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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192306075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19230607
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19230607
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-06
- Tag1923-06-07
- Monat1923-06
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.06.1923
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Ehrhardt Klemm, Riesa, Teles. 767. «ALaAf/<tto —*Aufenthaltb«rReisenbenausdenPlatt. formen -er Personenwagen. Der Aufenthalt von Reisenden auf den offenen Plattformen der Durchgangs- Personenwagen ist nunmehr gestattet, soweit die Plattformen durch Schutzgitter abgeschlossen sind. Diese Wagen werden durch eine» Hinweis aus die Zahl der vorhandenen Steh plätze kenntlich gemacht. Der Aufenthalt auf ungesicherten Plattformen ist nach wie vor verboten. —* Der Blitzfunktelcgra mm verkehr ist vom l. Juni ab auf die Orte Bad Nauheim, Bad Wildungen, Dessau, Lauban, Langcnbielau, Oberlangenbtelau und Schierke (Harz) ausgedehnt worben. Nähere Auskunft er teilen die Postanstalten. —* Ein Heister Juli? Nach den statistischen Auf zeichnungen der deutschen Wetterwarten scheint ein sehr Heister Ault bevorzustehen. Bon 1869 an ist alle 6 Jahre, also in den Jahren IMS, 75, 81, 87, »3, 99, IVOS, 1911, 1917 die monatliche Julitemperatur stets höher gewesen als tm vierjährigen Mittel von Mitteleuropa. Mit einer ziemlich hohen Wahrscheinlichkeit kann man vom Juli 1923 erwarten, baß er wärmer werden wird alS im vieljährtgen Durch schnitt. Es scheint sich nm einen sechsjährigen WärmezyklnS m handeln, über bessen Ursachen sich nichts Bestimmtes sagen läßt. — Also warten wir ab. * Rosse». Die städtischen Kollegien haben beschlossen, die «ingefuhrte Steuer auf Musikinstrumente wieder fallen »u lassen, weil sich diese nicht bewährt. Der Verwaltungs aufwand ist gröber al- der Ertrag der Steuer. * Nossen. Kurz vor dem Gasthof Neubodenbach an der StaatSstratze Nofsen-Döbeln kam ein junger, in der Klostermühl« zu Nossen tätiger Arbeiter au- Pinnewitz am Montag in der Mittagsstunde bei dem Versuch, einem voraussahrenden Radfahrer anßzuweiche», mit seinem Rade zum Stur» und erlitt anbrr Verletzungen an Gesicht und Händen einen Schädelbruch. Durch einen zufällig des Wege- kommenden Samariter ans Nossen konnte der Vrr- unglücktr vor weiterem drohenden Unglück durch ein in schnellem Tempo dahersansendes Auto behütet werden. Der Samariter legte den ersten Notverband an und vermittelte den Transport des Schwerverletzten nach dem Nossener Friedrich-August-KrankenhauS. Nostwein. Das Feuerwchrkorpö schickt sich an, in diesem Jahr das Goldene Jubiläum seines Bestehens zu be gehen. Als Termin für diese Beranstaltungcn, die nach -en Beschlüssen des Festausschusses einen der Zeit entsprechenden würdigen Charakter tragen sollen, sind die Tage vom 7. bis ). Juli bestimmt. * Dresden. Auf der Freiberger Strabc wurde ein S5jähriger Fabrikant beim lleberschreiten der Fahrstraße so» einem Personenkraftwagen überfahre» und so schwer »erlebt, daß er bald danach im Krankenhause verstarb. * Stolpeu. Das „Stolpener Tageblatt" ist von dem Verlag der „Zeitung für das Meißener Hochland" in Neu stadt erworben worden und wird als Kopfblatt des Neu- ftädter Blattes wir bisher zweimal wöchentlich erscheinen. * Oberlungwitz. Ter Arbeiter Franke aus Chemnitz entwendete in einer hiesigen Fabrik