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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192212235
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19221223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19221223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1922
- Monat1922-12
- Tag1922-12-23
- Monat1922-12
- Jahr1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1922
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Da» Püppchen zeigt mit einem gar kläglichen Gesichtchen jUuf Ihre Schühchen nnd schluchzt laut auf. Der Weihnachtsmann hat schweigend zugcbört. Ebenso schweigend beguckte er jetzt die Schuhe der kleinen A.'.Srcißer. Der Schnee hat die leichten Schühchen ganz aufgemeicht. Mit gesenktem Köpfchen stehen die Puppen wie kleine Sünder da. Der Weihnachtsmann befiehlt ihnen kurz: „Kommt!" TrauAg schleichen die Ausreißer ihm nach. Der kleine Zug ist am Zwergenhäuschen angslangt. Weihnachtsmann öffnet die Tür und bleibt erstaunt stehen. Die Zwerge, Goldbärchen und das Reh verharren noch regungslos auf ihren Plätzen rrnd starren mit großen Augen in die Mitte der Stube. Dort laufen und rennen alle kie Hslztierchrn, die vorhin mit anS dem Sacke schlüpften, im Kreise herum, trippel, trappel, einmal links herum, einmal rechts herum. Der Weihnachtsmann nimmt schweigend den Sack, legt ihn auf den Fußboden und donnert: „Marsch, hinein, ihr Gestndel!" Die Tierchen heben erschreckt die Köpfe und drängen in wilder Hast durch den schmalen Spalt in den Sack hinein. Der arm; geplagte Weihnachtsmann atmet tief ans, schiebt die Kapuze zurück und wischt sich mit seinem großen roten Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Nun steht er sich nach den Puppen um. Sie fitzen in Reih und Mied regungs. los, wir fich'S für Puppen gehört, auf einer Bank. Langsam löst sich auch der Bann von den Zwergen, Gold härchen und dem Reh. Sie bestürmen de» Weihnachtsmann mit einer Flut von Fvagen. Dieser wehrt str ab und poltert: „Jetzt ist keine Zett zum Erzählen übrig. Schnell, an die Arbeit! Zieht de» Ausreißern dort die Schuhe aus und stellt ste an den Ofen znm Trocknen!" Nun entwickelt sich eine fieberhafte Tätigkeit im Zwergenhäuschen. ES wird emstg gearbeitet, daß noch alle» fertig wird. Dabei erzählt der Weihnachtsmann von den Puppen, die -a meinten, es sei wunderschön, durch den Schnee zu waten. Als die Dämmerung mit weichen leisen Händen ihr« dunklen Schleier answirft, der Mond breit und glänzend hinter den Tannen aufsteigt und hier und da ein Sternchen aufblitzt, steht ein langer Zug von Schlitten vor -em Häus chen der Weihnachtszwerge. Und alle die fleißigen Männchen sind bereit, die Fahrt i«S Menschenraub anzutreten. An -er Spitze reitet Goldhärchen auf Brauncheu. Der kleine Engel trägt ein Tragkörbchen auf dem Rücken. Darin befinden sich die Geschenke für da» arme Minchen und ihr Mütterlein. Das Gesichtchen de» Engelchens ist vor Freude ganz verklärt. Golbhärchen flüstert einmal umS andre: „Wie wirb sich Minchen freuen!" Braunchen stampft ungeduldig mit den kleine» Suse». Endlich setzt sich der Zug in Bewegung. Hinter dem Reh stapft der Weihnachtsmann her. Er trägt auf seine« Rücken den Sack. Wohlgeborgen ruhen darin ave die And» rührer von heute morgen. Neben dem Weihnachtsmann schreitet würdevoll der Zwergenvater. Dahinter folgen in langer Reihe die Zwerge. Sie ziehen di« zahlreichen Schlitten, die hochbeladen