Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.05.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190405153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040515
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-15
- Monat1904-05
- Jahr1904
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.05.1904
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redakttoussttich (Sgespallen) 7V nach d« FamtUumach. richt« (S grspaU«) VO Tabellarischer und Zissernsatz entsprechend höher. — Gebühr« für Nachweisung« und Ossertruannahme 8Ü Srtra«ve«a,e» (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgab«, ohne Poschefvrderung 60.—, mit Postbeförderuug 7a—. Anuahmeschlnst für Auzeismr Abend-AuSgabr: vormittags 10 Uhr, Morgen-AuSgabe: nachmtttag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pelz in Leipzig (Inh. vr. «., R. L W. Kliukhardt). 98. Jahrgang. Var lvicbtigrte vom Lage. * DaS Kaiserpaar ist gestern vormittag in Metz ein getroffen und mittags nach St. Johann-Saarbrücken weitergereist, wo ein Denkmal Kaiser Wilhelm- I. enthüllt wurde. (S. Dsch. Reich.) * Da- italienische Königspaar wird auf Einladung Kaiser Wilhelm» demnächst nach Potsdam kommen. * Ein BerstärkungStranSport von 39 Offiziere», 871 Mann und 919 Pferden gebt am 17. Juni an Bord der „Palatia" von Hamburg nach Sübwestafrika in See. (S. Aufstand d. Herero.) * Zur Frage der Entschädigung der südwest- afrikanischen Farmer wird bekannt, daß der frühere Kolouialdirektor vr. Kayser im Jahre 1892 den Anfiedlern in der Umgebung von Windhuk ausdrücklich Schutz zugesagt und für wettere Gebiete in Aussicht gestellt hat. (S. Deutsche- Reich.) * Da- preußische Abgeordnetenhaus überwies den Gesetzentwurf betr. Bestrafung des Spiels in außer- vreußischeu Lotterien der Justizkommission. (S. Preuß. Landtag.) * Wie die „N. Freie Presse" meldet, fordert die öster reichisch-ungarische Marine» er waltungin dem nächsten Budget 34 Millionen Kronen für die Torpedoflvtte und 10 Millionen für Unterseeboote. Die Forderung des KriegsmilnsterS für neue Geschütze für 1905 beträgt 5V Millionen Kronen. * Die Offiziere der französischen Handelsmarine haben ihren Ausstand beendet. (S. Ausland.) * In Nordostkorea soll ein bedenklicher Aufstand gegen die Japaner au-gebrochen sein, der von den müssen kräftig unterstützt wirb. (S. Russ.-Jap. Krieg.) Ascdenrcha«. Die Parlamente haben in die«>r Woche einen seltenen Anblick geboten. Wochen- und monatelang hatte man in süßem Schlendrian dahingelebt. Man hatte gearbeitet, aber nichts Rechtes; man hatte über tausend Dinge und noch einige geplaudert, aber die Geschäfte waren nicht von der Stelle gekommen. Dabei waren die Unterschiede zwischen Reichstag und preußischer Landstube mehr und mehr verwischt worden. Man war in der Prinz Albrecht- Straße genau so geschwätzig wie am Königsplatz und schlug sich nicht minder gern seitwärts in die Büsche, ob wohl die 15 Tagesgelder, die auf jedes preußischen Vollsboten Haupt kommen, wenigstens die körperliche Assistenz zur Anstandspflicht machen sollten. Verdruß und Müdigkeit hüben wie drüben; herzhaft gelangweilte Leute, die dennoch das Reden nicht lassen können, in beiden Häusern. Mit einem Male schlug die Stimmung dann um. Nicht daß die Volksboten nun aus allen Rich- tungen der Windrose herbeigeströmt wären, um plötzlich ckillgsQtiLm zu prästieren; so großer Mühsal unterzieht man sich in diesen Zeitläuften höchstens, wenn es ein lästiges Mandat abzuknöpfen gift, oder man sonst im Schatten irgend eines