich, daß jede an sich sittlich verwerfliche Handlung dadurch, daß sie vollbracht wird, »m als Mittel zur Erreichung eine- guten Zweckes zu dienen, sittlich erlaubt werde. Ter Kläger akzeptierte in seiner Erklärung vom 22. Mai >903 diese Auslegung. Damit waren sich die Parteien über den Sinn, in welchem der Satz „Ter Zweck heiligt die Mittel" hier verstanden werden solle, einig. Ter Kläger behauptet nun aber, daß ihm schon dann die Belohnung znstehe, wenn er im Wege der Schlußfolgerung den Nachweis er bracht habe, daß die Jesuiten den fraglichen Grundsatz lehren, daß also der Grundsatz virtuell in den jeiuilischcA Schriften enthalten sei, während der Beklagte behauptet, der Kläger müsse Nachweisen, daß an irgend einer Stelle in den jesnitijcheu Schritten der Grundsatz, „Der Zweck heiligt die Mittel", wenn auch nicht gerade mit diesen Worten, so doch ausdrücklich (formell) aus gesprochen sei. Da eS sich bei der Auslobung nur um eine einseitige Willenserklärung handelt, welche schon den Anslobendcn veipsUchlet, nicht aber um einen Vertrag, so kann der Beklagte einzig und allein al- Interpret besten in Frage kommen, was er als Gegenstand seiner Auslobung gewollt bat. Selbstverständlich darf seine Auslegung nicht mit dem Sinne und dem Wortlaute seiner ursprünglichen Erklärung in Widerspruch stehen. DieAuslegung, welche derBeklagte gibt, befindet sich aber nicht nur nicht mit Sinn und Wortlaut seiner in Rixdorf abgegebenen Erklärung im Widerspruch, sondern letztere kann bei ver ständiger Würdigung nicht anders aufgefaßt werden. Wenn nämlich der Satz: „Der Zweck heiligt die Mittel", nach der übereinstimmen den Ansicht der Parteien hier verstanden werden soll, — und so ist er in der Tat stet- den Jesuiten von ihren Gegnern zum Borwurf gemacht worden, — „daß jede an sich sittlich verwerfliche Handlung dadurch zu einer erlaubten werde, daß sie vollbracht wird, um al« Mittel zur Erreichung eines guten Zweckes zu dienen", also irgend eines guten Zweckes ohne Wahl und ohne Rücksicht auf die ob waltenden Umstände, und wenn dann laut der Rixdorfer Erklärung der Beklagte den Nachweis irgend einer Stelle au- jesuitischen Schriften verlangt, wo dieser Grundsatz g> lehrt wird, so muh notwendig an dieser Stelle geschrieben sieben, daß alle an sich verwerflichen Handlungen zur Dollbringung zu irgend einem guten Zweck unter allen Umständen erlaubt seien, m. a. W. der Satz muß als Grundsatz an der betressenden Stelle gleichgittig zwar mit welchen Worten, in welcher Form, aber au-drücklich (formell) aus- gesprochen sein. Der Kläger behauptet, den verlangten Nachweis in seiner Schrift: „Der Zweck heiligt die Mittel" geführt zu haben, und zwar hat er in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich behauptet, daß in den von ihm in seiner genannten Schrift herangezogenen Stellen aus Jesuiten- schritten auch sormev der Grundsatz in dem hier fraglichen Sinne aus- geiprochen sei. Mit diestr Behauptung befindet er sich zwar im Widerspruche mit seinem eigenen Zugeständnis in seiner Erklärung vom 20. April 1903 «T. 97 seiner Schrift, wo es heißt: „Von allen und jeden in sich sittlich venverstichen Handlungen ist und kann natürlich an den betreffenden Stellen der jesuitischen Schriften nicht die Rede sein, jonderu es ist dort — wie ich nachweisen werde — die Rede davon, daß bestimmte, aber in sich sittlich verwerfliche Handlungen dadurch, daß sie vollbracht werden, um als Mittel zur Erreichung eines guten Zweckes zu di ueu, sittlich erlaubt sind". Ta aber i»ne Behauptung jetzt' ausgestellt ist, so bedarf es in dieser Richtung einer Prüfung des Inhalts der vom Kläger beigebrachten Au-züge ans den Jesuitenschriften . . . Da das Gericht nun zu prüfen hat, ob in den vom Kläger dar gebotenen