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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192410251
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19241025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19241025
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1924
- Monat1924-10
- Tag1924-10-25
- Monat1924-10
- Jahr1924
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.10.1924
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Sollen Dame« rauche»- Die Frage, vb auch die Frau das Recht der Rauchens für sich in Anspruch nehmen darf, ist ja tatsächlich dadurch beantwortet, daß unzählige Damen heute den „blauen Dunst" nicht mehr entbehren können. Aber darüber sind die Ansichten doch sehr geteilt, ob cs ihnen gut steht und ob cs für sie pasch Zn diesem Thema nehmen nun eine Anzahl führender Persönlichkeiten der Literatur und der Mode Stellung in „Neclams Universum", das als eine Sondernummer „Der Raucher" erscheint. Der bekannte «Lyriker Will Vesper schreibt: „Natürlich sollen die Damen rauchen, soviel es ihnen nur Spaß macht. Sie sollen schon deshalb rauchen, weil cs für uns Männer bei jedem Laster angenehm ist, schöne Gesellschaft zn haben. Uber die Damen sollen nur Zigaretten rauchen, damit sie mir nicht den Pfeifentabak und die Zigarren noch mehr «verteuern. Zigaretten rauche ich nicht." Auch Ernst v. Wolzogen findet cs hübsch, wenn die Damen zur Ge sellschaft ein bißchen mitqualmcn. „Aber cs ist gräßlich," «fährt er fort, „wenn sie Kette rauchen, gelbe Fingerspitzen vom Zigarettensast haben und einen nicht vorhandenen /männlichen Geist dadurch vortänschc» wollen." Daß es vor pllem darauf ankvmmt, wie die Frau raucht, betonen die Damen selbst am deutlichsten. „Zigaretten in ungepflegten Frkancnhändcn mit uneleganten Bewegungen als Beiwerk eines billigen oder unmodernen Anzuges", so schreibt die bekannte Modeschriftstellern! Margarete v. Suttner, -„find ebenso geschmacklos wie zu kurze Röcke auf Beinen ,im Chippendale- oder Telegraphcnstangcnstil. Die Zi garette paßt zu den diversen Kategorien wahrhaft eleganter /und fleißig arbeitender Frauen, sofern ihre Leistungen und ihr ganzes Benehmen selbständig genug sind, um ihnen auch in anderer Beziehung das stillschweigend geduldete Anrecht auf männliche Gewohnheiten einzutragen." Auch die Tänzerin Gudrun Hildebrandt ist der Ansicht, daß eine Frau, die nicht mit Grazie und Selbstverständlich keit rauchen kann, es lieber ganz bleiben lassen sollte, und die Filmdiva Hella Mo ja schreibt: „Die Zigarette er scheint mir das einzige Rauchwcrk, das im Salon Geltung Haben kann. Für die Finger einer Frau kommt überhaupt «nichts anderes in Betracht; den Versuch, kleine zierliche Meisen für das weibliche Geschlecht emzuführcn, erscheint jmir dann emanzipiert, wenn das Nauchwerk nicht mit jCharaktcr, Bewegungen, Gesicht und Figur in Einklang zu bringen ist. Deshalb ist auch der richtige Genuß einer Zigarette eine kleine Kunst in dem »roßen. Bcrcicü der KeEMff^'-ED'TSzkase 'GriNl« jvlgaWohlbrückdas Rauchen entschuldigen zu können: „Nachdem die Damen, aus dem Bedürfnis heraus, dem Manne eines seiner v.elcn Alleinrechte streitig zu machen durchaus rauchen mußten, haben sie endlich — rauchen dürfe». Und wenn sie heute, in dieser Zeit der Not und des Kampfes um die Existenz durch ihren als Luxus ans- gelegten Bcrbrauch dazu beitrage», zahlreiche Zigaretten- sabrikcn vor Einstellung ihres Betriebes zu bewahren und Tausenden von Arbeitern ihr Brot zu erhalten, dann — sollen