Kirchturms streiten kann. Aber der „ständige Ausschuß" der vierzig oder fünfzig Mann, den der trügerische Sprachgebrauch für des Reichstages Vollversammlung auszugeben pflegt, bequemte sich we nigstens zu einem etwas schnelleren Tempo. Schließlich wollte man doch mindestens zum Fest der Pfingsten mit der Etatsberatung fertig sein, und so Hub man an zu eilen. Zunächst ward die kleine, die ganz kleine Reichs finanzreform unter Dach und Fach gebracht; dann schloß man in vier Nachmittagen daran noch die dritte LesungdesEtats. Und nun gibt es wieder einmal Ferien und vor dem 7. Juni soll kein lautes Männer wort die Ruhe des Wallotbaues stören. Aber so erfreulich diese Aussichten sind — (mit der Coupletstrophe zu reden): „jlücklich, Aujust, macht das nich." Auch an der Paria- mentarischen Arbeit der ganzen Woche ist eigentlich nur das Tempo zu loben gewesen. Was unter den Händen der Spahn und Müller-Fulda, denen die vorgeschrittene Linke aus sogenannten „budgetrechtlichen" Philisterbe denken beisprang, aus der Isx Stengel wurde, ist arm seliges Stückwerk. Vielleicht wird durch die.Aussonderung von Zöllen und Tabaksteuern aus den Ueberweisungs- steucrn das Verrechnen zwischen Reich und Einzelstaaten sich ein wenig bequemer und übersichtlicher gestalten; aber eine Reichsfinanzreform ist das ebensowenig wie ein ernsthafter Versuch zur Schuldentilgung, obschon der 8 2 mit ehrpußlichem Gesicht dergleichen vorsieht. Alle Ge breste und Beschwerden bleiben bestehen und also werden auch die gerechten Klagen nicht aufhören. Ueber ein kleines aber werden wir uns von neuem mit der inimer dringlicher werdenden Frage zu beschäftigen haben: wie sanieren wir die Finanzwirtschaft des Reiches von Grund auf? In einer Periode stetig zunehmender öffentlicher Aufgaben den überstaatlichen Verband auf das plumpe Auskunftsmittel der Matrikularbeiträge zu verweisen, ist — wenn auch die ausschlaggebende Partei darin das A und O aller Finanzpolitik sieht — ein jämmerlicher Krämerpfiff. Aber das Kleine, um nicht zu sagen Kleinliche, ist nun einmal die Signatur deS zeitgenössischen Parlamm- tarismus. Es war geradezu beschämend, wie bei der Generaldebatte zu Beginn der dritten Etatsberatung das tiefernste Kapitel Süüwestafrika wegkam, und man muß leider feststellen, daß auch Graf Bülow in seiner Ant wort auf die Bebelschen Angriffe bedenklich an der Ober fläche haften blieb. Es ist eigentümlich: so oft der Kanz ler auf auswärtige Dinge zu sprechen kommt, versagt die Gewandtheit seiner Diktion. Da wird er hölzern, be fangen und der Mann, dem sonst glückliche Einfälle und hübsche Citate die Rede zieren, verschmäht stellenweis auch die Plattitüden nicht. Diese ganze Auseinander setzung über unsere angeblichen Gefühle für Rußland war zum mindesten unbeholfen, und da sie von dem Tele gramm, das, wie Herr Bebel es ausdrückte, „aus einer süditalienischen Hafenstadt nach Petersburg geschickt" worden war, nur in zu nichts verpflichtender Form be richtete, nicht einmal überzeugend. Ein wenig anders wirkte Graf Bülow zwei Tage darauf im preußischen Herrenhaus. Dort ist man jetzt erst bei der Etatsberatung, die nach der mehr als subtilen Vorarbeit der Zweiten Kammer ge wöhnlich in zwei, drei Tagen erledigt zu werden pflegt. Etatsberatung kann man das Ganze eigentlich überhaupt nicht nennen; es ist mehr eine Aussprache, ein gelegent ¬ liches Herzausschlltten über alles, was den Erlauchten und Edlen auf der Seele lastet. Heuer lastete ihnen besonders viel auf der Seele: zum ersten