Auszügen au- jeiuitischen Schriften an irgend einer Stelle formell der fragliche Grundsatz in dem mehrerwähnten Sinne ausgesprochen, nicht aber, ob virtuell der Grundsatz in jenen Auszügen enthalten ist, oder gar, ob formell und virtuell der Grundsatz sich in jenen Jeiuitenschristen überhaupt findet, und da die in diese» engen Grenzen sich be wegende Prüfung de- vorgelegtrn Materials keinerlei Kenntnis einer Spezialwiffenschaft oder fernliegender tatsächlicher Verhält nisse erfoidert, so bedurfte es nicht der Zuziehung Sachver ständiger: das Gericht war vielmehr nach Lage der Sache imstande, sich selbst ein Urteil zu bilden. In dem vom Kläger gebotenen Material ist aber keine einzige Stelle aufzuweisen, in welcher der Grundsatz: „sede an sich verwerflich» Handlung wird dadurch, daß sic zu einem guten Zweck vollbracht wird, erlaubt", ausg »sprachen ist. Die sämtlichen, vom Kläger herangezogenen Stellen ans den Jeiuitenschristen besoffen sich vielmehr ausschließlich mit bestimmten, einzelnen Handlungen, und »s wird von den Jesuiten die Frage beantwortet, ob diese unter bestimmten Voraus- setzungen erlaubt sind Der Kläger hat also den vom Beklagten in der Auslobung verlangten Nachweis nicht erbracht. Der von ihm erhobene Anspruch auf die ausgesetzte Belohnung ist daher unbegründet, und es war sonach aus tatsächlichen Gründen die Zurückweisung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil erster Instanz begründet. Also, wie gesagt:.wörtlich stehtS nicht in den jesuitischen Schriften, aber Grundsatz ist« und bleibtS doch bei den Herren Jesuiten: Der Zweck heiligt das Mittel! Vie Marokkokrage. Post festuni. Der „Temps" bespricht die vom „Wolk'fbureau" ge meldeten Aeußerungen des Kaisers gegenüber dem Vertreter des Sultans und nimmt besonders Anstoß an der Behauptung, daß Wilhelm II. dem Sultan vor geschlagen habe, bei den Reformen vorsichtig vorzugehen. Diese Mahnung stelle im Augenblick, wo der Vertreter Frankreichs in Fez über Reformen ver- liandle, nahezu das Maximum dessen dar, lvas der Kaiser ohne offenen Bruch mit Frankreich an Höf lichkeit zufügen tonnte. Frankreich könne seinePoli - tik dieser Haltung gegenüber nicht andern. eS werde sein Projekt verfolgen in voller Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichten. — Ter Korrespondent des „Journal" in Tanger macht über dieUrsache, die zur Abkürzung des Kaiserbesuches führte, tele graphische Mitteilungen, die nicht umvabrsck'einlich klin gen. Der Korrespondent, der seine Informationen auf der französischen und deutschen Gesandtschaft in Tanger eingezogen haben will, telegraphiert: „Herr v. Kühl mann, der sich sogleich nach Eintreffen deS Kaisers an Bord der „Homburg" begeben lxitte. überbrachte Tele gramme aus Berlin und auch den Tert der Rede, die Abdel Malek im Namen des Sultans halten sollte. Dieser sehr lange Tert mußte dem Kaiser übersetzt werden. Es scheint, das Abd el Aziz dem Kaiser zu herzlich für den wirksamen Beistand dankte, den der Besuch des Kaisers im Augenblick der peinlichen Verhandlunaen mit Frank reich den Marokkanern brachte. Jedenfalls erklärte der Kaiser daß er die Ansprache nicht annehmen könne, daß man ihm falsche Absichten zuschiebe, und daß er dem Vertreter deS Sultans nicht in den gleichen Wendungen antworten könne. Baron Tattenbach, der ehemalige deutsche Gesandte in Tanger, erfuhr diesen Vorfall, behab sich an Boid der „.Hamburg" und bewies dem Kaiser, daß es absolut notwendig sei, wenigstens für einige Augenblicke das Land zu betreten, falls man nicht eine wahrhafte moralische Katastrophe veranlassen wolle. „Gut", sagte der Kaiser, „aber ich werde mein Schiss nur verlassen, um mich auf deutsches Territorium zu begeben." So sand kein anderer Empfang statt als der aus der