sie rauchen!" Die Chinesin im Hrauenrechkskarups. Ehina, dies Land einer uralten Kultur, ist bisher sprichwörtlich gewesen Wege i seines zähen Festhaltcns an tausendjährigen Ucbcrliescrungen. Aber der neue Geist macht in der letzten Zeit auch hier gewaltige Fortschritte, und der größte Wandel, der alle Grundlagen des sozialen Lebens im Lände der Milte umstürzt, ist die neue Stellung der Frau. Die Chinesin ist in einen eifrigen Kampf für ihre Frauenrechte eingcjretcn, und sie schreitet dabei von Sieg zu Sieg. Wie Richard Oliver in einem interessanten Bericht aus Hongkong erzählt, findet inan jetzt im chinesi schen Leben die schärfsten Gegensätze, die unvermittelt auf- cinanderprallcn. Man begegnet auf den Straßen von Hongkong jenen feierlichen Brautzügen, die fast so alt sind wie die chinesische Geschichte, und wohl an die 5000 Jahre zurückreichen. Toll doch diese Form der Hochzeitsprozession schon 3200 v. Ehr. von dem weisen Herrscher Fu eingefllhrt worden sein. Und dieser Zug, der die Frau als willen loses Werkzeug ihrem Galten überliefert, geht vielleicht an einem Hause vorbei, in denn eine moderne chinesische. Mädchenschule ist, und in dem die jungen Chinesinnen, europäisch gekleidet, sich 'bas Wissen des Abendlandes mit glühendem Eifer aneignen. Bor wenigen Monaten sind eine ganze Anzahl chinesischer Studentinnen nach Europa iabgegangen, um hier zu studieren. Auch begegnet mau bereits öfters chinesischen Frauen, die in Amerika eine Hochschule besucht haben. Die Mädchen veranstalten > in ihren Schulen Theaterausführungen. in denen enroväikckx Vtückke in europäischen Sprachen vorgeführt werden, und sie wolle» damit Propaganda machen für ihre Zulassung zu den Beamtenstellen und für ihre Gleichberechtigung mit dein Mann. .Ucbcrall regt sich die Fraucnrcchtsprvpa- /noch viel im Reich der Mitte zu tun. Noch immer ist es Lein Mann gestattet, sich eine „zweite Frau" zu kaufen; noch immer herrscht also Vielweiberei, und ist Ursache für viel Elend und für tragische Konflikte, dcncn besonders die Mädchen mit modernen Anschauungen ausgesetzt sind. Auch die Fußverstümmelung, dieses äußere Symbol der Knecht stellung der chmesiscknm Fran, ist noch verbreitet. Aber in demselben Maße, in dem die Chinenn ihren Geist von den einschnnrenden Fesseln befreit, zerreißt sie auch die grausamen Binden, die sie des freien Gebrauches ihrer Füße berauben. Alle die Mädchen, die jetzt in modern ein gerichteten Schulen der chinesischen Hanvtstädte eine aus- gebreitete Bildung erhallen, werden ihre Kinder ganz anders erziehen, als es früher geschah, und so iämpst die Frau für ihre Franenrcchte am besten und wirksamsten im Schoß der Familie. Langsan! aber sicher beginnt die Viel weiberei ans China zu verschwinden, und so wird die Frau auch in dieser Hochburg konservativen Geistes sich langsam ihre Freiheit und ihre Rechte erobern. öWolMOMr ösch flschds 8oliäv lasvlivnukren ^immsruki-en 7' '2? Soilse fideik»!« - tMüderUolf«!,« genau gsprlltt un<t reguliert, ru »nerlcenn! vortettbeUen preieen. 