Seide im Werte von ziemlich 3 Millionen Mark. Er wurde verhaftet. Chemnitz. Bei dem am Dienstag nachmittag über die Stadt ziehenden, mit leichtem Hagclschlag verbundenen kurzen, aber schweren Gewitter, schlug der Blitz in den Turm der Lutherkirche, warf die vergoldete Hahnfigur von der Spitze herab, brachte 4 Uhr 10 Minuten die Uhr zum Stehen und zerschmolz die Wasserleitung der Kirche. Durch den alle Häuser der Umgegend gewaltig erschütternden Schlag und den dabei erfolgten Luftdruck ist eine Anzahl Fenster in Häusern der Zschopaucr Straße gegenüber der Lutherkirche, sowie in anderen Häusern der näheren Um gegend eingedrückt worden. "Reichenau. Aus dem Kohlenwerk von Seifert und Rolle wurde am Dienstag der Bergarbeiter O. Richt durch heretnbrechende Kohlenmassen getötet. * Ebersdorf. In der Nacht zum Montag haben unbekannte Täter hier die Ehrenpforte» zerstört, die aus Anlaß des KreissängerfesteS errichtet worden waren. A)ie Girlanden wurden heruntergerissen und zerschnitten, die Embleme und Willkommensprüche zerschlagen und im Dorfe zerstreut. Flammen. Roman von HanS Schulze. 6. Fortsetzung. So batte auch er einst geliebt und sich selber geliebt ge wähnt, im Taumel einer glühenden Leidenschaft. Und was war das Ende gewesen? Mit einem jähen Ruck fuhr er empor: er glaubte auf einmal ins Leere zu sinken, mit beiden Händen klammerte er sich an den Brnnnenrand. Es war ja alles vorbei, ein Narr war er gewesen, ein armer, betrogener Tor, der sein Lebensglück verloren hatte in einem Liebesrausch gleich dem Rausch des unseligen Wei bes, der jetzt in den gewaltigen Arpeggien deS Nachspiels langsam dahinstarb. Da schwieg die Musik, der letzte Ton verflog. Alsleben erhob sich und schritt wieder langsam dem Schlosse zu, das sich in seinen schwerwuchtigen Formen wie eine dunkle, drohende Masse in das tiefe Nachtblau des Himmels hineinzeichncte. Eine weibliche Gestalt war auf die Terrasse getreten. Der Goldflimmer der Lampe zitterte um den feinen Kopf und umrandete den schlanken Leib der Baronin mit einer schmalen Glanzlinie. In diesem Augenblick setzte die Musik von neuem em und eine schwermütige Tanzweise schlich sich leise heran und vcug auf ihren weichen, wiegenden Rhythmen süß und nagend den Gesang einer Frauenstimme. Es war der Walzer der Musette aus PucciniS „Boheme". Alsleben war stehen geblieben und lehnte sich in einem Anfall wehrloser Schwäche schweratmend gegen einen Baumstamm. Er kannte die Weise, er kannte auch die lockende Stimme, die sich mit diesen lockenden Lauten emst sieg reich in sein Herz gesungen hatte. Vor Jahren war es gewesen in der Komischen Oper in Berlin. Der Name einer berühmten Sängerin, die als schwedi sche Nachtigall in ganz Europa Triumphe feierte, hatte auf dem Zettel gestanden. Dann aber war statt des erkrankten Vastes eine junge Anfängerin auf der Bühne erschienen., süß und blond, fast noch ein Kind in der Unschuld ihrer ganzen Erscheinung, die ihr die Herzen der Menge im Sturm erobert hatte. Wie tm Traum hatte er an jenem Abend im Theater besessen, und als der Vorhang zum letzten Male über dem rrschüttcrnden Drama niedergegangen war, da war der Zu- jall, der ihn in das.graue HauS an der Wetdendammer Brücke «MM ISotte. »u seinem Schicksal oeworden. A«S de« LaudtagSmisschiifsen. Sonderausschuß für die Gemeinderesorm. Nachdem man am ersten Beratungstage in überschneller Folge die Para graphen 1 btS 28 erledigt hatte, solgte am Dienstag