find mit Chriftbäumen und all den Sachen, die au» -en geschickte« Händen der Wrihnachtszwerge hervorgegangen find. Auch die Krähe hat sich eingefunden und fliegt al» Weg. weiser voraus. Die goldenen strahlenden Löckchen de» kleinen Engels und der gute alte Mond mit seine« Sternen be leuchten den Pfad. ' So zieht der Zug durch -en WeihnachtSwald de» Menschen entgegen. Sin Klingen nnd Singen geht durch die Bäume. Et« Nudeln und Jauchzen klingt durch di« Luft. Geheimnisvoll rauscht'S und rannt's dazwischen. Das sind die Geister der Weihnacht. Plötzlich ertönt vom Himmel herab der Gesang de« Engel: „Ehre set Gott in der Höhe, und Friede aus Erden, «nb den Menschen ein Wohlgefallen!" Druck uud »erlaa vo« Lanaer u. Winterlich. Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Arthur Hähuel, «test». «achtSmann, oer »och ganz versonnen ins Brite blickt. Sie springen an ihm in die Höhe, ihm den Bart und Stehen ihn au der Kapuze. Der Weihnachtsmann wehrt sie lachen- ab: „Ihr macht mich fix", fi-rrt ächzend ar,,' eine- Stuhl und stellt seinen schwer?:: Sack neben sich. Die Zwerg« stieben lachen- davon, als -er Weihnachts mann mit der Rute droht „Hruie ist'S btAes kalt drauS«»," SeSusrt dieser, nachdem er sich ein Wr-üLmr urrschnWcft hat, „puh, HÄ' ich geftssrrn." Und uur: erzSAi er vsu seiner Herreise, Untersten regt eS sich in dem Sacke. lliue Pup-e guckt »Ä-L heraus und schrei aus Leibeskräften: „Ksßt mich heraus!" „Hera»§, Hera»»!" tönt es «iS -vn Tiefen de» Sackes, Die dünne» PuppeRjttmmchen übertönen nicht Sie markige Stimm« Le» AeihsechLSmauueS. MES 'SHL die Puppe dä» Köpfchen fink«. Der Weihnacht»««»» klasi: „Mich frier! an die Füße!" Ein Zwerglein bringt ein Peer mächtig große Filz schuhe. Und ungefähr zehn der Männchen f»X«r an einem -er ungeheurer. Stiefel des W--ihnachi^?snur» «r um ziehen au» Leibeskräfte«. Vergebens, der Schuh bleibt fest am sieStn. EiniL« der kleinen Bursche» springen »»4 Herz» und — «in sewEign: Ruck — und -au» — ein Poltern und Krache». Der Stiefel fliegt isr großem Boses Lurchs Zinnner. Der Weihnachtsmann Ist durch den ge waltigen Rnck vom Stuhl gefalle«, die Zwerge vor Schreck ihm nach. Zm'.r-^nSeine rage» in die Luft. Schreiend und quiekend krabbeln die kleinen Kerle auf -em Fußboden herum. Der Weihnachtsmann ist uni« ihnen «rgrsb««. Er ächzt, stöhnt und lacht dazwischen: „Wie bin ich bloß hier h-rnntergelavg!? Helft mir i» die Höhe! Helft mir doch in die Höhe!" Niemand Hilst dem arme« Weihnachtsmann. Die Zwerge sind aufgekrakSelt, stehe» stmunr und reisten MssL und Augen «rf. Purzel, ei» kleiner übermütiger Zwerg, schießt unaufhörlich Purzelbäume, vorwärts, rückwärts. Gold härchen schmiegt sich eng a» Draunche» rmd starrt auch mit weitgeöfsneirn Augen und offenem Mündchen auf den Sack. Dort ereignet sich etwas Merkwürdiges. Der Sack ist umzrfallvn und «rfgegangen. AuS der Oeffnung schlüpfen Pupp«, große und kleine, Holzpferdchen, Holzschäfchen. Holzküh-, Die Ppppen in ihren duftigen Kleibern jassen sich an den Händchen und schließe» einen um öcu WeibnechtKLkrn *. Dieser ha! sich erch4tch anfgerafst und besieht sich starr vor Stuuncn ö-n Wunder. Lüe Puppen und Püppchen schlingen einen lustigen Reigen um de« Verblüfften und marschieren daun ts ein« lange» Neihr zur Türe hinaus. Sprachlos v»r DchreSrn starren MrihvachtSmann, Zwerg«, Solbbärcheu und Reh hinterdrein. Der WethnachtS- man» erholt sich zser«. Sr