die noch immer nicht ge kündigten Handelsverträge, zum andern die Hydra So zialdemokratie. Und also erhob sich der Freiherr von Manteuffel, der sich, weil sein Vater selig einmal — und nicht gerade zu Preußens Glück — Ministerpräsident gewesen war, noch immer für einen geborenen Staats mann hält, und zog mit seinen feudalen NasaV lauten vom Leder. Natürlich schrie er — billiger machen es unsere Konservativen heute nicht mehr — nach „Taten" und Graf Mirbach trat ihm alsbald bei und ließ den nämlichen Sehnsuchtsruf ertönen. Ob diesem Vorstoß eine bestimmte politische Absicht zu Grunde lag, ist noch nicht abzu'ehen. Der Kanzler und Ministerpräsident scheint es so aufgefaßt zu haben; seine Rede befleißigte sich bei aller Konivenz in der Form einer härteren Schärfe gegen die konservativen Patrioten, und bei der Charakterisierung dieser greinenden Impotenz fand er manchen treffenden Aus- druck. Aber weiter hinaus — über ein bißchen Ranküne und Ministerstllrzen — zielen diese Herren jedenfalls nicht. Die Freitagsfitzung offenbarte inder Beziehung ihre ganze geistige Dürre. Professor Schmoller hatte in einer meisterhaften Rede die Grenzen abgesteckt, die den abgeklärten, zum Verständnis staatlichen Gemeinwesens gereiften Liberalismus auf ewig von den Konservativen scheiden müssen. „Wir wollen", sagte er, „eine mon archische Regierung über den Klassen und den Parteien. Die Konservativen aber wollen mehr oder weniger eine Partei- und eine Klassenregierung." Aber was ihm darauf antwortete, war ein einziges blamables Stottern, das sich auf eine Anzahl hochgestellter Herren der- teilte. Sie bejammerten das Neichstagswahlrecht, das die Sozialdemokratie großgezogen und die Aufhebung des Sozialistengesetzes, die sie weiter gefördert habe. Aber, vor die schlichte Frage gestellt: ob sie denn nun Staats streich und Wahlrechtsänderung wünschten und den Mut ihrer Meinung hätten, begannen sie gar bald, allerlei Erklärungen und Verwahrungen auszupacken. So ward hier von neuem enthüllt, daß diese „starken Männer" und konservativen Philosophen der „Tat" in Wahrheit nur über ein Programm der Programmlosigkeit verfügen. So viel steht schon heute fest: der Liberalismus kann auch bei einem Wandel schwerlich gewinnen. Die Herren, deren Füße man vor Bülows und Posadowskys Tür stehen sieht, meinen immer nur sich, wenn sie vom Vaterlande reden In einem jedenfalls täusche man sich nicht: die Strömung, die mit mechanischen Mitteln, mit einer bloßen Repression, die Sozialdemokratie niederzwingen will, ist im Wachsen: auch der „R e i ch 3 w a h l Ver ba n d ", den sie in dieser Woche gegründet haben, wird, wenn man ihn erst auf Herz und Nieren prüft, wohl in der nämlichen Richtung liegen. Und die Budde, Pod- bielski, Hammerstein « tutti quontt würden sich Wohl kaum sträuben, einem Ausnahmegesetz ihre Zustimmung zu geben. Wer es mit ansah, wie peinvoll dieser Tage Herr v. Hammerstein bei sonst gerechtem Anlaß — der Beratung der neuen Ansiedelungsvor lage — im Abgeordnetenhaus entgleiste, wird nicht mehr geneigt sein, sich bei der Beurteilung unserer regierenden Intelligenzen irgendwelchen Illusionen hin zugeben. . . . Inzwischen hat sich der drohende Gouver - neur streik in Südwcstafrika in eitel Wohlgefallen aufgelöst. Daß mancherlei sich hinter den Kulissen ab- gespielt hat, ist nicht zu leugnen; Klarheit wird man darüber aber wohl erst in einiger Zeit erhalten. Die Herero ziehen sich unterdessen immer weiter nordwärts hinauf, so daß bereits unsere nördlichen Stationen