die Aus. spräche über den Wirkungskreis und die Rechtsstellung der Gemeindeverordnete». Sofort bet 8 29 trafen sich die scharf entgegengesetzten Meinungen von rechts und ltnks. Der »wette Berichterstatter Dr. Hübschmann beantragte, daß die Gemeindeverordneten auch durch einfachen Gemeindebeschluß, anstatt durch OrtSgesetz, das dem Einspruchsrecht der Beschluß behörde unterliegt und unter Umständen die Entscheidungen um vier Wochen verzögert, gewiss« Gemeindeangelegenhetten dem Gemetnderat oder anderen Stellen übertragen dürfen. Die Bürgerlichen verlangten also aus der praktischen Er fahrung heraus, daß die Geschäfte der Gem«i«dcverwa>, tauge« vereiusacht würden. Sie wurden aber mit den 11 Stimmen der Stuken ntedergesttmmt. Die wichtigsten Angelegenheiten in der Verwaltung der Gemeinden bilden die Festsetzung der Ortsgesetze und die Aufstellung des Haus haltplanes. Deshalb wurde von bürgerlicher Seite der Antrag eingebracht: Die Errichtung »o» OrtSgesetzen nutz die Ausstellung des Haushaltplanes bedarf der Ucberein» stimmung vor» Gemeiuderat und Gemeiudeverordueten. Dieser im weitesten und tiefsten Sinne dem Wohle der Ge- meinden dienende Antrag wurde abermals von der linken Mehrheit abgelehnt. In 8 61 sind die Betriebsräte mit be- ratender Stimme eingesührt. Die Kommunisten stellten dazu den Antrag, daß die Betriebsräte zu den Ausschüssen, in denen Fragen der Gemeindebetriebe berührt werden, mit be schließender Stimme hinzuzuziehen sind. Gegen die zwei Stimmen der Kommunisten wurde dieser Antrag abgelehnt. — Der Sonderausschuß für die Gemeinderesorm hielt auch am Mittwoch eine Sitzung ab. Von 8 63 an wird die Zu sammensetzung des GemeiuderateS und die Wahl der Mit glieder behandelt. Gegen alle bürgerlichen Stimmen nahm die Linke den radikalen Satz an: Der Gemeiuderat ist aus führendes Orgau der Gemeindeverordoeteu. Damit ist die Unterordnung des Gemeinderates unter die Gemeindever ordneten endgültig besiegelt. Nach 8 66 wird der Bürger meister aus 6 Jahre gewählt. Wiederwahl ist zulässig aus höchstens 12 Jahre. Damit ist die Anstellung auf Lebenszeit gefallen, wofür die Bürgerlichen bis zum letzten Augenblick gekämpft haben. Zum Bürgermeister kann auch gewählt werden, wer aus politischen Motiven rechtskräftig verurteilt worden ist. Nach 8 71 der Vorlage kau« durch Ortsgeietz sür den berufsmäßigen Bürgermeister eine besondere Be fähigung gefordert werden. Die Linke stimmte dem Anträge: „muß eine besondere Befähigung gefordert werden" nicht zu. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit beantragte die Rechte, die ehrenamtlichen Mitglieder des Gemeinderates anstatt aus 3 auf 6 Jahre zu wählen. Die Linke sah sich veranlaßt, auf 3 Jahren bestehen zu bleiben. Danach wird in den Gc- meinderat eine große Unstetigkeit hineinkovrmen. Unter Annahme des 8 78 „Der Gemetnderat hat im Auftrage und unter Aussicht der Gemeindeverordneten die eigenen Ge schäfte der Gemeinde zu führen" ist -er Rat endgültig unter die Direktion der Gemeindeverordneten gestellt. Der RechtsauSschnß stimmte den Entwürfen über die Hengstkörung und über die Schlachtviehversicherung mit un wesentlichen Aenderungen zu. Vorgesehene Beratungen über Gesetze betreffend die Bekämpfung der Bisamratte, die Koftensestsetzung bei Grun-stückszusammenlegungen und die Aenderung des Gesetzes über die Landeskulturrentenbank sind ausgesetzt worden. Der Hanshaltausschnß verabschiedete u. a. die Kapitel 94 und 