rennt, nur mft einem Stiefel brklriöm, hinter -en SsSretßrr« her. Der L-ndve Stiesel, o Wunder, reckt sich, richtet sich auf und stiefelt de» Weihnachtsmann nach. Dis ZurnckArtbend« rühren sich «er Schreck und Staune« nicht vom Flecke. Unterdessen hat der Sitesel den WeH«cht»n»«n ein- «holt. Al» diesvr da» mrSestiefekte Brin hebt, stellt sich »er Schuh darunter UN» — husch, fährt der Weihnachtsmann «nein. Er merkt es i« seiner Aufregung garnicht un stürmt rrettes Endlich hvtt er dir Pupp«, et» und dounrri: „Halt!" Dir AnSrsitzer bleiben wie angewnrzeli stehen. Aengst- ltch schaue« all- Ue kleinen Pupyenauge» auf brn scheltenden Weihnachtknsann. Er zankt: „WaS fällt euch ei«, so mir nicht», dir nicht» -aroazulaufe^ ? Ich ,verde euch Helsen, ihr Puppenvolkl Ich erzähl: eS dem Ehristkinö, wir ungezogen ihr seid! La breche« die Puppen in ei» bitterliche» Weinen anS. Der Weihnachtsmann betrachtet sie nachdenklich. Dann fraat er in das Schluchzen hinein: „Sagt mal, warum fei- ihr eigentlich bavongelausen?" Ein zierliche» Püppchen, das -aS Stumpfnäschen keck in Hs« Lmft reckt, tritt vor nnd bettelt: „Lieber gute: Weih nachtsmann, bitte, zank« nur mich aus! Ich allein bin daran schuld' Hier fängt e» von neuem zu schluchzen an und fährt fort: ^Du hattest den Sack nicht fest zugebnnden. JH lag obenauf und steckte meinen Kops zu der Lücke hinaus. Der Wind wehte mir zwar etwas unsanft urnS Näschen, aber ich ließ »ich nicht stören. Neugierig guckfi ich mich um und sah den schönen weißen Schnee. Ich dachte, es müßte wunderschön Hei», so durch den hohen Schnee zu stapfen. Das hab' ich auch »en andern erzählt Und als nun vorhin der Sack nmfiel und anfging, habe ich die anderen hcrauSgelockt nnd — nnd I Wrshnnihlohnmnn. Charakteristisch. M.: „Was ist «lein eigentlich füll rin Mensch?" > v.: „Na, weißt du, der gehört zu denen- dir ihre Weihnachts- ueschenk« immer schon acht Tage vor dem Feste austeilen, damit di« anderen Zett haben, für Gegengeschenke zu sorgen." > Die Ueberraschung. Herr Schwär, zu seiner »attiur „Nein, «nulle, ich werde dir nicht lagen, was ich dir zu W«h- Nachten schenke! Daß ihr Frauen doch nie warten tduntl Lo mir doch die Freude, dich ,u überraschen I" Fen» Schwarz: „Ach, Otto, bitte, sag mir'» doch ruhigI firm» du nachher Wort hältst, bt» ich überrascht genug!" Erzähler an der Elbe. Belletr. Gratisbeilage za« „Riesaer Tageblatt". Nr. 5 t. Christrose. Nun tritt an seine Reise der teure Gottessohn. Auf wundersame Weise stieg er vom Himmelsthron: Und über tausend Sterne trägt ihn der Engel Wacht In wrltenweile Ferne zur stillen heiligen Nacht. Sein' Ankunft war erkoren zn festlich hohem Sang. Al» Kindelein geboren ging sein Weg rrdentlang Aus harter Kripvenwiege durch Armut, Haß und Rot De» Kreuze» steile Stiege hinauf zum Martertod. Doch wo er kam gegangen, ging mit rin goldener Schein, Der Menschen Hrimvrrlangen fand Trost bei ihm allein. Und ob er mußte eilen durch kurze Wanderzrit, Könnt' er doch rette» und heilen viel Herzen von Sund und Leid. Drum ist zuletzt geschritten sein Fuß durch Grab und Lod. Hat un» die Bah» erftritten zum ewigen Morgenrot; Drum war sein AuSgang wieder, al« hier sein Werk getan Für alle sein« Brüder, »um Bater himmelan! — Nun tritt an sein« Reise der teure Gottessohn. Stimmt an zu seinem Preise den süßen Weihnachttton! Ach, nimm die goldenen Pfade, da du gewandert bist Voll lauter Lieb und Gnade, mich mit, du