Kämpfe mit versprengten Haufen zu besteben hatten. Ob aber die Hauptmassen der Aufständischen sich am Watersberg zu neuem Widerstand sammeln oder sich all mählich in das Ovamboland zurückziehen werden, das kann erst die Zukunft lehren. Bis zum Eintreffen der neuen Verstärkungen, deren Zahl noch immer nicht be kannt gegeben ist, aber auf 2000 bis 3000 Reiter ge schätzt wird, dürfte es unseren Truppen nur unter be sonders glücklichen Umständen gelingen, eine Entschei dung herbeizuführen. Der Entscheidung harren die Dinge auch im fernen Osten entgegen. Tie Japaner verfolgen ihren Vorteil mit Umsicht und Entschiedenheit. Dom Jalu her schieben sie ihre Truppen über das eroberte Fönghwangtscheng und von da in mehreren getrennt marschierenden Abtei lungen gegen die russische Stellung an der Bahnstrecke Mukden—Liaoyang—Haitsheng vor. Gleichzeitig droht dieser Stellung ein Vorstoß der auf der Halbinsel Liaotang gelandeten Japaner und außerdem gewärtigt man einen Angriff auf Niutschwang und im Fall des Ge lingens auch einen japanischen Stotz von Westen her. Hinter den Soldaten haben sich dieser Tage dann die im Kriege so unentbehrlichen Geldleute gerührt. Beide kriegführenden Staaten haben Geld in ihre Beutel tun lassen; die Russen von ihren Freunden, den Franzosen; die Japaner von Engländern und Amerikanern. Dabei sind die Franzosen ein gut Test chevaleresker und selbst- loser gewesen als die japanischen Helfershelfer, und so kann Rußland seine Schatzscheine zu bedeutend höheren Kursen auf den Markt werfen als Japan. Das ist für die Petersburger kein geringer Trost. Sie haben ihn nachgerade aber auch dringen- nötig...... ver flufttan- an Herero. General v. Lretha» Stab. Durch die Blätter ist die Meldung gegang«, daß der Oberst Deimling rum Stabschef des Generals v.Trotha ernannt worden sei. Jetzt erfährt das „B. T.", daß diese Meldung unrichtig ist, daß dagegen Oberst Deimling, der al« einer der kenntnisreichsten und energischsten Generalstabsoffiziere gilt, zum Ches eine« südwest afrikanischen Regiments ernannt wurde. Wenn fich diese Meldung bestätigt, so würde daraus folgen, daß es sich nicht nur um eine wesentliche Verstärkung, sondern auch um eine vollständige Neuformation der in Südwestafrika befindlichen Truppen handeln würde, etwa in der Art, wie wir sie in der ostasiatischen Besatzungsbrigade besitzen. Oberst Deimling ist seit dem 12. April 1873 Offizier und war als solcher Bataillons-Adjutant im Infanterie-Regiment Nr. 85, in dem er am 4. Oktober 1882 zum Oberleutnant aufrückte. In das Infanterie-Regiment Nr. 97 versetzt, wurde er zur Dienstleistung beim Generalstabe kommandiert und am 13. Juni 1888 unter Be förderung zum Hauptmann 4 I» euito deS Jnfanterie-Regiments Feuilleton. Sankt Simplex. Ein Schelmenlied von der Mosel. Von Georg Bötticher. Nachdruck verdaten. Das Kloster zu Carden im Moselland War reich an vortrefflichen Weinen, Doch reicher noch hundertmal war sein Bestand An toter Heil'ger Gebeinen. Der Schädel und Rippen von jeglicher Art, Die gab eS da schockweiS in Truhen verwahrt — Bon Fingern und Zeh'n und dergleichen So Bettelkram ganz zu geschweigen. Das Hauptstück aber, das war da» Skelett Sankt Simpler', den Heiden erstochen, Ein kostbares Kleinod, beinahe komplett — ES fehlten nur wenige Knochen. Die reiche Steinfeldener Domklerisei Bot dreimal dafür schon der Stückfässer drei, Doch hatten die Tardener diesen Tauschhandel zurück stets gewiesen. „Denn" — wie der Abt Bollsack tief seufzend gesagt, De» Klosters gewicht'ger