95, Höhere Schulen belr., die im wesentlichen nach den Einstellungen im Haushaltplan erfolgten. Zu Kap. 94 lagen Eingaben des sächsischen Philologenvereins und des Deutschen Beamtenbundes, Landesgruppe Sachsen, vor, die die Ein führung der Schulgeldfreiheit an de« Höheren Schulen fordern. Sie wurden der Regierung zur Erwägung über wiesen. Die Behandlung des kommunistischen Antrags auf Einführung der Lernmittelfreiheit führte zu einer eingehen den Aussprache. Der Ausschuß war sich darüber einig, daß der Antrag bei der gegenwärtigen Finanzlage im vollen Umfange nicht durchführbar sei, stimmte mit Ausnahme der Kommunisten aber der von der Berichterstatterin Abg. Fräulein Dr. Hertwig beantragten veränderten Fassung zu, zwanzig Jahre suchte, die sic in diesem Augenblick fast wie eine persönliche Schuld, wie eine schwere, körperliche Last emvfanb. Da klang auf einmal der Laut einer menschlichen Stimme an ihr Ohr. Ein deutlicher, unverkennbarer Ton wie bas halb erstickte Schluchzen einer Frau. Ueber ihr im Wohnzimmer Alslebens wurde ein Stich, gerückt. Ein Schritt tappte vorsichtig über den Teppich. Jetzt ein hastiges unterdrücktes Flüstern, ein leises Türenklappen. Dann wurde es wieder totenstill. * Unwillkürlich hatte sich die Baronin erhoben und lauschte mit verhaltenem Atem. Konnte sie recht gehört haben? War wirklich jemand bet Alsleben im Zimmer gewesen? Mit lautlosen Schritten schlich sie zum Fenster und lehnte sich weit hinaus. Aus dem Fenster über ihr fiel ein matter Lichtstreif auf das Rosenparterre deS Borplatzes, sonst lag die ganze lange Front deS Schlosses in nachtschwarzer Finsternis. Mit einer gewaltsamen Anstrengung richtete sich die Baronin endlich wieder empor und lauschte von neuem. Oben im zweiten Stock waren außer Alsleben nur Dr. Reinwaldt und Hella untergebracht. Sollte Hella Das Herz schlug ihr auf einmal bis in den Hals. Dann aber wies sie ihren sinnlosen Verdacht wieder weit von sich. ES konnte ja gar nicht anders sein, sie mußte sich ge. täuscht und irgend einem vielleicht ganz harmlosen Geräusch in der seltsam erregenden Stimmung der mitternächtlichen Einsamkeit eine phantastische Deutung gegeben haben. Der Wächter kam mit blinkender Laterne vorbei, sei« schwerer Schritt verhallte tm Dunkel deS Parkes. Irgendwo im Hause schlug eine Uhr mit langauS- hallenden Schlägen. _ . Dann wieder Stille, kein Laut, nur da» stumme Wachse» und Sproßen, daS Geheimnis deS Werbens, das bi« schwei gende dunkle Nacht wie ein Zauber umspann. Ein grober Heller Stern leuchtete in glänzender Klar heit vom Himmel gerade zu Häupten der einsam«« Frau: dahinter über dem Wtpfelsaum des Parke- schimmerten kleinere Sterne, unsicherer, entfernter. Je näher der Morgen kam, um so matter glänzten diese bi» einer nach dem andern erlosch und verschwand. Und nur der Helle Stern stand noch lange Zett «nl leuchtete mild und klar, wie zuvor. — - Horljehung folgte Erneute Bluttaten in Leipzig 6 Tote «ud viele Verwundet». Für aesteru nachmittag batte da« Gewerksckastska^eü Leipzig armelnsam mit der sozialdemokratUcken Wartet «lne Massenkundgebung auf dem AugustuSvlah gegen Rußt- abenteuer, Juduftrieaugebot und Wirtschaftspolitik etnd«. rufen. vereitS um 4 Ubr batten sich am Eingang.der Krimmaischen Straße znm AugnftuSpla» ,indiszipliniert« Massen angesammelt, die die dort stationierten Polizei beamten verprügelten und versuchten, sie ,n entwaffnen. Dabei erlitt »ine Anzahl Beamter