heiliger Christi Pfr. Lic. Fuchs, TroßwaltrrSdorf. Weihnacht 1922. „Gerade wenn » dunkel im Erdcnland, dann wird uns vom Himmel daS Licht gesandt." Es ist wohl in den ganzen Kriegsjahren nicht so dunkel gewesen zur Weihnacht, wie dieses Jahr. Wieviel Väter und Mütter können diesmal ihren Kindern nichts schenken! Bei vielen wird kein Christ baum dies Jahr seinen Einzug halten. Manche werde« die» Jahr nicht mit den Ihrigen zusammen das Fest feiern können, weil ihnen Eisenbahn und Post unerschwinglich sind. Wieviele Einsam« wird es geben, wieviele Darbend«, Frierende! Da träumt sich bas Herz gern weit zurück tu die Ferne einst glücklicherer Tage! Bo man nicht mehr zu hoffen wagt, wagt man doch noch zu trauern über ent- schwundenen Glanz. Aber soll'» ein Grabcsgeläute sei«, das die Weihnachtsglocken die» Jahr über deutsche Lande erklingen lasten? Sollen nur die Wucherer un- Schlemmer, die Profitmacher und Dvllarsöhn« etwa» schmecken vo« Wcihnachtsfreuden? Wahre, echte Weihnachtsfreude wird nur denen zuteil, die hungern und dürsten nach der Seel« des WeihnachtSfefteS, nach einer seligen Weihnacht. De» Armen, Trauernden, Vereinsamten wird Weihnacht ganz nahe kommen als daS Licht in ihrer Finsternis: de« Stille» im Lande, den Vertrauende», den gläubigen Herzen gilt die frohe Weihnachtsbotschaft: Euch ist heute der Hei lau geboren! Ja, die Trauernden, Frommen, Mühseligen im deutschen Vaterlandc, sie dürfen auch dieses Jahr auf da» Weihnachtswunder hoffen: sic werden fern und nah den Stern sehen, der über einer dem Untergange verfallenen Welt aufgcgangen ist, den Stern der ewige» Liebe und Gnad« über Bethlehems Flur, daS Licht vom Himmel: Christus der Retter ist da! Psr. Lic. KuchS, GroßwalterSdorf. Festliche Nrberreschn«-. « WeihnachtserzShlung von Antonie Mewes. „Jeannette, Kind! Es ist fünf Uhr, die höchste Zeit zum Ankleiden. Du weißt, nm sieben Uhr wird bei Henns beschert, und spätestens um sechs Uhr müssen alle Teil nehmer versammelt sein!" Diese Worte sprach die Frau des verstorbenen Bau meisters Lindheim zu ihrer Tochter Jeannette. Im Nebenzimmer verhallten die letzten Klänge einer Beethoven'schn Sonate. In dem Rahmen der Tür er schien ein Mädchen von etwa 18 Jahren. Schlank, nur mittelgroß. Das dunkel gewellte Haar umrahmte ein in teressantes Gesicht mit dunklen Augen. „Ist es schon so spät, Mutter? Ach, ich wünschte, wir blieben hier in unserem Heim und feierten Weihnacht in alter Weise allein, wie wir immer getan, als Papa noch lebte. Ich gehe heute so ungern fort, ich n»eiß nicht, mir ist heute so feierlich zu Mute — da möchte ich Weih nachten kür nnck haben/ „Aber Jeannette", sagte die Mutter, „set nicht mr dankbar. Du weißt, wee gut es dein Vormund meint, uud wir sind ihm zu vielem Da»! verpflichtet. Justrzrat Henn und seine Frau sind herzensgute Menschen: auch war er der beste Freund deine- Vaters. Mr würden ihn sHr kränken, wollte« Nur seiner Entladung nicht folg« Als» schnell, Kind, daß wir nicht die Letzte» sind!" Punkt sieben Uhr führte Heim Jeannette in den Salon znm Flügel und bat sie, „Stille Nacht, heilige Rächt" zu spielen. Dann öfsntte er die Tür und alle Gäste traten ein, blieben am Eingang stehen und sangen nnter dem hellstrahlenden Weihnachtsbaum da» feierliche Lied. Nun aber ging e» zur L»fel. Jeannette hatte ihren Platz zur linken Seite de» Justiz«»: dazwischen war ein Platz frei gelassen. A wurde also noch jemand erwartet; wer konnte da» sei»? Als unter Lachen und Scherzen die allgemeine Be scherung stattgefunden und der Trubel sich etwa» gelegt hatte, sprach der Hausherr: „Jetzt, meine Lieben, bade ich noch eine große Ueberraschung für Euch: wir erwart« noch einen lieben Gast. — Heute früh erhielt ich eine» Brief von unserm Reffen Arthur Brand, der, wre Ihr alle wißt, vor fünf Jahren als Schiffsarzt nach Japan ging In der ersten Jett erhielten wir häufiger Briese von ihm.