11N kl s d s sto i 2 - <a, „Wehe uns,'verstünden wir uns nicht zu beherrschen. Alles verstehen, alles verzeihen, alle Leiden, ob verschuldet oder nicht, mit Einsetzung alles Könnens zu lindern suchen, aber in den schwierigsten Lagen stets Herr der Situation bleiben, darin gipfelt meine ärztliche Mission. Ich habe, weiß Gott, kein Fischblut in den Adern — auch ich kenne Momente, in denen cs mich heiß drängt im Sonncnfeucr einer großen und doch so törichten Leiden- schäft zu vergehen, aber da ist zum Glück der eiserne Wille, der die glühenden Wünsche bändigt. Eine blöde Dumm- heil, die süße Sünde, das schwächliche Mitleid, das find Dinge, in die ich mich absolut nicht verstricken könnte. Man steht eben darüber." ? Die Freunde waren, mechanisch ausschreitend, langsam durch den Englischen Garten, in dem sie einen kürzenden Richtweg eingeschlagen hatten, weiter gegangen. Nun blieb Frcscn lächelnd stehen. „Aber wo gelangen wir hin? Doppelsinnig gemeint. Das kommt davon, wenn man einem Dichterfreund begegnet. Gib mir nun erst mal rasch die Adresse deiner Schützlinge, das wäre jetzt dis Hauptsache." i „Keine Ahnung, wer die Leute sind. Ich sage dir ja, ich hab' bloß eine Studie gemacht an dem Häuschen, das La weit hinter unserem Garten und an einer Nebenstraße steht. Unten wohnt ein Militär, oben die weißhaarige Mutter mit der zarten goldbraunen Tochter." .k- „Nun, da kann ich dir zufällig mehr verraten, da ich selber schon so und so oft in dem Spielschachtelhäusel war. Eine verwitwete Doktorin Schäffer wohnt dort mit ihrer ledigen Tochter." „Natürlich, solch ein Kind." M „Erlaube, Traute Schäffer ist bald neunzehn, was hier freilich belanglos ist, da sie schwerlich je heiraten wird. Ja, da atmet ein Stück Tragik in dem friedlichen Blumen haus. Die Aermsten sind aller Teilnahme wert." ö-, „Was fehlt dem jungen Mädchen?" 'M „Sie ist lungenschwach." T^Mein Gott, so schickt man sie in den Süden. Bei jllcher Jugend kann sie geheilt werden. Ja sicher." M „Nur vielleicht. Trotz Koch und Behring, ein unfehl bares Heilmittel für Lungenkranke haben wir noch heute flicht. Andererseits freilich liegt in ihrer Jugend selber ein hellfaktor, mit dem man günstigenfalls rechnen mag. Der Süden könnte auch hier möglicherweise Segen wirken, nur ist er ihr eben nicht einfach zu verÄtdnen. Die Mutter ist wenig bemittelt, hat aber in ihrer unverschuldeten Armut allen Stolz der gebildeten Frau bester Kreise. Mit Unter stützung kann man den Damen nicht ohne weiteres bei springen. Habe doch selbst ich, der ich die Familie schon seit Jahren und in ihren glücklichen Zeiten kannte, denn ich wurde Doktor Schäffers Assistent, als ich frisch von der Universität nach München kam, also ich selber alle Mühe, mal notwendige Medikamente oder ein Stärkungsmittel einzuschmuggeln." - „Armes Kind/ - - M „Noch ärmere Mutter," betonte Fresen, „denn sie hat ein herrliches Familienglück auf tragische Weise verloren und wird vielleicht auch dies letzte Kind hergeben müssen." „Erzähle mehr," drapg Timäus in ihn, „ich begleite dich noch ein Stück Weges. Um hier eingreifen zu können, muß man doch orientiert sein, und wer schnell gibt, gibt doppelt." „Wie ihn das nun packt I" dachte Fresen. „Und hier fühlt er auch des Mannes starke Tragkraft, die sich sozu sagen seit Jahren in ihm aufstaute, denn die blühende Jutta hat in ihrer geistigen und leiblichen Vollkommenheit weder seine Uebcrlegenheit herauegefordert, noch einer Stütze bedurft. Er aber kann pch in di« heutig« Um wertung des Cheverh ctnisses noch nicht finden und in dem Bedauern über die außer Kurs gesetzten patriarcha- lischen Institutionen, die er in der eigenen Ehe am allcr- Wenigften zur Geltung bringen kann, ist ihm lebe Gelegen« heit, den Helfer und Beschützer zu spielen, das heißt sein Herrenübergewicht zu zeigen, willkommen. Ja, ja, guter Lorenz, mir scheint, du lechzst nach deiner vollen Mannes herrlichkeit und möchtest sie nun an diesem blassen Schatten pflänzchen erproben. Nun, ein wenig Sonne täte