Verletzungen. E« wurden Verstärkungen binzuaezogen. Jedoch nmrden die Beamten schließlich von der Menge bi« in die Nitterftraß« zurück gedrückt. Zu dieser Zeit langten die Demonstration»»^« tu völliger Ordnung auf dem Nugustu-platz an. Di« Demonstration selbst verlief ebenfalls tn Ruhe, jedoch ver zögerte sich ihr Beginn etwas. Diele Melegenbelt wurde von wilde» Rednern benutzt, run die Massen auszubetzen. Die Menge tn der Grimmischen Straße nahm «ine immer bedrohlichere Haltung ein nnd verlangte, daß di« Vottzet abzieben sollte. Weil die Gefahr bestand, daß die Polizei beamten abgrschnittten und di» Wacken gestürmt würden, wurde nack Hinzuziehung weiterer Verstärkungen die Meng« znriickgedriickt und der AuanstnSplatz geräumt. RnS der Mitte der Demonstranten sielen hierbei Schüsse. Daraus wnrdr auck von feiten der Polizei gesckoffrn, zunächst blind und darauf fckarf. Nack den bis jetzt vorlieaeuden Berichten sind 6 Tote und SS Verwundete zu beklagen. Bei der Firma Bambcraer L Herz wurde eine groß» Fensterscheibe zertrümmert. Plünderungen wurden durck Polizei nnd den Ordnungsdienst verhindert. Der gewerkschaftliche Ordnungs dienst vermochte sich nicht z» halten »nd zog sich zurück. Eine Anzahl von Ordnern wurde von der Menge mißhandelt. Die Stimmung im Stadtinner» ist nach wie vor sehr erregt. Im weitere» Verlaus der Polizeiaktion wurde auch eine berittene Abteilung eingesetzt. DaS Vorgehen der Polizei ist von den Leitern der GewerkichaitSdenionstration dem Polizeipräsidium gegenüber als in jeder Beziehung korrekt bezeichnet worden. Die Demonstranten wurden schließlich nach dem Hanpt- babnhof zu abgedrängt. Von hier nuS zogen sie in die Wintergartenstraße, wo ei» Geschäft, nach der einen Lesart et» Waffengeschäst, nach der gnderen ein Lebensmittel geschäft gevlündert wurde. Die Polizei ist von zwei Seiten gegen die Menge vorgegangen. In den Abendstunden sammelten sich auf dem AngustnS- platz nnd in den anlirgenden Straßen abermals Gruppen von Demonstranten und Neugierigen an. sodaß der Platz nochmals geräumt werden mußte. Die Räumung gelang obne Schwierigkeiten in friedlicher Weise. Eine Meldung, daß ein Waffen- oder Lebensmittelgeschäft geplündert worden sei, hat sich als irrig heranSgestellt. Heute früh erging ein Verbot des Polizeipräsidenten für Versgmmllingen unter freiem Himmel und Umzüge. Im übrigen ist in der inneren Stadt sowohl als auch auf dem Ring die Ruhe wieder hergestellt. Schwerer Diebstahl in der Reichsdruckerei. rrn oer Reichsdruckerei sind, den Blätter« a«fol»e, s»r 529 Millionen Mark SV VVV-Markscheine gestohlen worden. Für die Wicdcrhcrbcischassnng der Scheine oder Namhaft machung -es Diebes ist eine Belohnung von einer Million Mark ausgesetzt. Tic gestohlenen Scheine war«« znm Teil schon nummeriert, znm Teil noch ohne Kontrollnnmmern. Die Kontrollnnmmern laßen sich jedoch mittels Gummi stempels Nachträgen. Eine Verfallserklärung der gestohlenen Scheine ist ans praktischen Gründen nicht möglich. MelckSgrtreideftell« hab« sich durch die Bewältigung ihrer schweren Aufgabe ein historische« Verdienst erworben: di« ihr ge»,achte» Borwürs, seien unberechtigt. Di« tm Gesetz vorgesehene Vervilltgung für die Bedürftigen könne nicht tm Weg, der Lieferung von besonderem «rot erfolgen, sondern in der Form von Zuschüssen, schon deshalb, weil ein« Organisation für dieVersorauna mit besonderem Brot, die sich über da« ganze Reich erstrecken müff», viel zu