Gebieter — „Der Wein, so sehr er selbst Weisen behagt, Er ist nicht da- höchste der -Güter! Der Simplex bleibt immer da» bessere Stück . . . Ja, gäb unS der Himmel Sankt Caftor zurück. Gelang » un- noch, ihn zu entdecken — Dann sollt' un» der Sternfeldener schmecken!" Sankt Tastor laq nämlich, laut Kirchenbericht, 5w» Kloster zu Tarden begraben. Di« Stelle nur. leider ach, kannte man nicht, Und Auskunft war nicht mehr zu haben. Vergeben» auch, daß man vom Keller zum Dach Da» Kloster in jeglichem Dinkel und Fach Durchstöbert, von vorn und von hinten — Der Heilige ließ sich nicht finden! — Nun hat eines Abends — im durstigen Lenz — Der Rheingraf im Kloster logieret. Ta ward, »hm zu Ehren, die feinste CreScenz In doppelten Quanten spendieret. Der wackere Meister vom Kellergelatz Stand drunten und klopfte verstört an ein Fatz Und lauschte bekümmert dem Schalle: „'S ist richtig. Der Elfer ist alle!" Dann schob er mit Seufzen das Faß samt dem Stand Bei Seite und fegte die Stelle . . . Doch plötzlich — hielt ein er und stand wie gebannt Und stiert' auf die steinerne Schwelle , . . Die Augen quollen beängstigend vor, Jetzt warf er, wild jauchzend, die Arme empor — Uno jetzt — gar grauSlich zu sehen — Begann er, im Tanz sich zu drehen! Nit lange! Dann stürmt' aus dem Keller wie toll Nach oben er, immer drei Stufen Mit eins überspringend, und gellend erscholl Sein Jauchzen und jubelndes Rufen: „Juchheiralsassa! Der Lastor ist da! Der Tastor ist wiedergefunden! Er liegt unter'm Elfer da drunten!" ES eilten der Abt und die Brüder hinab Und — fanden die Meldung bestätigt. Man öffnete fiebernd de» Heiligen Grab, Da lag er — total unbeschädigt! Abt Bollsack, zu Tränen gerührt, sprach weich: „Dir schreiten zu einem Tedeum sogleich. Und morgen ganz in der Frühen Mag Simplex nach Gteinfelden ziehen." „Verpackt ihn voll Sorgfalt in seiner Truh' — Am besten ist Werg oder Kleie — Und iugl einen Arm von Sanft Paulo hinzu — Wir haben ja ihrer dreie. Auch den fräglischen Schädel Sanft Spucii Lew bei und ein OLr de» Filucii und zwei Finger Mathildi», der frommen . . . Und bann —- mag der Steinfeldner kommen!" — Hier endet die Chronik. ES Weitz der Bericht Nichts weiter vom Simplex zu melden. Fest steht nur: in Carden liegt heute er nicht. Doch freilich auch nicht in Steinfelde n. Die Welt hat stch eben verändert seither: Was ehmalS sie hochhielt, das schiert ste nicht mehr. Die Zeit hat die Heil gen Vertrieben — Der Durst aber — der ist geblieben! Mukk. * Hie Wagner — hie Verlioz! Unter den französisch« Musikkritikern hat sich ouS Anlaß der Hundertjahrfeier für Berlioz fett einiger Zeit ein Streit entsponnen, zu dem das kürzlich er- schienen« Bucv von Julien Tiersot; Hettor Berlioz und die Gesell- schast feiner Zeit den Anlaß gegeben hat. Tiersot hatte darin näm lich da» Verhalten von LiSzt und Wagner Berlioz gegenüber in sehr scharfer und ungerechter Weise gekennzeichnet. Daraufhin scheinen sich nun zwei Parteien gebildet zu haben, eine LiSzt-Waguer- und eine Berlioz-Partet. Der französisch« Musikkritiker Jean Chan- tavoiue sucht nun in der soeben erschienenen Lvvuo dvdämneuttüro die gegen Wagner und LiSzt erhoben« Angriffe zu entkräften. So wird LiSzt z. B. von Tiersot Undankbarkeit gegen Berlioz vor- arworfru, der ihm den Weg in Patts geebn« hatte, während LiSzt bestrebt aewesen wäre, Berlioz au» seiner schwer erkämpften Position zu vertreiben. Dem hält nun Chan- tavoine folgende Tatsachen entgegen, die freilich nicht sehr zu Gunsten de- französischen