der kleinen Traute wahrlich not, n-ur müßte eine weiche Frauen hand das Kind behutsam in die Wärme tragen, und so wäre deine Frau hier eine viel geeignetere Helferin. Und wenn ich dir die traurige Geschichte erzähle, so tu ich's, damit die blühende sonnige Kraft dieser herrlichen Frau in dies Stücklein Erdenleid hineinleuchten möge." lUnd so begann er: „Da war also eine glückliche in den besten Verhält nissen lebende Familie, über die eines Tages das Unheil wie ein Stoßvogel hereinbrach. Der Mann, ein tüchtiger angesehener Arzt, wird das jähe Opfer seines Berufs. Blutvergiftung rafft ihn binnen wenigen Stunden hin. Kurze Zeit danach fällt der Sohn, ein begabter Student der Medizin, in einem jener törichten Duelle, gegen dis das Gesetz mit aller Strenge vorgehen sollte. Wenn sie auch zum Glück selten so tragischen Ausgang nehmen, so haben sie häufig genug verhängnisvolle Folgen. Die unglückliche Frau aber, völlig zerschmettert durch den Doppelverlust von Mann und Sohn, vernachlässigt in ihrer tiefen Herzenstrauer das Ordnen ihrer finanziellen Lage. Freilich hätte auch die kundigste Umsicht den Zu- sammenbruch des für todsicher geltenden Bankhauses, dem Dr. Schäffer sein Vermögen anvertraut, nicht aufhaltcn können. Es war eben das Jahr der vielen unseligen Finanzkrache, die nun auch hier verhängnisvoll eingriffen. Lediglich ein winziger Bruchteil wurde der Witwe gerettet, und du hast recht vermutet, diese gebildeten und ver wöhnten Damen suchen durch allerlei kleine Handfertig keiten ihre schwierige Lage ein wenig zu verbessern. Und wie willig täten sie das, wenn nur leider nicht zu häufig die physische Kraft versagte. Die immer zart gewesene Tochter beginnt zu kränkeln. Auf ihren Gefchäftswegen, die sie ja bei jedem Wetter machen muß, zog sie sich eine Lungenentzündung im letzten Winter zu. Von richtiger Pflege und nötiger Schonung konnte hier kaum die Rede sein. Die Lunge blieb angegriffen und ein langwieriges Leiden schleicht sich so hin. Die arme Mutter kann da wenig helfen. Auch sie ist nicht gesund. Sie hatte ein kleines Herzleiden, das oll der unsägliche Jammer nun bedrohlich verschlimmert hat! Sie mag ihm jeden Tag erliegen und ist dabei eine Heldin, denn sie verbirgt der Tochter ihre Qualen und setzt alles daran, das dürftige junge Leben dieses letzten Kindes nach Möglichkeit aufzurichten. Und die kleine Traut wieder, welch ein rührendes Ge- schöpfchen das ist! Bei allen schmerzvollen Entbehrungen von einer wunderbaren Lebenszuversicht und einer so zärtlichen kindlichen Trostfreudigkeit für die Mutter. Und dieser beiderseitige Liebesdienst schöpft seine Kraft doch nur aus frommen Täuschungen " „Großer Gott, ihnen muß geholfen werden," murmelte Timäus erschüttert. Fresen nickte. „Nur, daß sie sich so ängstlich hinter ihrem Stolz verschanzen. Ich vermochte da nicht einzu greifen, wie sollte es dir, dem Fremden, gelingen! Nicht subtil genug kann man da vorgehen. Das Einzige märe, du sprächst mit deiner Frau. Vielleicht, daß sie Rat wüßte." j „Ja — ja — man kann es versuchen." ! „Wie du das sagst, Lorenz! Eine so temperamentvolle Künstlerin hat sicher auch ein großes, warmes Herz." „Aber nie Zeit, weißt du, und daran denke ich. Trotz dem, ich kann mal mit ihr darüber reden." i. Damit trennten sie sich. ' Fresen setzte seinen Weg nach der Prißzregenten- straße fort, während Timäus zerstreut im Park weitcrging, obwohl ihn seine Obliegenheiten eigentlich mr Stadt- rickftuna wiesen. ' In seiner Gcdankenversonnenheit beachtete er ebenso