schm rrtg und kostspielig sein würde. Zur Sicherung der Brotversorgung. Im VolkSwirtschaftSausscknß des Reichstag« erklärte bei der Beratung des Gesetzentwuries zur Sickerung der Brotversorgung im Wirtschaftsjahre 1923 24 Reichsminister Dr. Luther, wenn der Entwurf vorschlage, daß ein« Reserve bis zu 3' , Millionen Tonnen von der Negierung beschafft werden könne, so heiße das nicht, daß dies Quantum ge lagert werden solle; vielmehr solle die Möglichkeit bestehen, im Laufe des nächsten Wirtschaftsjahres eine Reserve bis zu einer festzulegenden Höhe nach Bedarf zu erwerben. Es habe große Bedenken, mit dem 15. August unter allen Umständen die Markenbrotversorgung zu beenden, weil die Verhältnisse zu unüberwindlich seien. Es müff« darum eine UebergangSfrist geschafft werden, die es ermögliche, einen günstigen Termin auszuwählen. Die Leitung der Mitternacht war bereits vorüber, als die Baronin end lich ihr Schlafzimmer aufsuchte. Sie hatte nach ihrer Gewohnheit noch einmal die Runde durch das ganze Haus gemacht und saß halb entkleidet im Frisiermantel vor ihrem Toilettenspiegel. Mau war bei dem künstlerischen Spiel Dr. RcinwalbtS noch lange zusammengcblieben, auch Hella hatte nach einige schwermütige italienische Volkslieder gesungen und ihre kleine Zuhörerschaft durch ihre vollendete BortragSkunst und den schmelzenden Reiz ihrer wunderbar lieblichen Stimme gleichermaßen entzückt Es war ein sehr hübscher, angeregter Abend gewesen und nur einer hatte inmitten der tebhasten Unterhaltung still abseits gesessen, der Mann, mit dem sich seit dem ver gangenen Tage unablässig all ihre Gedanken beschäftigten. Alsleben. In ihrer ehrlichen, aufrechten Art hatte sie sich längst cingestanden, daß er vom ersten Augenblick an einen sehr starken Eindruck auf sie gemacht hatte. Ihr Verhältnis zu dem verstorbenen Bacon, ihrem Vetter, dem sie einst mrl kaum achtzehn Jahren die Hand tzum Ehcbnnd gereicht hatte, war von jeher mehr auf freundschaftlich-herzlicher Achtung, denn auf einer kreieren Liebesneigung gegründet gewesen. Sie selbst hakte sich über den Charakter dieser Ehe als einer reinen Versorgungsehe niemals irgend welcher Selbst täuschung hingcgeben, sie vielmehr als eine Schicksalsfügung hingenommen, die ihr die Verpflichtung auferlegte, ihrem Gatten die glänzende Stellung als Herrin der größten und reichsten Herrschaft im ganzen Kreise durch bansfrauliches Walten als eine echte, rechte Landedelfrau nach Kräften zu vergelten. Jetzt aber war ihr in Alsleben ein Mann entgegen getreten, bet dem zum ersten Male ihr Herz gesprochen, der ihrem Leben einen ganz anderen Sinn und Inhalt gegeben hatte. Immer wieder glaubte sie sein schöne», stolze« Gesicht vor sich zu sehen, mit den tiefen, blauen Auge« unter den kühn geschwungenen Brauen. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart so unsicher und unfrei, als sei ihr ein Joch anf den Nacken gelegt worden, und doch war in ihrem Herzen kein tzkdanke an Trotz und Widerstand, sondern einzig ein großes Vergnügen, sich au» ganzer Seele diesem neuen, wundersamen Gefühl hin zugeben, -äs ihr Blut mit einer so bangen und doch süßen Unruhe erfüllte. Und quälend und beschämend zugleich erhob sich in ihr ein erste, leise Regung von (Liier jucht aus Hellas sieghafte Jugend und Schönheit, daß si.- in iäi,> -ml'rcch.nide- Am st -7- in ihrem Svieaelbilde nach lm Saucen il-rer e.ch-tn:.'
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