deutschen Gesandtschaft und kein anderer Zug als der vom Hafen zum Gesandtschaftshause. Asubet und Eduard VII Aus Paris wird gemeldet: Hier gilt cs als wahr scheinlich. daß nächsten Donnerstag nachmittag eine Zu sammenkunft zwischen König Eduard und dem Präsiden ten Loubet stattfinden werde. Es sollen bereits darauf bezügliche Unterhandlungen zwischen der fran zösischen und der englischen Kabinettskanzlei stattgesun den haben. Ein Schreiben an Delcasf§. Ter nationalistische Deputierte Archdeacon, der eine Interpellation über die marokkanische Frage ange- kündigt hatte jedoch von dem Minister des Aeußern. Delcasi^. picht besonders ersucht worden n>ar, seins Inter pellation zu verschieben, hat, wie aus Paris telegra phiert wird, verstimmt über dieses Vorgehen an Telcassö ein Schreiben gerichtet, in dem er seine Interpellation aufrecht erhält und verlangt, der Minister solle diele möglichst bald beantworten. In den Kreisen der Parlamente!- verlautet, daß Minister Delcassd ent schlossen sei. 'die Beantwortung der Interpellation a b - zulehnen und sich dabei auf die Geschäftsord nung zu berufen, nach der es ihm gestattet sei. Inter pellationen über die äußere Politik auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Doch sei die Zahl der Deputierten, denen die Politik Delcassös in der letzten Zeit ernste Besorgnis eingeflößt lwbe. so groß geworden, daß die ablehnende Haitung des Ministers jedenfalls scharfen Wider- sprucb Hervorrufen werde. ver rurrircd-japsnircbe Weg. Die „Virmingham.prst" meldet, daß tatsächlich zwischen Frankreich und England in letzler Zeit Verhandlungen über eine Friedensvermit- telung stattgefunden hätten. Die amerikanische Ne gierung unterstütze die Aktion. Die diplomatischen Ver treter Japans und Rußlands inLondon und Paris seien sogar angewiesen worden, begründete Vorschläge entgegenzu nehmen und ihren Regierungen mitzuteilen, welche unter diesen ' Vorschlägen als annehmbar betrachtet werden könnten. Vie siririr in vurrlanck. Neber die Zugeständnisse an Fiuland wird der „Voss. Ztg " aus HeIsingsors noch geschrieben: Für Finland scheint nach der unaufhörlichen Russstizierunas- arbeit, die seit den neunziger Jahren vor sich ging, endlich doch eine bessere Zeil heranzu'brechen. Dem Senat ging soeben die kaiserliche Entscheidung über die große Petition o e s L a n d t a g s zu, die am 31. Dezember beschlossen wurde und die W i e d e r h e r st e 11 u n a der gesetzlichen Ordnung Finlands verlangte. Laut dieser Entscheidung wird die AiwhebunL von Wehrpflichtigen eingestellt, wogegen Finland an die russische Neichskaise eine jährliche Summe von 10 Millionen sin. Mark abzusühren hat. Aber so erfreulich auch diese Botschaft für das ichwer geprüfte Land ist. so wurde die Petition des Landtags doch nur teilweise erfüll,, den» sic forderte nicht blos die sofortige Einstellung der Aushebungen, sondern auch die Beseitigung anderer gesetzwidriger Verord nungen. Dazu gehört vor allem das lästerliche Manifest vom Februar 1899, das einer Aushebung der Verfassung aleich- kommt, weil damit dem Landlaa der wichtigste Teil der Gesetz- aebungsardeit abgenommen und nach Petersburg ver- legt wurde, wo dann mit Umgehung des Landtags die Wehr- pshchtordnung zustande kam. Ein weiterer Punkt der Petition betraf die Wiedereinführung der sinischen und der schwedischen Sprache als Amtssprache. Indessen bedeutet die Einstellung der Aushebungen immerhin für die Finländer ein wichtiges Zugeständnis. Das Wehr- pslichtgejek führte, wie man weiß, zu einem allgemeinen passiven Widerstande, Massen von Wehrpflichtigen erschienen nicht zur Aushebung, und die Kommunen weigerten sich, die vorge'chriebenen Mitglieder zu den Aushebungskommissionen zu wählen. Dadurch zogen sich die Kommunen