wenig den jähen Wetierumschlag, wie er sich besonders zur Vorfrühlingszeit des öfteren in München vollzieht. Der ausstehende Nordwesr legte dunkles Gewölk über dis eben noch strahlende Sonne, und dann begann ein dichter Schlackerschnee durch die verfinsterte Luft zu stöbern. Auf einmal weiteten sich Timäus' versonnene Augen in heftiger Bestürzung. Ihm entgegen kam ein schmächtiges Mädchen, das mühsam gegen den Sturm ankäinpfte/ Sie hieli krampf haft den kleinen Muff an den Mund gepreßt, blieb keuchend stehen, versuchte wieder ein paar unsichere Schritte, wurde aber vvn dem wütenden Föhn zurückgei'chlagcn und tamnefte endlich zu einem Baumstamin, den sie schwer atmend um klammerte. Herrgott, dies schmale, bleiche Gesicht, die kinderzarte Gestalt kannte er doch! Aber wie war Las möglich ! Eben noch hatte er das Mädchen, malt, wie ein geknicktes Schnee glöckchen, im Arm seiner Mutter gesehen, und nun fand er es hier, dem rauhen Welter preisgegeben. In zwei langen Sätzen war er neben ihr. gerade zur Zeit, um die umsinkendc Kleine vor dem Fall zu bewahren. Doch war es keine Ohnmacht, sondern nur die gänzlickc Unfähigkeit, in dem orkanartigen Sturm aufrecht zu stehen. Völlig kraftlos lag ihm der zane Körner im Arm zwei braune, scheue Augen sahen ihn einen Augenblick verängstigt an und dann schlossen sie sich so schwer, daß die dunklen Wimpern einen breiten Schatten aus dic fchncebleichen Wangen legten. Er spürte kaum eine Last. Ihm war, als hielt ei eine Feder, eine Blume, und da- grenzenlose Millcid vor vorhin überkam ihn von neuem, durch Frescns Bericht und dieser persönlichen Begegnung mit dem bedauerns werten Kind bis zu fanatischer Hilsswilligkeit gesteigert. Ihm war zu Mut, als habe sich etwas lang Gesuchtes, heimlich Vertrautes in seinen Schutz gegeben, das er nun selbst ein wenig ausschelten dürfe lür seinen Unbedacht und so sagte er wirklich mit einer Art brüderlich zärtlichem Vorwurf: „Unvorsichtiges Kind, wie konnten Sie sich den/' Ihrem schlechten Befinden hinauswagcn!" Und sic merkte, da war jemand, der es gut mit ihl meinte. Ein leichtes Lächeln zog nm ihren blassen schnnü- tippigen Mund, als sic leise sprach: „Nun vorhin war ja die schönste Sonne. Und in. Zimmer war es so dumpf, ich vertrage jetzt so schlecht die trockene Ofenwärme. Mutter selber rcdcre mir" zu, ein bißchen an die Luft zu gehen. Wundervoll frisch war's draußen und doch so mil > in der Sonne. Ich kann:'mich gar nicht trennen, schlenderte immer weiter, mir Ivar io 'wohl, so leicht geworden. Auf einmal kam dann der i Umschlag, der warf mich freilich gleich um." ! Welch melodisches Stimmchcn sie hatte. Sie sprach leise aber mit so weicher Wärme im Ton. Es klang wie Vogelgezwitscher. Ueberhaupt eine traumhafte Situation. Timäus hielt Traute noch immer mit dem Arm gc stützt, und sie merkte cs anscheinend gar nicht, oder viel mehr, sie lehnte sich an ihn mit dem naiven Vertrauen eines Kindes. Keine Spur von Koketterie darin, sie hatte ihn ja noch kaum angesehen. > Als sie jetzt erschöpft schwieg, sagte er: „Ja, Sie über- schätzten Ihre Kraft. Eine so weite Promenade durften Sie nicht unternehmen heute, wo es Ihnen gar nicht gut ging" Nun sah sie ihn verblüfft an, und damit kam ihr auch Lae Ungewöhnliche der Lage zum Bewußtsein. Ein heißcs Rot stieg ihr in das blasse Gesicht, während sie sich nü» schnell aus seinem Arm lüste. „Was müssen Sie von mir denken, ich bin Ihnen ja ganz fremd," stammelte sie. Gortsetzuna kolat^
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