- dann aber btteb jede Nachricht aus. Ich erfuhr nur, daß er sich einer wissenschaftlichen Expedition au- geschlossen. Vier Jahre lang haben wir nichts vo« ihm ge hört; jetzt aber meldet er seine Ankunft, und zwar für heute abend — er hofft um neun llhr hier zu sein. Be reiten wir ihm einen festlichen Empfang. Er rst em tüchtiger, ausgezeichneter Mensch. Bi» neugieris. was er für Pläne hat — ob er nun endlich rasten wird? Was meinst Du, liebe Jeannette; wird es uns gelinge», de« Kerl festzubalten? Ihr »tret ja Jugendfreunde — na, brauchst nicht gleich ein so böses Gesicht zu machen; e» war nicht hübsch von ihm, uns ohne jede Nachricht zu lassen, doch wer weiß denn, ob er so schuldig ist, wie e» scheint." Jeannete blieb still und rn sich gekehrt; sie nab« nicht Teil an dem heitern Geplauder der Tischgesellschaft. Heute sollte sie ihn Wiedersehen! Ob er noch derselbe liebe Mensch war wie damals? „Auf ein frohes, frohe» Wiedersehen, meine Jeannette", das waren seine Abschied»- Worte. Die zwei Worte „meine Jeannette" hatte« ihr Her- mit Freude erfüllt; sie waren lange Zeit ihr Trost gewesen. Dann kam eine lange traurige Zert. Heute nun kam er zurück, heute noch sollte sie ihi» schein das Herz schlug ihr »um Zerspringe». Da hörte sie ihren Vormund sagen: „Also eine» herzlichen Empfang wolle« wir ihm bereiten. Ich werde dem Mädchen sagen, daß sie ihn unangemeldet emtreta» läßt. Du, liebe Jeannette, setzt dich an den Flügel, und wenn ich ein Zeichen gebe, spielst du sein Lieblingsstück: „Fern vom Ball" — Du, liebe Frau, darfst deinen Neffe» zuerst empfangen. Dann folge ich und so weiter. Äs» ausgepaßt — er kann jetzt reden Augenblick erntreten." Da ertönte die elektrische Glocke» Jeannette griff i» die Tasten und fing zitternd an zu spielen: die andere« blickten erwartungsvoll aus die Tür. Diese wurde ge öffnet, und herein trat ein stattlicher junger Mann. Bevor derselbe noch Zeit fand, sich zu verbeuge«, stürzte die Rätin mit den Worten: „Arthur, lieber Arthur", auf ihn zu, hing schluchzend an seinem Halse und drückte Kuß um Kuß aus seinen Mund. „Nun laß' den Jungen einmal loS, liebe Frau, wir »vollen auch unser Teil haben," sprach ihr Gatte. Dabei schob er seine Frau sanft zurück, und zog den etwa» fassungslosen jungen Mann stürmisch an seine Brust. Als auch das vorüber war, sagte der Rat: „So mein Junge, nun laß' erst mal sehen, wie du ausjichst," damit hielt er ihn mit vorgestrccktem Arm von sich ab und be trachtete ihn kritisch aber wohlwollend von oben bi» nntcn. — „Aber hör' inal, liebes Weib — das ist — das ist —" Der Justizrat stimmte ein fürchterliches Gelächter an. „Verzeihung", sagte der verblüffte junge Mann. „Ver zeihung, daß ich hier cintrat; doch das Mädchen wollte mich durchaus nicht melden und schob mich hier herein. Ich bin Wcinreisendcr der Firma Becker u. Co. und wollte mir im Hinblick auf unsere langjährige Ben-
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