zahllose Geld strafen zu, und die Richter, die es ablehnten, wegen Ueber- tretungen in Sachen des Wehrpslichtgesetzes vorzugehen, wurden abgelebt. Alle im Gefolge dieses Gesetzes outtrcten- den Verfolgungen fallen nunmehr fort. Seit Fertigstellung der Petition demonstrierte der Landtag dadurch, daß mit Ausnahme einiger dringenden Sachen alle Vorlagen nur in den Ausschüssen vorbereitet wurden. ES wird sich nun zeigen, ob der Landtag seine Arbeiten infolge der Zugeständnisse wieder aufnimmt. Sszialpotttlscbe Pläne. Nach der ,,Oteschestwa" «beschäftigt sich das Finanz- Ministerium mit der Ausarbeitung der Arbeiter wohnungsfrage. zu welchem Zweck freie Summen der Sparkassen verwende! werden — Die „Nowoje Wremia" meldet aus Moskau vom 31. März: Infolge der Unmöglich keiten der Studentenunler st ützu na s gesell- schäft, die Studenten zu unterstützen, beschloß die Gesell schaft, an das Volksausklarungsministerium zu petitionieren um Befreiung -armer Studenten von der Zahlung der Kollegiengelder. Zwei Attentate auf warschauer Polizisten. Aus Warschau meldet ein Telegramm: Ein Unbe kannter schob abends in der Delnja-Straße auf den Re- vierausseher: dieser wurde leicht verwundet. Ter Täter ist entkommen. Später wurde in der Wolska-Straße ein Stadtwächti-r überfallen und durch «men Messerstich ins Herz schwer verwundet. Der prozesz aeaen -en Moskauer Attentäter. Aus Petersburg meldet der ,,L.-A.": In nächster Zeit beginnt der Prozeß gegen den Mörder des Großfürsten Sergius. Dazu begibt sim nach Moskau eine Abordnung des Senats, bestel-end aus dem Präsidenten Deier und sechs Mitgliedern^ Zum öffentlichen Ankläger wurde der Qberproknrator Sschtscheaolotow ernannt. Es ist bisher nicht gelungen, die wahre Persönlichkeit des Mörders sestzustellcn; .cr wird wahrscheinlich als namenlos ver urteilt werden. Ist Moskau erhält sich daS Gerücht, daß der Attentäter der hohen Aristokratie angehört. Heuitleton. g) Möblierte Zimmer. Roman von Rudolf Hirschberg. Jura. Nachdruck verboten In der Tot iah sie mit ihrem glatten, schwarzen Cheviotrock. der waschseidenen, weiß und lila gestreiften Bluse und dem braunen, ledernen Gürtel sebr anständig angezogen aus, und Etnald musterte ihre Gestalt mit so unverhohlenem Wohlgefallen, daß sie vergnügt er rötete, einen Augenblick verickstimt zu Boden schaute und ihn dann wieder nm so vergnügter mit ihren blauen Augen anstrahlte. „Und was wird mit den übrigen zn>anzig Mark?" fragte er. „Die sparen Sie gewiß für Ihre Ans- startung?" „Wofür ich das Geld spare, weiß ich noch nicht- Wenn ich mal keinen Mann bekomiiie. kann ich ein kleines Vermögen erst recht gebrauchen. Eino alte Jungfer muß doch einen Mops in ihrem Zimmer Haden und einen guten Likör im Schrank, und beide« kostet Geld. Jetzt bin ich ja noch nicht so alt und lege meine Ersparnisse in meinem Sparkassenbuch an So viel, daß ich mir auch losch' eine ungsücksiche Aktie hätte kaufen können, hotte 'ch. Gott sei Tank, noch nicht zusammen. Ach, der arme Vater bot fürchterlich geschimpft Ick bin die einzige in der Familie, die ihr Geld gerettet bat." „Sie scheinen sebr glücklich zu sein und sehr zu frieden mit Ihrer Stellung?" ,,OH nein, ich bin sehr unzufrieden", erwiderte sie heftig und bemühte sich, ihr lachendes Gesicht mit ein paar finsteren Aalten zu durchstreichen. „Es ist ent setzlich langweilig bei Wachlitzkp. In einem Kontor ist doch kein Leben! Ich sehe mich schon lange nach einer Stelle als Kassiererin um in einein feinen Laden. Wes- bald habe ich denn Buchhaltung gelernt? Dort kann ich es schließlich bis auf hundert Mark bringen." „Und dann haben Sie das Ziel aller IbiHr Wünsche erreicht?" fragte er, leise seufzend. „Was ich mir dann wünschen werde, das weiß ich jetzt noch nicht. Aber