Komponisten sprechen: LiSzt, der al» Pianist in Patt» gefeiert wurde, hatte mit seinen eigen« Werken einen schweren Stand, aber Berlioz tat nicht», um ihn dem Verständnis des Publikums näher zu bringen, im Gegenteil suchte er diese Schwierigkeiten zu verschärfen. LiSzt verkannte ui«, was er Berlioz verdankte. VeweiS: er übertrug mtt kaum 20 Jahr« die 8vwndomo knntnettouo für Klavier, veröffentlichte sie auf sei« Kost« und fpielte sie auf allen europäisch« Tournee». Auch der Benvenuto wurde in Weimar ausgeführt. . . . Zum Dank dafür drückt fich Berlioz der auf HalSvq eine LobeShtzome zu fing« wußte, vor einer Kritik LtSztsckrr Konzerte. In «tue« Vries an die Fürstin Wittgenstein spricht er von LiSzt verächtlich al» vou „dem mtt bekannten Musiker, der fich etnbildet, auch ein Komponist zu fein". Eine» abends, al» LiSzt im Saale Srard die Aufführung einer seiner symphonischen Dichtung« dirigierte, verließ Verlioz ostentativ den Saul . . . Auch Wagner soll nach Tiersot» Meimmg bei Berlioz viel auf dem Kerbholz haben. Zunächst sollte die Aufführung vom Tannhäuser in der Pariser Oper der Anlaß zur Zurückstellung der Trojaner vou Berlioz gewesen sein, ein Angriff, der sich von selbst widerlegt, da ja der Tannhäuser nur dreimal gespielt wurde. Ueber- dies hatte bekanntlich Wagner am wenigsten dazu getan, diese Auf führung zu stand« zn bring«. DaS Hauptverdienst daran gebührte der Fürstin Metternich. Dann soll Wagner die Wette von Berlioz kritisiert haben, ohne sie gekannt zu haben. Dieser Borwurf bezieht sich auf ein« Brief Wagners an Liszt au» dem Jahre 1855, in dem Wagner Liszt darum bat, ihm die Symphonie von Berlioz zu leihen, da er diese gern in der Partitur kennen lernen würde. Die Folgerung, daß Wagner Berlioz' Wette überhaupt nicht kannte, wenn er sie auch noch nicht in der Partitur gelesen hatte, ist wohl kaum angebracht. . . Ob dieser Streit mtt dieser Argumentation nun ein Ende hat, ist freilich noch nicht abzusehen. f * Max Traun, unser geschätzter lyrischer Tenor, wurde nach erfolgreichem Gastspiele auf 5 Jahre an die großherzogliche Hof oper zu Mannheim verpflichtet. Wals-Ferrari arbeitet an einer neu« komisch« Over, betitelt „Die vier Grobiane". DeSselb« Komponist« „Da neue Leben" wird auf dem Musikfest zu Utrecht aufgrführt werden. Wissenschaft. Ist. Ottokar Lorenz s. Wie uns aus Jena geschrieben wird, ist Freitag morgen A>7 Uhr der Historiker Prof. vr. Ottokar Lorenz nach langem, schwerem Leiden gestorben. Eine noch in der vorigen Woche vorgenommene Operation konnte dem Verlauf der Krankheit bei dem 72jährigen nicht Einhalk tun. Lorenz ist geboren am 17. September 1L32 zu Jglau m Mähren, wurde 1856 Privatdogent in Wien, 1860 außerordentlicher Professor und 1862 ordentlicher Professor der Geschichte in Wien. Durch einen Preßprozeß verlor er 18tz5 den Posten eine» Offizial am Geheimen HauS-, Hof« und Staatsarchiv, den er seit 1857 innegehabt hatte, und folgte 1885 einem Ruf nach Jena, um nun bi» zu seinem Tode an der Thüringer Hochschule zu wirken. Hier war er in der Loge, durch längeren persönlichen Verkehr unt deutschen Fürst lichkeiten. wie Herzog Ernst lk. von Loburg und besonder« dem Großherzog Friedrich von Baden, sowie mit deuqchen Staats männern, in den Besitz wertvoller Nhcittstuckc, Mttteffungen und Erinnerungen zu gelangen, die ibm den Anlaß gaftrn zu der Abfassung seine» letzten Hauptwerke» „Kaffer Wilhelm und di« Begründung de» Reich» . In diesem Werke, da» nicht»
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