es wird mir schon beizeiten ein fallen. Ich wünsche mir immer etwas." Es klingelte, sie lief hinaus, um zu öffnen, und ließ in der Eile die Stubentüre offen. ,.Dkar? Was willst du denn schon nm diese Zeit?" hörte er sie rufen. „Es gibt heute fürchterlich zu Um", ontivortete eine jugendliche Männerstimme. „Vor zehn Uhr werden wir nicht fertig mit lacken. Da Kat mir Herr Becker er laubt, schnell mal nach -Hause zu geben, um Abendbrot zu essen. Mach' schnell Eine Bemme esse ich hier, die andere nehme ich mit." Ewald sah einen starken, blonden Burschen von etwa sechzehn Jahren an der offenen Türe vorbei in die Küche gehen Es war Klaras jüngerer Bruder, der bei einem Buchbondlunglkommissionär in der Lehre war und jetzt seiner Schwester mit begeisterten Worten von dem riesigen Umsatz und der vielen Arbeit erzählte, die es heute im Geschäft zu bewältigen gab. Der Junge schien ganz stolz und glücklich über sein mühevolles Tagewerk zu sein. Kaum Ivar er fort, so wurde die Flurtür von außen aufgeschlossen. Er hörte Klaras Stimme: „Guten Abend, Herr Opitz. Herr Permoser ist da." Dann klang der wohlbekannte, listige Schritt über den Gang, und Robert trat ein. „Guten Abend", sagte er, indem er ein Bund Radieschen und einen durch seine Papierhülle hindurch duftenden Käse' auf den Tisch legte. „Ich komme eben von Euch. Beileid anssprechen ist ja Unsinn. Aber ich wollte sehen, wie es Euch geht. Es freut mich, daß ich dich nun hier treffe. Daß Ihr eine Pension einrichten wollt, finde ich sehr verständig, wenn ich mir ein Urteil darüber erlauben darf. Aber was mir deine Damen von deinen Absichten erzählt haben, das kann doch nicht dein Ernst sein. Das wäre ja jammerschade um dich. Jetzt, wo du io dicht vor dem Examen stehst." „Tu lieber Gott, mit meinen Kenntnissen stehe ich keineswegs dicht vor dem Examen. Ich könnte allen falls einen Doktor kauen; aber zum Dtaatseramen für höheres Lehramt müßte ich mindesten- noch drei oder vier Semester tüchtig büffeln. Dazu habe ich jetzt weder Zeit, noch Geld." „Du sagst das so leichtfertig Ist dir denn dein Studium nicht an'S Herz gewachsen? Tut dir gar- nichi leid, e- plötzlich ganz aufzugeben und ein noch- ternär Kaufmann zu werden?" „An das Herz gewachsen? Nee! UeberhaipK handelt es sich hier nicht um das Herz, sondern um das Porte monnaie. Ich verkaufe mich da, wo ich am teuersten bezahlt werde." „Wenn dn allerdings so denkst, dann läßt sich gegen deine Pläne nichts einwenden. .Hast du schon einen guten Anfang zu ihrer Verwirklichung gemacht?" Er breitete eine leidlich saubere Serviette über eine Ecke des Tisches, bat Fräulein Klara, beute zwei Teller mit Messern und Gabeln zu dringen, holte aus dein Schranke eine blecherne Kapsel mit einem Brot, eine Cervelatwurst, eine Butterbüchse und ein Salzfaß her vor und forderte Ewald auf, sich an dem Abendbrot zu beteiligen. Den batte das stundenlange Umherirren hungrig gemacht; er griff zu und erzählte dabei die Reibe seiner heutigen Enttäuschungen. „Was sagst du nun?" sagte er schließlich. „Das könnte einem dock alle Hoffnungen rauben!" „Nein", antwortete Robert ruhig. „Aber es müßte hingereicht baden, mn dich über einen Grnndirrtnm deines Planes aufznklären. Du hättest dir auch schon vorher selbst sagen können, daß Kaufmann kein Be ruf ist. den man so im Handumdrehen ergreift. Ein bißchen muß man doch jedes GeickEft erst lernen, ehe man cs ausübt Natürlich wirst du dazu nicht so lange Zeit brauchen, wie ein KonkirinandenjUngling. Aber einen Kursus in der doppelten Buchführung und äbn lichen kaufmännischen Künsten solltest du doch nehmen wenn e- deine Mittel irgend gestatten Erst ini Besitz dieser kaufmännischen Technik kannst du bie Ueberlagen-
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